Salvatore Giancana

Salvatore Giancana
Sam Giancana

Sam „Momo“ Giancana (* 15. Juni 1908 in Chicago; † 19. Juni 1975 in Oak Park, Illinois) war ein US-amerikanischer Mafioso und Oberhaupt des „Chicago Outfit“.

Der unter dem Namen Salvatore Giancana im Chicagoer Stadtviertel „Little Italy“ als Sohn sizilianischer Einwanderer geborene Giancana wurde im Verlauf seiner kriminellen Karriere über 70mal festgenommen, jedoch nur zweimal für längere Zeit inhaftiert. Sein Spitzname „Momo“ leitet sich von „Mooney“ ab, einem Slangbegriff, der einen Verrückten bezeichnet. Tatsächlich war er lange Zeit für sein jähzorniges und unvorhersehbar bösartiges Verhalten berüchtigt. Neben Momo oder Mo wurde er bisweilen auch Sam the Cigar (engl.: „Sam die Zigarre“) genannt.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frühe Jahre

Giancana wurde in arme Verhältnisse hineingeboren; seine Mutter war nach einer Fehlgeburt gestorben, als er zwei Jahre alt war. Er galt als widerspenstig und wurde von seinem Vater mißhandelt, insbesondere indem er an eine Eiche festgebunden und ausgepeitscht wurde.

Giancana kam dann in eine Besserungsanstalt, aber mit zehn Jahren lebte er im Prinzip auf der Straße, wo er sein Bedürfnisse nach Nahrung und Kleidung durch Diebstahl deckte und in Autos übernachtete. Er trat mit 12 Jahren der Bande von Joey Colaro bei, und die Diebstähle wurden nun organisiert. Insbesondere hatte es die Bande auf Autos abgesehen, aber auch Bombenattentate und Mordaufträge gehörten zum Geschäft. Giancane, entwickelte sich zum besten Fahrer der Gruppe und durch Brutalität verschaffte er sich Respekt in der Bande, die praktisch zu seiner neuen Familie geworden war.

Zusammen mit anderen kleine Gruppen jugendlicher Krimineller in der Chicagoer West Side bildeten sie dann letztendlich die berüchtigte 42-Gang. Das Chicago Outfit rekrutierte bald Mitglieder dieser Jugendbande für eigene Zwecke. Ab 1923 fuhr er alkoholische Fracht für Joe Esposito und zeitweise auch für Joseph P. Kennedy. Er wurde der Chauffeur von Jack McGurn und auch im Outfit zeigte er sich als außergewöhnlich talentierter Fluchtfahrer, erfolgreicher Geldeintreiber und kaltblütiger Mörder. Ab 1924 arbeitete er auch für Al Capone als Auftragsmörder.

Neben der These, das John Torrio durch eine Attentat der North Side Gang verletzt worden sei, gab es auch immer Vermutungen das Al Capone selbst seinen Boss aus dem Weg räumen wollte; in diesem Fall sollen es dann Giancana und Leonard Gianola gewesen sein, die im Januar 1925 Torrio schwer verletzten. Im gleichen Jahr wurde Giancana wegen Autodiebstahls verhaftet und verurteilt. Als er aus der Haft in seine leibliche Familie entlassen wurde, setzte er sich dort als Familienoberhaupt gegen seinen Vater durch.

Mit 18 Jahren wurde er zum ersten Mal wegen Mordes angeklagt, der einzige Zeuge des Verbrechens starb aber bevor er vor Gericht aussagen konnte. Durch einen Tipp an die Polizei soll er Joey Colaro ausgeschaltet haben und selbst zum Boss der 42-Gang geworden sein. Im Alter von 20 Jahren soll er bereits rund 20 Personen ermordet haben, wozu auch der Mord an seinem Förderer Joe Esposito am 3. Oktober 1928 zählte. Spätestens unter Frank Nitti, der als Nachfolger Al Capones im Outfit galt, wurde er als Vollmitglied in das Chicago Outfit aufgenommen.

Kennedy und Kuba

Nach seiner Aufnahme in die Cosa Nostra und zwischenzeitlichem Aufstieg zu einem Anführer des „Chicago Outfit“ soll Giancana 1959 zusammen mit anderen Mitgliedern der Organisation von der CIA mit der Ermordung Fidel Castros beauftragt worden sein, der im Januar 1959 die Macht auf Kuba übernommen hatte. Giancana selbst soll einmal die CIA und die Mafia als „zwei Seiten derselben Münze“ bezeichnet haben. Ungefähr zur selben Zeit soll Giancana von Joseph P. Kennedy damit beauftragt worden sein, bei den Gewerkschaften Geld und Stimmen für seinen Sohn John F. Kennedy zu beschaffen, der sich als Senator von Massachusetts um die Nominierung durch die Demokratische Partei für den Präsidentschaftswahlkampf von 1960/61 bemühte.

Es gibt Hinweise, dass John F. Kennedy auch während seiner Präsidentschaft enge Beziehungen zum Chicago Outfit und insbesondere zu Sam Giancana unterhalten hat. Namentlich soll der Präsident die Versuche fortgeführt haben, Fidel Castro mit Hilfe der Mobster zu beseitigen, und der mehrstufige Plan (Operation Mongoose) geht auf dessen Initiative vom 30. November 1961 zurück.

Außerdem sollen beide intime Beziehungen mit Judith Campbell unterhalten haben, einer Angehörigen der oberen Gesellschaftsschicht von Los Angeles, die ihnen auch als Botin für Nachrichten und Geld gedient haben soll. Ferner soll Giancana in die Ermordung John F. Kennedys verwickelt gewesen sein, was indes bis heute nicht bewiesen werden konnte. Trotz seiner Verbindungen und seiner zweifellos herausgehobenen Position im Chicago Outfit soll Giancana allerdings niemals die oberste Leitung der Organisation innegehabt haben; sondern als „Acting Boss“ der im Verborgenen agierenden Consigliere Paul Ricca und dem etwa gleichaltrigen Anthony Accardo fungiert haben.

Niedergang

Inzwischen hat das FBI mit Nachdruck Ermittlungen gegen Giancana aufgenommen und baut eine ständuge Observierung gegen ihn auf.

„Er kann weder Golf spielen noch Zigaretten holen, ohne dass ihn ganz offen einige Wagen mit FBI-Agenten folgen. Er bekommt kein Hotelzimmer ohne Wanze, und es gibt für ihn kein Telefon mehr, das nicht abgehört wird.“

Dagobert Lindlau [1]

Am 28. Juni 1963 klagte Giancana wegen der Verletzung seiner Bürgerrechte vor Gericht, verlor allerdings diesen Prozess und das FBI weitet seine Überwachungsaktivitäten weiter aus.

1966 wurde Giancana von den eigenen Leuten gezwungen seinen Status als Boss aufzugeben. Den letzten Anlass für den erzwungenen Rücktritt lieferten Giancanas Weigerung seine Gewinne aus von ihm in ganz Lateinamerika betriebenen Kasinos zu teilen, sowie die öffentliche Zurschaustellung seiner Person an der Seite von Prominenten, insbesondere den Sängern Phyllis McGuire und Frank Sinatra.

Aufgrund seiner Entmachtung verließ Giancana 1967 Chicago und begab sich nach Cuernavaca in Mexiko. 1974 wurde er auf Druck der US-Behörden von der mexikanischen Regierung des Landes verwiesen und zurück in die USA gebracht.

Giancana zog nun nach Oak Park in der unmittelbaren Nähe von Chicago. Er hatte bereits eine Vorladung vor das Church Committee erhalten, der die Verwicklungen der CIA und der Cosa Nostra in diverse Versuche zur Ermordung Fidel Castros untersuchte. (siehe Operation Mongoose)

Am 19. Juni 1975, als er gerade eine Mahlzeit aus italienischen Würstchen und Peperoni zubereitete, wurde er im Untergeschoss seines neuen Hauses erschossen, obwohl sein Haus zur Tatzeit bereits unter strenger Beobachtung durch das FBI und der Polizei von Chicago befand. Der unbekannte Mörder schoss Giancana mit einer Pistole mit Schalldämpfer einmal in den Kopf und sechs weitere Male um den Mund herum, was als Abschreckung für andere potentielle „Pentiti“ gewertet werden kann.

Auf Grund der Vorladung vor das Church Committee geriet das CIA in direkten Tatverdacht: Es wird heute als wahrscheinlicher angesehen, dass er vom Outfit selbst ermordet wurde. Insbesondere sein ehemaliger Freund Joseph Aiuppa soll befürchtet haben, dass der ausgebootete Giancana die bevorstehende Anhörung nutzen würde, um interne Kenntnisse zu offenbaren. In diesem Fall soll dann Dominick Blasi mit der Tat beauftragt worden sein; aber auch Harry Aleman und Anthony Spilotro werden häufiger mit dem Mord in Verbindung gebracht.

Giancana wurde in einem Familienmausoleum auf dem Mount Carmel Friedhof in Chicago beigesetzt. Auf seiner Beerdigung kommt es zu Rangeleien mit Journalisten, die von anwesenden Verwandten des Toten - u.a. Louis Daddano - angegriffen werden. [1]

Giancana in Büchern und Filmen

Über Giancana wurden mehrere Biografien verfasst. Eine von seiner Tochter Antoinette unter dem Titel Mafia Princess erschienene Biografie wurde mit Tony Curtis in der Rolle Giancanas verfilmt. Dieser TV-Film erntete indes mehrheitlich schlechte Kritiken. Der 1995 erschienene TV-Film Sugartime, in dem Giancana von John Turturro dargestellt wird, hat Giancanas Beziehung zu Phyllis McGuire zum Gegenstand. In der TV-Miniserie Sinatra wird Giancana von Rod Steiger porträtiert und in dem Film The Rat Pack spielt Robert Miranda seine Rolle.

Einzelnachweise

  1. a b Dagobert Lindlau: Der Mob. Recherchen zum organisierten Verbrechen, dtv, München 1989, S.224 f., ISBN 3-455-08659-4

Quellen

  • Giancana, Sam and Chuck. Double Cross: The Explosive, inside Story of the Mobster Who Controlled America. New York: Warner Books, 1992. ISBN 0-446-51624-4
  • Giancana, Sam und Chuck. Giancana. Ein Insider-Bericht aus der US-Mafia. Bergisch-Gladbach: Bastei-Lübbe, 1995 ISBN 3-404-60404-0 (Extrem überzeichnete und spekulative Biographie)
  • Giancana, Antoinette and Renner, Thomas C. Mafia Princess. New York: William Morrow & Company, Inc., 1984.
  • Hersh, Seymour M. Dark Side of Camelot. New York: Little, Brown and Company, 1997. ISBN 0-316-35955-6
  • Morgan, John M. Prince of Crime. New York: Stein and Day, 1985.
  • Nash, Jay Robert. Bloodletters and Badmen. New York: M. Evans & Co. 1973.
  • Sifakis, Carl. Encyclopedia of Crime. New York: Facts On File, 1982. ISBN 0-8160-5694-3
  • Zion, Sidney. Loyalty and Betrayal: The Story of the American Mob. San Francisco: Collins Publishers, 1994.

Weblinks


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