Scheibenfeuer

Scheibenfeuer
Scheibenschlagen

Das Scheibenschlagen ist ein Brauch, bei welchem glühende Holzscheiben mit Hilfe von Stecken von Berghängen ins Tal geschleudert werden. Besonders verbreitet ist der Brauch in und um den südlichen Teil der Oberrheinischen Tiefebene (Schwarzwald, Breisgau, Baselbiet, Elsass) sowie in Vorarlberg, Teilen West- und Südtirols sowie im Bündner Oberland (Breil) und im Churer Rheintal (Untervaz).

Der Brauch wird am ersten Fastensamstag oder Fastensonntag zur Osterzeit abgehalten. Dieser Tag trägt, je nach Region, unterschiedliche Namen: Funkensonntag, „Holepfannsunntag“, „Kassunnti“ („Käsesonntag“), „Küachlisunntig“, „Küechlesonntag“ „Alti Fasnet“. Eine Ausnahme bildet Bernau im Schwarzwald, wo bis zu acht Scheibenfeuer die ganze Fasnachtswoche (außer Aschermittwoch) brennen. Im Elztal im Schwarzwald und angrenzenden Seitentälern findet das Scheibenschlagen traditionell am Sonntag „Lätare“ statt.

Erstmals urkundlich bezeugt ist das Scheibenschlagen bereits im Jahr 1090. Durch eine geschlagene brennende Scheibe wurde am 21. März 1090 ein Nebengebäude des Klosters Lorsch in Brand gesetzt.

Zentrum der Brauchausübung sind heutzutage der schwäbisch-alemannische Raum, der Vinschgau und Vorarlberg. In Tirol wo der Brauch früher weit verbreitet war, wird er nur noch in der Gegend um Landeck aktiv ausgeübt, ist aber in Flurbezeichnungen erhalten geblieben („Scheibschlagalm“ im Brixental, „Scheibenbichl“ in Imst und viele andere).[1]

Brauchtumsausübung

Die Veranstaltung wird meist bereits am späten Nachmittag eingeleitet, indem sich die Bewohner der Ortschaften an Ständen treffen und warme Getränke und regional unterschiedliche Gebäcke konsumieren. Im alemannischen Raum wird es traditionell mit einem Fackelzug eingeleitet.

Das Scheibenschlagen beginnt in der Abenddämmerung. Jede Scheibe wird entweder mit einem Gruß des Schlägers an eine andere Person oder mit einem kleinen Vers in die Dunkelheit geschleudert. Vielfach hört man den Spruch: „Dia Scheiba, dia Scheiba, dia will i iatz treiba, Schmalz in dr Pfonna, Kiachli in dr Wonna, Pfluag in dr Eard, dass dia Scheiba weit außa geat!“ (in Tirol verbreitet). In manchen Gegenden ist die Veranstaltung beendet, wenn alle Haushalte ihre Scheibe samt Gruß geschleudert haben und keine Scheiben mehr verfügbar sind (was z.T. sehr lange dauern kann). Im alemannischen Raum wird anstatt des Grußes ein Spottspruch verwendet: „Schiebi, schiebo, die Schieebe soll go, die Schiebe soll suure, em „Name des Opfers“ an d' Schnuure.“ oder auch „Schiebi, schiebo, wem soll die Schiebe go? Die Schiebe soll em ... go. Goht sie it, so gilt sie it.“ In Südtirol hört man außerdem den Spruch: „Scheib, Scheib, weim keart dia Scheib? Dia Scheib keart in -NAME-. Geat sie guat, hot er's guat, geat sie letz, konn i a nit drfir. Schaug, wia es Scheibele ausigeat...“ und Z.B. in Mals im Obervinschgau lautet der Spruch: „Oh reim reim, wem weard eppar dia Scheib sein, dia Scheib und mei Kniascheib kearn dem Hansl und der Seffa zur a guate Nocht, daß die Bettstatt krocht. Geaht sie guat, hobn si's guat, schaug, wia mei Scheibele ausigeat“.(in verschiedenen Variationen). Ebenfalls in Mals und Umgebung wird selben Tag ein ca. 12 m langer Baumstamm, „Hex“ genannt, mit einem Querbalken in Form eines Kreuzes mit Stroh umwickelt, außerhalb des Dorfes auf einer kleinen Anhöhe aufgestellt und nach Anbruch der Dunkelheit entzündet.

Der Ort an dem das Feuer entzündet wird und die Scheiben geschlagen werden heißt in vielen Orten Scheibenbühel oder „Scheibenfelsen“. Veranstaltet wird das Scheibenschlagen meist von Vereinen, den Funkenzünften, Pfadfindern oder den Freiwilligen Feuerwehren.

In Untervaz (CH-Graubünden) ist der Brauch nur für Knaben und ledige Männer, sowie für Väter mit kleinen Knaben gedacht und dort gilt der Name „Schybaschlaha.“ Das ist Dialekt für „Scheibenschlagen.“ Dort gilt der Spruch:“ Dia Schiiba, dia Schiiba, dia kört, dia kört, dr (NAME EINES MÄDCHENS)! Hoit und dera sei si!“

Nachdem man alle „Scheiben“ aufgebraucht hat, beginnt der Fackelzug ins Dorf. Danach gehen die Knaben zu den Mädchen nach Hause und werden dort bedient bis in die Morgenstunden.

In Danis (CH-Graubünden) heisst der Brauch „trer schibettas“ (rätoromanisch für Scheibenschlagen). Hier wird das Scheibenschlagen durch die Jungmannschaft organisiert. Alle Knaben ab der 3. Klasse und alle ledigen Männer aus dem Dorf dürfen am „trer schibettas“ teilnehmen. Der Spruch beim Scheibenschlagen lautet: „Oh tgei biala schibetta per la (NAME EINES MÄDCHENS)!“ Übersetzt: „Oh welche schöne Scheibe für die (NAME EINES MÄDCHENS)!“ Bei missratenen Scheiben wird z.B.: „Oh tgei tgagiarar per il scolast“ gerufen. Sind alle „schibettas“ geschlagen kehren die Jugendlichen ins Dorf zurück und besuchen in kleinen Gruppen alle Mädchen im Dorf.

Im Elsass heisst der Brauch „Schieweschlawe“; im manchen Dörfern des elsässisch-schweizerischen Leymentals wird er auch "Reedlischwinge" (Rädchen schwingen) genannt.

Ausrüstung

Scheiben zum Scheibenschlagen

Im alemannischen Raum wird traditionell ein Bock aus einem Holzbrett verwendet und nennt sich „Scheibenbock“.

Eine runde oder quadratische Holzscheibe mit einem Durchmesser von ca. 10 cm und ca. 2 cm Stärke. Mittig ist die Scheibe gebohrt, damit sie zum Transport auf eine Schnur aufgereiht und auf den Stecken platziert werden können. Damit wird sie ins Feuer gesteckt bis sie glühend wird. Diese Glut wird vor dem Abschlag durch Schwingen des Stecken bis zur Weissglut gesteigert.

Herstellung wie Bezeichnung der Scheiben kann auch kleinräumig unterschiedlich sein. Im Leymental werden manche (je nach Dorf - und das kann im Nachbardorf schon anders sein) mit dem Gertel gehauen, andere mit dem Ziehmesser gezogen - oder auch gedrechselt. Neben der Bezeichnung Schiibli (Scheibchen) heissen sie auch Reedli (Rädchen) - der Brauch heisst dann "Reedlischwinge".

Einzelnachweise

  1. Staatsanzeiger Nr. 7 vom 27. Februar 2009, Seite 28. Staatsanzeiger Verlag, Stuttgart

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