SNCF

SNCF
Société nationale des chemins de fer français
Unternehmensform EPIC (=Établissement Public Industriel et Commercial)
Gründung 01. Januar 1938
Unternehmenssitz Paris, Frankreich
Unternehmensleitung

Guillaume Pépy (Président / dt.: Präsident), Mireille Faugère (Directrice de VFC (=Voyageurs France Europe) / dt.: Direktorin der VFC), Olivier Marembaud (directeur général délégue Fret / dt.: Generaldirektor Güterverkehr), Jean Pierre Farandou (directeur de la branche proximités), Pierre Izard (directeur de la branche infrastructure / dt.: Infrastrukturdirektor)

Mitarbeiter 165.561 (Stand: Ende 2006)
Umsatz 17 Milliarden EUR (2006)
Branche Transport von Fahrgästen und Gütern, Instandhaltung der Infrastruktur
Produkte

TGV, Corail Téoz, Corail Lunéa, Corail Intercités, Corail de jour, Transilien, ter, iDTGV, Güterzüge

Website

www.sncf.com

Sitz der SNCF in der Pariser Rue du Commandant Mouchotte

Die Société nationale des chemins de fer français (SNCF) ist die staatliche französische Eisenbahngesellschaft. Die SNCF betreibt fast den kompletten Schienenverkehr Frankreichs, insbesondere den seit 1981 verkehrenden Hochgeschwindigkeitszug TGV (Train à grande vitesse), sowie Teile der Pariser S-Bahn RER. Weiterhin ist sie für die Unterhaltung des Streckennetzes zuständig, welches sich im Eigentum der von der SNCF unabhängigen Réseau ferré de France befindet. Sitz der SNCF ist Paris.

Inhaltsverzeichnis

Kennzahlen

Die SNCF hat rund 175.000 Beschäftigte. Täglich verkehren über 14.000 Züge im Netz der SNCF. Diese transportierten 2005 rund 974 Millionen Passagiere, davon 632 Millionen im Nahverkehr von Paris. 2005 betrug der Umsatz 16 Milliarden Euro und es wurde ein Gewinn von 533 Millionen Euro erwirtschaftet.

Geschichte

Vorgeschichte bis zur Gründung 1937

Hauptartikel: Geschichte der Eisenbahn in Frankreich

Die ersten Eisenbahnstrecken entstanden in Frankreich um 1830. Bald entstanden verschiedene private Eisenbahnunternehmen, die durch den Staat konzessioniert mit dem Aufbau eines Streckennetzes begannen. Um 1870 waren die wichtigsten Städte Frankreichs über ein Streckennetz von 17.430 km mit Paris verbunden.

Ein wichtiger Bestandteil der französischen Eisenbahnpolitik war der "Freycinet-Plan", der am 17. Juli 1879 Gesetzeskraft erlangte. Danach sollten alle Franzosen Zugang zur Eisenbahn bzw. jede Ortschaft mit mehr als 1.500 Einwohnern einen Eisenbahnanschluss erhalten, wobei Lücken durch Schmalspurlinien geschlossen werden sollten. Das Netz wuchs dabei bis 1914 auf 39.400 Kilometer einschließlich 2500 km neugebauter Nebenbahnen. Damit waren alle Unterpräfekturen und alle wichtigen Städte Frankreichs an die Eisenbahn angeschlossen.

Diese Erweiterungen waren jedoch durch die Bahngesellschaften nicht aus eigener Kraft zu finanzieren, so dass sich der Staat teilweise gezwungen sah, zu intervenieren. Infolge des Ersten Weltkrieges verschärfte sich die finanzielle Situation erneut, die Bahnnetze waren abgewirtschaftet und der aufkommende Straßenverkehr sorgte für neue Konkurrenz. Nach einer erneuten Krise 1929 wurde seitens des Staates die Verstaatlichung der Bahnen in die Wege geleitet.

Gründung

Am 31. August 1937 wurde der Vertrag zur Schaffung einer „nationalen Eisenbahngesellschaft" unterzeichnet. Die ab dem 1. Januar 1938 geltende Vereinbarung hatte eine Laufzeit von 45 Jahren. Ziel des Vertrags war die Schaffung eines gemeinsamen Netzes unter Staatskontrolle und Beseitigung des defizitären Betriebs. In die SNCF gingen dabei sechs große Bahngesellschaften auf:
private Gesellschaften

staatliche Gesellschaften

Mit diesem Vertrag übernahm die SNCF die Konzessionen der übernommenen Bahnen. Am neuen Unternehmen war der Staat mit 51 % und die Aktionäre der ehemaligen Bahngesellschaften mit 49 % beteiligt. Die Vereinbarung sah vor, dass während der Vertragslaufzeit der Staat sukzessive alle privaten Aktienanteile erwirbt.

Die ehemaligen Gesellschaften bildeten von nun an nur noch Netzregionen (Régions), und zwar Nord, Est, Sud-Est, Sud-Ouest, Ouest und Mediterranée. Bis auf letztere haben diese Regionen ihren Ausgangspunkt in Paris.

Im Vertrag wurde festgelegt, dass die SNCF als Wirtschaftsunternehmen zu führen ist und die Tarife so festzusetzen sind, dass die Ausgaben gedeckt werden. Bei einem Veto des Staats gegen die Tarife war dieser zu Ausgleichsleistungen verpflichtet.

In der Folge wurden noch umfangreiche Richtlinien zum Betrieb festgelegt, um dem staatlichen Transportauftrag gerecht zu werden und die finanziellen Schwierigkeiten zu beseitigen.

Rolle der SNCF während der Occupation

Mit dem Waffenstillstand von Compiègne kam die SNCF unter Kontrolle der deutschen Besatzungsbehörden. Man versuchte jedoch eine wirtschaftliche Unabhängigkeit des Unternehmens aufrechtzuerhalten. Neben den durch den Vertrag vorrangig zu behandelnden Zügen der Besatzungsmacht wurde ein umfangreicher Zugbetrieb aufrechterhalten, um das Überleben der Bevölkerung sicherzustellen. Das Schienennetz in Elsass-Lothringen wurde jedoch von der Deutschen Reichsbahn verwaltet.

Durch die SNCF erfolgte jedoch auch die Beteiligung an den Transporten von Juden in die Vernichtungslager in Polen. Im Juni 2006 erging deshalb ein Urteil wegen Freiheitsberaubung und menschenunwürdige Unterbringung (im Sammellager Drancy). Im Gegensatz zur Verwicklung der SNCF-Führung in die Deportationen wurde durch viele Eisenbahner, die die Bahn für Truppen- und Materialtransport benötigte, in zeitlich zunehmendem Umfang Widerstand gegen die Besatzer geleistet (résistance fer). Etliche der Eisenbahner bezahlten ihren Kampf, der auf die Erschwerung oder Verhinderung von Transporten zielte, mit dem Leben.

Nachkriegszeit

Nach dem Krieg begann man mit dem Wiederaufbau des durch die Kriegseinwirkung teilweise zerstörten Netzes. Gleichzeitig wurde auch die Konkurrenz der Verkehrsträger Straße, Luftfahrt und Pipelines größer.

Die Reihe BB 12000 war die erste für das Wechselstromnetz in Serie gebaute Lokomotivbaureihe.

Man setzte deshalb schon frühzeitig auf qualitativ bessere Angeboten und technisch fortschrittliche Technologien. Diese Entwicklung wird vor allem am frühzeitigen Beginn der Elektrifizierung des Streckennetzes in Einphasenwechselstrom sowie dem aufgestellten Weltrekord für Schienenfahrzeuge 1955 deutlich.

Um eine Bevorzugung der Bahn gegenüber anderen Verkehrsträgern zu vermeiden, wurde am 27. Januar 1971 ein Nachtrag zum Vertrag von 1937 ratifiziert. Von nun an musste die SNCF alle Ausgaben selbst tragen und hatte für ein ausgeglichenes Ergebnis zu sorgen. Durch den Staat erfolgte nur noch die Bezuschussung spezieller vergünstigter Tarife und die zusätzlichen Kosten des öffentlichen Bahnverkehrsangebots. Im Gegenzug sollte die SNCF ihre Aktivitäten im Personen- und Frachtverkehr erhöhen. Die geplante Entwicklung wurde jedoch durch die Erdölkrise und den Rückgang der Schwerindustrie in Frankreich erschwert. Insbesondere der wirtschaftlich bedeutsame Transport von Kohle und Eisen brach nahezu völlig zusammen. In dieser Situation beschloss die SNCF, ihr Hauptaugenmerk auf den Personenverkehr zu legen und entwickelte den Hochgeschwindigkeitszug TGV.

Beginn der TGV-Ära, SNCF als Staatsbahn

Nach mehrjähriger Bauzeit wurde im September 1981 auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke Paris-Lyon der Verkehr aufgenommen. Die TGV-Züge verkehrten auf den Strecken planmäßig mit 260 km/h, später 270 km/h. Bald waren alle größeren Städte Frankreich an das TGV-Netz angeschlossen. Mit diesem Konzept (spezielle Hochgeschwindigkeitsstrecken kombiniert mit dem übrigen Streckennetz) wurde die SNCF wegweisend für die weitere Entwicklung des weltweiten Hochgeschwindigkeitsverkehrs.

Neben dem Einsatz des TGV wurden weitere Rationalisierungsmaßnahmen an der Infrastruktur durchgeführt. Insbesondere der Automatisierung der Zugsicherung wurde starke Beachtung geschenkt.

Am 31. Dezember 1982 lief die Vereinbarung von 1937 aus. Die SNCF fiel an den Staat und wurde durch diesen mit einer neuen Verfassung versehen. Die Gesellschaft wird nur als ein EPIC (= Établissement Public à caractère Industriel ou Commercial = Öffentliches Unternehmen industrieller oder kommerzieller Art) betrieben.[1] Es wurden genaue Regelungen über die zu erbringenden Leistungen der SNCF und die Zahlungsleistungen der Republik für verbilligte Beförderungstarife (Familien, Militär) und regionale Bahnangebote festgesetzt.

In der folgenden Zeit baute die SNCF ihr Hochgeschwindigkeitsnetz weiter aus und bot mit Eurostar, Thalys und Alleo auch Hochgeschwindigkeitsverbindungen ins Ausland an.

Mit den Regionen Frankreichs wurden Übereinkommen zum Angebot und zur Finanzierung regionaler Angebote im Personenverkehr getroffen. So erwarben die Regionen unter anderem die notwendigen Lokomotiven und Wagen von der SNCF. Als Folge der Umsetzung der EU-Richtlinie gehört das Streckennetz seit 1997 dem Réseau Ferré de France (RFF). Im Rahmen dieser Reform wurden die Schulden für die Infrastruktur auf das neue Unternehmen übertragen. Außerdem verpflichtete sich der Staat, die bei der SNCF verbliebenen Schulden zu übernehmen und die Beschäftigung des entsprechenden Personals zu sichern. Außerdem garantierte er der SNCF den exklusiven Zugang zum Netz. Im Gegenzug verpflichtete sich die Bahn zu einem wirtschaftlichen gewinnbringenden Geschäftsverlauf. Die Bahn bleibt weiter Verkehrsdienstleister und behält die Regie über den kommerziellen Teil der Bahnhöfe. Für die Streckenbenutzung wird ein entsprechendes Entgelt an RFF gezahlt. Die SNCF nimmt im Rahmen einer Vereinbarung für die RFF die Aufgaben der Betriebsabwicklung und der Netzunterhaltung wahr.

Unternehmensstruktur

Ein Güterzug der SNCF Fret

Zur SNCF-Gruppe gehören über 700 Unternehmen, an denen die SNCF beteiligt ist. Die meisten sind in der Tochtergesellschaft SNCF Participations (SNCFP) zusammengefasst. Die Unternehmen sind vor allem in den Bereichen Verkehr und Logistik tätig. Sie sind in die fünf Sparten Personenfernverkehr, Personennahverkehr, Güterverkehr, Infrastruktur und gemeinsame Unternehmen/Investments eingeordnet. Zum Bereich Personenfernverkehr gehören unter anderem TGV, Corail, Eurostar und Thalys. Im Personennahverkehr sind die regionalen Eisenbahnaktivitäten TER, wie die Chemins de fer de la Corse auf Korsika sowie Transilien, Corail Intercity und die Beteiligungen an Keolis und Effia zusammengefasst. Der Frachtbereich umfasst unter anderem SNCF Fret und die Geodis-Gruppe.

Beteiligt ist die SNCF außerdem an der staatlichen Fährlinie SNCM sowie an Seafrance und Eurofima. Bis 2005 gehörte auch der Telekommunikationsanbieter cegetel der SNCF.

Präsidenten der SNCF

  1. 1. Januar 1938 - 1. September 1940: Pierre Guinand
  2. 1. September 1940 - 3. August 1946: Pierre-Eugène Fournier
  3. 3. August 1946 - Juni 1949: Marcel Flouret
  4. Juni 1949 - 1. Februar 1955: Pierre Tissier
  5. 1. Februar 1955 - 23. Januar 1958: Louis Armand
  6. 23. Januar 1958 - 1. September 1975: André Ségalat
  7. 1. September 1975 - 1. September 1981: Jacques Pélissier
  8. 1. September 1981 - 19. September 1985: André Chadeau
  9. 19. September 1985 - 29. Februar 1988: Philippe Essig
  10. 29. Februar 1988 - 20. August 1988: Philippe Rouvillois
  11. 20. August 1988 - 7. Mai 1994: Jacques Fournier
  12. 7. Mai 1994 - 20. Dezember 1995: Jean Bergougnoux
  13. 20. Dezember 1995 - 24. Juli 1996: Loïk Le Floch-Prigent
  14. 24. Juli 1996 - 2. Juli 2006: Louis Gallois
  15. 2. Juli 2006 - 27. Februar 2008: Anne-Marie Idrac
  16. 27. Februar 2008 - :Guillaume Pépy

Siehe auch

Literatur

  • Serge Klarsfeld: Le mémorial des enfants juifs déportés de France. Fayard, Paris 2001, ISBN 2-213-61052-5; englisch: ISBN 0-8147-2662-3 (1998)
  • Jochen Guckes: Le rôle des chemins de fer dans la déportation des Juifs de France. In: Revue d'histoire de la Shoah, No. 165, 1999, S. 29 - 110.

Film

  • Nach Fahrplan in den Tod: Europas Bahnen und der Holocaust. Dokumentation, Deutschland, 2008, 52 Min., Buch und Regie: Frank Gutermuth und Wolfgang Schoen, Produktion: SWR, arte, Inhaltsangabe von arte

Einzelnachweise

  1. Meldung Neuer Status der SNCF. In: Eisenbahntechnische Rundschau. 32, Nr. 6, 1983, S. 371

Weblinks


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