Scheich Said Aufstand

Scheich Said Aufstand

Der Scheich-Said-Aufstand (türkisch: Şeyh Said İsyanı) war ein Aufstand im Jahre 1925 unter der Führung Scheich Saids, der die Errichtung eines unabhängigen kurdischen Staates zum Ziel hatte.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Die Vorbereitungen für den Aufstand begangen bereits im Jahre 1924. Mit Abschaffung des Kalifats durch Mustafa Kemal Pascha verschwand eine wesentliche Institution kurdisch-türkischer Bruderschaft. Ebenfalls in demselben Jahr wurde das Kurdische an öffentlichen Plätzen verboten. Die Azadi-Organisation betrieb eine intensive Propaganda. Nach einer Meuterei von Kurden im 7. Armeekorps wurden große Teile der Azadi-Führung verhaftet. Scheich Said übernahm ab da die Führung des Aufstandes. Am 13. Februar 1925 kam es im Dorf Piran bei Egil zu einer bewaffneten Auseinandersetzung. Der Aufstand brach viel zu früh aus.

Da die türkische Regierung die lokale kurdische Bevölkerung in der Mosul-Frage hinter sich wissen wollte, war sie bereit ihnen einige ihrer Forderungen, die einer Autonomie nahe kamen, zu erfüllen. Am 1. August 1924 wurde in Diyarbakır zwecks Bestimmung des Ausmaßes der Rechte der Kurden eine Konferenz abgehalten. Dort wurde ihnen eine Generalamnestie, Sonderzahlungen aus dem Budget, fünfjährige Steuerfreiheit sowie die Wiedereinführung der Schari'a-Gerichte zugesagt. Die Vertreter der kurdischen Bevölkerung willigten ein und versprachen im Gegenzug die Türkei in der Mosul-Frage zu unterstützen. Bevor das Abkommen in der Großen Nationalversammlung der Türkei ratifiziert werden konnte brach jedoch der Aufstand aus. Somit spielte der Aufstand in die Hände der Briten, da die Türkei einerseits ihre militärische Kapazität für die Beendigung des Aufstandes einsetzen musste und somit eine mögliche Intervention in den Nordirak unmöglich wurde.[1]

Verlauf

Die Zaza erobern nach und nach die umliegenden Städte. Am 17. Februar 1925 wird der Gouverneur von Genç im heutigen Bingöl gefangen genommen. Scheich Said erobert Genç, Maden und Siverek, danach zieht er Richtung Diyarbakır. Andere Kurden erobern Varto in der Provinz Muş und ziehen dann zur Stadt Muş. Auf Seiten des türkischen Staates kämpften auch Teile der zwei alevitischen Kurdenstämme der Xormek [2] und der Lolan gegen den Aufstand von Scheich Said. Hintergrund waren alte Stammesrivalitäten mit dem sunnitischen Stamm der Cibran, die auf Seiten der Aufständischen kämpften. [3] Diese Stämme verhindern die Einnahme Erzincans und Erzurums [4] Am 23. Februar wird das Kriegsrecht verhängt. Am 24. Februar wird Elazığ erobert. Am 25. Februar erlässt die Regierung das Gesetz zur "Festigung der Ordnung" (Takrir-i Sükun) mit außergewöhnlichen Machtbefugnissen für die Regierung. Am 27. Februar startet die türkische Armee Luftangriffe und eine große Bodenoffensive. Am 29. Februar nimmt Scheich Saids Bruder Ebdurrehîm die Stadt Çermik ein und erhält hier Verstärkung durch Scheich Eyûb mit Männern aus dem Distrikt Siverek. Gemeinsam erobern sie Ergani.[5] Insgesamt werden schließlich 35.000 gut ausgerüstete türkische Truppen aufgeboten. Am 27. April gerät Scheich Said mit 47 Mitkämpfern in seinem Hauptquartier in Genç in Gefangenschaft und wird durch ein türkisches Kriegsgericht zum Tode verurteilt und am 4. September gehängt. [6] Tausende weniger einflussreiche Kurden wurden ohne Gerichtsverfahren getötet und die Bevölkerung ganzer Distrikte wurde deportiert. [7]

Nachwirkungen

Der Aufstand konnte gegen die Armee aufgrund der fehlenden schweren Waffen nicht lange bestehen. Nach dem Aufstand wurden tausende Kurden in den westlichen Teil der Türkei vertrieben. Kleine Verbände, die entkommen konnten, setzten den Kampf als Guerilla fort. Diese Aktivitäten dauerten bis 1927 an.

Der Aufstand Scheich Saids war religiös und nationalistisch motiviert. Darüber hinaus hatte Scheich Said Kontakte zu vielen wichtigen Kurdenführern der damaligen Zeit, so wie Alişan aus Koçgiri, Said Riza aus Tunceli, Simko aus Ostkurdistan und Mahmud Berzanci aus Süleymania im Irak.

Eine Mischung aus kurdischem Nationalismus und Islamismus war der Auslöser für den Aufstand der Kurden unter Scheich Said. Dem Aufstand gingen große Reformen voraus, die die Türkei in einen laizistischen Staat verwandelten. Kurz zuvor wurden durch den Staat 1924 das Kalifat und die Scharia abgeschafft. Darüber hinaus unterstellte die türkische Regierung den Briten, dass sie diesen Aufstand begonnen hätten, um die Türken aus der Mosul-Frage herauszuhalten.

Einzelnachweise

  1. Mim Kemâl Öke: Belgelerle Türk-İngiliz ilişkilerinde Musul ve Kürdistan sorunu, 1918 - 1926. In: 123. I. Auflage. III, Nr. A-33, Türk Kültürünü Araştırma Enstitüsü, Ankara 1992, ISBN 975-456-052-8, Beşinci Bölüm: Şeyh Sait İsyanı, Nesturiler ve Meselenin Devletlerarası Hakemliğe Havalesi, S. 159. 
  2. Vgl. Mehmet Şerif Fırat: Doğu İlleri ve Varto Tarihi. Ankara 1970 (Reprint). Dort auch ein Brief von Scheich Said an die Xormek-Führer.
  3. Martin van Bruinessen: Agha, Scheich und Staat Berlin 1989, S. 411
  4. Martin Strohmeier, Lale Yalçin-Heckmann: Die Kurden. Geschichte, Politik, Kultur. Beck Verlag, München 2003, S. 97
  5. Martin van Bruinessen: Agha, Scheich und Staat Berlin 1989, S. 415
  6. Martin van Bruinessen: Agha, Scheich und Staat Berlin 1989, S. 418
  7. Martin van Bruinessen: Agha, Scheich und Staat Berlin 1989, ebd.

Literatur

  • Martin van Bruinessen:Agha, Scheich und Staat - Politik und Gesellschaft Kurdistans. Berlin 2003, ISBN 3884022598
  • Yaşar Kalafat: Şark meselesi ışıgında Şeyh Sait olayı, karakteri, dönemindeki iç ve dış olaylar. In: Boğaziçi ilmî araştırmalar serisi ; 11. Boğaziçi Yayınları, Ankara 1992, ISBN 975-451-083-0, S. 407. 

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