Schlabrendorff

Schlabrendorff

Fabian von Schlabrendorff (* 1. Juli 1907 in Halle/S.; † 3. September 1980 in Wiesbaden) war ein deutscher Jurist sowie Offizier und Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Fabian von Schlabrendorff war nach seinem Studium und Promotion in Rechtswissenschaften als Assistent für Herbert von Bismarck (Gut Lasbek/Pommern), dem Staatssekretär im preußischen Innenministerium, tätig. Beide teilten die Abneigung gegen die Nationalsozialisten. Von Schlabrendorff heiratete später Luitgarde von Bismarck, eine Enkelin der Widerstandskämpferin Ruth von Kleist-Retzow.

Schon früh gehörte von Schlabrendorff zu den konservativen Gegnern des Nationalsozialismus. Als Leutnant der Reserve wurde er 1942 zum Adjutanten von Oberst Henning von Tresckow, seinem Vetter, einem der führenden Köpfe des militärischen Widerstands gegen Hitler, und beteiligte sich aktiv an den verschiedenen Staatsstreichplänen und -versuchen der Verschwörer. Schlabrendorff fungierte dabei vor allem als geheimer Verbindungsmann zwischen Tresckows Hauptquartier an der Ostfront und der Verschwörergruppe in Berlin um Ludwig August Theodor Beck, Carl Friedrich Goerdeler, Hans Oster und Friedrich Olbricht.

Am 13. März 1943 schmuggelte Schlabrendorff als Ordonnanzoffizier des Stabschefs der 2. Armee an der Ostfront, Henning von Tresckow, zwei als Cognacflaschen getarnte Sprengstoffpakete in Hitlers Flugzeug, als dieser von einer Frontbesichtigung in sein Hauptquartier Wolfsschanze bei Rastenburg zurückfliegen wollte. Den englischen Sprengstoff und die erforderlichen lautlosen Säurezünder hatten Admiral Canaris und Oberst i.G. Erwin von Lahousen, Leiter der Abwehr - Abteilung II, persönlich nach Smolensk gebracht. Schlabrendorff aktivierte selbst den Zünder und übergab das Päckchen an Oberstleutnant Brandt, der in dasselbe Flugzeug wie Hitler einstieg. Der Sprengsatz explodierte jedoch nicht (wie man später feststellte, aufgrund der großen Kälte im Frachtraum des Flugzeugs). Am nächsten Morgen flog Schlabrendorff unter höchstem Risiko mit einem Kurierflugzeug nach Ostpreußen, suchte Brandt auf und tauschte das Paket wieder aus.

Nach dem 20. Juli 1944 wurde Schlabrendorff verhaftet und in das Gestapo-Gefängnis nach Berlin verlegt. Trotz wiederholter, grausamster Folterung gelang es der Gestapo nicht, Schlabrendorff zu Geständnissen über Mitverschwörer und Einzelheiten der Planungen des Widerstands zu bewegen. Im Februar 1945 war der Prozess gegen Schlabrendorff vor dem Volksgerichtshof in Berlin angesetzt. Am 3. Februar 1945 zerstörte jedoch ein direkter Bombentreffer große Teile des Gerichtsgebäudes, wobei der Präsident des Volksgerichtshofs Roland Freisler ums Leben kam. Er hielt bei seinem Tod die Akte Schlabrendorffs in der Hand.

Dessen Verhandlung musste ausgesetzt werden, und als der Fall Mitte März erneut aufgerufen wurde, erreichte Schlabrendorff unter Hinweis auf die erlittenen Foltern vor dem Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Wilhelm Crohne einen Freispruch.[1] In den folgenden Monaten wurde Schlabrendorff nacheinander in verschiedene Konzentrationslager verlegt: Sachsenhausen, Flossenbürg, Dachau. Am 24. April 1945 wurde Schlabrendorff gemeinsam mit etwa 140 prominenten Insassen nach Niederdorf (Südtirol) transportiert, wo die SS-Wachmannschaften die Flucht ergriffen und die Gefangenen zurückließen[2]. Anfang Mai wurde er schließlich von amerikanischen Truppen befreit.

Nach dem Krieg arbeitete Schlabrendorff wieder als Jurist. Von 1967 bis 1975 war er Richter am Bundesverfassungsgericht.

Fabian von Schlabrendorff veröffentlichte das erste und eines der bekanntesten Bücher der Nachkriegszeit über den militärischen Widerstand gegen das NS-Regime, „Offiziere gegen Hitler” (erste Ausgabe: 1946, mehrere Neuauflagen, siehe „Literatur”).

Zitate

  • „Diesen Erfolg Hitlers unter allen Umständen und mit allen Mitteln zu verhindern, auch auf Kosten einer schweren Niederlage des Dritten Reiches, war unsere dringlichste Aufgabe.” - Fabian von Schlabrendorff in seinem Buch Offiziere gegen Hitler, Europa-Verlag, Zürich, Ausgabe 1946, Seite 38

Werke

  • Offiziere gegen Hitler. Zürich 1946 (TB Goldmann, München 1997, ISBN 3442128617)
  • Begegnungen in fünf Jahrzehnten. Tübingen 1979

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Joachim Fest: Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli. Berlin 1994, ISBN 3-88680-539-5, S. 318.
  2. Georg-elser-arbeitskreis.de, abgerufen am 26.11.08

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