- Scheidemünzen
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Scheidemünzen wurden Münzen zur Zeit des Kurantgeldes (in Deutschland praktisch bis Anfang August 1914, dem Beginn des 1. Weltkrieges) genannt, deren Metallwert geringer als ihr gesetzlicher Wert war. Der Begriff „Scheidemünze“ bedeutete das „Scheiden von Käufer und Verkäufer auf Heller und Pfennig beim Kaufvorgang“ (Wechselgeld).
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Die ersten Vorläufer der Scheidemünzen entstanden im ausgehenden 16. Jahrhundert, als der Münzfuß der „Noch“-Kurantkleinmünzen, wie Kreuzer, sich zum Reichstaler merklich verschlechterte und die gesetzliche Nominalparität zur Großsilbermünze sich praktisch nicht mehr einhalten ließ. Es entstanden Kursverschlechterungen der Kleinmünzen zur Großmünze, die ihren Höhepunkt in der Kipper- und Wipperzeit um 1621 bis 1623 fanden. Erst als der Staat sich verpflichtete, diese wertminderen Kleinmünzen wieder zum „vollen“ Nennwert an den öffentlichen Kassen in Kurantgeld auf Verlangen umzuwechseln, war die eigentliche moderne „Scheidemünze“ geboren, was um etwa 1700 abgeschlossen war.
Antike
In der Antike gab es Vorläufer der modernen Scheidemünze, z. B. das römische As, die jedoch nach dem Zusammenbruch des römischen Reiches mit seinen Inflationen untergingen und in den späteren Nachfolgestaaten daher auch keine Akzeptanz mangels staatlicher dauerhafter Autorität erlangen konnten.
Auch die in (Indo-)China, Korea und Japan seit etwa dem 6. Jahrhundert v. Chr. bis Anfang des 20. Jahrhunderts umlaufenden „Käsch-Münzen“ aus Kupfer, Messing oder Bronze mit meist viereckigem Loch sind als Scheidemünzen anzusehen, obwohl sie zeitweise auch als Parallelwährung zu den Tael-Silberbarrenmünzen angesehen werden können, die für höherwertige Zahlungen vorbehalten waren.
19. Jahrhundert
Scheidemünzen waren nur in begrenzter Höhe gesetzliche Zahlungsmittel (begrenzter schuldbefreiender Annahmezwang). Es galt dabei meist vor 1871 die Vorschrift, dass niemand mehr Scheidemünzen als bis zum Betrag der kleinsten Kurantmünze anzunehmen brauchte. Damit es nicht zu abgewerteten Kursen zur Kurantmünze kommen sollte, war vielfach auf diesen Münzen, neben der Aufschrift „Scheidemünze“, auch noch das gesetzliche Verhältnis zur Kurantmünze aufgeprägt. Siehe Bild: „3 Pfenning 120 einen Thaler“.
Zu den Scheidemünzen zählten nicht nur Bronze- und Kupfermünzen sowie Münzen aus anderen unedlen Metallen, sondern sogar auch viele Silbermünzen, deren innerer Wert durch unedle Beilegierung teilweise stark zum Münznominalwert gemindert wurden. Dies galt beispielsweise für viele in Deutschland vor 1871 umlaufende Pfennig-, Kreuzer- und Groschenmünzen aus Silber. War der Silbergehalt einer Scheidemünze unter 50 Prozent, so spricht man von einer Billonmünze. Da diese Münzen schon merklich durch den dominanten Kupferanteil rötlich schimmerten, wurden Silberscheidemünzen vor der Auslieferung aus der Münzanstalt in einer Silbernitrat-Weinsteinlösung „weiß“ gesotten. Sie sah dann für eine kurze Umlaufzeit wie eine vollwertige Kurantmünze aus – bis die dünne oberflächliche Feinsilberschicht nach kurzer Zeit im Umlauf abgerieben war.
Im Deutschen Kaiserreich von 1871 bis 1918 mit seiner Goldwährung bzw. Goldmark-Währung (bis 1914) waren sogar alle Silbermünzen in Mark-Währung Scheidemünzen, die allerdings einen Feingehalt von 90 Prozent hatten und daher keine Billonmünzen waren. So entsprachen 10 Mark in Silbermünzen um 1875 einem Goldwert von 9 Mark bei dem damaligen Gold-Silber-Wertverhältnis von 1 : 15,5.
Annahmezwang
Scheidemünzen brauchten nur bis zur Höhe von 20 Mark von Privaten in Zahlung genommen zu werden, für Pfennig-Münzen galt in Kupfer- bzw. Kupfer-Nickellegierung nur ein Betrag von maximal 1 Mark. Heute gilt für Euro- und Euro-Cent-Münzen ein begrenzter Annahmezwang von insgesamt 50 Münzen unabhängig vom Nominalwert. Staatliche Kassen mussten Scheidemünzen (meist) unbegrenzt bei Zahlungen an den Staat zurücknehmen.
Allerdings waren die bis 1907 noch gültigen Vereinstaler (= 3 Mark) auf Grund ihres Silberwertes bis etwa 1878 ebenfalls praktisch noch „Kurantmünzen“ (Bimetallismus). Danach verfiel allerdings der Silberpreis. Trotzdem hielt man formal am Status der „Kurantmünze“, beim Taler bis zur endgültigen Verrufung ab 1. Januar 1910 nach etwa 1878, fest, obwohl er zur „Scheidemünze“ absank.
In der auf offiziellem Bimetallismus beruhenden Lateinischen Münzunion waren die silbernen 5-Frankenstücke neben den Goldmünzen ebenfalls Kurantmünzen, die kleineren Silbermünzen ab 2 Franken wiesen einen relativ geringeren Feingehalt auf. Da der Silberpreis ab 1878 verfiel, konnte der (lateinische) Bimetallismus nicht mehr aufrecht erhalten werden. Es wurde dann die Ausprägezahl der 5-Frankenstücke zu Gunsten der kleineren silbernen Scheidemünzen ab 2 Franken bis ½ Franken stark reduziert.
20. Jahrhundert
Ab 1915 sind in Deutschland alle geprägten Münzen bis einschließlich der heutigen Euromünzen „Scheidemünzen“. Konsequenterweise müsste auch Papier- und Buchgeld dazu gezählt werden, obwohl es hier um große Geldbeträge geht.
Viele ältere Münzen geringeren Nominals mit den Gepräge „Landmünze“ oder „Stadtmünze“ waren praktisch ebenfalls „Scheidemünzen“, da sie meist in einem geringeren als im vorgeschriebenen „Reichsfuß“ ausgeprägt wurden. Das galt allerdings oft nicht für die größeren Stadtmünzen, wie z. B. für die Städtetaler (Moneta civitas), die häufig nach dem Reichsfuß vollwertig waren. Siehe auch Valvationstabelle. Notgeld und Belagerungsmünzen waren praktisch immer „Scheidemünzen“, sofern sie nicht aus hochwertigem requiriertem Kirchenedelmetall bestanden.
In Notzeiten unterlagen Scheidemünzen einem wesentlich höherem Wertverfall als Kurantmünzen, so dass gesetzliche Kurse zwischen verschiedenen Nominalen (Sorten) bedeutungslos wurden, siehe Kipper- und Wipperzeit um 1621. Auch wurden in Notzeiten Scheidemünzen (und Banknoten) nicht mehr zum Nennwert von den Staatskassen in Kurantmünzen umgetauscht, so dass Kurantgeld sogar zur Ware mit Aufgeld (Agio) werden konnte.
Ursprünglich war das Umlaufgebiet der Scheidemünzen nur auf das Emissionsgebiet begrenzt („Landmünze“). Wurde dieses Geld aber anstandslos vom Emissionsland wieder zurückgenommen und dort in Kurantgeld getauscht, war es häufig auch in den Nachbarländern kursfähig wenn dort Kleingeldmangel herrschte, gelegentlich aber mit abgewertetem Kurs. Meist wurde der Kurs immer ungünstiger je weiter das Emissionsland geographisch entfernt war oder gar Zweifel an der Rücknahme bestanden.
Häufig wurden auch Scheidemünzen zur Soldatenbesoldung bzw. zum Ausverkauf anderer Länder extra geprägt. Das geschah besonders häufig in den Kriegszeiten des 17. und 18 Jahrhunderts. Das wurde aber sehr schnell vom örtlichen Kaufmann erkannt und dann wurde dieses Geld stark abgewertet oder abgewiesen und schließlich gesetzlich verrufen. Siehe Ephraimiten.
Als letzte deutsche „Scheidemünzen“, die zum Ausverkauf dienten, können die um 1820 geprägten sog. „Judenpfennige“ angesehen werden. Sie kursierten besonders zur Messezeit im Frankfurter Raum und werden heute noch gern gesammelt. Diese Kupferkleinmünzen waren eigentlich in Wirklichkeit „Scheinmünzen“, die keine Länderwappen – dafür aber Symbole, wie Hahn, Tonpfeife u. a., trugen; sowie teilweise anstelle einer Währungsbezeichnung, wie „1 Pfennig“, eine Fantasiewährungsbezeichnung hatten, wie z. B. „1 Halbac“. Der Ursprung dieser Münzen ist unklar und soll privat sein (vermutet wird Birmingham oder Holland). Wären diese Münzen Spielmarken gewesen, hätten sie – wie damals vorgeschrieben – aus einer Messinglegierung bestanden, da damals Kupfer ausschließlich den kleinen Währungsmünzen vorbehalten war.
Scheidemünzen brachten den Münzherren eine guten „Schlagschatz“ (= Münzgewinn) ein. Dies verleitete viele Münzherren dazu, diese in größeren Mengen auszugeben, und das nicht nur in Kriegszeiten. Begründet wurde die Ausgabe von Scheidemünzen durch die relativ höheren Prägekosten im Vergleich zur Kurantmünze – gemessen am jeweiligen Nominalwert. Dieses Argument ist nicht ganz unberechtigt. Außerdem wäre ein Pfennig (entsprechend seiner Kaufkraft gefertigt) aus reinem Gold oder Silber viel zu klein und deshalb unpraktisch für den Umlauf gewesen. Darüber hinaus hätte die verfügbare Edelmetallmenge niemals ausgereicht, um sämtliche Zahlungsmittel aus Gold und Silber herstellen zu können. Andernfalls wären ja auch deflationäre Verhältnisse entstanden und im übrigen waren die Regierenden zu allen Zeiten finanziell „klamm“, weil – von zeitlichen Ausnahmen mal abgesehen – die Edelmetallmenge immer langsamer als die verfügbare Warenmenge anstieg. Für eine stabile Währung war es daher wichtig, für eine gute Balance zwischen der Menge an Kurant-, Scheide-, Papier- und Buchgeld zu sorgen, was natürlich insgesamt im Einklang mit der allgemeinen materiellen Wirtschaftskraft des Landes und der mittleren Geldumlaufgeschwindigkeit stehen musste.
Vielfach waren Scheidemünzen früher sehr lange im Umlauf, so wurden nach der Einführung der Mark ab 1871 noch Münzen von bis zu 1750 in das neue Reichsgeld umgewechselt. Der sehr lange Umlauf vieler deutscher Scheidemünzen, der sich manchmal auf fast 200 Jahre belief, erklärt heute die Vielzahl schlecht erhaltener Stücke deutscher Kleinmünzen und umgekehrt die hohe Sammlerbewertung von „prägefrischen“ Stücken.
Die Begriffe „Scheide- und Kurantmünze“ wurde mit Einführung der Mark-Währung ab 1871 im deutschen Sprachraum zunehmend vermieden.
Literatur
- Heinz Fengler: transpress Lexikon Numismatik, Verlag für Verkehrswesen Berlin 1988, ISBN 3-344-00220-1
- Verein Gelehrter und praktischer Kaufleute: Handels-Lexikon oder Encyclopädie der gesamten Handelswissenschaften für Kaufleute und Fabrikanten, Verlag Ernst Schäfer, 1847, Leipzig
- Rudolf Hilferding: Das Finanzkapital, Verlag JHW Dietz Nachfolger GmbH Berlin 1947 (unveränderter Nachdruck von 1910)
- C. Schaeffer, Dr. H. Brode: Allgemeine Volkswirtschaftslehre, Verlag C. L. Hirschfeld, Leipzig 1927
Siehe auch
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