- Roscelinus
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Johannes Roscelinus von Compiègne (* um 1050 in Compiègne; † um 1124), lat. Roscellinus Compendiensis, war ein französischer Domkanoniker, der Lehrer Peter Abaelards und wie dieser Philosoph und Theologe. Er gilt als Vertreter eines extremen Nominalismus
Leben
Über Roscelins Leben ist wenig bekannt. Er soll in Compiègne in Nordfrankreich geboren worden sein und in Soissons und Reims studiert haben.
Als Kanoniker und Mitglied der Domkapitel von Tours und Besançon war er der Verfasser einer Doktrin, auf Grund derer er beschuldigt wurde, die Dreieinigkeit Gottes zu leugnen.
Wegen dieser tritheistischen Lehre musste er sich auf einer Synode in Soissons im Jahr 1092 (oder 1093) verantworten - ob er formell verurteilt wurde, ist nicht überliefert - und anschließend Frankreich Richtung England verlassen. Im Jahr darauf wurde er auch aus England ausgewiesen, nachdem er sich in moralisierender Weise abschätzig über den Lebenswandel der dortigen Priester geäußert hatte. Anselm, vormals Abt von Le Bec und nun Erzbischof von Canterbury, schrieb gegen ihn.
In Chartres fand er keine Bleibe, obwohl ihm Bischof Ivo wohlgesinnt war, denn es drohte ihm dort die Steinigung durch das aufgebrachte Volk.
Offensichtlich konnte er nach 1095 seine Lehre in Tours und in Loches fortsetzen, wo Peter Abaelard sein Schüler wurde. Dieser griff später in einem nicht erhaltenen Schreiben an das Domkapitel von Tours seinen ehemaligen Lehrer scharf an, und wandte sich in einem weiteren Schreiben an Bischof Galon und den Klerus von Paris, gegen "diesen alten Feind des katholischen Glauben" wegen seiner Trinitätslehre einzuschreiten.
Im Jahr 1098 brachte Roscelin persönlich eine revidierte Version seiner Trinitätslehre zu Papst Urban II., mit der Bitte um Begutachtung, und fand dessen Wohlwollen.
Nach dieser Zeit ist nichts von ihm überliefert, was ihn in die Nähe der Häresie gerückt hätte.
Wirkung
Nach Otto von Freising gilt Roscelin gilt als einer der Begründer des extremen Nominalismus. Nach seiner Auffassung existieren nur Gegenstände, die mit den Sinnesorganen wahrgenommen werden können. Begriffe dagegen – die von den Realisten im Universalienstreit als eigentlich existierend angesehen werden – seien lediglich Bezeichnungen (flatus vocis = von der Stimme erzeugter Lufthauch) und als solche nur Schall und Rauch. Eine Schlussfolgerung war, dass die Dreieinigkeit lediglich ein solcher Begriff sei und tatsächlich ein Aggregat von drei (verschiedenen?) Substanzen – eine eindeutig häretische Auffassung (Tritheismus), die er wohl in Soissons widerrufen musste.
Jedoch sind die Quellen nicht nur über sein Leben, sondern auch über seine Lehre sehr spärlich: Es existiert lediglich eine briefliche Invektive von seiner Hand, gerichtet an seinen früheren Schüler Abaelard, aus dem sich dieser extreme Nominalismus nicht herauslesen lässt. Ansonsten wissen wir von ihm nur aus den Schriften seiner Gegner, insbesondere von Anselm von Canterbury. Es bleibt strittig, ob Roscelin tatsächlich ein früher Vertreter des extremen Nominalismus gewesen ist.
Weblinks
- Literatur von und über Johannes Roscelin im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Klaus Kienzler: Johannes Roscelin. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 8, Herzberg 1994, ISBN 3-88309-053-0, Sp. 660–661.
- Schmähbrief des Roscelin an Peter Abaelard, lat.-deutsch
- Öffentlicher Brief Peter Abaelards an Bischof Galon und den Klerus von Paris, gerichtet gegen Roscelin und seine Lehre, lat.-deutsch
Personendaten NAME Johannes Roscelin von Compiègne ALTERNATIVNAMEN Roscelinus Compendiensis, Johannes (latinisiert) KURZBESCHREIBUNG französischer Mönch und Philosoph GEBURTSDATUM um 1050 STERBEDATUM um 1124
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