- Schengener Durchführungsübereinkommen
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Im Übereinkommen von Schengen, besser bekannt als Schengener Abkommen, vereinbarten fünf europäische Staaten, auf Kontrollen des Personenverkehrs an ihren gemeinsamen Grenzen zu verzichten. Das Abkommen ist nach dem luxemburgischen Ort Schengen benannt, wo es 1985 unterzeichnet wurde. Das Gebiet, innerhalb dessen das Schengener Abkommen gilt, wird als Schengen-Raum bezeichnet.
Das Schengener Abkommen wird, nach mehreren Erweiterungen, mittlerweile in 28 Ländern Europas angewandt. Das sind 25 Mitgliedsländer der Europäischen Union (EU) sowie als Nicht-EU-Staaten zusätzlich Island, Norwegen und die Schweiz. Von den EU-Ländern nehmen das Vereinigte Königreich und Irland nur eingeschränkt am Schengener Abkommen teil. Bulgarien, Rumänien und Zypern wenden nur bestimmte Bestimmungen des Abkommens an, die vollständige Inkraftsetzung mit der Abschaffung der Grenzkontrollen wird zu einem späteren Zeitpunkt durch die EU beschlossen. Die Schweiz trat als Nicht-EU-Mitglied am 12. Dezember 2008 dem Schengen-Raum bei und schaffte die systematischen Grenzkontrollen ab. Sie geht jedoch keine Zollunion mit der Europäischen Union ein und etwaige Zollkontrollen bleiben bestehen. Entgegen den ursprünglichen Plänen durfte Liechtenstein nicht gleichzeitig mit der Schweiz dem Schengen-Raum beitreten.[1]
Inhaltsverzeichnis
Inhalt des Abkommens
Während innerhalb des Schengen-Gebiets die Grenzkontrollen weggefallen sind, wird an den Außengrenzen zu Drittstaaten nach einem einheitlichen Standard kontrolliert. Dazu wurde ein elektronischer Fahndungsverbund (das Schengener Informationssystem) geschaffen und einheitliche Einreisevoraussetzungen für Drittausländer festgelegt. Daher ist an jedem Punkt der Schengen-Außengrenze die Einreise zu verweigern, wenn kein Schengen-Visum vorhanden ist oder aus anderen Gründen eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit eines Schengenstaates festgestellt wird.
An den Flughäfen gibt es getrennte Abfertigungen für Flüge aus den Schengen-Mitgliedsstaaten und aus Drittstaaten. Ist ein sogenanntes einheitliches Schengen-Visum[2] von einem Mitgliedsland erteilt worden, besteht Reisefreiheit für einen Kurzaufenthalt in allen Schengen-Staaten. Auch die Inhaber eines Aufenthaltstitels eines Schengenstaates genießen Reisefreiheit in den anderen Mitgliedsstaaten.
Der Wegfall der Binnengrenzkontrollen wurde durch einige Schengenstaaten durch eine Ausweitung polizeilicher Kontrollbefugnisse im Inland ausgeglichen. Vor allem wurde jedoch die grenzüberschreitende polizeiliche Zusammenarbeit intensiviert, um der erleichterten Mobilität der Straftäter begegnen zu können. Dazu gehört ein erleichterter Informationsaustausch, gemeinsame Streifen im Binnengrenzraum, die Möglichkeiten der grenzüberschreitenden Observation oder Verfolgung von Straftätern (Nacheile).
Das Schengen-System beinhaltet u. a. Aufenthaltsverbote für den gesamten Schengen-Raum. Diese Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung im SIS beruhen auf einer nationalen Entscheidung wie beispielsweise der deutschen Wiedereinreisesperre nach Ausweisung oder Abschiebung. Dem liegt der Gedanke zugrunde, dass Straftäter, die aus einem Schengenstaat wegen einer dauerhaften Gefahr für die öffentliche Sicherheit fernzuhalten sind, grundsätzlich auch in den anderen Schengenstaaten unerwünschte Personen sind.
In Ausnahmefällen, zum Beispiel während internationaler Großveranstaltungen, können die Grenzkontrollen an den Binnengrenzen vorübergehend wieder eingeführt werden.[3] Dies geschah z.B. bei Fußball-Europa- und Weltmeisterschaften, sowie im Vorfeld der G8-Gipfel in Genua 2001 und Heiligendamm im Juni 2007.
Teilnehmer am Abkommen
Die Frage, ob ein Staat am Schengener Abkommen teilnimmt, ist nicht immer einfach zu beantworten. Das Schengenrecht ist durch verschiedene nationale Sonderregelungen inzwischen derart zersplittert, dass zuerst definiert werden muss, was einen Teilnehmerstaat kennzeichnet. Da sich dieser Artikel ausschließlich mit den grenzbezogenen Regelungen befasst, jedoch nicht mit den wesentlich umfangreicheren ergänzenden und Ausgleichsmaßnahmen (Reiserechte für Drittausländer, einheitliches Visumerteilung und gegenseitige Anerkennung, justizielle Zusammenarbeit und Doppelbestrafungsverbot, Bekämpfung der Schleusungskriminalität, des illegalen Waffen- und Drogenhandels oder Verhinderung des Missbrauchs des Rechtes auf Asyl usw.), ist es angezeigt, den Schengenstaat auch danach zu bestimmen, inwieweit für diesen die Abschaffung der Binnengrenzkontrollen und der einheitliche Außengrenzkontrollstandard verbindlich sind. Das Ergebnis dieser Betrachtung umfasst jedoch ohnehin alle Staaten, für die das gesamte und nicht nur geringe Teile des Schengenrechts bindend sind.
Der Beitritt zum Schengener Abkommen erfolgt(e) auf unterschiedliche Weise: anfangs durch Unterzeichnung und Ratifizierung der Schengener Verträge; seit dem Inkrafttreten des Vertrages von Amsterdam erfolgt der Beitritt zum Schengener Abkommen automatisch mit dem Beitritt zur Europäischen Union. Weiter ist der Abschluss eines Assoziationsvertrages möglich. Nur Großbritannien und Irland steht eine weitere Möglichkeit offen - ein Teilbeitritt.
Inzwischen sind somit 28 Länder dem Schengener Abkommen beigetreten, alle Mitgliedsstaaten der EU (ausschließlich GB und IRL, welche nur einen Randbereich des Schengener Abkommens anwenden), sowie die assoziierten Staaten Norwegen, Island und die Schweiz. Mit dem Beitritt zur EU ist das gesamte Schengenrecht in jedem Mitgliedsstaat bindendes Recht, die Bestimmungen über den Wegfall der Binnengrenzkontrollen, die einheitliche Visumerteilung und Visumanerkennung sowie das SIS stehen jedoch unter einem Anwendungsvorbehalt.
Beim Schengener Abkommen erfolgen nämlich das formale Inkrafttreten des multilateralen Vertrages (nach Ratifikation durch alle Unterzeichnerstaaten) und die vollständige Inkraftsetzung mit der faktischen Abschaffung der Grenzkontrollen nicht zeitgleich. Die Grenzkontrollen können in einem Land erst dann abgeschafft werden, wenn durch eine Evaluation der Ausgleichsmaßnahmen durch die bereits teilnehmenden Staaten festgestellt wird, dass der Außengrenzkontrollstandard erfüllt wird und das Schengener Informationssystem problemlos arbeitet.
Rechtlich akkurat sollte deshalb auf den Begriff Teilnehmerstaaten verzichtet werden: Es gibt Vollanwenderstaaten, die das gesamte Schengenrecht tatsächlich anwenden, Teilanwenderstaaten (z.Zt. CYP, BG, RO), für die das gesamte Recht bindend ist, die jedoch einen geringen Teil des Schengenrechts noch nicht anwenden und sonstige Staaten (GB, IRL), die nur geringe periphere Teile des Schengenrechts anwenden.
Zusätzlich zu den Unterzeichnerstaaten gehören drei weitere Kleinstaaten aufgrund besonderer Beziehungen zu einem oder mehreren Unterzeichnerstaaten faktisch zum einheitlichen Schengengebiet ohne Grenzkontrollen. Diese Staaten können jedoch weder einheitliche Visa ausstellen, noch haben sie z.B. Zugriff auf das Schengener Informationssystem. Bei diesen Staaten handelt es sich nicht um Schengenstaaten, da diese an das Schengenrecht nicht gebunden sind, wenngleich sie Teile des Schengenrechts auch in das nationale Recht übernommen haben können.
Zum Schengengebiet gehört grundsätzlich nur das europäischen Territorium der Mitgliedstaaten. Für bestimmte Gebiete in Nordafrika und im Atlantik gibt es Sonderregelungen.
Land Beitritt zum Abkommen durch Ratifizierung bzw. durch Beitritt zur EU Wegfall der Grenzkontrollen
(zukünftige Ereignisse kursiv)Vorübergehende Wiedereinführung der Grenzkontrollen Anmerkungen Belgien 19. Juni 1990 26. März 1995 Vom 10. bis 30. Januar 2000 anlässlich einer Amnestie für Personen ohne Aufenthaltserlaubnis. Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2000. Bulgarien 1. Januar 2007 frühestens 2011 Bestimmungen über die Außengrenze sind bereits in Kraft Dänemark 19. Dezember 1996 25. März 2001 Die teilautonomen Gebiete Grönland und Färöer sind dem Abkommen nicht beigetreten. Die bereits durch die Nordische Passunion abgeschafften Grenzkontrollen bleiben jedoch aufgehoben. Deutschland 19. Juni 1990 26. März 1995 Während des G8-Gipfels in Köln, Juni 1999. Vor und während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006. Während des G8-Gipfels in Heiligendamm. Vor und während des NATO-Gipfels 2009.[4] Mit dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik am 3. Oktober 1990 fand das Schengener Abkommen auch Anwendung auf das ehemalige Gebiet der DDR und Berlin. Estland 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Finnland 19. Dezember 1996 25. März 2001 Frankreich 19. Juni 1990 26. März 1995 Vom 20. März bis 5. April 2009 anlässlich des NATO-Gipfels.[5] Ohne Überseedepartements. Griechenland 6. November 1992 26. März 2000 Formales Inkrafttreten schon 1997, wegen Sicherheitsbedenken anderer EU-Länder vollständige Inkraftsetzung erst 2000. Keine Geltung für die autonome Mönchsrepublik Athos. Irland 29. Mai 2000 - Eingeschränkte Teilnahme; nur justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit, kein Wegfall der Grenzkontrollen. Island 19. Dezember 1996 25. März 2001 Kein EU-Mitglied, aber als Teil der Nordischen Passunion Mitglied des Schengener Abkommens. Italien 17. November 1990 26. Oktober 1997 Vor und während des G8-Gipfels in Genua. Lettland 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Liechtenstein 1. März 2008 voraussichtlich Ende 2009 Kein Schengenstaat. Das Abkommen wurde zwar ratifiziert, wurde aber noch nicht in Kraft gesetzt. Entgegen der ursprünglichen Planung kein Beitritt zusammen mit der Schweiz. Die Grenzen zur Schweiz werden durch Streifen und mit Kameras überwacht. Grenzkontrolle nach Österreich durch die Schweizer Grenzwacht. Litauen 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Luxemburg 19. Juni 1990 26. März 1995 Malta 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Monaco - Kein Mitgliedsstaat, es bestanden jedoch bereits zuvor keine Grenzkontrollen zum einzigen Nachbarland Frankreich. Bestimmte monegassische Aufenthaltstitel berechtigen zur Inanspruchnahme von Reiserechten in den Schengenstaaten. Niederlande 19. Juni 1990 26. März 1995 Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2000. Norwegen 19. Dezember 1996 25. März 2001 Kein EU-Mitglied, aber als Teil der Nordischen Passunion Mitglied des Schengener Abkommens. Das Abkommen gilt nicht für Svalbard (Spitzbergen), dort findet jedoch ohnehin keinerlei Grenzkontrolle statt. Österreich 28. April 1995 1. Dezember 1997 Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2008. Polen 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Portugal 25. Juni 1991 26. März 1995 Vor und während der Fußball-Europameisterschaft 2004. Inklusive Madeira und Azoren. Rumänien 1. Januar 2007 frühestens 2011 Bestimmungen über die Außengrenze sind bereits in Kraft San Marino - Kein Mitgliedsstaat, es bestanden jedoch bereits zuvor keine Grenzkontrollen zum einzigen Nachbarland Italien. Schweden 19. Dezember 1996 25. März 2001 Schweiz 16. Oktober 2004 12. Dezember 2008
auf Flughäfen am 29. März 2009Kein EU-Mitglied. Vollständige Inkraftsetzung des gesamten Schengenrechts. Da die Schweiz keine Zollunion mit der EU eingegangen ist, bleiben Warenkontrollen an der Grenze trotz Wegfalls der Personenkontrollen jedoch zulässig. Slowakei 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Slowenien 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Spanien 25. Juni 1991 26. März 1995 Mit den kanarischen Inseln vor Afrika. Die extraterritorialen Gebiete Ceuta und Melilla in Nordafrika haben einen Sonderstatus. Tschechien 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Ungarn 1. Mai 2004 21. Dezember 2007 Vatikanstadt - Kein Schengenstaat, es bestanden jedoch bereits zuvor keine Grenzkontrollen zum einzigen Nachbarland Italien. Vereinigtes Königreich 29. Mai 2000 - Eingeschränkte Teilnahme; nur justizielle und polizeiliche Zusammenarbeit, kein Wegfall der Grenzkontrollen. Zypern 1. Mai 2004 frühestens 2010 Bestimmungen über die Außengrenze sind bereits in Kraft; Demarkationslinie zu Nordzypern hat Sonderstatus. Der Status von Nordzypern ist unklar (faktisch kein Schengengebiet). ██ Vertragsstaat, der das Abkommen bereits implementiert██ Nicht-Vertragsstaat, der vollständig im Schengengebiet gelegen ist und zu dem keine Außengrenzkontrollen nach dem Schengener Grenzkodex stattfinden██ Vertragsstaat, in dem nur die Bestimmungen über die Außengrenze angewendet werden, die vollständige Inkraftsetzung erfolgt durch gesonderten Beschluss der Rates JI der EU██ Staat, der nur bestimmte Regelungen des Schengenrechts ausnahmsweise anwendetGeschichte
Schengener Übereinkommen
Am 15. Juni 1985 unterzeichneten die Vertreter der fünf EG-Mitgliedstaaten Deutschland, Frankreich, Belgien, Niederlande und Luxemburg im deutsch-französisch-luxemburgischen Dreiländereck bei Schengen (Luxemburg) an der Obermosel auf dem Fahrgastschiff Princesse Marie-Astrid das Schengener Übereinkommen (mittlerweile informell auch oft als Schengen I[6] bezeichnet). Für dieses historische Ereignis wurde Schengen ausgewählt, da es gemeinsam mit seinen Nachbargemeinden Perl (Deutschland) und Apach (Frankreich) einen Knotenpunkt in der Mitte Europas bildet. Es handelt sich hierbei um das „Dreiländereck“ zwischen den Beneluxstaaten (zwischen denen bereits seit 1969 keine Grenzkontrollen mehr bestanden), Frankreich und Deutschland, mithin in gewissem Sinne zwischen allen Erstunterzeichnern. An der Übereinkunft waren nur fünf der damals zehn EG-Staaten beteiligt; sie stellt daher ein frühes Beispiel der verstärkten Zusammenarbeit dar.
Schengener Durchführungsübereinkommen
Am 19. Juni 1990 unterzeichneten die genannten Länder dann das Schengener Durchführungsübereinkommen (informell auch oft als Schengen II[6] bezeichnet), in dem die konkreten Verfahrensabläufe der Umsetzung des Übereinkommens in gesetzlicher und technischer Hinsicht festgelegt sind. In den neuen Bundesländern trat das Abkommen mit der Deutschen Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 automatisch in Kraft.
Integration in EU-Recht
Im Vertrag von Amsterdam (2. Oktober 1997) wurde beschlossen, das Übereinkommen von Schengen in das EU-Recht zu integrieren. Dies wurde am 1. Mai 1999 umgesetzt. Die Folge ist, dass alle folgenden Neumitglieder der EU das Schengenabkommen unterzeichnen müssen. Die Inselstaaten Vereinigtes Königreich und Irland setzten eine Ausnahmeregelung durch und führen weiterhin Kontrollen an ihren Grenzen durch. Allerdings wehrten sich diese Länder anders als beim völkerrechtlichen Abschluss des Schengener Abkommens nicht mehr gegen die Integration des Schengen-Besitzstands in den Rahmen der EU.
Aufgrund des Schengen-Protokolls[7] wurde das Schengener Abkommen in den rechtlichen Rahmen der EU überführt. Seither sind die Organe der EU für die Fortentwicklung des Schengener Rechts verantwortlich, ohne dass dieses notwendigerweise in allen Mitgliedstaaten gilt. Dies ist eine Sonderform der Ungleichzeitigkeit innerhalb der EU nach dem Vorbild der Währungsunion. Sein erstes Urteil[8] zur Auslegung des Schengener Rechts sprach der Europäische Gerichtshof im Jahr 2003 über den Schutz vor Doppelbestrafung innerhalb der EU.
Teile des Schengener Durchführungsübereinkommens (Art. 2-8 SDÜ) sowie die sogenannte "Stempelverordnung" (VO (EG) Nr. 2133/2004) wurden aufgehoben. Die entsprechenden Regelungen gingen im Schengener Grenzkodex auf.
Implementierung des Abkommens in den 2004 beigetretenen EU-Ländern
Am 21. Dezember 2007 wurden die Land- und Seegrenzen in Estland, Lettland, Litauen, Malta, Polen, der Slowakei, Slowenien, Tschechien und Ungarn geöffnet. Der Schengen-Raum ist nun rund 3,6 Millionen Quadratkilometer groß und in ihm leben rund 400 Millionen Europäer.[9] Die Grenzkontrollen an Flughäfen wurden am 30. März 2008 (Flugplanwechsel) umgestellt. Zypern wird voraussichtlich erst ab 2009 das Schengener Abkommen implementieren.[10]
Die Grenzöffnungen in den neuen EU-Ländern waren ursprünglich an die Fertigstellung des neuen Schengener Informationssystems II (zusätzliche Speicherung von Biometriedaten, Fingerabdrücken und Lichtbildern; Erweiterung der Fahndungsmöglichkeiten) gekoppelt. Aufgrund erheblicher technischer Probleme und einer voraussichtlichen Verzögerung bis 2009 einigten sich die EU-Justiz- und Innenminister darauf, als Zwischenlösung das alte Netzwerk zur länderübergreifenden Polizeizusammenarbeit aufzurüsten (SISone4all).
Beitritt der Schweiz und Liechtensteins
Am 19. Mai 2004 teilte die EU-Kommission nach einem Gespräch mit Schweizer Regierungsvertretern mit, dass die Schweiz Ende 2006 oder Anfang 2007 dem Schengener Übereinkommen beitreten solle. Tatsächlich fielen die Personenkontrollen jedoch erst am 12. Dezember 2008 offiziell weg. [11] Schon vor diesem Termin wurden Personenkontrollen sukzessive abgebaut und die Grenze in einem 30-km-Streifen stichprobenartig kontrolliert, wie es an einer Schengeninnengrenze vorgesehen ist. Die Schweiz, für die einige Sonderregelungen in Bezug auf die justizielle Zusammenarbeit gelten werden, wendet es seitdem – ähnlich wie Norwegen und Island – ohne EU-Mitgliedschaft an.
Die Schweiz ratifizierte das Abkommen am 16. Oktober 2004. Mit einem Referendum (Volksentscheid) hatte die Schweizer Bevölkerung Gelegenheit, über Annahme oder Ablehnung zu entscheiden. Bei der Volksabstimmung am 5. Juni 2005 stimmten 54,6 Prozent der Schweizer Bevölkerung für den Beitritt zum Abkommen. Größte Unterstützung fand die Vorlage in den Kantonen Neuenburg (70,94 Prozent) und Waadt (67,55 Prozent). Dagegen votierte in den Kantonen Appenzell Innerrhoden (31,49 Prozent), Tessin und Schwyz (beide 38,08 Prozent) nur eine Minderheit für das Abkommen. Dies trat am 12. Dezember 2008 nach Einrichtung der erforderlichen Sicherheitssysteme an den Landesgrenzen in Kraft - an den Flughäfen wird es erst seit dem 29. März 2009 umgesetzt.
Mit der durch die Volksabstimmung vom 5. Juni 2005 besiegelten Teilnahme der Schweiz am Schengener Abkommen entfällt auch hier die Visumspflicht. Dies ist für die 21 Prozent Ausländer aus Nicht-EU- bzw. den meisten nicht-europäischen Staaten mit ständigem Wohnsitz in der Schweiz von besonderer Bedeutung, da viele beim kurzen Grenzübertritt beispielsweise nach Frankreich, Deutschland, Österreich oder Italien ein Visum brauchten und einen solchen Übertritt lange im Voraus planen mussten. Diese Personengruppe benötigt nun kein Visum mehr.
Die Schweiz ist aber weiterhin nicht mit der EU zusammen in einer Zollunion. Das hat zur Folge, dass nach wie vor die großen Zollämter besetzt sein werden, um den Warenfluss zu kontrollieren. Im Rahmen dieser Zollkontrollen sind auch weiterhin Personenkontrollen möglich.
Bis zum Beitritt Liechtensteins, das bisher seine Grenze zur Schweiz nicht kontrollierte, wird an der Grenze zwischen der Schweiz und Liechtenstein, wo die Schengen-Außengrenze verläuft, die Grenzüberwachung verstärkt. Da Liechtenstein nur auf dem Landweg und damit nur aus Schengen-Staaten erreichbar ist, soll auf die Einrichtung von neuen Grenzkontrollstellen an der Grenze zur Schweiz jedoch verzichtet werden. [12]
Kritik
Die Folgen und Auswirkungen des Schengener Übereinkommens sind seit den 1980er Jahren der Kritik von Bürger- und Menschenrechtsinitiativen ausgesetzt. Der Wegfall von Grenzkontrollen zwischen den Teilnehmerstaaten geht mit der Verpflichtung einher, die Außengrenzen zum Zwecke der Fluchtabwehr, der Bekämpfung illegaler Einwanderung, angemessen, das heißt meist verstärkt, zu sichern. Bis zum EU-Beitritt Polens war beispielsweise die Ostgrenze Deutschlands (Oder-Neiße-Linie) eine verstärkt gesicherte Grenze. Personen, die eine derartige Grenze dennoch rechtswidrig überwinden wollen, nehmen teure und kriminelle Schleuser-Unternehmen in Anspruch oder riskieren beim Grenzübertritt ihr Leben.
Nach Angaben von Pro Asyl sind an der deutschen Ostgrenze von 1993 bis 2003 etwa 145, hingegen an der Schengen-Südgrenze, insbesondere an der Meerenge von Gibraltar und in der Ägäis, zwischen 1994 und 2004 mehr als 5.000 Menschen beim versuchten Grenzübertritt ums Leben gekommen.[13]
Auch unter den Schengen-Staaten gibt es Auseinandersetzungen. Wenn auch nur ein Staat seinen Verpflichtungen zur Grenzüberwachung nicht nachkommt, sind alle anderen Staaten betroffen. So gab es wiederholt Vorwürfe, dass Italien sich illegaler Einwanderer entledige, die auf die Insel Lampedusa kamen, indem es sie weiterreisen lasse, „weil sie ja ohnehin nach Deutschland, Österreich und andere Nachbarstaaten weiterreisen“. Auch Deutschland sah sich im Rahmen der Visa-Affäre der Kritik anderer Schengen-Staaten ausgesetzt.
Durch die Zunahme illegaler Einwanderung in europäische Staaten, wie etwa nach Spanien vom afrikanischen Kontinent aus, wird nicht nur das illegale Geschäft dahinter gestärkt, sondern teilweise auch echtes Kapital daraus geschlagen, indem die Rechtlosigkeit illegal Eingewanderter für Billigarbeit ausgenutzt wird.
Nach einer Erweiterung des Schengen-Gebiets werden die Bedingungen für die Einreise an den neuen Schengen-Außengrenzen meist deutlich verschärft. Dies hat für Menschen in den Nachbarstaaten oft dramatische Folgen. Für die Menschen im Raum Lemberg in der Ukraine z. B., die traditionell enge Beziehungen mit Polen unterhalten, ist ein Besuch in Polen ohne Visum nicht mehr möglich. Polen stellt jedoch gebührenfrei nationale Visa aus, auch ermöglicht eine Verordnung der EU die visumfreie Einreise im Rahmen des kleinen Grenzverkehrs in einer Tiefe von 50 km beiderseits der Grenze.
Der deutsche Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erklärte im Juni 2008, die Erweiterung des Schengen-Raumes nach Osten habe keine Zunahmen der illegalen Einwanderung und der Kriminalität gebracht. Zugleich erklärte der Sprecher des Ministeriums, dass ein Vergleich zum Vorjahr auf Grund der unterschiedlichen Kontrollen nicht möglich sei.[14] Andere Seiten behaupten, die gesunkene Zahl sei auf Grund von geringen Kontrollen und nicht auf Grund geringerer Delikte entstanden.[15] Auch kam es in grenznahen Orten, etwa in Frankfurt (Oder), zu vermehrten Einbrüchen und Autodiebstählen.[16]
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ swissinfo.ch
- ↑ Auswärtiges Amt - Schengener Übereinkommen
- ↑ Art. 23 der Verordnung (EG) Nr. 562/2006 v. 15. März 2006, vormals Art. 2 des Schengener Durchführungsübereinkommens
- ↑ Grenzkontrollen wegen NATO-Gipfel auf tagesschau.de vom 20.03.2009
- ↑ http://de.news.yahoo.com/1/20090318/tpl-frankreich-fhrt-vor-nato-gipfel-wied-cfb2994.html
- ↑ a b http://www.dhm.de/lemo/html/WegeInDieGegenwart/DeutschlandInEuropa/schengenerAbkommenBody.html
- ↑ EUR-Lex - 11997D/PRO/02 - DE
- ↑ http://www.curia.eu.int/jurisp/cgi-bin/gettext.pl?lang=de&num=79969788C19010187&doc=T&ouvert=T&seance=ARRET&where=()
- ↑ FAZ: Konfetti, Feuerwerk und Luftballons für Europa 21. Dezember 2007
- ↑ The Council of the European Union
- ↑ NZZ – Schengen-System gestaffelt einführen
- ↑ http://www.nzz.ch/nachrichten/panorama/schengen_wieder_ein_stueck_naeher_gerueckt__1.930236.html
- ↑ jungle-world.com Innen und außen 15. Juni 2005
- ↑ Focus online, Illegale Einwanderungen aus Polen und Tschechien gesunken, 22. Juni 2008
- ↑ polskaweb.eu, Schengen - Ost: Weniger Kontrollen - bessere Statistik, 27. Juni 2008
- ↑ Märkische Oderzeitung, Mehr Autodiebstähle in der Grenzregion, 25. Juli 2008
Weblinks
- Konsolidierte Fassung des Schengen Besitzstandes
- euro|topics: Europas neue Grenzenlosigkeit
- Schengen:Grenzen - ein Hildesheimer Projekt über Europas Binnengrenzen nach Schengen
- Tagesschau: Grenzkontrollen zu neuen EU-Staaten fallen am 21. Dezember weg.
- Schengener Durchführungsübereinkommen
- Erstmalige Gesamtveröffentlichung des Schengen-Besitzstands im Amtsblatt der Europäischen Union (September 2000)
- Details beim Auswärtigen Amt der Bundesrepublik Deutschland
- Bericht aus dem Europäischen Parlament (PDF)
- Kurz-Info des Deutschen Historischen Museums zum Schengener Abkommen
- Status von Schengen/Dublin in der Schweiz
- Wegfall der Europäischen Binnengrenzen - Interview mit Frontex-Chef Laitinen
- Schengen-Beitritt Tschechiens und die besonders geschützen Naturgebiete
- Europäische Föderalistische Bewegung: Europa und Schengen (pdf-Datei, 1,55 MB, abgerufen am 9. August 2008))
Kritik am Schengener Abkommen
- www.no-racism.net Überwachung im Schengenland
- www.noborder.org The Schengen Information System - Electronic instrument of migration control and deportation (englisch)
- www.statewatch.org Statewatch Bericht über SIS II (englisch, PDF)
- Newsletter Migration und Bevölkerung 4/2006 (Anhebung der Visa-Gebühren)
Vertrag von Paris (1951) | Vertrag zur Gründung der EG (1957) | EURATOM-Vertrag (1957) | Schengener Abkommen (1985) | Einheitliche Europäische Akte (1986) | Vertrag über die EU (1992) | Vertrag von Amsterdam (1997) | Vertrag von Nizza (2001) | Beitrittsvertrag (2003) | Vertrag über eine Verfassung für Europa (2004; abgelehnt) | Vertrag von Lissabon (2007; noch nicht in Kraft)
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