Schlaffhorst/Andersen

Schlaffhorst/Andersen

Die Methode nach Schlaffhorst und Andersen ist eine ganzheitliche Atem-, Stimm- und Sprachtherapie. Sie wurde zwischen 1910 und 1945 entwickelt und wird bis heute in der Ausbildung zum Logopäden/zur Logopädin und Stimmlehrer/Stimmlehrerin gelehrt. Sie ist die älteste bis heute gelehrte Methode und eine der umfassendsten Behandlungskonzepte der Stimm- und Atemtherapie.[1]

Inhaltsverzeichnis

Grundlagen

Die Methode nach Schlaffhorst und Andersen geht vom Zusammenhang von Körper und Psyche aus. Der Atem wird dabei als Bindeglied zwischen vegetativer Ebene und somatischem Ausdruck des Patienten gesehen. Atmung, Stimme und körperliche Betätigung werden in einem Zusammenhang behandelt.[2].

Störungen des Sprechens werden auch als Störungen der Persönlichkeit in ihrer dann beschränkten Kommunikationsfähigkeit aufgefasst. Atemstörungen können danach auch Ausdruck psychischer Prozesse sein. Atem- und Sprechstörungen betreffen den Menschen immer existenziell.[3]

Elemente der Therapie

Die Methode nach Schlaffhorst und Andersen hat das Ziel den Menschen wieder mit seinen Atemkräften in Verbindung zu bringen. Diese Atemkräfte werden dabei als umfassend, die gesamte Person betreffend aufgefasst. Der Patient soll die volle Ausdruckskraft seiner Stimme zurückgewinnen, wie auch seine Sprachkompetenz und damit Kommunikationsfähigkeit. Jede Körperbewegung muss nach Schlaffhorst und Andersen atemkonform erfolgen.[1]

Um dies zu Erreichen, kennt die Methode fünf Wege: Kreisen, Schwingen, Rhythmus, Atmen und Tönen. Die Wechselwirkungen von Bewegung, Atmung und Sprache werden in den Übungen bewusst gemacht. So kann etwa die gezielte Förderung von Haltung und Koordination die Sprachfähigkeit fördern, aber auch z. B. eine Verbesserung der Stimmfähigkeit somatische Leiden günstig beeinflussen.

Die Bewegung des Patienten wird durch das Erlernen ökonomischer Bewegungsabläufe, und die (Wieder-)Herstellung einer als „eutonisch“ bezeichneter Haltung. Die Verbindung zum Atmen wird durch das Erarbeiten von dem Rhythmus des Atmens verbundenen Bewegungen geschaffen.

Die Atmung selbst wird sowohl durch Übungen zur vollständigen Nutzung der Atem- und Atemhilfsmuskulatur gefördert, als auch durch die Entwicklung von Stressbewältigungsstrategien, damit der natürliche Atemrhythmus auch unter Anspannung nicht verloren geht.

Die Stimme wird grundlegend durch Training des Kehlkopfes gestärkt. Darüber hinaus wird eine individuell angemessene Intonation und Phonation entwickelt, sowie Modulations- und Resonanztechniken erlernt.

Die Sprache wird sowohl durch Artikulationsübungen, wie durch Übungen zu Spachfluss, -modulation und -motivation entwickelt. Darüber hinaus soll auch die allgemeine linguistische Kompetenz geschult werden. [4]

Die Methode bietet wenig Möglichkeiten punktueller therapeutischer Intervention, sondern stellt einen grundsätzlichen eher pädagogischen Ansatz dar, um den Umgang des Patienten mit sich, seiner Atmung und seiner Sprache zu verändern.[5]

Geschichte

Die beiden aus Memel (Ostpreußen) stammenden befreundeten Frauen Clara Schlaffhorst (1863-1945) und Hedwig Andersen (1866-1956) litten beide selbst an Atemstörungen. In dem Versuch die eigenen Probleme zu beheben, setzten sie sich auch mit der Arbeit des US-Amerikaners Leo Kofler auseinander und übersetzten sein Buch selbst ins Deutsche. Daraus entwickelten sie durch Experimentieren mit der Atmung einen eigenständigen Ansatz.[1]

Sie arbeiteten ab ca. 1900 zusammen. Ab 1910 begannen sie die Lehrtätigkeit in Berlin. 1916 gründeten sie die erste Ausbildungsstätte in Rotenburg/Fulda. Diese wurde später nach Hustedt/Südheide (1926-1942) bzw. Seefeld/Pommern (1942-1945) verlegt. Nach dem Tod von Clara Schlaffhorst löste sich die Schule auf. Die Bevölkerung floh vor dem Einmarsch der Roten Armee nach Westen. Hedwig Andersen wurde von der ehemaligen Schülerin Annemarie Fischer auf deren Gut in Schönborn aufgenommen.

Schülerinnen der beiden setzten die Arbeit ab 1949 in Lieme (Lippe) und von 1961 bis 1984 in Eldingen fort. Seit 1984 wird die Methode in der CJD-Schule Schlaffhorst-Andersen in Bad Nenndorf gelehrt. Die Ausbildung der Schule führt heute zum Abschluss „Staatlich geprüfte(r) Atem-, Sprech- und Stimmlehrer(in)“.

WebLinks

Literatur

Sabine S. Hammer: Stimmtherapie mit Erwachsenen. 3. Auflage. Springer Verlag Berlin 2007. ISBN 978-3-540-49758-5

Einzelnachweise

  1. a b c Sabine S. Hammer: Stimmtherapie mit Erwachsenen, a.a.O. 161
  2. Lexikon bei Therapeutenfinder
  3. Darstellung der Methode durch einen Stimmtherapeuten
  4. Zentrum für Atemschulung, Stimmbildung und Sprechtraining
  5. Sabine S. Hammer: Stimmtherapie mit Erwachsenen, a.a.O. S. 162 f.

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