- Schauspielhaus Hamburg
-
Das Deutsche Schauspielhaus in Hamburg-St. Georg ist mit 1192 Zuschauerplätzen das größte deutsche Sprechtheater. Zweite Hauptspielstätte ist der Malersaal (maximal 145 Plätze). Die ehemalige Spielstätte Kampnagel in Hamburg-Winterhude ist mittlerweile selbstständig.
Inhaltsverzeichnis
Architektur
Das auf Theaterbauten spezialisierte Wiener Büro Fellner & Helmer (Architekt: Ferdinand Fellner d. J.) erstellte das Hamburger Theater in einem neobarocken Stil in den Jahren von 1899 bis 1900. Es wurde am 15. September 1900 unter der Leitung von Alfred Freiherr von Berger eröffnet. Für das Schauspielhaus dienten dem Architekturbüro als Vorbilder folgende eigenen Bauten:
Die Eingangsfassade zur Kirchenalle trägt das Motto: Der Kunst eine Staette - den Musen ein Heim. Ein weiterer Schmuck sind die Porträts von Kleist und Lessing auf der linken Seite sowie Schiller und Goethe auf der rechten Seite. Die Fassade in der Ellmenreichstraße wird durch die Porträts von Shakespeare und Grillparzer geschmückt.
Geschichte
1948 bis 1955 standen unter der Intendanz von Albert Lippert und zumal unter der Dramaturgie von Ludwig Benninghoff sowohl Stücke aus dem klassischen als auch aus dem zeitgenössischen internationalen Repertoire auf dem Spielplan. Von 1955 bis 1963 erlangte das Theater unter Gustaf Gründgens sein theatergeschichtlich höchstes Ansehen: Es reichte an das Ansehen des Wiener Burgtheaters heran. Zumal mit seiner berühmten Hamburger Faust-Inszenierung wurde das Deutsche Schauspielhaus durch Gastspiele weit über Deutschland hinaus bekannt.
In den 1970er Jahren öffnete sich für Werke ausländischer Autoren das Schauspielhaus unter der Intendanz von Ivan Nagel weiter. Nagel holte Regisseure wie Claus Peymann, Luc Bondy, Jérôme Savary und Peter Zadek nach Hamburg. Die Inszenierungen sehr moderner Autoren stießen teilweise auf wenig Akzeptanz beim konservativen Hamburger Theaterpublikum, lockten jedoch ein junges Publikum an. 1976 waren mehr als ein Drittel der Schauspielhausbesucher unter 25 Jahre alt. Zadeks Inszenierung von Shakespeares Othello mit Ulrich Wildgruber und Eva Mattes in den Hauptrollen sorgte 1976 für den größten Hamburger Theaterskandal der Nachkriegszeit.
1981 bis 1984 erfolgte eine Restaurierung am Schauspielhaus zur "Wiedergewinnung der originalen Raumfassung in der ursprünglichen Konzeption seiner Wiener Architekten Helmer und Fellner". Die Aufführungen wichen in das Operettenhaus und in die ehemalige Kampnagel-Fabrik aus.
Unter der Intendanz von Frank Baumbauer wurde das Deutsche Schauspielhaus erneut zu einer der wichtigsten Bühnen Deutschlands. Die Kritiker der Fachzeitschrift Theater heute wählten es allein viermal zum Theater des Jahres. Viele Inszenierungen wurden zum Berliner Theatertreffen eingeladen.
Die Intendanz von Tom Stromberg wurde zunächst von Zuschauern und Kritikern nicht so gut angenommen. Zwei Spielzeiten lang blieben die Zuschauer aus und wichtige Mitarbeiter verließen das Haus. Erst danach lockten die Regisseure Jan Bosse, René Pollesch, Stefan Pucher und Ingrid Lausund mit originellen Inszenierungen von Traditionsstücken wie Faust und Othello ein junges Publikum an. Als Produktionen der Ära Stromberg wurde "Deadline", eine der frühen dokumentarischen Inszenierungen von Rimini Protokoll 2004 und Othello 2005 zum Berliner Theatertreffen eingeladen. Die damalige Kultursenatorin Dana Horáková verlängerte seinen 2005 auslaufenden Vertrag nicht. Theater heute wählte das Schauspielhaus neben drei anderen Bühnen zum Theater des Jahres.
Neuer Intendant wurde Friedrich Schirmer vom Staatstheater Stuttgart. Im Großen Haus sind derzeit Stücke wie "Harper Regan" (von Simon Stephens, R: Ramin Gray, mit Martina Gedeck in der Hauptrolle), "Was Ihr Wollt" von Shakespeare (R: Klaus Schumacher), "Kabale und Liebe" (R: Dušan David Parizek) und "Medea" nach Grillparzer (R: Karin Henkel) zu sehen. Im Malersaal spielt in erster Linie das Junge Schauspielhaus, aber auch Inszenierungen wie "Spieltrieb" von Bernhard Studlar (nach dem Roman von Juli Zeh) oder "Die Helden auf Helgeland" von Henrik Ibsen (beide Regie: Roger Vontobel) werden in dieser kleineren Spielstätte gezeigt. Das Junge Schauspielhaus bespielt auch das Foyer des zweiten Ranges (ca. 80 Plätze) und den Marmorsaal. Weitere Spielorte sind die Kantine und die Probebühne. Außerhalb des Hauptgebäudes werden die Deichtorhallen und die Hamburger Botschaft (ein Club im Schanzenviertel) bespielt. Schirmers Vertrag wurde am 7. Oktober 2008 bis 2015 verlängert, damit soll ihm ermöglicht werden "über längere Zeit einer großen Bühne ein Profil zu geben", so die Kultursenatorin Karin von Welck.[1] Außerdem soll 2010/11 die Obermaschinerie erneuert und ausgebaut werden.
Intendanten
Jahr Intendanten 1900–1910 Alfred Freiherr von Berger 1910–1913 Carl Hagemann 1913–1918 Max Grube 1918–1926 Paul Eger 1926–1928 Ernst Ziegel 1928–1932 Hermann Röbbeling 1932–1945 Karl Wüstenhagen 1945–1946 Rudolf Külus (kommissarisch) 1946–1948 Arthur Hellmer 1948–1955 Albert Lippert 1955–1963 Gustaf Gründgens 1963–1968 Oscar Fritz Schuh 1968 Egon Monk 1968–1969 Gerhard Hirsch (kommissarisch) 1969–1970 Hans Lietzau 1970–1971 Rolf Liebermann (kommissarisch) 1972–1979 Ivan Nagel 1979–1980 Günter König und Rolf Mares (kommissarisch) 1980–1985 Niels-Peter Rudolph 1985–1989 Peter Zadek 1989–1991 Michael Bogdanov 1991–1993 Gerd Schlesselmann (kommissarisch) 1993–2000 Frank Baumbauer 2000–2005 Tom Stromberg seit 2005 Friedrich Schirmer Ensemble
Viele namhafte deutschsprachige Schauspieler haben und hatten hier Auftritte, erwähnt seien: Marco Albrecht, Ingrid Andree, Maria Becker, Ortrud Beginnen, Ehmi Bessel, Christa Berndl, Josef Bierbichler, Charles Brauer, Marion Breckwoldt, Ella Büchi, Max Eckard, Franziska Ellmenreich, Judith Engel, Sebastian Fischer, Elisabeth Flickenschildt, Uwe Friedrichsen, Francis Fulton-Smith, Helmuth Gmelin, Ute Hannig, Werner Hinz, Hanne Hiob, Jutta Hoffmann, Pola Kinski, Gustav Knuth, Felix Kramer, Werner Krauß, Richard Lauffen, Ruth Leuwerik, Erwin Linder, Susanne Lothar, Eduard Marks, Eva Mattes, Kyra Mladek, Magdalena Montezuma, Bernd Moss, Dietmar Mues, Ruth Niehaus, Joseph Offenbach, Michael Prelle, Tilo Prückner, Wiebke Puls, Will Quadflieg, Hans Quest, Heinz Reincke, Hermann Schomberg, Annemarie Schradiek, Jana Schulz, Monique Schwitter, Catrin Striebeck, Solveig Thomas, Andreas Tobias, Daniel Wahl, Anne Weber, Antje Weisgerber, Ulrich Wildgruber, Maria Wimmer, Michael Wittenborn, Samuel Weiss, Rosel Zech.
Regie
Jan Bosse, Frank Castorf, Roberto Ciulli, Jürgen Fehling, Dieter Giesing, Heiner Goebbels, Gustaf Gründgens, Sebastian Hartmann, Ulrich Heising, Karin Henkel, Hanne Hiob, Ivo van Hove, Bruno Klimek, Jacqueline Kornmüller, Johann Kresnik, Franz Xaver Kroetz, Michel Laub, Ingrid Lausund, Jan Lauwers, Albert Lippert, Christoph Marthaler, Wilfried Minks, Egon Monk, Christian Pade, Claus Peymann, René Pollesch, Stefan Pucher, Ute Rauwald, Rimini Protokoll, Werner Schroeter, Anselm Weber, Jossi Wieler, Peter Zadek.
Literatur
- Rosemarie Clausen, Theater. Gustaf Gründgens inszeniert, Braunschweig: Georg Westermann 1960
- Manfred Brauneck u.a. (Hrsg.): 100 Jahre Deutsches Schauspielhaus Hamburg. Hamburg; München: Dölling und Galitz, 1999. (Buch mit CD-ROM) ISBN 3-933374-34-0
Weblinks
Einzelnachweise
53.55430555555610.008861111111Koordinaten: 53° 33′ 16″ N, 10° 0′ 32″ O
Wikimedia Foundation.