- Scheidungskind
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Scheidungswaise ( auch Scheidungskind) bezeichnet ein Kind, das der Problematik des Entzugs des Sorgerechts bei einer Scheidung ausgesetzt ist.
Inhaltsverzeichnis
Kind-Eltern-Beziehung
Kinder leiden unter einer Trennung oder Scheidung zwischen Vater und Mutter. Insbesondere wenn diese mit gegenseitiger Abwertung und Verletzung verbunden ist. Das Kind ist auf eine tragfähige Beziehung sowohl zum Vater, als auch zur Mutter existentiell angewiesen. Wenn die Eltern sich im Streit trennen, dann ist das Kind in einem Loyalitätskonflikt: sobald das Kind dem einen Elternteil seine Zuneigung zeigt, muss es fürchten, die des jeweilig anderen zu verlieren. Dadurch wird die Kind-Eltern-Beziehung massiv gefährdet oder zerstört.
Notwendig ist ein gemeinsames Sorgerecht als Grundlage für eine über die Trennung hinaus bestehende gemeinsame Wahrnehmung gemeinsamer elterlicher Verantwortung.
Aktuelle Praxis
In vielen Fällen bestimmt die Mutter darüber, ob die Vater-Kind-Beziehung nach einer Trennung oder Scheidung aufrecht erhalten werden kann. Oft wird die Beziehung zwischen Vater und Kind mit einem minimalen gegenseitigen Besuchsrecht zusätzlich gestört.
Väterorganisationen kritisieren das herrschende Gesetz sowie den ebenfalls problematischen Umgang mit dem Besuchsrecht, das von verbitterten Müttern oft torpediert wird. Die Kritik geht an die Behörden, welche auch im Gesetz festgehaltene Sanktionen gegen besuchsrechtsverweigernde Elternteile (meistens die Mutter) zu wenig oder gar nicht anwenden. Die Väterorganisationen befürchten ein gesellschaftspolitisches Sprengpotential sowie den Aufbau einer vaterlosen Gesellschaft.
Ferienregelung
Bei den jährlichen Ferien gibt es enorme regionale Unterschiede. In Deutschland hat der nicht betreuende Elternteil überhaupt keine Rechte, der betreuende hingegen alle Pflichten. In der Deutschschweiz darf der nicht betreuende Elternteil das Kind nur zwei bis drei von 14 Wochen Ferien mit dem Kind verbringen.
Das bedeutet für das Kind einen grossen Beziehungsverlust, und für den anderen Elternteil je nach Sichtweise eine entsprechend hohe finanzielle, zeitliche (besonders bei eigener Berufstätigkeit) und emotionale Belastung.
In der Welschschweiz ist die Regelung vorbildlich: jeder Elternteil ist für die Hälfte der Schulferien zuständig und das Kind darf seine Ferien mit beiden verbringen.
Situation in der Schweiz
Gemäss Bundesamt für Statistik wurden allein im Jahr 2005 16'369 Kinder zu Scheidungswaisen. Die Scheidungsrate lag im Jahr 2005 bei 52.6 %. In 66.6 % der Fälle wurde das Sorgerecht der Mutter alleine übertragen, d.h. dem Vater entzogen. Nur in 5.7 % der Fälle erhielt der Vater das alleinige Sorgerecht. In 27.4 % der Fälle konnte ein gemeinsames Sorgerecht beider Elternteile verfügt werden. Gemäss ZGB Art. 133 gibt es seit dem Inkrafttreten des neuen Scheidungsrechts im Jahr 2000 die Möglichkeit, dass bei einer Scheidung beide Elternteile das Sorgerecht behalten können. Dies jedoch nur, wenn beide Elternteile einverstanden sind und ein Betreuungsplan erarbeitet wird. Diese Gesetzesformulierung bedeutet ein Quasiveto der Mutter. Stimmt sie der Beibehaltung des Sorgerechts des Vaters nicht zu, wird das Sorgerecht bei der klassisch gelebten Rollenverteilung während der Ehe der Mutter zugesprochen.
Politisch sind Bestrebungen im Gange, eine gemeinsame elterliche Sorge als Regelfall unabhängig des Zivilstandes einzuführen. Ein von CVP-Nationalrat Reto Wehrli im Jahr 2004 eingereichtes Postulat liegt zur Abklärung und Bearbeitung im EJPD. Der Begriff "Scheidungswaise" wird oft von der Schweizer Presse in Reportagen über Väter nach der Scheidung verwendet (Oberthurgauer Nachrichten "Missbrauch der Muttermacht" April 2006; St. Galler Tagblatt).
Einige Väterorganisationen vergleichen die diesbezügliche Handhabung mit derjenigen der Verdingkinder oder mit den Vorkommnissen bezüglich der Verfolgung von Jenischen durch das Hilfswerk "Kinder der Landstrasse", ebenfalls dunkle Kapitel der neueren Schweizer Geschichte.
Siehe auch
Weblinks
- Geo-Interview: "Können Scheidungskinder glücklich werden?"
- DIE ZEIT: Wie viel Vater braucht das Kind?
Literatur
- Matthias Matussek: Die vaterlose Gesellschaft
- Gabriele ten Hövel: Liebe Mama, böser Papa
- Elizabeth Marquardt: Kind sein zwischen zwei Welten. Was im Inneren von Kindern geschiedener Eltern vorgeht. Junfermann, Paderborn, 1. Auflage 2007. ISBN 978-3-87387-673-6
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