- Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer
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Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer Luftaufnahme mit Trischen, Eiderstedt und den südlichen nordfriesischen Außensänden Lage: Schleswig-Holstein, Deutschland Nächste Stadt: Westerland, Husum. Tönning. Heide Fläche: 441.500 ha Gründung: 1.10.1985 Besucher: 1.746.293 (2002) Der Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer ist ein Nationalpark im schleswig-holsteinischen Teil des Wattenmeers der Nordsee. Der Landtag begründete ihn durch das Nationalparkgesetz vom 22. Juli 1985 zum 1. Oktober 1985 und erweiterte ihn 1999 signifikant. Zusammen mit dem Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer, dem Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer und nicht dem Naturschutz unterliegenden Teilen der Elbmündung bildet er den deutschen Teil des Wattenmeers.
Der Nationalpark reicht von der deutsch-dänischen Seegrenze im Norden bis hin zur Elbmündung im Süden. Im nordfriesischen Teil umfasst er das Watt um die Geestkern- und Marscheninseln und Halligen. Dort ist das Watt teilweise 40 Kilometer breit. Weiter südlich liegen Wattengebiete, in denen es vor allem größere Sandbänke gibt. Neben den Pflanzen und Tieren, die für das gesamte Wattenmeer der Nordsee typisch sind, finden sich im schleswig-holsteinischen Teil besonders viele Schweinswale, Brandgänse und Seegräser.
Mit einer Fläche von 4410 km² handelt sich um den mit Abstand größten Nationalpark in Deutschland. Davon liegen 68 Prozent permanent unter Wasser und 30 Prozent fallen periodisch trocken. Der Landteil besteht zum größten Teil aus Salzwiesen. Seit 1990 ist der Nationalpark zusammen mit den nordfriesischen Halligen ein von der UNESCO anerkanntes Biosphärenreservat, zusammen mit anderen deutschen und niederländischen Wattenmeergebieten läuft eine Bewerbung als Weltnaturerbe der UNESCO.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Geographie
- 2 Flora und Fauna
- 3 Der Nationalpark
- 4 Menschliche Nutzung
- 5 Literatur
- 6 Filmographie
- 7 Weblinks
- 8 Einzelnachweise
Geographie
Nationalparkgebiet
Der Nationalpark umfasst das schleswig-holsteinische Küstengebiet der Nordsee von der dänischen Grenze im Norden bis zur Elbmündung im Süden. Im nördlichen Bereich (bis etwa Amrum) verläuft die Nationalparkgrenze an der Zwölfmeilenlinie, südlich davon etwa auf der Dreimeilenlinie. An der Landseite verläuft sie im Wattenmeer 150 Meter vor der Küste.[1] Seedeiche und unmittelbares Deichvorland sind nicht Teil des Nationalparks, auch Badestrände sind damit weitgehend aus dem Schutzgebiet ausgenommen.[2] Ausgenommen aus dem Nationalpark sind auch die bewohnten Gebiete im Meer, darunter die fünf deutschen nordfriesischen Inseln und die großen Halligen: Langeneß, Hooge, Gröde, Oland und Nordstrandischmoor. Teil des Nationalparks sind unbewohnte Inseln, Halligen und Sandbänke wie Trischen, Blauort oder die Nordfriesischen Außensände.
Der Nationalpark lässt sich in zwei Gebiete teilen. Im Norden zwischen der dänischen Grenze und der Halbinsel Eiderstedt liegt der nordfriesische Teil, an der Südküste Eiderstedts bis hin zur Elbmündung der Dithmarscher Teil. Das nordfriesische Wattenmeer gehört zusammen mit dem dänischen Wattenmeer zum nördlichen Wattenmeer der Nordsee. Es wird durch die nordfriesischen Inseln und Halligen gegen die offene See abgeschirmt. Die Inseln entstanden vor allem aus Festlandgebieten, die bedingt durch Katastrophenfluten vom Land abgetrennt wurden. Das Wattengebiet ist geschützter, der Übergang zwischen Watt und Meer oft klarer, da erstes an der Ostseite der großen Inseln liegt, zweites an der Westseite. Es gibt keine großen Flussmündungen, der Tidenunterschied ist mit unter zwei Meter verhältnismäßig gering. Nur im nördlichen Wattenmeer finden sich noch Geest-Kliffs aus den Eiszeiten, so dass hier an den Küsten auch die größten Höhenunterschiede im an sich sehr flachen Gebiet vorkommen. Der Dithmarscher Teil und die Südküste Eiderstedts zwischen Elb- und Eidermündung bildet einen Teil des zentralen Wattenmeers. Ein Tidenhub von über drei Metern verhindert weitgehend das Entstehen von Inseln. Einige Sandbänke erheben sich aus dem Meer, einzig Trischen erreicht genug Höhe und damit Sturmflutsicherheit, um auch salzwasserempfindliche Vegetation zu ermöglichen. Im Vergleich zu den geologisch ähnlichen Ostfriesischen Inseln des südlichen Wattenmeers ist Trischen jedoch wesentlich kleiner und jünger. Alle Versuche menschlicher Bewohner, die Insel zu befestigen, sind gescheitert. Durch mehrere große Ästuare liegt der Salzgehalt im zentralen Wattenmeer niedriger als im restlichen Wattenmeer und unterliegt höheren Schwankungen.[3]
Schutzzonen des Nationalparks
Der Nationalpark ist in zwei Zonen aufgeteilt, die verschiedenen Schutzstufen entsprechen. Zone I bildet dabei den Kernbereich des Schutzgebiets. Die 162.000 Hektar große Zone umfasst ein gutes Drittel des Nationalparks. Sie besteht aus zwölf größeren Raumeinheiten, die jeweils Salzwiese, Schlick-, Misch- und Sandwatt, flache und tiefe dauerhaft unter Wasser liegende Gebiete (Sublitoral) sowie Prielströme aufweisen. Dazu kommen kleinere Einheiten um besonders sensible Gebiete wie Seehundsbänke oder die Brutkolonien der Seevogelarten, Plätze, an denen sich viele Zugvögel mausern, sowie geomorphologisch bedeutsame Gebiete mit nahezu natürlichen Oberflächenstrukturen.[4] Die Zone I ist prinzipiell für die Öffentlichkeit geschlossen, Ausnahmen bilden lediglich direkt an die Küste angrenzende Wattgebiete für Wattwanderer, Routen für geführte Wattwanderungen und die Fischerei.[5] Südlich des Hindenburgdamms auf der Landseite Sylts ist innerhalb der Schutzzone I eine menschliche Nutzung völlig ausgeschlossen („Nullnutzungszone“). Diese nimmt 12.500 Hektar ein, wovon etwa 3.500 Hektar permanent von Wasser bedeckt sind.
Zone II bildet eine so genannte „Pufferzone“ um die Zone I herum, in der eine nachhaltige Nutzung ermöglicht wird. In Schutzzone II liegt das Kleinwalschutzgebiet westlich der Sylter Küste, das eine Größe von 124.000 Hektar besitzt. Bei diesem Gebiet handelt es sich um ein wichtiges Fortpflanzungsgebiet der Schweinswale, deren Nordseebestand im 20. Jahrhundert um 90 Prozent zurückgegangen ist. Während Nutzungen wie Baden, Segeln oder traditionelle Krabbenfischerei weiterhin im Gebiet möglich sind, soll es internationale Industrie- und Stellnetzfischerei, Jet-Skis, Schiffsgeschwindigkeiten über zwölf Knoten, Aktivitäten des Militärs und Ressourcenausbeutung (Sand, Kies, Gas oder Öl) verhindern.[6]
Wasser, Land und Watt
Die Küste der Nordsee ist flach; der Meeresboden fällt teilweise nur wenige Zentimeter pro Kilometer ab. Zweimal täglich trägt die Flut Sand, Ton und Schluff in das Gebiet des Wattenmeeres. Der Tidenhub im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer beträgt dabei zwischen 1,5 und 3,7 Meter, wobei er von Norden nach Süden zunimmt: Die geringsten Gezeitenunterschiede bestehen an der Sylter Nordküste, die höchsten im südlichen Dithmarschen.[7] Überall im Wattenmeer beträgt die Zeitdauer des Wasserauflaufs nur etwa 85 Prozent der Zeit, die das Wasser dafür braucht, wieder abzulaufen. Die Strömung beim Wasserauflauf ist also stärker, und die Ebbe hat nicht die Kraft, die durch die Flut angespülten Sedimente wieder abzutragen.[8]
Über zwei Drittel der Fläche des Nationalparks werden von Gebieten eingenommen, die ständig unter Wasser stehen (Sublitoral), 30 Prozent vom Watt, das bei Niedrigwasser trocken liegt und bei Hochwasser überspült ist (Eulitoral).[9] Der Rest sind Landgebiete (Supralitoral), die nur unter besonderen Umständen überspült werden. Die Wassergebiete bestehen zum einen aus dem seewärtigen Teil des Parks, zum anderen aus größeren Gezeitenströmen wie dem Lister Tief, dem Heverstrom, dem Purrenstrom, dem Wesselburener Loch oder dem Piep. Direkt vor dem Watt verläuft eine beständige starke Strömung von Süd nach Nord, die aus der südlichen Nordsee kommt und sich bis zur Norwegischen Rinne fortsetzt. Da die Strömung die Mündungsgewässer großer europäischer Flüsse wie Rhein oder Elbe mit sich trägt, liegt der Salzgehalt mit 20 bis 30 psu unter dem im Meer, aber noch über dem von Flussmündungen.[3]
Da bewohnte Gebiete nicht Teil des Nationalparks sind, bestehen die Landgebiete fast ausschließlich aus Salzwiesen, ein kleiner Rest aus Sandbänken und Dünen. Die Salzwiesen nehmen dabei über 10.000 Hektar Fläche ein, von diesen wiederum sind 70 Prozent am Festland im Schutz von Lahnungen entstanden, 10 Prozent befinden sich auf den windabgewandten Seiten der Inseln und der Rest hat sich um die Halligen herum gebildet. Zwischen 1988 und 2001 hat sich dabei die Fläche der Salzwiesen um etwa 700 Hektar ausgedehnt. Weitgehend natürliche, nutzungsfreie Salzwiesen befinden sich vor allem vor den Inseln, am Festland kommt dies nur vor Schobüll und Sankt Peter-Ording vor.[9]
Wie im gesamten Wattenmeer ist das Klima atlantisch, immerfeucht und warmgemäßigt. Starke Westwinddrift und die Wärmespeicherkapazität sind bestimmende Faktoren, was zwar für häufige Starkwindlagen sorgt, auf die Temperaturen jedoch ausgleichend wirkt, so dass das Gebiet kühle Sommer (Juli: 14,5 Grad Celsius) und milde Winter (Januar: 1,8 Grad Celsius) erfährt.[10]
Flora und Fauna
Siehe auch Wattenmeer (Nordsee)
Salzwasser, der Wechsel zwischen Ebbe und Flut und Starkwindlagen mit Neigung zum Sturm prägen die Umweltbedingungen im Wattenmeer. Zu den Lebewesen, die sich hier dauerhaft etablieren können, zählen wenige Meerestiere, besonders ausgeprägte Spezialisten. Das Gebiet dient Fischen ebenso wie Meeressäugern vor allem als Kinderstube; neben zahlreichen Brutvögeln nutzen riesige Zugvogelschwärme das Watt im Frühjahr und Herbst als Rastgebiet zum Auffrischen der Nahrungsreserven. Im Schleswig-Holsteinischen Wattenmeer gibt es insgesamt etwa 700 Pflanzen- und 2.500 Tierarten. 250 der Tierarten sind im Wattenmeer endemisch.[10]
Pflanzen
Im Wasser leben Algen und Seegräser. Seegräser sind die einzigen unter Wasser wachsenden Blütenpflanzen des Wattenmeers. Nachdem um 1930 die meisten Seegräser des Atlantiks einer Epidemie zum Opfer fielen, haben sie sich im gesamten Wattenmeer nicht mehr davon erholt. Sie finden sich fast ausschließlich im nördlichen Schleswig-Holstein, wo sie etwa 6.000 Hektar bedecken, verglichen mit 705 Hektar in Niedersachsen oder 130 in den Niederlanden. Sie stellen das Habitat für zahlreiche Wasserlebewesen dar und dienen zum Beispiel der Brandgans als wichtige Nahrungsquelle.[11] Zumindest im nordfriesischen Teil scheinen sich die Seegräser im Gegensatz zum weltweiten Trend auch in den letzten Jahren weiter auszubreiten, so dass sie bei maximaler Ausdehnung im August bis zu elf Prozent des nordfriesischen Wattenmeers bedecken.[12]
Auf den Salzwiesen, die etwa zehn bis 250 Mal im Jahr vom Meerwasser überflutet werden, bilden sich einzelne Zonen, je nachdem, wie stark die Salzbelastung eines einzelnen Abschnitts ist. Insgesamt finden sich etwa 50 Blütenpflanzenarten auf den Salz- und den angrenzenden Brackwiesen. Am niedrigsten und der See am nächsten liegt die Quellerzone, die fast bei jeder Flut überflutet wird, darauf folgt die Andelzone, am höchsten und am nächsten am Land schließlich ist die Rotschwingelzone.
In der Quellerzone sind nur Queller und Schlickgras den stetigen Überflutungen gewachsen. Die Andelzone, die noch bei jeder Springtide und anderen erhöhten Wasserständen erreicht wird, prägt das namensgebende Andelgras ebenso wie salztolerante Arten wie Strand-Aster, Strand-Sode, Gewöhnlicher Strandflieder und Keilmelde. Die Rotschwingelzone, benannt nach dem Salzwiesen-Rot-Schwingel, wird nur noch in seltenen Ausnahmefällen überflutet. Der Artenreichtum vergrößert sich erheblich, besonders prägnante Arten sind Tausendgüldenkräuter (Strand-Tausendgüldenkraut, Kleines Tausendgüldenkraut, Echtes Tausendgüldenkraut), Roter Zahntrost, Strand-Wegerich und Lückensegge.[13]
Auf den Dünen schließlich finden sich auch noch einige Pflanzen, wegen der dortigen Extrembedingungen meist aber nur die artenarme Dünenheide, einzig in regenreichen Dünentälern ähnelt die Besiedlung mit Wollgras, Sonnentau und Lungen-Enzian einem Moor.[13]
Tiere
Säugetiere
Eine besondere Konzentration auf das Nationalparkgebiet und die seewärtig angrenzenden Gebiete weist der Gewöhnliche Schweinswal auf.[11] Auf den Sandbänken im gesamten Wattenmeer sind Seehunde und in kleinerer Anzahl Kegelrobben zu beobachten. 2002 tötete die Seehundstaupe die Hälfte der Tiere. 2004 zählte das Nationalparkamt im schleswig-holsteinischen Teil des Wattenmeers 6.044 Tiere und kam so zu einer Schätzung von insgesamt 8.000 Tieren, davon ein hoher Jungtieranteil.[14]
2005 zählte das Nationalparkamt etwa 2.000 Jungtiere, womit diese etwa die Hälfte des Bestands im gesamten Wattenmeer ausmachten.[15] Die Kegelrobbenpopulation ist mit 160 Tieren im Vergleich zu den Niederlanden immer noch sehr gering, vergrößert sich aber jedes Jahr um vier bis fünf Prozent.[15]
Insekten
Insekten kommen im Nationalpark fast nur auf den Salzwiesen vor, die allerdings einer hochspezialisierten Artengemeinschaft als Lebensraum dienen. Etwa die Hälfte aller 2.000 Arten, die in den Salzwiesen des Nationalparks bekannt sind, kommen ausschließlich in natürlichen oder naturnahen Salzwiesen vor. Zum Schutz vor dem Salzwasser verbringen viele Tiere ihr Larvenstadium entweder innerhalb einer Pflanze oder im Boden. Als Nahrung bevorzugen sie Pflanzenteile, die das Salzwasser schon ausgeschieden haben. Relativ bekannte Beispiele dafür sind der Halligflieder-Spitzmaus-Rüsselkäfer oder der Strandwegerichgallrüsselkäfer (Mecinus collaris), die in den jeweiligen Pflanzen leben. Der Prächtige Salzkäfer (Bledius spectabilis) hingegen buddelt sich im Watt in eine Bodenröhre.[16]
Strandflieder dient der Raupe des seltenen Salzwiesen-Kleinspanners (Scopula emutaria) als Futterpflanze, der in Deutschland nur noch im Küstenbereich der Nordseeinseln Amrum und Sylt sicher nachgewiesen werden kann.[17][18]
Vögel
Die Vogelwelt des Nationalparks ist im Wesentlichen mit der anderer Wattgebiete vergleichbar. Mit zehn Millionen anwesenden Zugvögeln im Frühjahr und Herbst ist Schleswig-Holstein dann das vogelreichste Gebiet Europas.[10] Ebenso wie zahlreiche Küstenvögel im geschützten Watt brüten, ist das nährstoffreiche Gebiet regelmäßiger Rastplatz von Zugvögeln auf Atlantikrouten. Da sich das Wattenmeer permanent wandelt und verändert, lassen sich die Effekte des Nationalparks nur schwer abschätzen. Insgesamt nahmen jedoch in den zehn Jahren zwischen 1994 und 2004 nur drei Arten (Löffelreiher, Kormoran und Sandregenpfeifer) zu, während 18 Arten weiter im Bestand verloren. Darunter befinden sich gerade typische Wattenmeerarten mit großer Verbreitung wie Brandgans, Grünschenkel, Großer Brachvogel, Lachmöwe, Heringsmöwe, Austernfischer, Säbelschnäbler oder Ringelgans.[15]
Der Rückgang trifft vor allem typische und vergleichsweise zahlreiche Wattbewohner, möglicherweise weil die Schleppnetzfischerei ihre Nahrungsgrundlage schädigt. Besonders erfolgreich in den letzten Jahren sind Arten, die eigentlich eher im Binnenland zu finden sind. Sie bevorzugen große neu eingedeichte und damit vom Salzwasser weitgehend abgeschnittene Flächen (Beltringharder Koog, Hauke-Haien-Koog, Speicherkoog, Rickelsbüller Koog) als süßwasserreiche Rast- und Brutgebiete. Seit 2000 finden sich auch einige beständige Seeadlerbrutpaare in einigen Gebieten des schleswig-holsteinischen Wattenmeers.[19]
Die etwa 180.000 Vögel zählende nordwesteuropäische Brandgans-Population verbringt ihre Mauserzeit zwischen Juli und September im Wattenmeer, größtenteils auf und um die geschützte Insel Trischen. Damit finden sich dort über 80 Prozent des gesamten nordwesteuropäischen Bestands.[20] Dieses Phänomen der Massenmauser bei der Brandgans ist weltweit einmalig.[10]
Etwa 200.000 Eiderenten verbringen hier ihre Mauserzeit; etwa 1000 Eiderentenpaare nutzen das Watt der Nordsee als Brutgebiet. Die meisten davon brüten auf der Insel Amrum. Große Bestände erreichen die Nonnengänse mit über 60.000 Stück und die Ringelgänse mit 84.000, fast ausschließlich an Halligen und Inseln. Bei der Nonnengans lässt sich zusätzlich feststellen, dass sie ihre Aufenthaltsdauer im Wattenmeer stetig ausbaut.[19] Vor den nordfriesischen Inseln, bei Wassertiefen zwischen zwei und zehn Metern, erreichen Trauerenten international bedeutsame Bestände.[11]
Fische, Muscheln, Krebstiere
Zu den typischen Muscheln des Wattenmeers zählen die Herzmuschel und die Miesmuschel. Während Herzmuscheln fast allgegenwärtig sind, sind wild wachsende Miesmuscheln weit weniger häufig als im südlicheren Wattenmeer und leiden zunehmend unter der Verbreitung der Pazifischen Auster, die wiederum von den wärmeren Wintern profitiert.[11] Ebenso prägen diverse Neobiota das Bild. Die Sandklaffmuschel brachten vermutlich die Wikinger mit aus Amerika, die Amerikanische Bohrmuschel kam Ende des 19. Jahrhunderts, die Amerikanische Scheidenmuschel 1976.[16]
Unter den Krebstieren hat insbesondere die Strandkrabbe große Bedeutung, die allein etwa zehn Prozent der Biomasse im Wattenmeer verzehrt. Zahlreich sind ebenso die Nordseegarnele und die Seepocke. Das neben dem Seehund wohl bekannteste Tier des Wattengebiets ist der Wattwurm. Ganz im Watt heimisch sind nur kleine Fischarten wie Aalmutter, Sandgrundel (Pomatoschistus minutus) und Seeskorpion. Zahlreiche andere Arten nutzen das sauerstoff- und nahrungsreiche und vor Raubfischen geschützte Wattenmeer als Laichgrund. Insbesondere sind hier Plattfische wie Schollen wichtig, aber beispielsweise auch Gewöhnliche Hornhechte (Belone belone), die in den Küstengewässern des Ostatlantiks aktiv sind.[16]
Der Nationalpark
Geschichte
Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer war schon vergleichsweise früh Ziel des Naturschutzes. Einzelne Naturschutzgebiete im Gebiet gibt es seit den 1920ern, erste Pläne das gesamte Wattenmeer zu schützen seit den 1960ern. Trotzdem verlief die Auszeichnung als Nationalpark 1985 und die Erweiterung 1999 nur unter erheblichen politischen Auseinandersetzungen, die bis hin zu Eierwürfen auf den zuständigen Minister und eine Krabbenkutterdemonstration in der Kieler Förde führten.
Vorgeschichte
Naturschutzbestrebungen im Wattenmeer gibt es bereits seit der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. So befinden sich die beiden 1923 gegründeten ältesten Naturschutzgebiete Schleswig-Holsteins, Sylt-Nord und Morsum Kliff, auf der Insel Sylt im Wattenmeer. Bis 1940 gab es in Nordfriesland und da vor allem in der Nähe der Wattgebiete elf Naturschutzgebiete. Auch heute noch hat der Kreis selbst ohne den Nationalpark die meisten Naturschutzgebiete mit der größten Fläche in Schleswig-Holstein.[21] Seit 1927 siedelt ein Vogelwärter des Bunds für Vogelschutz (heute NABU) auf Trischen, seit 1937 ist das Wattgebiet nördlich des Hindenburgdamms ein Naturschutzgebiet.[22]
Konzentrierte sich Naturschutz im Wattenmeer lange auf einzelne Arten und nahm dabei insbesondere der Vogelschutz eine wichtige Rolle ein, setzte sich im Laufe der Zeit ein umfassenderer Ansatz hin zum Biotopschutz durch. Erste Forderungen, das Wattenmeer insgesamt zu schützen, gab es seit den 1960er Jahren. 1963 erhob die Schutzstation Wattenmeer die Forderung nach einem „Großschutzgebiet Halligmeer“, der Landesjagdverband verwendete 1972, zwei Jahre nach der Gründung des Nationalparks Bayerischer Wald, erstmals den Begriff Nationalpark in Bezug auf das Wattenmeer. 1973 legte das Landwirtschaftsministerium unter Ernst Engelbrecht-Greve (CDU) einen Gesetzentwurf vor, zog ihn aufgrund vehementen Widerstands in den betroffenen Regionen aber schon 1974 wieder zurück.[23] Ab 1975 gab es die ersten internationalen wissenschaftlichen Konferenzen zum Schutz des Wattenmeers, die erste trilaterale Regierungskonferenz mit deutschen, niederländischen und dänischen Teilnehmern fand 1978 statt. 1982 verfassten die Regierungen der angrenzenden Länder in Den Haag die „Gemeinsame Erklärung zum Schutz des Wattenmeers“.[24]
Nachdem sich Ministerpräsident Gerhard Stoltenberg (CDU) nach dem ersten gescheiterten Versuch nicht wieder an das Nationalparkthema herantraute, begann das Kabinett Uwe Barschel (CDU) mit Landwirtschaftsminister Günter Flessner (CDU) noch im Jahr des Amtsantritts 1982 mit einem erneuten Vorstoß. Wieder brandete entschiedener Widerstand an der Westküste auf, Dithmarscher und Friesen beschworen ihren jahrhundertealten Freiheitsdrang und Widerstand gegen ein Eingreifen von Außen in ihre Gebiete. Diesmal ließ sich die Regierung jedoch nicht genügend beeindrucken.[23]
Erstes Nationalparkgesetz 1985
Die damalige CDU-Regierung gründete den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer als dritten Nationalpark in Deutschland. Er folgte damit dem Bayerischen Wald und dem Nationalpark Berchtesgaden.[23]
Schließlich verabschiedete der Landtag Schleswig-Holstein im Juli 1985 das Nationalparkgesetz, das einen 272.000 Hektar großen Nationalpark mit drei verschiedenen Schutzzonen vorsah. Er begann im Wattenmeer 150 Meter vor der Küstenlinie und reichte bis zu einer Tiefenlinie von fünf bis zehn Meter Wassertiefe. Am 1. Oktober 1985 trat das Gesetz in Kraft.[25]
1986 zogen Niedersachsen und 1990 Hamburg nach. Dänisches und Niederländisches Wattenmeer unterliegen anderen Schutzmaßnahmen des Naturschutzes, zum Frühjahr 2009 wird allerdings auch das dänische Wattenmeer Nationalpark werden.
Im Nationalparkgesetz heißt es:
- Die Errichtung des Nationalparks dient dem Schutz des schleswig-holsteinischen Wattenmeeres und der Bewahrung seiner besonderen Eigenart, Schönheit und Ursprünglichkeit. Seine artenreiche Pflanzen- und Tierwelt ist zu erhalten und der möglichst ungestörte Ablauf der Naturvorgänge zu sichern. Jegliche Nutzungsinteressen sind mit dem Schutzzweck im Allgemeinen und im Einzelfall gerecht abzuwägen.
Insbesondere die Menschen vor Ort fühlten sich übergangen – das Wattenmeer war in seiner heutigen Form erst in Jahrhunderten durch die Menschen vor Ort geschaffen worden, bei denen sich dadurch eine besonders ausgeprägte Einstellung der Unabhängigkeit und Eigenständigkeit entwickelt hatte. Dass der Nationalpark direkt vom „fernen Kiel“ aus verwaltet werden sollte, empfanden sie als Fremdbestimmung durch Politiker, die weder direkte Erfahrung mit der Landwirtschaft vor Ort, der Fischerei und auch nicht mit der Gefahr der Sturmfluten hatten.[26]
Aber auch die Opposition und die Naturschutzverbände standen dem neuen Nationalpark eher skeptisch gegenüber. Sie empfanden die Regelungen als nicht weitgehend genug und hatten Sorge, dass die zusätzlichen Touristen, die der Nationalpark anlocken sollte, mehr zerstören würden als der Park in dieser Form selbst schützen könnte.[23]
Synthesebericht, Diskussion und Proteste
Das zweite Nationalparkgesetz ging im Ursprung auf den etwa 800 Seiten starken „Synthesebericht/Ökosystemforschung Wattenmeer – Grundlagen für einen Nationalparkplan“ von 1996 zurück. Die Landesregierung ließ Wissenschaftler erst sieben Jahre lang ein umfangreiches Monitoring des bisherigen Nationalparks durchführen und auf diesen Ergebnissen basierend verschiedene Vorschläge für Änderungen im Nationalparkgesetz erarbeiten und im Bericht zusammenstellen. Dieser vom Umweltminister Berndt Heydemann (parteilos) initiierte Bericht, wurde etwa zwei Jahre lang in über 200 Versammlungen vor Ort und bei 15 Sitzungen der Nationalparkkuratorien besprochen.[27]
Daraus folgend gaben das Kuratorium und die angrenzenden Landkreise 1998 umfangreiche Stellungnahmen ab. Das Landeskabinett diskutierte den Bericht offiziell erstmals Ende 1998, Mitte 1999 begann der Landtag mit den Lesungen des Gesetzes, um es am 31. Oktober 1999 zu verabschieden. Aufgrund kleinerer Nachbesserungen trat es am 29. Dezember 1999 in Kraft.[28]
Der Synthesebericht sah unter anderem vor, die Fläche des Parks von 273.000 auf 349.000 Hektar zu erweitern. Das Lister Tief (bei Sylt, nördlich des Hindenburgdamms) und das Wesselburener Loch (nahe der Eidermündung) sollten als Nullnutzungszonen ausgewiesen werden. Im südlichen Dithmarscher Wattenmeer sollte während der Mauser der Brandgans von Juli bis September jegliche Sportschifffahrt untersagt werden.[29]
Während sich im politisch-repräsentativen Raum insbesondere der nordfriesische Landrat Dr. Olaf Bastian (CDU) als entschiedener Gegner einer Nationalparkausweitung aufstellte und eine Verwaltung durch die Landkreise forderte, fanden auch im breiteren Rahmen Proteste an der Westküste statt. In Büsum protestierten 1.000 Menschen, besonders prononciert Deichschäfer und Krabbenfischer. Am 26. August 1999 fuhren letztere mit 143 Krabbenkuttern im Konvoi durch den Nord-Ostsee-Kanal bis vor Kiel, um während einer Gesetzeslesung vor dem an der Kieler Förde gelegene Landtag zu protestieren. Bei einer Veranstaltung in Tönning bewarfen Einwohner den mittlerweile ins Amt gekommenen Grünen Umweltminister Rainder Steenblock mit Eiern.[29] Im November 1999, kurz vor der Verabschiedung des Gesetztes, brannten 160 Mahnfeuer an der gesamten Westküste des Bundeslandes.[30]
Proteste gab es dabei insbesondere um Zahl und Größe der Nullnutzungszonen, in denen auch nicht gefischt werden dürfte, und die landseitige Grenze des Parks. Diese sollte vom 150-Meter-Streifen direkt an die Außenkante der Deiche heranrücken, so dass beispielsweise Salzwiesen und vor allem Badestrände auch Teil des Parks geworden wären.[29]
Zweites Nationalparkgesetz 1999
Schließlich änderte der Landtag Schleswig-Holstein das Gesetz am 17. Dezember 1999 umfassend.[27] Das Parlament weitete den Schutzzweck vom möglichst ungestörten Ablauf der Naturvorgänge aus, der Nationalpark soll nun als Lebensstätte der dort natürlich vorkommenden Tier- und Pflanzenarten dienen um diese Arten und die in den Lebensstätten bestehenden Lebensbeziehungen zu erhalten. Trotzdem gilt weiter ein Vorrang des Küstenschutzes vor dem Naturschutz; der Nationalpark soll nicht die Interessen und herkömmlichen Nutzungen der Bewohner beeinträchtigen und explizit positive Rückwirkungen auf den Tourismus und das Ansehen der Region haben.[1]
Das Gesetz weitete die Nationalparkfläche in Richtung Meer aus. Die Landgrenze blieb entgegen erster Planungen 150 Meter vom Deich entfernt. Es führte eine Nullnutzungszone ein, die allerdings südlich des Hindenburgdamms liegt – kaum von Fischern genutzt aber auch ökologisch weniger wertvoll als Lister Tief oder Wesselburener Loch.[29] Dafür führt das Gesetz das Walschutzgebiet ein, verbot die Jagd im Park endgültig, ebenso wie es die Muschelfischerei einschränkte. Das Gesetz vergrößerte Schutzzone I erheblich, vor allem um die Flächen der Wattstromgebiete, und vereinfachte das Zonensystem, in dem es die Schutzzone III abschaffte.[27] Nebenerwerbsfischerei war nun auch in Zone I erlaubt.[2] Sportbootfahrer und Fischer hatten sich bereits vor dem Gesetz mit der Landesregierung geeinigt, die Mausergebiete der Brandgans zu meiden. Ebenso sah das Gesetz eine Geschwindigkeitsbegrenzung für Schiffe und Boote im gesamten Nationalpark vor.[28]
Das Gesetz schuf zahlreiche Plattformen, Arbeitskreise und kooperative Projekte, um einerseits die Bevölkerung und die Nutzer vor Ort besser einzubinden, zum anderen aber auch um die Kritik in nicht-öffentliche Kanäle zu leiten, so dass die öffentliche Auseinandersetzung um den Park seit 1999 bedeutend zurückgegangen ist.[26]
Verwaltung
99,9 Prozent des Nationalparkgebiets befindet sich in öffentlichem Eigentum. Davon wiederum befinden sich 99 Prozent im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland, der Rest im Eigentum des Landes Schleswig-Holstein.[31] Seit dem 1. Januar 2008 obliegt die Verwaltung des Nationalparks dem neu gegründeten Landesbetrieb Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz mit Sitz in Husum. Die Nationalparkverwaltung befindet sich seit der Natonalparkgründung in Tönning. Damit sollen die überlappenden Aufgabengebiete des Küstenschutzes, den vorher das Amt für Ländliche Räume betreute, und des Nationalparks in einer Behörde koordiniert werden.[32]
Hoffnungen, insbesondere wieder von Bastian, den Nationalpark endlich zu kommunalisieren und damit direkt dem Einfluss der Menschen vor Ort zu öffnen, traten Naturschutzverbände, andere Parteien und letztlich auch Landwirtschafts- und Umweltminister Christian von Boetticher (CDU) entgegen.[32] Die Verwaltung des Nationalparks erfolgte bis 2007 durch das Nationalparkamt in Tönning, das direkt dem Schleswig-Holsteinischen Ministerium für Natur, Umwelt und Landesentwicklung unterstellt war.[33]
Obwohl der Nationalpark regional auf die beiden Landkreise Dithmarschen und Nordfriesland begrenzt ist und größtenteils auf dem Gemeindegebiet von über 250 Gemeinden liegt, begründet das Land Schleswig-Holstein seine Zuständigkeit mit der hohen Effizienz, einer einheitlichen Verwaltungspraxis und dem möglichst klein zu haltenden Einfluss lokaler Sonderinteressen in der Verwaltung. Landkreise und Gemeinden sind weiter über beratende Kuratorien eingebunden. Größeren Einfluss haben die Kreise auf die Inseln und Halligen sowie den 150 Meter breiten Küstenstreifen, die nicht zum Nationalpark gehören, ihn aber trotzdem stark beeinflussen.[33]
Das Nationalparkamt hat 30 Mitarbeiter, zum Teil in Teilzeit, und verfügt über einen Jahresetat von etwa drei Millionen Euro.[14] Öffentlichkeits-, Überwachungs- und Bildungsfunktionen übernimmt allerdings seit 1999 die rechtlich unabhängige NationalparkService GmbH mit knapp 50 Mitarbeitern. Gesellschafter des Nationalparkservice sind das Land Schleswig-Holstein (55 Prozent), die Kreise Dithmarschen und Nordfriesland, der WWF, NABU, Verein Jordsand, Schutzstation Wattenmeer und der Fachverband der Wattführer (Verein de Wattenlöpers). Der Nationalparkservice verfügt im Gegensatz zum Nationalparkamt auch über Mitarbeiter im Außendienst, die im Park selber oder in Infozentren anzutreffen sind.[26] Der Nationalparkservice finanziert sich aus Eigenmitteln, unter anderem über den Eintritt im Multimar Wattforum, die Herstellung von Merchandiseartikeln oder Infotafeln, die im Landes- oder Kommunenauftrag hergestellt werden, Spenden und Sponsoring.[34]
Daneben bemüht sich die Nationalparkverwaltung Konflikte zu entschärfen und effizienter zu arbeiten, indem sie Abkommen mit Nutzergruppen und Betroffenen abschließt, um die Details der Nationalparknutzung zu regeln. Sie handelt Verträge mit Fischern, dem Sportbootverband, den Wattführern, Betreibern von Ausflugsschiffen, aber auch einzelnen Gemeinden wie Sankt Peter-Ording, Westerhever oder der Hamburger Hallig aus.[5]
Andere Schutzmaßnahmen
Seit 1987 haben die dänische, deutsche und niederländische Regierung ein gemeinsames Wattenmeersekretariat (Common Wadden Sea Secretariat – CWSS) in Wilhelmshaven initiiert, das die Schutzmaßnahmen koordinieren soll. Seit 1990 besitzen die Nationalpark-Flächen und fünf im Nationalpark gelegene Halligen zusätzlich den Status eines Biosphärenreservates (Biosphärenreservat Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer). Die Wasserstraßen im Gebiet unterliegen Bundesrecht. Das neueste Gesetz zum Wasserverkehr im Wattenmeer stammt aus dem Jahr 1997, es regelt unter anderem Geschwindigkeitsbegrenzungen und die zeitweilige Sperrung ganzer Seegebiete.[24]
International unterliegt der gesamte Nationalpark der internationalen Ramsar-Konvention zum Schutz von Feuchtgebieten. Seit 2002 ist das Gebiet ebenfalls als Particularly Sensitive Sea Area (PSSA) ausgezeichnet. Das Gebiet unterliegt einem trilateralen Sonderabkommen zum Schutz der Seehunde und zum Schutz von Kleinwalen (ASCOBANS), sowie dem Abkommen zur Erhaltung der afrikanisch-eurasischen wandernden Wasservögel (AEWA).[35] Das Gebiet ist als spezielle Schutzzone im Sinne der Vogelschutzrichtlinie der Europäischen Gemeinschaft (79/409/EWG) ausgewiesen ebenso wie als Schutzgebiet im Sinne der FFH-Richtlinie. Im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie gehört der Nationalpark fast komplett zur Flussgebietseinheit (FGE) Eider, einzig ein kleiner Teil in der Elbmündung gehört zur FGE Elbe.[24]
Am 30. Januar 2008 reichten die deutsche und die niederländische Regierung den Antrag ein, das Gebiet des niederländischen, niedersächsischen und schleswig-holsteinischen Wattenmeers als Weltnaturerbe der UNESCO anzuerkennen. Nicht dabei sind jedoch das hamburgische und dänische Wattenmeer. Das Welterbekomitee wird nach Abschluss der Evaluierungsarbeiten wahrscheinlich bei der Sommerkonferenz 2009 über den Antrag entscheiden.[36]
Menschliche Nutzung
Im Nationalpark leben zwei Menschen auf der Hallig Süderoog ganzjährig sowie drei Menschen zusätzlich im Sommer (einer auf Trischen, zwei auf Südfall). An den Nationalpark grenzen 70 Gemeinden mit etwa 290.000 Einwohnern, dazu kommen im Sommer etwa zwei bis vier Millionen Touristen.
Das Gebiet des Parks dient dem Fremdenverkehr, der Fischerei, der Erdölförderung, dem Küstenschutz, der Beweidung, dem Schiffsverkehr, dem Flugverkehr, der Kies- und Sandentnahme, der Muschelzucht und wird militärisch genutzt. Der größte Teil dieser Nutzungen erfolgt jedoch unmittelbar an der Küste, so dass die seewärtigen Teile des Nationalparks dem Schutzziel der freien, vom Menschen unbeeinflussten Entwicklung weitgehend folgen können.[1]
Seit der Novellierung des Nationalparkgesetzes von 1999 dienen vor allem freiwillige Vereinbarungen zwischen Nationalparkverwaltung und Nutzergruppen dazu, die menschliche Nutzung einzuschränken. Der im Gesetz enthaltene Abwägungsparagraph hat die Akzeptanz des Parks vor Ort stark erhöht.[34] Bestimmte Nutzungen, die kaum Beeinträchtigungen mit sich bringen, sind seit 1987 wieder zugelassen, dazu gehört beispielsweise das Sammeln von Wattwürmern durch Angler, das Pflücken kleiner Blumensträuße nicht geschützter Arten und die Entnahme kleiner Mengen von Pflanzen und Tieren für Forschung und Bildung, zum Beispiel bei Wattwanderungen.[10]
Akzeptanz bei Bevölkerung und Touristen
Regelmäßige Umfragen, die besonders im Rahmen des Sozial-Ökonomischen Monitorings (SÖM) des Parks durchgeführt werden, zeigen, dass Touristen an der Nordseeküste nicht nur ähnlich gut über den Nationalpark informiert sind wie die Einheimischen selbst, sondern ihm auch generell positiver gegenüberstehen.[26] Nach dem Bayerischen Wald ist der Nationalpark Wattenmeer der bekannteste Nationalpark Deutschlands, allerdings unterscheiden nur wenige Menschen zwischen den drei einzelnen Nationalparks, die im öffentlichen Bewusstsein ein einziges Schutzgebiet darstellen.[37]
Umfragen ergaben aber auch unter Einheimischen hohe generelle Zustimmungsraten zum Nationalpark. So würden laut Umfragen aus den Jahren 2000 und 2001 insgesamt 76 Prozent der Bewohner Dithmarschens und Nordfriesland bei einer Volksabstimmung für die Weiterführung des Nationalparks stimmen, nur 2 Prozent würden ihn wieder abschaffen. Das Ergebnis schwankte in den Folgejahren zwischen 76 und 63 Prozent, um 2007 mit 78 Prozent einen bisherigen Höchststand zu erreichen. Weitere 14 Prozent würden im Jahr 2007 den Nationalpark unter bestimmten Bedingungen weiterführen. Dabei war den Einwohnern insbesondere wichtig, dass die Landwirtschaft nicht eingeschränkt wird, die Wirtschaft inklusive des Tourismus nicht übermäßig behindert wird und allgemein die Einheimischen nicht übermäßig behindert würden. Immerhin 35 Prozent der Einwohner waren auf den Nationalpark stolz, weitere 55 Prozent fanden ihn wichtig, noch 3 Prozent bewerteten ihn überwiegend negativ. Dabei bewerteten jüngere Menschen und Frauen den Park im Schnitt positiver als ältere Menschen und Männer. Besonders hohe Zustimmungsraten erhielt er bei einheimischen Hobby-Ornithologen, Naturschützern und Surfern, besonders niedrige bei Seglern, Motorbootfahrern und Boßlern. Die Jäger lagen im Durchschnitt.[37]
Wie weit es die Nationalparkverwaltung allerdings geschafft hat, die Einheimischen wirklich über die Details der Schutzregelungen aufzuklären, ist fraglich: der Nationalpark kann die Landwirtschaft kaum einschränken, da im Gebiet schon vor Nationalparkgründung kaum Landwirtschaft stattfand. Auch der genaue Status des Schutzgebiets ist weitgehend unbekannt: So können selbst 2007, also 22 Jahre nach Einführung des Nationalparks, erst 16 Prozent der Einheimischen ohne Hilfe benennen, dass das Wattenmeer als Nationalpark geschützt ist, die Bekanntheit der Schutzkategorie Biosphärenreservat befindet sich im nicht mehr messbaren Bereich.[37]
Küstenschutz
Vorrang vor allen anderen Belangen hat im Nationalparkgebiet der Küstenschutz, von dem auch zugunsten des Umweltschutzes keinerlei Abstriche gemacht werden. Das bedeutet für die Festlands- und viele Inselbereiche den Ausbau und die Verstärkung der Seedeiche, in einigen Gebieten wie der Sylter Westküste auch das Anlagern von Sand. Anders als in anderen Nationalparks ist der Küstenschutz allerdings auch integraler Bestandteil des Nationalparks selber, da er seit mehreren hundert Jahren stattfindet und die heutige Form des Wattenmeers geprägt hat.[1]
Das Wattenmeer in der Form, wie es unter Schutz gestellt ist, ist eine seit dem Mittelalter durch den Menschen geschaffene Landschaft, die ihr Gesicht ohne den Küstenschutz stark verändern würde.[1] Ein Beispiel bilden hier die Salzwiesen, die oft von künstlichen Entwässerungsgräben durchzogen sind, die den eigentlich amphibischen Charakter des Biotops stark verändern. Während die Menschen allerdings seit der ersten Besiedlung bestrebt waren, dem Meer weitere Gebiete abzuringen und anzulanden, bestehen zur Landgewinnung nur noch minimale Planungen, vor Schardeichen Deichvorland zu befestigen, um so die Sturmflutsicherheit zu erhöhen.[10]
Tourismus
Das Nationalparkgesetz weist neben dem Naturschutz auch explizit die Tourismusförderung als Ziel des Nationalparks aus.[34] Der Nationalpark liegt in einer traditionellen deutschen Ferienregion, die auch ohne den Nationalpark schon ein populäres Urlaubsziel war. Zudem ist Tourismus die mit Abstand wichtigste Einnahmequelle der Region. So sorgen etwa 1,7 Millionen Urlauber und Ausflügler jährlich für knapp 16 Millionen Übernachtungen im angrenzenden Küstenstreifen und auf den Nordseeinseln und -halligen.[35] Die tatsächlichen Zahlen sind unklar und liegen wahrscheinlich weit über den offiziell bekanntgegebenen, da die offiziellen Statistiken nur Besucher von Betrieben mit mehr als acht Gästebetten umfassen, gerade an der Nordsee ein Großteil der Betriebe aber kleiner ist und auch Besuch bei Freunden und Verwandten einen nennenswerten Teil der Besucher ausmacht.[35] Ebenso lässt sich die Zahl der Tagesgäste schwer erfassen, das Nationalparkamt geht hier von etwa vier Millionen jährlich aus.[23] Etwa 9.000 Beschäftigte arbeiten im Tourismus.[1]
Nordseetourismus im Nationalpark
Aufgrund der großen Besucherzahl, der großen Fläche und langen Grenze ebenso wie aufgrund der relativ bescheidenen Mitarbeiterzahl zur Überwachung gestaltet sich die Besucherlenkung und -überwachung schwierig. Während die meisten anderen deutschen Nationalparks einen Haupteingang und explizit ausgewiesene Nebeneingänge haben, ist es bei den Wattenmeernationalparks möglich, sie entlang des ganzen Küstenstreifens zu betreten, die Zahl der möglichen Zugänge geht also nahe an eine unendliche Zahl. Es erfolgt zwar eine enge Kooperation zwischen Kommunen, Naturschutzverbänden und Nationalparkservice, trotzdem aber weist die Überwachung erhebliche Lücken auf. Die vor allem stattfindenden Versuche, Einheimische und Touristen zu überzeugen, sind zumindest bei den Einheimischen schwierig, da weder Zivildienstleistende noch Mitglieder der Naturschutzverbände bei diesen ein sonderlich hohes Ansehen genießen.[34]
Die Wirkungen des Tourismus reichen zwar weit in den Nationalpark hinein, im Normalfall aber befinden sich die Urlauber selbst außerhalb des Parks. Direkt in den Park dringen vor allem Wattwanderer ein. Die Zahl der privat laufenden Wattwanderer ist dabei nicht bekannt, die Zahl der Teilnehmer an geführten Touren ist vor allem wetterabhängig, erreichte 2007 aber mit 125.000 Teilnehmern an 6.200 einzelnen Touren Rekordwerte. Geführt werden diese zu etwa zwei Dritteln von Angehörigen der Schutzstation Wattenmeer, der größte Teil des Rests entfällt auf Nationalpark-Wattführer.[37]
Nationalparktourismus
Inwieweit sich der Nationalpark wirklich förderlich auf die Touristenzahlen auswirkt, ist unsicher. Die Zahl der Gästeankünfte und Übernachtungen erhöhte sich seit 1984 zwar stetig. Im Vergleich zu ähnlichen Kreisen ohne Nationalpark (Schleswig-Flensburg und Rendsburg-Eckernförde) und deren ebenfalls steigenden Besucherzahlen hat sich die Ausweisung laut einer statistischen Untersuchung von Julia Schmid „mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgewirkt“. Zeitlich fallen die starken Anstiege auch eher mit der deutschen Wiedervereinigung 1989/1990 zusammen als mit der Nationalparkausweisung 1986.[38] Laut der Nationalparkbefragung von Katja Korff von 2003 allerdings erbringt der Nationalpark jährlich eine touristische Bruttowertschöpfung von 6,8 Millionen Euro und ist für 260.000 Übernachtungen im Jahr verantwortlich.[14] Die Zahl der reinen Nationalparkbesucher liegt verglichen mit den anderen Nordseeurlaubern auf niedrigem Niveau, steigt aber langsam: gaben 2004 nur 1,4 Prozent der Gäste an, dass sie ohne den Nationalpark nicht gekommen wären.[23], ist die Zahl 2007 auf 4 Prozent der Nationalparkbesucher gestiegen.[37]
Der Nationalpark selbst soll der Öffentlichkeitsarbeit dienen. Zu diesem Zweck vertreibt der Nationalparkservice Informationstafeln, die dann vom Land, Gemeinden oder privaten Trägern aufgestellt werden können und als umfassendes Besucherinformationssystem an den Grenzen des Nationalparks dienen. Vor allem aber betreibt er seit 1999 ein Hauptzentrum (das Multimar Wattforum in Tönning), fünf Bezirkszentren und 22 Ortszentren, die über den Nationalpark informieren. Die Ortszentren werden von verschiedenen Trägern wie Umweltverbänden betrieben und unterscheiden sich deshalb in Qualität und Ausstattung erheblich.[1] Neben dem Multimar Wattforum in Tönning sind dies insbesondere das Nationalparkhaus in Husum und das Nationalpark-Zentrum in Wyk auf Föhr. Gut besuchte Touristenattraktionen, die auch umfassend über den Nationalpark informieren, sind beispielsweise die Seehundstation in Friedrichskoog (knapp 170.000 Besucher im Jahr 2007), die InfoBox Erlebniszentrum Naturgewalten List auf Sylt (160.000) und der Westküstenpark in Sankt Peter Ording (rund 120.000).[37]
Fischerei, Jagd und Landwirtschaft
Konflikte provoziert insbesondere die Koexistenz von Nationalpark und Fischerei. Die größte wirtschaftliche Bedeutung innerhalb der Fischerei besitzt der Krabbenfang, da Krabben nicht bestandsgefährdet sind und keinerlei Fischereiquoten unterliegen. Kabeljau, Schollen und Seezungen hingegen werden kaum noch gefischt und unterliegen diversen Schutzbestimmungen und Quotenregelungen. Die industrielle sogenannte Gammelfischerei ist bereits seit den 1970ern in den Küstengewässern der Nordsee verboten.[39] Insgesamt trägt die Fischerei weniger als ein Prozent zum Bruttosozialprodukt der Westküste bei und ist damit ökonomisch relativ unbedeutend. Wichtiger ist ihre Existenz jedoch für den Tourismus, vermittelt sie doch typisches maritimes Flair, das die Nordseeurlauber erwarten. Während die Landwirtschaft an sich an der Westküste eine ökonomisch wesentlich größere Bedeutung hat, findet sie fast ausschließlich außerhalb des Nationalparkgebiets statt. Einzig die Beweidung der Salzwiesen durch Schafe stellt einen Konfliktpunkt dar.[40]
Krabbenfang
2003 waren 99 schleswig-holsteinische Krabbenkutter vor der schleswig-holsteinischen Küste unterwegs, oft noch ergänzt um Kutter aus den Niederlanden, die um die 11.000 Tonnen Krabben im Jahr fangen.[41] Dabei kann es bei Hochwasser auch vorkommen, dass sie im eulitoralen Bereich unterwegs sind.[10] Der Kutterbestand ist seit einigen Jahrzehnten stark rückläufig: So gab es 1999 beispielsweise noch 144 Kutter. Betroffen sind hiervon vor allem kleinere handwerklich arbeitende Schiffe. Stetig nimmt hingegen die Zahl größerer Schiffe zu, die aus den Niederlanden kommen, länger und bei schlechterem Wetter draußen bleiben können und auch das deutsche Wattenmeer als lukrativen Fischgrund entdecken.[39]
Muschelfang
Auf 2.200 Hektar werden noch Miesmuscheln aus Besatzmuschelzonen gefischt. Dabei können maximal acht Lizenznehmer im Schnitt 16.500 Tonnen anlanden. Wildmuschelfang ist ebenso verboten wie insgesamt 135.000 Hektar des Nationalparks nicht mehr befischt werden dürfen, darunter seit 1997 alle trockenfallenden Bereiche des Wattenmeeres.[41] In Schutzzone I dürfen die Muschelkulturen dabei gar nicht angelegt werden, von Mitte April bis Mitte Juli herrscht ein generelles Anlandeverbot.[42]
Während Miesmuscheln im ganzen Wattenmeer angelandet werden, ist das Fischen von Herzmuscheln und Schwertmuscheln seit 1990 verboten. Dies war wegen der hohen Verluste in kalten Wintern in Schleswig-Holstein allerdings schon vorher weitgehend ohne wirtschaftliche Bedeutung.[41] Die Pazifische Auster kann von einem Lizenznehmer vor Sylt auf maximal 30 Hektar gezogen werden und versorgt etwa 20 Prozent des deutschen Marktes für Austern. Ist es im Nordseeklima jedoch eigentlich nötig, die Austern zum Überwintern in geschützte und geheizte Becken zu bringen, scheint sich dies durch die Klimaerwärmung zu ändern, so dass immer mehr Austern auch wild überleben und als invasive Spezies die Miesmuscheln bedrohen. Versuche, auch die Feste Trogmuschel zu fischen, verliefen Anfang der 1990er erfolgreich. Im strengen Winter 1995/1996 fielen jedoch sämtliche fischbaren Muscheln dem ungewöhnlich kalten Wetter zum Opfer. Die Konzessionen bestehen noch, die Fischerei ruht aber seitdem; die Fischer hoffen, dass die Trogmuschel aus anderen Teilen der Nordsee wieder in das Wattenmeer einwandert.[42]
Aquakulturen und Jagd
In Büsum befindet sich eine Versuchsanlage für marine Aquakulturen, die über eine Pipeline mit Nordseewasser aus dem Nationalpark versorgt wird.[43] Während die Jagd im Nationalpark seit 1999 verboten ist, sind auf den vom Park umgebenen Halligen weiterhin Jäger aktiv, die sich besonders auf Wasservögel spezialisiert haben.[10]
Landwirtschaft
Die Landwirtschaft stellt neben dem Tourismus eine wichtige Einnahmequelle der Küstengebiete dar. Insbesondere der südlichere Dithmarscher Teil war schon im Mittelalter Agrarexportgebiet und verfügt noch heute über eine intensive Landwirtschaft. Während diese mit Ausnahme der Schafzucht nicht direkt im Nationalparkgebiet stattfindet, so hat sie doch Auswirkungen auf dieses, da viele Vögel auch den Deich überfliegen und Wasser von und über die Felder durch Grüppen (Entwässerungskanäle) und Siele direkt in den Nationalpark gelangt.[40]
Unmittelbar haben Landwirtschaft und Nationalpark jedoch nur wenig miteinander zu tun. Einzig auf den Salzwiesen stellt die Beweidung mit Schafen ein Problem dar. Seit Beginn der Besiedlung dienten die Salzwiesen zur Viehhaltung. Bis in die 1980er hinein wurde diese, zum größten Teil angetrieben durch staatliche Subventionen, intensiviert. Während es aus Küstenschutzgründen notwendig ist, den Seedeich und das direkte Deichvorland zu beweiden, den Bewuchs kurz zu halten und die Erde durch die Schaftritte zu verdichten, soll weiter seewärts möglichst darauf verzichtet werden.[9]
Im Rahmen des Küstenrandstreifenprogramms, das von 1991 bis 1996 finanzielle Ausgleichszahlungen vorsah, verzichteten die Schäfer seit 1990 auf intensive Beweidung vieler Salzwiesen, und die Entwässerung wurde in vielen Bereichen wieder von künstlich angelegten Gräben auf natürlich entstehende Priele umgestellt. In den Jahren 1988 bis 2001 konnte sich der Salzwiesenbestand vor den Küsten Nordfrieslands und Dithmarschens um 17 Prozent vergrößern,[44] gleichzeitig stieg die Zahl überhaupt nicht beweideter Salzwiesen von sieben Prozent der Fläche Ende der 1980er auf 36 Prozent im Jahr 2005, die intensiv genutzte Fläche ging von 80 Prozent auf 45 Prozent zurück.[10]
Verkehr und Infrastruktur
An der schleswig-holsteinischen Küste existieren kleinere und mittelgroße Häfen (Friedrichskoog, Büsum, Husum, Nordstrand, Pellworm, Dagebüll, Wyk auf Föhr, Amrum, Hörnum und List), deren Anfahrt nur durch den Nationalpark möglich ist. Der größte Teil der Schiffsbewegungen findet in den Fahrrinnen des Fährverkehrs zu den Inseln statt.[35]
Für das gesamte Seegebiet gilt eine besondere Befahrensverordnung des Bundes. Diese lässt beispielsweise die Absperrung zeitweiliger Schutzzonen zum Schutz von Seevögeln und Robben ebenso wie Befahrensverbote bei Niedrigwasser zu.[10] Der seewärtige Teil des Nationalparks selbst ist als PSSA (Particularly Sensitive Sea Area) ausgezeichnet, was diverse Einschränkungen für den Schiffsverkehr bedeutet und vor allem Schiffen mit gefährlichen Frachten weiter seewärts gelegene Routen vorschreibt. Allerdings sind die wichtigsten Schifffahrtsrouten, wie insbesondere die direkt südlich des Nationalparks gelegene Elbmündung, davon ausgenommen.[35]
Das Schleswig-Holsteinische Wattenmeer befindet sich direkt nördlich einer der am stärksten befahrenen Schifffahrtsstrecken der Welt, der südlichen Nordsee. In einer Gegend mit schnell wechselndem Wetter und oftmals starken Stürmen mit schlechter Sicht besteht immer das Risiko eines Schiffsunglücks mit erheblichen potenziellen Schäden auch für das Nationalparkgebiet. Im Alltag deutlicher sind allerdings ölverschmutzte Vögel, die verenden weil Kapitäne auf hoher See illegal Öl verklappen. Seine größte Gefährdung erlebte der Park am 25. Oktober 1998 bei der Havarie des Frachtschiffs Pallas vor Amrum, bei der 600 Tonnen Öl in die Nordsee liefen.[35]
Da bewohnte Inseln und Halligen komplett vom Nationalparkgebiet umgeben sind, erfolgt ihre Versorgung und Anbindung zwangsläufig durch dieses hindurch. Neben dem Schiffsverkehr betrifft das auch diverse Leitungen (Energie, Daten, Wasser) sowie zivilen Flugverkehr.[10]
Öl, Windkraft und Sand
Mitten im Nationalpark nahe der Vogelinsel Trischen befindet sich die einzige verbliebene deutsche Offshore-Ölbohrplattform Mittelplate A, die das mit Abstand bedeutendste deutsche Ölfeld ausbeutet. Die Ölförderung aus 2000 bis 3000 Meter Tiefe läuft dort seit 1987, seit 2000 ergänzt durch eine Schrägbohrung vom Festland aus (Friedrichskoog). Wurde das Öl ursprünglich mit Tankern nach Brunsbüttel transportiert, läuft es seit 2005 durch eine unterirdische Pipeline. Offiziellen Stellen zufolge ist die Abschirmung der Insel gut genug, dass sie als „Nullemissionseinheit“ aufgefasst werden kann.[41] Natürlich entwickeln aber auch Beleuchtung, Lärm und die Versorgung der Bohrinsel vom niedersächsischen Cuxhaven aus ein gewisses Störpotenzial für die Umwelt vor Ort.[10]
Die Errichtung weiterer Bohrinseln ist weder nach dem Nationalparkgesetz noch nach dem Trilateralen Wattenmeerabkommen erlaubt. Allerdings befinden sich wahrscheinlich weitere Vorkommen südlich des Feldes bis hin zum Elbstrom sowie auf den Salzstöcken vor Büsum und Oldenswort. Es ist nicht sicher, ob diese vollständig von Stationen außerhalb des Nationalparks erschlossen werden können; sehr unwahrscheinlich ist, dass Mittelplate A ausreicht, um alle Erdölquellen zu erschließen.[43] Die RWE Dea hat fünf weitere Probebohrungen im Nationalpark beantragt. Um die Treffsicherheit zu erhöhen, soll dabei direkt senkrecht gebohrt werden, was aber auch bedeutet, dass dies nicht von Mittelplate A aus möglich ist.[45] Dafür liegt zwar eine Genehmigung der Bergbehörde vor, einem Rechtsgutachten des Schleswig-Holsteinischen Landtags zufolge ist diese allerdings rechtswidrig. Die politische Auseinandersetzung um weitere Ölbohrungen läuft weiterhin.[46]
Während die Windenergie bisher erst in den Landgebieten der angrenzenden Küstenregionen von Bedeutung ist, laufen bereits die Planungen für Offshore-Windparks. Diese sind zwar im Nationalpark verboten, die Anbindung an das Land (Kabel, Versorgung) wird jedoch zwangsläufig durch das Gebiet des Nationalparks führen und dabei zumindest bei der Verlegung der Kabel für Beeinträchtigungen der Natur sorgen.[38]
Während es verboten ist, Rohstoffe für kommerzielle Zwecke aus dem Meer zu entnehmen und etwa an Bauunternehmen zu verkaufen, kommt es doch zu größeren Sand- und Kiesentnahmen zugunsten des Küstenschutzes. Im Schnitt 1,1 Millionen Kubikmeter werden jedes Jahr entnommen, um beispielsweise vor Sylt oder die Halligen Sand zu spülen oder um neue Deichbauten zu verstärken.[41]
Militär
Seit Einrichtung des Nationalparks hat die Bundeswehr ihren Schießplatz auf Sylt ganz aufgegeben, im militärischen Testgebiet im Südteil der Meldorfer Bucht werden weder Bomben noch Napalm wie in früheren Zeiten getestet. Noch in den 1960ern schossen die Rüstungsfirmen an 130 Tagen im Jahr ins Watt und bargen die meisten Projektile wieder mit Hubschraubern. Allerdings führen Privatfirmen im Auftrag der Bundeswehr weiterhin an zwei Tagen im Jahr Rüstungs- und Raketentests durch, die die Organismen im Zielgebiet massiv und direkt sowie das weitere Umfeld - durch die Bergung der Geschosse mit Hubschraubern - beeinträchtigen.[14] Ebenso finden regelmäßig militärische Übungsflüge über dem Nationalparkgelände statt, die für Düsenflugzeuge eine Mindesthöhe von 900 Metern jedoch nicht unterschreiten dürfen.[23]
Weitgehend unklar ist immer noch, wieviel Munition aus dem Zweiten Weltkrieg vor der schleswig-holsteinischen Küste liegt. Diese Munition wurde vielfach undokumentiert nach Kriegsende von der deutschen Marine im Meer versenkt. Obwohl anscheinend der größte Teil im niedersächsischen Wattenmeer ruht, dürften sich bei 400.000 bis 1.300.000 Tonnen Gesamtmenge auch im schleswig-holsteinischen Teil erhebliche Altlasten befinden. Bekannt sind solche an einigen Stellen westlich von Sylt, weitgehend unbekannt an anderen. Die Munition setzt durch Korrosion mittlerweile wahrscheinlich erhebliche Schadstoffmengen frei, bei unsachgemäßer Handhabung beispielsweise durch Fischer oder Touristen kann ein größeres Unglück, auch mit gravierenden Auswirkungen auf die Umwelt, nicht ausgeschlossen werden.[47]
Literatur
- Common Wadden Sea Secretariat (CWSS) (Hrsg.): Nomination of the Dutch-German Wadden Sea as World Heritage Site 2008 als PDF
- Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (Hrsg.): Wattenmeermonitoring 2000 – Schriftenreihe des Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Sonderheft, Tönning 2001
- Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (Hrsg.): SÖM-Bericht 2008 als pdf
- Landesamt für den Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer / Landesamt für den Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer / Umweltbundesamt (Hrsg.): Umweltatlas Wattenmeer. Bd. 1 (Nordfriesisches und Dithmarscher Wattenmeer), Verlag Ulmer, Stuttgart ISBN 3-8001-3492-6
- Ministerium für Landwirtschaft, Umweltschutz und Ländliche Räume des Landes Schleswig-Holstein (MLUL) (Hrsg.): Bericht zur Überprüfung des Biosphärenreservats Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer und Halligen durch die UNESCO. Berichtszeitraum 1990 bis 2005., Juni 2005 als pdf
- Dirk Legler: Die Organisation deutscher Nationalparkverwaltungen. Baden-Baden, Nomos 2006, ISBN 3-8329-1978-3
- Martin Stock et. al.: Salzwiesen an der Westküste von Schleswig-Holstein 1986–2001. Heide Boyens Buchverlag 2005, ISBN 3-8042-0703-0
- Literatur der Nationalparkverwaltung Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer im Katalog der DNB
Filmographie
- Im Nationalpark Wattenmeer. Dokumentarfilm, 45 Min., Deutschland, 1998, von Jens-Uwe Heins und Michael Sutor, Produktion: Komplett-Media-GmbH, Grünwald (ISBN 3-89672-492-4), Kurzbeschreibung der ARD
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ a b c d e f g Legler S. 189–208
- ↑ a b Rudolf Eugen Kelch: „Viel Lärm um nichts oder wie Schleswig-Holstein sein Nationalparkgesetz novelliert“ als pdf
- ↑ a b CWSS S. 19–30
- ↑ MLUL S. 32–34
- ↑ a b CWSS S. 125–131
- ↑ Schutzstation Wattenmeer: Walschutzgebiet
- ↑ Petra Witez: „Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben MTK 0608 (03 KIS 3160): Programme zur langfristigen Erhaltung des Wattenmeers – Prowatt“, Hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Laboe 2002 S. 7–8
- ↑ Petra Witez: „Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben MTK 0608 (03 KIS 3160): Programme zur langfristigen Erhaltung des Wattenmeers – Prowatt“, Hrsg. vom Bundesministerium für Bildung und Forschung Laboe 2002 S. 18–19
- ↑ a b c Stock 2006 S. 8–23
- ↑ a b c d e f g h i j k l MLUL S. 11–31
- ↑ a b c d CWSS S. 89–93
- ↑ Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie: „Seegräser und Grünalgenbestand im Schleswig-holsteinischen Wattenmeer“
- ↑ a b Schutzstation Wattenmeer: „Pflanzen im Watt“
- ↑ a b c d Nationalparkamt Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (Hrsg.): „Jahresbericht 2003/2004 des Nationalparkamtes“, Tönning 2005
- ↑ a b c CWSS S. 94–100
- ↑ a b c Schutzstation Wattenmeer:„Tiere“
- ↑ Manfred Gerstberger:Die Schmetterlingsfauna der Salzstellen Deutschlands, Stand XI/ 2006[1], abgerufen am 11. März 2007
- ↑ Bilanz und Anmerkungen zur Gefährdungssituation von Schmetterlingen in Schleswig-Holstein[2], abgerufen am 25.01.08
- ↑ a b Landesamt 2001 S. 64–67
- ↑ CWSS S. 53
- ↑ Reinhard Schmidt-Moser: „75 Jahre Naturschutzgebiete in Schleswig-Holstein“
- ↑ NABU: „NABU-Schutzgebiet: Wattenmeer nördlich des Hindenburgdamms“
- ↑ a b c d e f g Nationalparkamt Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer (Hrsg.): „Nationalpark Nachrichten – 20 Jahre Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer 1985–2005“, Tönning 2005 als pdf
- ↑ a b c CWSS S. 116–125
- ↑ Horst Sterr: „Nationalparke“
- ↑ a b c d Legler S. 209–212
- ↑ a b c Lars Müller: New Law for the National Park in Schleswig-Holstein. In: Wadden Sea Newsletter 2000–1 S. 20–21 als pdf
- ↑ a b Horst Sterr:„Nationalparkgesetz“
- ↑ a b c d Frank Zabel: „Das Ende der Debatte?“ Boyens Medien/Dithmarscher Landeszeitung
- ↑ Horst Sterr: „Proteste“
- ↑ CWSS S. 115
- ↑ a b NABU Schleswig-Holstein: „Bilanz 2005–2008: Nationalpark schleswig-holsteinisches Wattenmeer“
- ↑ a b Legler S. 181–189
- ↑ a b c d Legler S. 212–221
- ↑ a b c d e f CWSS s.!08–109
- ↑ Wattenmeer-Sekretariat: „The Wadden Sea has been Nominated as World Heritage Site“
- ↑ a b c d e f SÖM-Bericht 2008
- ↑ a b Julia Schmid: Regionalökonomische Wirkungen von Großschutzgebieten. Eine empirische Studie zu den Nationalparken in Deutschland. Schriftenreihe Agraria: Studien zur Agrarökologie, Dr. Kovač, Hamburg 2006, ISSN 0945-4888, S. 94–106
- ↑ a b Bericht der Landesregierung über die Situation und Entwicklung der Fischerei in Nord- und Ostsee sowie die Binnen- und Teichfischerei. Drucksache 15/452 des Schleswig-Holsteinischen Landtags als pdf
- ↑ a b MLUL S. 35–43
- ↑ a b c d e CWSS S. 62–66
- ↑ a b Maarten Ruth: „Die Muschelfischerei in Deutschland seit dem zweiten Weltkrieg“
- ↑ a b CWSS S. 100–107
- ↑ Stock S. 24–30
- ↑ Werner Sturbeck: Unter dem Wattenmeer ruht ein kleiner Schatz. FAZ v. 21. Juli 2008
- ↑ Schutzstation Wattenmeer: Etappensieg gegen Ölförderung, 12.8. 2008
- ↑ Stefan Nehring: „Rüstungsaltlasten in den deutschen Küstengewässern – Handlungsempfehlungen zur erfolgreichen Umsetzung der Europäischen-Wasserrahmenrichtlinie“ in Rostocker Meeresbiologische Beiträge Heft 14, Rostock 2005 S. 109–123 (als pdf)
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54.4563028.646408Koordinaten: 54° 27′ 22,7″ N, 8° 38′ 47,1″ O
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