- Schaltschütz
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Das Schütz ist ein elektrisch oder pneumatisch betätigter oder elektronischer Schalter für große Leistungen und ähnelt einem Relais. Das Schütz kennt zwei Schaltstellungen und schaltet ohne besondere Vorkehrungen im Normalfall monostabil.
Elektromechanisches Schütz
Fließt ein Steuerstrom durch die Magnetspule eines elektromechanischen Schützes, zieht das Magnetfeld die mechanischen Kontakte in den aktiven Zustand. Ohne Strom stellt eine Feder den Ruhezustand wieder her, alle Kontakte kehren in ihre Ausgangslage zurück. Die Anschlüsse für Steuerstrom für die Magnetspule sowie die Kontakte für Hilfskreise (falls vorhanden) und zu schaltende Ströme sind im Schütz gegeneinander isoliert ausgeführt: Es gibt keine leitende Verbindung zwischen Steuer- und Schaltkontakten. Im Grunde ist ein Schütz ein Relais mit wesentlich höherer Schaltleistung. Typische Lasten beginnen bei etwa 500 Watt bis hin zu mehreren hundert Kilowatt.
Geschichte
Schütze wurden entwickelt, damit ein Verbraucher mit großer Leistungsaufnahme (z. B. Motor) über einen handbetätigten Schalter mit kleiner Schaltleistung eingeschaltet werden kann. Schütze ermöglichen schnellere und sicherere Schaltvorgänge als dies mit rein mechanischen oder handbetätigten Schaltkonstruktionen möglich ist.
Einsatzgebiete
Mit einem Schütz sind wie beim Relais Schaltvorgänge aus der Ferne über Steuerleitungen mit relativ geringem Leiterquerschnitt möglich. Zu den typischen Anwendungsbereichen des Schützes gehört daher die Steuerungs- und Automatisierungstechnik. Konkrete Anwendungsbeispiele finden sich u. a. in der Motorsteuerung, Fahrstuhlsteuerung, Steuerung elektrischer Heizstäbe und in lichttechnischen Anlagen. Die möglichen Anwendungsbereiche eines Schützes sind in der Norm durch Gebrauchskategorien festgeschrieben.
Unterschied zum Relais
Schütze unterscheiden sich in folgenden Merkmalen von Relais[1]:
- Relais sind für geringere Schaltleistung ausgelegt, sie besitzen meist keine Funkenlöschkammern.
- die Schaltkontakte von Relais sind einfach unterbrechend, während sie bei Schützen meist doppelt unterbrechend sind.
- Relais benutzen oft Klappanker, Schütze hingegen meist Zuganker zwecks größerer mechanischer Schaltkraft, die für die höheren Schaltleistungen und massiveren Kontakte erforderlich ist.
- Die Betätigung von Schützen erfolgt im Gegensatz zu Relais häufig mit Wechselspannung.
Alle vorstehenden Unterscheidungsmerkmale sind jedoch nicht zwingend, eine klare Abgrenzung ist nicht möglich. Ein allgemein gültiges Unterscheidungsmerkmal ist, dass Schütze nur Öffner und Schließer, Relais dagegen auch Umschalter besitzen können.
Einbau
Schütze gibt es für unterschiedliche Montagearten, z. B. für Hutschienenmontage oder in Gehäusen mit Bohrungen zur Einzelmontage.
Wegen der hohen Schaltleistungen und der dazu erforderlichen massiven Kontakte, deren schneller Betätigung und hoher Kontaktkraft des starken Elektromagneten verursacht ein Schütz mechanische Erschütterungen. Oft sind die Betätigungsmagnete federnd gelagert, sodass der Körperschall etwas gedämpft wird. Die Einbaulage ist meist beliebig.
Im Gegensatz zu Halbleiterschützen benötigen mechanische Schütze keine wärmeableitende Kühlkörper-Montage. Mechanische Schütze verursachen geringere Verlustleistungen als Halbleiterschütze.
Varianten
Man unterscheidet zwischen Leistungsschützen (Schütze mit hoher Schaltleistung) und Hilfsschützen zur Realisierung logischer Verknüpfungen, für die Ansteuerung von Leistungsschützen oder zum Schalten von Anzeigen oder kleinen Verbrauchern.
Wechselspannungs- und Gleichspannungsschütz
Die Betätigungsspulen von Schützen können für den Betrieb mit Wechselspannung oder Gleichspannung ausgelegt sein. Für Wechselspannungsbetrieb haben ihre Elektromagneten einen geschlitzten Kern (Spaltpol), dessen einer Teil von einer Kurzschlusswindung umschlossen ist. Diese verursacht eine Phasenverschiebung und damit einen zeitverzögerten Magnetfluss in einem Teil des Eisenkerns, der die Haltekraft während der Zeit aufbringt, in der die Kraft des Hauptfeldes zum Halten des Ankers nicht ausreicht.
Bei Gleichspannungsschützen ist dies nicht erforderlich, hier kann die Rückstellkraft der Feder durch einen Permanentmagneten unterstützt sein. Oft besitzen Gleichspannungsschütze Zwischenlagen oder nichtmagnetische Niete, um ein Kleben aufgrund der Restmagnetisierung zu verhindern. Teilweise werden Hilfskontakte und Vorwiderstände verwendet, um den Stromfluss nach dem Anziehen zu reduzieren.
Schutz des Steuerkreises
Die Betätigungsspule verursacht als induktiver Verbraucher beim Abschalten durch Selbstinduktion eine störende Spannungsspitze. Zur Schonung der Ansteuerelektronik und zur Vermeidung von Störemissionen kann daher im Steuerkreis eine Schutzbeschaltung gegen diese Abschalt-Überspannung notwendig sein. Bei Wechselstromschützen besteht diese meist aus einer Reihenschaltung eines Widerstandes mit einem Kondensator, die parallel zur Ankerspule angebracht werden (siehe Snubber). Bei Gleichstromschützen kann eine Freilaufdiode eingesetzt werden, um steuernde Kontakte oder die Ansteuer-Elektronik zu schützen.
Zur Entstörung kann in beiden Fällen auch ein Varistor oder eine bidirektionale Suppressordiode, bei Gleichspannung auch eine Zenerdiode oder eine unidirektionale Suppressordiode dienen. Insbesondere bei Gleichspannungsbetätigung verringert sich dadurch gegenüber Freilaufdioden die Abschaltzeit, die Steuerschaltung muss dafür jedoch eine höhere Schaltspannung vertragen.
Einige Schütze verfügen zum leichten Montieren über eine Steckvorrichtung, zu der passende Entstörglieder geliefert werden.[2]
Vermeidung des Schaltlichtbogens
Beim Trennen der Kontakte treten Abreißfunken oder ein Schaltlichtbogen auf - besonders, wenn induktive Lasten geschaltet werden. Dies führt zu Kontaktabbrand und elektrischen Störemissionen. Luftschütze verfügen über Lichtbogen-Löschkammern, in die sich der Lichtbogen aufgrund seines Magnetfeldes ausbreitet und dort gekühlt wird, sodass er verlöscht. In besonderen Einsatzbereichen (Explosionsgefährdete Bereiche) kann es notwendig sein, die Kontakte komplett zu kapseln. Auch ein Halbleiterschütz (solid state relay) kann dann verwendet werden.
Es gibt auch Vakuumschütze für Anlagen, die hohe Anforderungen an die Verfügbarkeit stellen. Hier befinden sich die Schaltkontakte in einer evakuierten Schaltröhre – ein Schaltlichtbogen kann nicht entstehen und somit entsteht auch weniger Abbrand an den Schaltkontakten.
Seltener sind heute Ölschütze, deren Schaltkontakte in einem Ölbad arbeiten.
Um Abreißfunken und Schaltlichtbögen von vornherein zu vermeiden, können Entstörglieder eingesetzt werden. Typisch sind R-C-Kombinationen (siehe Boucherot-Glied), die über die Kontakte oder den Verbraucher geschaltet werden und kurzzeitig während der beginnenden Kontaktunterbrechung den Stromfluss übernehmen.
Kontaktarten
- Schließer (Arbeitskontakte; kurz: NO von engl. Normally Open)
- Öffner (Ruhekontakte; kurz: NC von engl. Normally Closed)
- Umschaltkontakte / Wechsler (Kombination eines Öffners mit einem Schließer)
- Folgewechsler (Umschaltkontakt, bei dem alle drei Kontakte kurzzeitig beim Schalten verbunden werden.)
- Hilfskontakte zur Schützsteuerung und Signalanzeige.
Anschlussbezeichnungen
Die Kontakte unterteilen sich in zwei Gruppen: Hauptkontakte für die zu schaltende Leistung und Hilfskontakte als Meldeleitung.
Hauptstromkontakte eines Schützes werden mit einstelligen Ziffern bezeichnet. Dabei führen die ungeraden Ziffern (1; 3; 5) zum Stromnetz, die geraden Ziffern (2; 4; 6) führen zum Verbraucher. Im Falle von Öffnern wird den Klemmenbezeichnungen dabei ein R vorangestellt. Die Hilfs- bzw. Steuerkontakte haben eine zweistellige Bezeichnung. An der ersten Stelle steht die Ordnungsziffer, mit der die Hilfskontakte fortlaufend nummeriert werden. An der zweiten Stelle steht die Funktionsziffer, die die Aufgabe des jeweiligen Hilfskontaktes angibt (z. B. 1–2 für Öffner, 3–4 für Schließer).[3].
Außerdem gibt es noch die Bezeichnungen 5–6 und 7–8. Diese sind für Kontakte mit besonderer Funktion (z. B. zeitverzögernd öffnen bzw. schließen) vorgesehen.
Beispiele im Bild farbig gekennzeichnet):
- 1–2: Hauptstromkontakt, schließend (rot)
- R3-R4: Hauptstromkontakt, öffnend
- 13–14: Hilfskontakt, schließend (gelb)
- 21–22: Hilfskontakt, öffnend (violett)
- A1-A2: Spulenanschluss
- T1-T3: Motoranschlüsse (rot unten)
Schaltarten
Die Kontakte können entweder überlappend (MBB, von engl.: make before break) oder nichtüberlappend (normgerecht) schalten. Überlappend bedeutet: Der Schließer schließt während des Umschaltvorgangs bereits, während der Öffner noch nicht getrennt hat; der Eingang und beide Ausgänge sind kurzzeitig miteinander verbunden. Damit sind im Gegensatz zur nichtüberlappenden Schaltart, bei welcher der Öffner trennt, bevor der Schließer Kontakt herstellt, unterbrechungsfreie Umschaltvorgänge möglich. Überlappende Schütze werden als Ü-Schütze, nichtüberlappende als E-Schütze bezeichnet.
Funktionsüberwachung
Sicherheitsrelevante Schütz werden mit zwangsgeführten Kontakten ausgeführt. Das bedeutet, dass ein durch Überlastung verschweißter, d. h. nicht öffnender Kontakt dazu führt, dass auch alle anderen Kontakte geschlossen bzw. offen bleiben. Ein solches Schütz kann daher anhand dessen Öffner überwacht werden, ob es abgefallen ist. Mit einem weiteren redundanten Schütz und einem Sicherheits-Schaltgerät kann damit gewährleistet werden, dass eine Anlage dennoch sicher abschaltet. Sie kann bei einem klebenden (defekten) Schütz dann nicht wieder eingeschaltet werden (siehe auch Not-Aus-Schaltgerät)
Zur Funktionsüberwachung (Schutz vor hängenden oder festgebrannten Kontakten) kann auch ein Hilfsrelais verwendet werden, das hinter dem jeweiligen Leistungskontakt des Schützes angeschlossen ist und damit einen Hilfsstrom schaltet, sobald der Schaltvorgang vom Schütz zuverlässig ausgeführt wurde. Das Hilfsrelais kann im Gehäuse des Schützes integriert sein, ist jedoch mechanisch unabhängig.
Kenndaten
Daten der Schaltkontakte:
- Schaltleistung – die Leistung, die ein elektromagnetisch betätigter Kontakt ein- oder ausschalten kann
- Schalt- oder Nennspannung – die Spannung, die geschaltet werden kann
- Schaltstrom – der Strom, den ein Kontakt schalten kann
Schaltleistung, Schaltspannung und Schaltstrom sind voneinander und vom Lastfall (ohmsche Last - AC1, induktive Last - AC3) abhängig.
- Kontaktdauerstrom – der Strom, der bei normalen Betriebsbedingungen ohne Schaltvorgang über die Kontakte fließen kann. Er wird auch thermischer Nennstrom genannt, da er nur durch die thermischen Verluste des Kontakt-Übergangswiderstandes begrenzt ist.
Daten der Betätigungsspule:
- Spulennennspannung – der Nennwert der Betätigungsspannung, für welche die Wicklung der Spule und der Magnetkreis bemessen sind. Es gibt mit Gleich- oder mit Wechselspannung zu betätigende Schütze.
- Ansprechspannung – die Mindestspannung, ab der das Relais oder Schütz sicher anzieht
- Haltespannung – die Mindestspannung, bei der das Relais oder Schütz gerade noch sicher geschlossen bleibt
Die Ansprechspannung ist größer als die Haltespannung.
Selbsthaltung und bistabile Schütze
Soll ein Schütz nach einem Steuerstromimpuls (zum Beispiel ein Tastendruck) in der geschlossenen Schaltstellung verbleiben, statt in die Ruhestellung zurückzufallen, kommt eine Selbsthalteschaltung zum Einsatz, die am Schütz einen Hilfskontakt erfordert. Solche Hilfskontakte können üblicherweise seitlich an das Schütz montiert werden oder sind bereits integriert. Auch das Verwenden eines nicht benötigten Leistungskontakts als Hilfskontakt ist möglich. Die Selbsthalteschaltung ermöglicht den Einsatz eines Tastschalters statt eines Ausschalters zur Ansteuerung. Das Abschalten erfolgt mit einem weiteren, jedoch öffnenden Taster.
Es gibt auch bistabile Schütze und Stromstoßschalter, die keinen andauernden Haltestrom für den Elektromagneten benötigen.
Pneumatisches Schütz
Das Pneumatische Schütz (auch: Druckluftschütz) ist dem elektromechanischen Schütz von der Funktion her gleich, es wird jedoch mit Druckluft anstelle eines Elektromagneten betätigt: Der Elektromagnet wird durch pneumatische Stellglieder (Druckdosen) ersetzt, welche über den Anker auf die Schaltkontakte wirken. Statt durch Anlegen eines Steuerstromes erfolgt das Umschalten in den aktiven Zustand hier durch Druckerhöhung.
Halbleiterschütz
Um bei häufiger Betätigung die Abnutzung (Kontaktabbrand, Verschleiß beweglicher Bauteile etc.) zu vermeiden, wurden Schütze auf Basis von Leistungshalbleitern entwickelt (siehe Solid State Relais). Anders als beim mechanischen Schütz ist beim Halbleiterschütz keine sichere Trennung der Leistungskontakte in der geöffneten Schaltstellung gegeben. Es fließt ein kleiner Reststrom und die Spannungsfestigkeit ist oft niedriger als diejenige offener mechanischer Kontakte.
Der Steuerkreis ist jedoch üblicherweise mittels Optokoppler galvanisch vom Laststromkreis getrennt, sodass auch beim Halbleiterschütz eine sichere Trennung gegeben ist. Die Ansteuerung erfolgt mit Schutzkleinspannung. Üblich sind 3 bis 30 V.
Halbleiterschütze müssen sorgfältiger in Bezug auf den Belastungsfall ausgewählt werden:
- für ohmsche Lasten gibt es Nullspannungsschalter; sie verursachen weniger Störemissionen
- für induktive Lasten gibt es Halbleiterrelais, die die beim Abschalten auftretenden Spannungsspitzen verkraften bzw. bedämpfen
Halbleiterschütze erfordern bei Nennstrom die Montage auf einem passend dimensionierten Kühlkörper - ihre Verlustleistung ist höher als diejenige mechanischer Schalter.
Quellen
- ↑ Fachkunde Elektroberufe. Bildungsverlag EINS, Troisdorf 2006, S. 231
- ↑ Schaltungsbuch.de der Moeller GmbH
- ↑ Tabellenbuch Elektrotechnik. Verlag Europa-Lehrmittel, Haan-Gruiten 2005, S. 342
- ↑ moeller: Mit mechanischen Hilfskontakten normenkonform und funktionssicher Projektieren
Siehe auch
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