Schlacht von Königgrätz

Schlacht von Königgrätz
Schlacht bei Königgrätz
Teil von: Deutscher Krieg
Schlacht von Königgrätz (Gemälde von Georg Bleibtreu)
Schlacht von Königgrätz (Gemälde von Georg Bleibtreu)
Datum 3. Juli 1866
Ort Sadowa, Maslowed, Chlum in Böhmen
Ausgang entscheidender Sieg der Preußen
Konfliktparteien

Preußen

Österreich

Sachsen
Befehlshaber
Helmuth von Moltke Ludwig von Benedek
Truppenstärke
221.000 Soldaten
702 Kanonen
206.100 Soldaten (22.000 Sachsen)
650 Kanonen
Verluste
1.929 Tote
276 Vermisste
6.948 Verletzte
940 Pferde
5.658 Tote
7.410 Vermisste
7.574 Verletzte
22.170 Gefangene
6.000 Pferde
116 Kanonen

In der Schlacht bei Königgrätz trafen im Deutschen Krieg die Truppen Preußens beim Dorf Sadowa am 3. Juli 1866 auf die Armeen Österreichs und Sachsens. In einem Gelände von etwa 10 km Breite und 5 km Länge bekämpften sich über 400.000 Soldaten in einer der blutigsten Schlachten des 19. Jahrhunderts.[1] Zentren der Kämpfe bildeten die strategisch wichtigen Hügel Svíb bei Maslojed und Chlum bei Chlum. Durch den Sieg in dieser kriegsentscheidenden Schlacht wurde Preußen Führungsmacht in Deutschland und Bismarck setzte damit die kleindeutsche Lösung durch. Die Schlacht war einer der Wegbereiter für die Reichsgründung 1871.

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte

Nach den napoleonischen Kriegen wurde zwischen den europäischen Mächten auf dem Wiener Kongress die alte zwischenstaatliche Ordnung in Europa weitgehend wieder hergestellt. Aus den Trümmern des Heiligen Römischen Reiches war der Deutsche Bund als loser Staatenbund mit Österreich hervorgegangen. Die Ursache des preußisch-österreichischen Kriegs lag in den Spannungen zwischen den Mächten Preußen und Österreich, die im Kampf um die Vorherrschaft im Deutschen Bund (unter anderem infolge der Unionspolitik Preußens) immer größer wurden. Den Anlass zum Krieg gab der Konflikt um den Besitz der von Österreich und Preußen gemeinsam verwalteten Gebiete Schleswig und Holstein im Anschluss an den deutsch-dänischen Krieg. 1865 konnten die Gegensätze noch einmal in der Gasteiner Konvention beigelegt werden. Als aber Preußen entgegen den Bestimmungen dieses Abkommens Holstein besetzte, erklärte Österreich die Mobilmachung der Bundesarmee. Darauf trat Preußen aus dem Deutschen Bund aus und erklärte am 19. Juni 1866 Österreich den Krieg.

Auf Seiten Österreichs standen die deutschen Mittelstaaten mit Bayern, Hannover, Sachsen, Württemberg, Baden sowie diverse deutsche Kleinstaaten.

An Preußens Seite standen die thüringischen Kleinstaaten (Augusta von Sachsen-Weimar-Eisenach war die Ehefrau des preußischen Königs), einige norddeutsche Länder sowie Italien, welches im Falle eines Sieges Venetien von Österreich erhalten sollte.

Militärgeschichtliche Bedeutung

Prinz Friedrich Karl befehligt ihm begeistert zuwinkende preußische Truppen

Die Bedeutung der Schlacht bei Königgrätz ist sowohl im allgemeinen politischen Zusammenhang als auch als Markstein der militärstrategischen Entwicklung in Europa zu sehen. Mit Königgrätz beginnt das Zeitalter der großen Manöver von Massenheeren, die mit der nun ausgebauten Eisenbahn schnell und einzeln bewegt wurden und im Unterschied etwa zur napoleonischen Epoche reine Feuergefechte (Feuertaktik) führten. Das Bajonett als kampfentscheidende, weil in der konkreten Gefechtssituation Mann gegen Mann einzusetzende Waffe (Stoßtaktik) wurde durch die ansatzweise erfolgte Automatisierung der Handfeuerwaffen endgültig historisch. Zugleich wurde hier jedoch die Auftragstaktik erstmalig in großem Stil zur Anwendung gebracht, jene auf Friedrich II. und Napoleon gleichermaßen zurückgehende Weiterentwicklung der ursprünglich durch die Lineartaktik bedingten engen Bindung auch der mittleren Truppenoffiziere an die strikten operativen Vorgaben der Armeebefehlshaber zu selbstständiger, eigenverantwortlicher und den jeweiligen Geländeverhältnissen flexibel anzupassender Truppenführung. Nun konnten bereits Kompaniechefs, also Offiziere im Hauptmanns- oder auch Leutnantsrang; im Zweifelsfall nach eigenem Ermessen Entscheidungen treffen, ohne eine Abstrafung durch vorgesetzte Kommandos wegen Ungehorsams befürchten zu müssen.

Fast noch wichtiger nimmt sich die Mobilisierung großer Truppenmassen durch den modernen Eisenbahnverkehr aus: Der Generalstabschef Helmuth von Moltke nutzte konsequent die Mittel des maschinenbetriebenen Fernverkehrs, um seine komplizierten, auf exakte Einhaltung des Zeitrahmens angewiesenen Aufmarschpläne verwirklichen zu können. Clark [2] meint aber dazu, dass Moltkes aufwändige logistische Planung Preußen um ein Haar ins Verderben gestürzt hätte, da die Nachschubzüge erst eintrafen, als die Schlacht von Königgrätz schon gewonnen war.

Ebenso bahnbrechend wirkte die Überholung traditioneller militärischer Kommunikation. Der Meldereiter der vorindustriellen Epoche wurde mehr und mehr durch Telegrafie und Fernschreiber ersetzt. Diese Faktoren fanden in der politisch bedeutungsvollen Schlacht von Königgrätz ihre erstmalige Anwendung und Bestätigung.

Verlauf

Historische Karte der Schlacht (um 1888)

Drei Wochen nach dem Einmarsch der Preußen in Böhmen benötigte die österreichische Armee des Nordens dringend einen größeren Sieg. Bei Sadowa versuchte der österreichische Befehlshaber Generalfeldzeugmeister Ludwig von Benedek, einen solchen zu erringen. Benedek hatte bereits Erfahrungen mit dem preußischen Zündnadelgewehr gemacht und entschied sich daher dafür, auf einer Reihe kleiner Hügel zwischen der Bistritz und der Elbe nahe der Festung Königgrätz Stellungen zu errichten. Er verließ sich darauf, dass in Stellung gegangene Infanterie und Artillerie, die über feste Distanzen feuerte, den preußischen Vormarsch aufhalten könnte, und behielt ein Drittel seiner Armee – fast 60.000 Männer und 320 Geschütze – für einen Gegenschlag in Reserve. Diesen wollte er führen, sobald der preußische Angriff an der Verteidigung gescheitert war.

Auf preußischer Seite hatte Helmuth von Moltke, Führer des Generalstabs, ein Zangenmanöver geplant. Moltkes Schlachtplan selbst war, wie er betonte, „höchst einfach“: Er basierte auf dem simplen, aber in der Ausführung durchaus problematischen Prinzip: „Getrennt marschieren – vereint schlagen“. So setzte das preußische Oberkommando Ende Juni 1866 drei Armeen in Marsch – die 1. unter Prinz Friedrich Karl von Preußen, die 2. unter dessen Vetter, dem Kronprinzen Friedrich-Wilhelm, und die Elbarmee unter General Herwarth von Bittenfeld –, die in einer groß angelegten Umfassungsbewegung die österreichische Streitmacht einkesseln und aufreiben sollten: die preußische Erste Armee würde demnach die Österreicher von Westen her binden, dann würden die Zweite und die Elbarmee die Österreicher vom Norden bzw. Süden aus einschließen.

Nach mehreren in der Mehrzahl von den preußischen Truppen siegreich bestandenen Gefechten im böhmischen Hochland vor Prag zwischen dem 26. Juni und 3. Juli kam es in den frühen Morgenstunden des 3. Juli zum Zusammentreffen der verfeindeten Heere am Swiep (Svíb) bei Sadová.

Die Schlacht begann bei schwerem Regen. Die Vorhut der Ersten Armee wurde in einen Artillerieschusswechsel mit der Artillerie des X. Österreichischen Korps verwickelt. Als die Preußen versuchten, die Bistritz zu überqueren, beschlossen zwei österreichische Korpskommandanten an der rechten Flanke, sich in der Schlacht zu profilieren. Ohne die herannahende Zweite Preußische Armee zu bemerken, verließen Festetics mit dem IV. Korps und Thun mit dem II. Korps ihre Stellungen und rückten nach Westen vor, wodurch eine Lücke in der österreichischen Verteidigung in nördlicher Richtung klaffte; also genau dort, wo sich die Zweite Armee näherte. Am südlichen Ende der Front überquerte die Elbarmee am Morgen die Bistritz und stieß dann nach Osten vor, wobei Teile des VIII. Österreichischen Korps in die Flucht geschlagen und die Sächsische Armee am Nachmittag zurückgedrängt wurde, bevor der Schwung nachließ.

In der Mitte wurden Thun und Festetics in schwere Kämpfe im Swiepwald verwickelt. Zu Anfang hatten die Österreicher lediglich die Erste Preußische Armee vor sich – die Einheiten des Kronprinzen befanden sich noch im Anmarsch. Folglich erhöhte sich Stunde auf Stunde der Druck auf die zahlenmäßig unterlegenen preußischen Truppen vor Ort. Die 7. preußische Infanteriedivision unter Generalmajor Eduard Friedrich Karl von Fransecky, darunter insbesondere das 2. Magdeburgische Infanterieregiment Nr. 27, verschanzte sich im Swiepwald und versuchte in einem fürchterlichen Gemetzel, die Offensive zweier österreichischer Korps abzuwehren. An den Flügeln besetzten die Preußen den Wald bei Swiep. Ohne Artillerievorbereitung und Wissen der Heeresleitung versuchten die Österreicher unter Graf Festetics den Wald zurückzuerobern. Um diesen Wald entbrannte ein schwerer Kampf, wobei zwar die 7. preußische Division aufgerieben, aber die österreichischen Verluste nahezu entsprechend waren und der rechte österreichische Flügel entblößt wurde. Schon wiegten sich die österreichischen Generäle im Gefühl eines sicheren Sieges, und es artikulierte sich im preußischen Hauptquartier der erste Unmut gegen den unorthodoxen Aufmarschplan des exzentrischen Moltke. Selbst König Wilhelm I. und sein Ministerpräsident Bismarck befürchteten eine Niederlage. Da tauchte gegen Mittag, auf Höhe des gegenüber dem preußischen Generalstab liegenden Dorfes Horenowes, das 1. Garderegiment zu Fuß auf. Es bildete die Avantgarde des zur Zweiten Armee gehörenden preußischen Gardekorps – die Armee des Kronprinzen war da und nahm gemeinsam mit den von Südwesten her angreifenden Elbdivisionen Nr. 14, 15 und 16 die in die einsame Division im Swiepwald verbissenen österreichischen Truppen in die Zange.

Verlauf der Schlacht

Gegen ein Uhr, als Benedek den Befehl zum Einsatz der Reserve geben wollte, erhielt er eine Nachricht vom Norden. Die preußische Garde – Teile der Zweiten Armee – griff Chlum an. Die österreichischen Stellungen im Swiepwald brachen zusammen. Thun ordnete den Rückzug seines Korps über die Elbe an, wodurch die österreichische Lage noch exponierter wurde. Benedek selbst führte eine Infanteriebrigade in einen wirkungslosen Gegenangriff. Die österreichische Reserve attackierte im Norden und konnte fast Chlum im Nahkampf erobern, wurde jedoch kurz vor dem Ziel aufgehalten. Zuletzt attackierte die österreichische Kavallerie ohne Erfolg. Der Gegenangriff war damit beendet. Da eine Einkesselung der gesamten österreichischen Armee drohte, gab von Benedek gegen vier Uhr die Schlacht auf und befahl den Rückzug auf Königgrätz. Die Truppen wurden durch preußische Kavallerie verfolgt. Die österreichische Artillerie feuerte massiv über die Straße nach Königgrätz und deckte damit den Rückzug der Armee.

Folgen

Die Bedeutung der Schlacht blieb auch den Zeitgenossen nicht verborgen. Auch im Paris des Zweiten Kaiserreiches fürchtete man, dass sich an der Ostgrenze ein mächtiger, geeinter Nachbar unter preußischer Vormachtstellung bildete. Um Preußen an der weiteren Einigung Deutschlands zu hindern, kam schon bald der Schlachtruf Revanche pour Sadowa! („Rache für Sadowa!“) auf. Ziel war es, den neuen Nachbarn „im Keim zu ersticken“.

Die Schlacht hatte auch für das Österreichische Kaiserreich weitreichende Folgen. Trotz der erfolgreichen Schlachten bei Custoza (24. Juni) und Lissa (20. Juli) gegen die auf Seiten der Preußen in den Krieg eingetretenen Italiener sah sich Kaiser Franz Joseph nach der verheerenden Niederlage bei Königgrätz zur Kapitulation und zur Abtretung Venetiens an Napoléon III. gezwungen, der die Provinz an Italien abtrat. Weiter schied Österreich aus dem Deutschen Bund aus und Preußen annektierte Schleswig-Holstein, Hannover, Kurhessen, Nassau und Frankfurt und schuf den Norddeutschen Bund. Am 26. Juli 1866 wurde der Vorfrieden von Nikolsburg geschlossen, dem der endgültige Friedensschluss von Prag am 23. August folgte.

Der österreichische Oberbefehlshaber Ludwig von Benedek war zwar ein geschickter Stratege, hatte zuvor aber versucht, das Amt des Oberbefehlshabers der Nordarmee abzulehnen, da er auf dem böhmischen Schauplatz keinerlei Erfahrung besaß und sich die Nordarmee in einem äußerst desolaten Zustand befand, was auch die Schlacht mitentscheiden sollte. Nach der Schlacht von Königgrätz wurde er seines Amtes enthoben und vor ein Kriegsgericht gestellt. Das Verfahren wurde jedoch auf kaiserlichen Druck eingestellt und Benedek befohlen, bis an sein Lebensende über die Schlacht zu schweigen, woran er sich auch hielt. Heutige Historiker sind der Ansicht, dass Benedek zwar einige Missgeschicke unterliefen, aber die Niederlage durch ungarische Offiziere verschuldet gewesen sei, die entgegen Benedeks Befehlen zu einem Gegenangriff im Swiepwald ansetzten, die österreichische Front damit zerrissen und so von dem „verspäteten“ 1. preußischen Garderegiment überrumpelt wurden. Über die Überlegenheit der Zündnadelgewehre war Benedek jedoch ziemlich gut informiert, weshalb er für die österreichischen Stellungen meist dichtes Waldgelände (wie im Swiepwald) wählte, um die Preußen in den Nahkampf zu zwingen, bei dem ihnen ihre moderneren Gewehre kaum von Nutzen waren. Diese Taktik funktionierte auch ziemlich gut, bis zu jenem für die Österreicher verhängnisvollen Gegenangriff.

In der Österreichischen Innenpolitik geriet Kaiser Franz Joseph ebenfalls unter Druck. Die Monarchie war außenpolitisch geschwächt und im Jahr 1867 wurde am 21. Dezember der Ausgleich mit Ungarn sowie die Dezemberverfassung im österreichischen Reichsrat beschlossen.

Augenzeugenbericht Hindenburgs

Der Augenzeugenbericht des damaligen Sekondlieutenants des 3. Garderegiments zu Fuß Hindenburg ist aufschlussreich. Zum einen wird eine entscheidende Phase der Schlacht sehr lebhaft und eindrucksvoll beschrieben. Außerdem werden die Rezeption von Krieg und Wertmaßstäbe der Kämpfenden beleuchtet: Der Umgang mit Tod, die Rettung einer goldenen Uhr und die generelle Motivation, in eine Schlacht zu ziehen.

Der nun eintreffende Vormarschbefehl wurde mit Jubel begrüßt […] Unter strömendem Regen, trotz kühler Witterung in Schweiß gebadet, wateten wir mühsam in langgezogenen Kolonnen auf grundlosen Wegen vorwärts. […] Der Kanonendonner wurde, nachdem wir aus dem Elbtal heraufgestiegen waren, immer deutlicher hörbar. Auch sahen wir gegen 11 Uhr einen höheren Stab zu Pferde auf einer Anhöhe neben unserem Wege halten, sorgsam durch die Ferngläser nach Süden spähend. Es war das Oberkommando der 2. Armee, an seiner Spitze unser Kronprinz, der spätere Kaiser Friedrich. […]
Unsere Bewegung wurde zunächst noch querfeldein fortgesetzt, dann marschierten wir auf, und bald wurden uns die ersten Granaten von den Höhen seitwärts Horenowes entgegengeschickt. Die österreichische Artillerie bewahrheitete ihren guten, alten Ruf. Eines der ersten Geschosse verwundete meinen Kompagnieführer, ein anderes tötete dicht hinter mir meinen Flügelunteroffizier und bald schlug auch eine Granate mitten in unsere Kolonne ein und setzte 25 Mann außer Gefecht. […]
Die Lage in Rosberitz war, als ich dort eintraf, eine ernste. Ungestüm vordrängende Züge und Kompagnien verschiedener Regimenter unserer Division waren daselbst auf sehr überlegene feindliche Kräfte geprallt. Hinter unsern [sic] schwachen Abteilungen befanden sich zunächst keine Verstärkungen. Die Masse der Division war von dem hochgelegenen Dorfe Chlum angezogen worden und stand dort in heftigem Kampf. Mein Halbbataillon, mit dem ich mich am Ostrande von Rosberitz glücklich wieder vereinigte, war daher die erste Hilfe.
Wer mehr überrascht war, die Österreicher oder wir, vermag ich nicht zu beurteilen. Jedenfalls drängen die zusammengeballten feindlichen Massen von drei Seiten auf uns, um das Dorf wieder ganz in Besitz zu nehmen. So fürchterlich unser Zündnadelgewehr auch wirkt, über die stürzenden ersten Reihen kommen immer wieder neue auf uns zu. So entsteht in den Dorfgassen zwischen den brennenden, strohbedeckten Häusern ein mörderisches Handgemenge. Von Kampf in geordneten Verbänden ist keine Rede mehr. Jeder schießt und sticht um sich, soviel er kann. Prinz Anton von Hohenzollern vom 1. Garderegiment bricht schwerverwundet zusammen. […] Dessen goldene Uhr wird mir überbracht, damit diese nicht etwa feindlichen Plünderern in die Hände fällt. Bald laufen wir Gefahr, abgeschnitten zu werden. Aus einer in unseren Rücken führenden Seitengasse tönen österreichische Hornsignale, hört man die dumpfer als die unsrigen klingenden Trommeln des Feindes. Wir müssen, auch in der Front hart bedrängt, zurück. Ein brennendes Strohdach, das auf die Straße herabstürzt und sie mit Flammen und dichtem Qualm absperrt, rettet uns. Wir entkommen unter diesem Schutz auf eine Höhe dicht nordöstlich des Dorfes.
Weiter wollen wir in wilder Erbitterung nicht zurückgehen. Major Graf Waldersee vom 1. Garderegiment zu Fuß, der 1870 vor Paris als Kommandeur des Gardegrenadierregiments Königin Augusta fiel, läßt als ältester anwesender Offizier die bei uns befindlichen beiden Fahnen in die Erde stecken; um diese geschart werden die Verbände geordnet. Schon nahen auch von rückwärts Verstärkungen. Und so geht es denn bald wieder mit schlagenden Tambours vorwärts dem Feinde entgegen, der sich mit der Besitzergreifung des Dorfes begnügt hat. Auch dieses räumt er bald, um sich der allgemeinen Rückwärtsbewegung seines Heeres anzuschließen. In Rosberitz fanden wir den Prinzen von Hohenzollern wieder, der aber nach kurzer Zeit im Lazarett zu Königinhof seinen Wunden erlag. […]
Eigenartige Gefühle waren es, welche mich am Abend des 3. Juli bewegten. Nächst dem Dank gegen Gott den Herrn herrschte besonders das stolze Bewußtsein vor, an einem Werke mitgetan zu haben, das ein neues Ruhmesblatt in der Geschichte des preußischen Heeres und des preußischen Vaterlandes geworden war. Übersahen wir auch noch nicht die volle Tragweite unseres Sieges: daß es sich um mehr als in den vorhergegangenen Gefechten gehandelt hatte, war uns doch schon klar. In Treue gedachte ich der gefallenen und verwundeten Kameraden. Mein Zug hatte die Hälfte seines Bestandes verloren, ein Beweis dafür, daß er seine Schuldigkeit getan hatte. [3]

Kuriosa

Effi Briest

In Theodor Fontanes Roman Effi Briest bringt die Titelfigur am Tag von Königgrätz, dem 3. Juli, ihr einziges Kind, die Tochter Annie, zur Welt. Zitat aus dem 14. Kapitel: „… und am Morgen des 3. Juli stand neben Effis Bett eine Wiege. Doktor Hannemann patschelte der jungen Frau die Hand und sagte: ‚Wir haben heute den Tag von Königgrätz; schade, dass es ein Mädchen ist. Aber das andere kann ja nachkommen, und die Preußen haben viele Siegestage.‘“

So schnell schießen die Preußen nicht!

In den zahlreichen Anekdoten, die über diese denkwürdige Auseinandersetzung zwischen Preußen und Österreich erhalten sind, findet sich auch immer wieder der Ausspruch: „So schnell schießen die Preußen nicht!“ Dies soll eine Anspielung auf die Zündnadelgewehre der Preußen sein, die diesen einen großen Vorteil verschafften, wenn auch nicht schlacht- oder gar kriegsentscheidend.

Sebastian Haffner widerspricht dieser Herleitung in seinem Buch Preußen ohne Legende:

„Die Redensart … bezieht sich nicht auf ihr (der Preußen) Schießen im Gefecht – da schossen sie sogar besonders schnell … sondern sie schreibt sich daher, dass sie mit dem Erschießen von Deserteuren nicht so schnell bei der Hand waren … In Preußen wurden solche Unglücklichen zwar halbtot geprügelt, aber dann wieder gesund gepflegt, so dass sie wieder dienen konnten. Fürs Erschießen waren sie viel zu wertvoll; preußische Sparsamkeit auch hier.[4]

Wie immer die Interpretation ausfällt, der Ausspruch bleibt in den Augen der Nachwelt mit der Schlacht von Königgrätz und dem damit verbundenen endgültigen Aufstieg Preußens zur dominierenden Macht in der deutschen Politik verbunden.

Eine andere Interpretation leitet sich aus dem Umstand ab, dass nach französischem Vorbild seit 1742 auf allen preußischen Kanonen die Inschrift "Ultima ratio regis" = "des Königs letztes Mittel" eingraviert war und sich im Volksmund zu "So schnell schießen die Preußen nicht" weiterentwickelte.

„Benedek, der Trottel“

Der österreichische Kaiser Franz Joseph soll, nachdem ihm die Nachricht vom Ausgang der Schlacht überbracht worden war, ganz unkaiserlich über seinen Feldherrn geschimpft haben: „Benedek, der Trottel!“. Der Feldzeugmeister wurde daraufhin unehrenhaft entlassen (siehe auch den Artikel über Ludwig von Benedek).

Fürst Pückler verschläft die Schlacht

Wilhelm I. gestattete dem damals bereits 80-jährigen Fürsten Hermann von Pückler-Muskau, sich dem königlichen Gefolge anzuschließen. Am Tag der Schlacht versäumte man es jedoch, den alten Herren zu wecken. Obwohl er die Ereignisse verschlief, wurde er für seine Teilnahme später ausgezeichnet.

Künstlerische Rezeption

Der preußische Militärmusiker Gottfried Piefke komponierte zur Erinnerung an die Schlacht noch auf dem Gefechtsfeld den Königgrätzer Marsch (AM II, 197). Der Marsch ist noch heute einer der im In- und Ausland bekanntesten deutschen Militärmärsche.

Auszeichnungen

Das Erinnerungskreuz für das siegreiche preußische Heer trägt die Inschrift: „Gott war mit uns ihm sei die Ehre“. Das Kreuz ist aus heller Bronce mit erhöhtem Rand und hat eine mehrfach gerillte Öse mit Bandring. Zwischen den vier Kreuzarmwinkeln ist ein umlaufender Lorbeerkranz. Auf der Vorderseite befindet sich in einem runden Mittelschild die Buchstabenchiffre "WR" mit bogenförmiger Umschrift "Preussens siegreichem Heere". Auf dem oberen Kreuzarm die Königskrone, aus den drei anderen Kreuzarmen ist die Inschrift "Gott war mit uns ihm sei die Ehre" Auf der Rückseite befindet sich in einem runden Mittelschild der preussische Adler, auf den vier Kreuzarmen die Inschrift "Königgrätz den 3.Juli 1866".

Einzelnachweise

  1. Brockhaus Kalender Abenteuer Geschichte 03.07.2007
  2. Christopher Clark, Preußen, Aufstieg und Niedergang. 1600-1947, DVA, 7. Auflage, ISBN 978-3-421-05392-3, Seite 612 ff.|Clark, Preußen, Aufstieg und Niedergang. 1600-1947, S. 612
  3. Paul von Hindenburg: Aus meinem Leben. Hirzel Verlag, Leipzig 1934.
  4. Sebastian Haffner, Ulrich Weiland: Preußen ohne Legende. Verlag RM-Buch-und-Medien-Vertrieb, Gütersloh 1999, S. 106.

Literatur

  • Carl Bleibtreu: Schlacht von Königgrätz am 3. Juli 1866 / Bitva u Hradce Králové 1866. Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza - Reprint 1903/2006, ISBN 978-3-938997-65-9.
  • Gordon A. Craig: Königgrätz. 1866 - eine Schlacht macht Weltgeschichte. 4. Auflage, Zsolnay, Wien 1997, ISBN 3-552-04824-3.
  • Theodor Fontane: Der deutsche Krieg von 1866 Nachdr. d. Erstausgabe. Band 1: Der Feldzug in Böhmen und Mähren. Berlin 1870/71 in 2 Bänden - Verlag Diederichs, Düsseldorf/Köln, ISBN 3-424-00661-0.
  • Heinz Helmert, Hans-Jürgen Usczeck: Preußischdeutsche Kriege von 1864 bis 1871. Militärischer Verlauf. 6. überarbeitete Auflage. Militärverlag der deutschen demokratischen Republik, Berlin 1988, ISBN 3-327-00222-3.
  • Roland Krug von Nidda: 1866 - Königgrätz. Zwei Auffassungen von Deutschland. Amalthea-Verlag Wien-München-Zürich 1966.
  • Frank Zimmer: Bismarcks Kampf gegen Kaiser Franz Joseph. Königgrätz und seine Folgen. Verlag Styria, Köln 1996, ISBN 3-222-12377-2.

Weblinks

50.29722222222215.7402777777787Koordinaten: 50° 17′ 50″ N, 15° 44′ 25″ O


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