Scheppenstedt

Scheppenstedt
Wappen Deutschlandkarte
Wappen der Stadt Schöppenstedt
Schöppenstedt
Deutschlandkarte, Position der Stadt Schöppenstedt hervorgehoben
52.13305555555610.778333333333100Koordinaten: 52° 8′ N, 10° 47′ O
Basisdaten
Bundesland: Niedersachsen
Landkreis: Wolfenbüttel
Samtgemeinde: Schöppenstedt
Höhe: 100 m ü. NN
Fläche: 39,65 km²
Einwohner: 5688 (31. Dez. 2007)
Bevölkerungsdichte: 143 Einwohner je km²
Postleitzahl: 38170
Vorwahl: 05332
Kfz-Kennzeichen: WF
Gemeindeschlüssel: 03 1 58 027
Bürgermeister: Karlheinz Mühe (SPD)

Schöppenstedt ist eine Kleinstadt im Landkreis Wolfenbüttel (Niedersachsen). Sie ist Mitgliedsgemeinde und Verwaltungssitz der Samtgemeinde Schöppenstedt. Das Gemeindegebiet liegt im Übergang zwischen norddeutscher Tiefebene ins mitteldeutsche Bergland (Mittelgebirge), zwischen dem Höhenzug Elm und dem Endlager Asse, dem Endlager für schwach- und mittelaktiven Atommüll.

Inhaltsverzeichnis

Name und Wappen

Der Volksmund hat an den Namen und das Wappen Schöppenstedts sagenhafte Deutungen geknüpft, die aber von den Gelehrten verworfen werden. So sagt man, der Name weise auf eine altdeutsche Gerichtsstätte hin, wo „Schöppen“ (Gerichts-Beisitzer) zusammengekommen seien; diese hätten manchmal törichte Urteilssprüche gefällt, welche man andernorts als „Schöppenstedter Streiche“ verlachte. Ohne Zweifel sind aber die Leute von Schöppenstedt niemals einfältiger gewesen als anderswo. Das Wappen der Stadt zeigt ein Schiff mit einem aufrecht darin stehenden Löwen; daran knüpft sich die Überlieferung, die Altenau sei hier früher mit Schiffen zu befahren gewesen. Vielleicht ist die Stadt auch nach dem ersten Ansiedler der Gegend (Skippo) benannt worden (nach Friedrich Bosses „Kleine Braunschweigische Landeskunde“, 1907).

Geschichte

Schöppenstedt liegt auf sehr altem Siedlungsboden. Die Umgebung ist reich an Spuren der Bandkeramiker. Die außerordentliche Fruchtbarkeit der Mulde, in der der Ort an der einst schiffbaren Altenau (früher: „Nette“) liegt, und die Lage an wichtigen alten Straßen (Rhein-Elbe-Straße; südlicher Dietweg am Elm) und bedeutsamen Verbindungswegen (von Braunschweig und Wolfenbüttel nach Schöningen) haben zur Entwicklung beigetragen.

Die Anfänge der Besiedlung liegen noch im Dunkeln. Möglicherweise hat auch hier ein fränkischer Königshof bestanden. Das Westendorf, wo bis ins 16. Jahrhundert eine Peterskapelle stand, könnte der Platz ältester Ansiedlungen gewesen sein. Auf jeden Fall gehört Schöppenstedt mit zu den ersten kirchlichen Mittelpunkten des Bistum Halberstadt, denn die Stephanskirche war eine der 35 vor 827 gegründeten Urkirchen des Bistums, die sich später zu Archidiakonatskirchen entwickelten. Schöppenstedt war bis 1542, dem Einführungsjahr der evangelisch-lutherischen Religion, ein Archidiakonatssitz des Bistums Halberstadt.

Sicher ist Schöppenstedt auch eine alte Gerichtsstätte gewesen (1326 zuerst bezeugt). Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes erfolgte 1051 unter dem Namen „Sciphinstete“, der wahrscheinlich von scep (Schiff) abgeleitet ist und auf die Schiffbarkeit der Altenau hinweisen sollte. Die Gegend wurde früher als Darlingau bezeichnet, allerdings ist die Bedeutung dieses Namens nicht geklärt. Alt-Schöppenstedt gehört zu den Dörfern, die noch 1332 als „villa“ bezeichnet, durch landesherrliche Verfügung zum Marktflecken erhoben wurde. Eine förmliche Erhebung zur Stadt scheint nicht stattgefunden zu haben, doch war Schöppenstedt seit dem 15. Jahrhundert den übrigen Städten des Landes gleichgestellt.

1583 verlieh Herzog Julius die Braugerechtigkeit. Für das gute Wasser war die Nette zuständig. Dies weckte den Neid der Braunschweiger, die die Stadt am 14. Mai 1602 überfielen und verwüsteten. 1667 wurde auf dem Markt, unmittelbar an der Nette, ein steinernes Brauhaus errichtet, in dem die Einheimischen ihre Mumme brauten. In der „Rotte“ nahe der Waldmühle, wurde Flachs als Rohstoff für Leinen angebaut, das „An der Bleiche“ in Küblingen gebleicht wurde.

Kreuzung mehrerer Handelsstraßen

Schöppenstedt hatte als Knotenpunkt wichtiger Handels- und Heerstraßen

große Bedeutung gewonnen. Im Spätmittelalter war es eine herzogliche Zollstätte. Durchreisende Kaufleute begünstigten die Entwicklung des Ortes, der Anreize genug für Handwerker und Krämer bot, sich hier niederzulassen.

Befestigung

Eine Stadtmauer wie Schöningen und Königslutter hat Schöppenstedt niemals besessen. Dafür bestand eine Heckenbefestigung, die aus einem bis zu 2,50 Meter hohen Wall, Hecke und Graben gebildet war und wohl aus militärischen Gründen angelegt worden war. Die Abtragung der Wälle und Tore im Jahr 1750 und die Errichtung von 15 Häusern zwischen dem Twelken- und Stobentor trugen zur Entwicklung der Stadt bei.

Eingemeindung

Ein Anwachsen des Ortes erfolgte vor allem durch Aufnahme der Einwohnerschaft der umliegenden Dörfer Twelken (im Norden), Allum (im Süden) und Neindorf (im Westen). Die bekannte Twelkenmühle ist das letzte Anwesen des gleichnamigen Dorfes, dessen Kirchturm, im 18. Jahrhundert abgetragen, für den Brückenbau verwendet wurde. Allum, das kleinste Dorf wenige hundert Meter der Straße nach Uehrde gelegen, muss bereits um 1300 von seiner Bevölkerung verlassen worden sein. Neindorf wird 1491 als „wüst“ bezeichnet. Es lag zu beiden Seiten des Feldweges von Berklingen nach Bansleben und die Kuckucksmühle ist das letzte verbliebene Haus auf der Bansleber Seite. Mittelpunkt des Fleckens wurde der Markt, an dem einst außer dem Rathaus auch das Backhaus, das Wachthaus und das schon erwähnte städtische Brauhaus standen. Erwähnenswert ist der seit 1929 eingemeindete Ortsteil und ehemalige Wallfahrtsort Küblingen, der auf eine weit über 1000-jährige Geschichte zurückblicken kann.
In den 1970er Jahren wurden die damaligen Gemeinden Eitzum, Sambleben und Schliestedt in die Stadt Schöppenstedt eingegliedert.

Politik

Stadtrat

Der Stadtrat, der am 10. September 2006 gewählt wurde, setzt sich wie folgt zusammen:

(Stand: Kommunalwahl am 10. September 2006)

Kultur und Sehenswürdigkeiten

St. Stephanus Kirche

Sankt Stephanus hinter dem alten Archidiakonatssitz

Wahrzeichen der Stadt ist die St. Stephanus Kirche mit dem bekannten schiefen Turm aus dem 12. Jahrhundert, der im Innern an einem steinernen Pfeiler merkwürdige Darstellungen von Tiergestalten und Menschenköpfen enthält, darunter Wotan mit seinen Raben, der Fenriswolf, die Midgardschlange und der Weltesche Ekdrasül (Schwarz-weiß Abbildung). Diese geschmückte Säule wurde möglicherweise bei Einführung des Christentums als Denkmal alten Götterglaubens errichtet – die Ornamente könnten auf die Zeit zurückgehen, in der Schöppenstedt erstmals urkundlich erwähnt wird (1051). Ob das Turmgewölbe, welches wohl von dieser Säule getragen wurde, eine Kapelle war, oder ob in einen vorhandenen Wehrturm eine Kapelle eingebaut wurde, ist nach wie vor umstritten.

St. Stephanus: Heidnische Säule

Für die zweite Deutung spricht die alte Bezeichnung „Bollwerk“. Am 8. Dezember 1999 schlug der Blitz in 63 m Höhe ein. Der Turmhelm fing erst nach Stunden Feuer und brannte bis auf den steinernen Kranz ab. Da die Schöppenstedter ihren schiefen Turm wiederhaben wollten, wurde eine Bürgerinitiative und der Verkauf von Turmaktien organisiert, die schließlich auch zum Kauf neuer Glocken beitrugen, die die ohnehin ausgedienten Glocken von 1923 und 1953 ersetzten.

Museum

Das Till-Eulenspiegel-Museum erweist dem mittelalterlichen Schalk Till Eulenspiegel, der um 1300 in Kneitlingen am Elm geboren worden sein soll, Referenz.

Brandkatastrophen

Im Laufe der Jahrhunderte wurde Schöppenstedt von mehreren Bränden heimgesucht, so 1578, als allein 71 Wohnhäuser zerstört wurden. Im Dreißigjährigen Krieg wurde Schöppenstedt zuerst von den Kaiserlichen Truppen, dann von den Dänen und dann wieder von den Kaiserlichen gebrandschatzt. Dem großen Brand von 1743 fielen über hundert Häuser zum Opfer. Er entstand übrigens beim Pflaumenmus-Kochen in einer Schmiede. Danach begann die Zeit von Karl-August Funcke, der im Zusammenwirken mit Herzog Carl I. (Regierungszeit: 1735–1780) für den Neuaufbau und die Einführung einer Brandkasse sorgt. So wurden zum Brandschutz die Stroh- durch Ziegeldächer ersetzt – eine Maßnahme, die nicht überall auf Gegenliebe stieß. 1749 sollen bereits 208 Wohnungen wiederhergestellt worden sein.

Stadt der Streiche

Berühmt wurde Schöppenstedt als die Stadt der Streiche. Erwähnt werden diese zuerst 1619 in einer von einem unbekannten ehemaligen Schöppenstedter Schulmeister verfassten Handschrift, die das Königliche Museum in Kopenhagen aufbewahrt. Die Sammlung enthält drei Streiche, die von einem entlaufenden Dieb, einer vergeblichen Wolfsjagd und der Samtmütze des Bürgermeisters handeln. Allerdings fügt der Verfasser hinzu, dass lächerliche Streiche „teils den Schildbürgern, teils den Hirschauern, teils den Schöppenstedtern zugeschrieben werden“. In der Tat kommen gerade die bekanntesten Streiche in älteren Schwanksammlungen vor. So findet sich zum Beispiel die Geschichte von dem Bullen, der das Gras abweiden soll, in ähnlicher Form auch in den 1597 bzw. 1598 erschienenen Volksbüchern von den Lalen und Schildbürgern. Umso mehr interessiert die Frage, wie die Schöppenstedter in den Ruf gekommen sein mögen, ähnlich wie die Einwohner von Schilda, Buxtehude, Krähwinkel oder Fünsing, närrische Leute zu sein. Die Ursache dafür liegt möglicherweise darin, dass die auf ihr Mummebier sehr stolzen Braunschweiger die Konkurrenz der tüchtigen Schöppenstedter Bierbrauer fürchteten und versuchten, die Bürger dieser Stadt lächerlich zu machen. Einen Hinweis darauf geben die erhaltenen Spottverse der Braunschweiger und Schöppenstedter anlässlich einer Fehde im Jahre 1602, die mit einem Überfall der Braunschweiger auf das wehrlose Städtchen und einer Vernichtung der dortigen Braueinrichtungen endete. Es hat Zeiten gegeben, wo sich die Schöppenstedter ihres Ruhmes schämten. Heute sind einige, aber bei weitem nicht alle, stolz darauf, die Stadt der Streiche und eine Pflegestätte des Eulenspiegelgeistes zu sein.

Wirtschaft und Infrastruktur

Bahnhof und Schienenverkehr

der denkmalgeschützte Bahnhof

Das heutige Bahnhofsgebäude wurde am Ende des 19. Jahrhunderts erbaut (genaues Datum liegt dem Verfasser nicht vor) und diente lange Zeit der Bahn. in den 1990er Jahren wurden die Räumlichkeiten im hinteren Bereich als Kindergarten, Jugendzentrum, Kiosk benutzt. Heute befinden sich dort Wohnungen und Büros. 2003 hat eine Werbeagentur das denkmalgeschützte Gebäude von der Stadt erworben und aufwendig saniert.

Im Fahrplan 2008 ist von der einstigen Bahnstrecke Wolfenbüttel–Helmstedt nur noch der Abschnitt nach Wolfenbüttel in Betrieb.

Museum

Persönlichkeiten

Literatur

  • Carl Friedrich Bege: Geschichte der Städte Seesen und Scheppenstedt. Holle, Wolfenbüttel 1846 (Nachdruck: von Hirschheydt, Hannover 1974, ISBN 3-7777-0814-3)
  • Wolfgang Scheffler: Schöppenstedt und Küblingen (Kleine Kunstführer für Niedersachsen, Heft 19). Göttingen 1957

Weblinks


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