Schlossscheibenschlagwerk

Schlossscheibenschlagwerk
Schwarzwalduhrwerk mit Schlossscheibe

Das Schlossscheibenschlagwerk ist eine alte Bauart eines Schlagwerkes in einer Räderuhr, welches man vor allem in antiken Tisch- und Wanduhren findet. Bei einem Schlossscheibenschlagwerk ist bauartbedingt keine Repetition möglich.

Zur Steuerung der richtigen Schlaganzahl verwendet man beim Schlossscheibenschlagwerk die sogenannte Schlossscheibe (auch: Schlussscheibe oder Zählrad), die am Rand verschiedene Einkerbungen aufweist. Während das Schlagwerk abläuft und die Uhr schlägt, dreht sich die Schlossscheibe langsam um ihre Achse. Der Sperrhebel (auch: Haltehebel oder Einfallhebel) gleitet an ihrem Rand entlang, bis er auf eine Einkerbung trifft und einrastet. Damit endet der Schlag der Uhr. Die Anzahl der Uhrschläge wird dabei durch den Abstand zwischen den Einkerbungen gesteuert.

Weitere Bauteile sind:

  • Auslösehebel
  • Hebnägelrad oder Zapfenrad
  • Herzscheibe bzw. Sperrrad bzw. Herzrad bzw. Hebedaumen (bei Schwarzwaldwerken) oder erstes Anlaufrad
  • Anlaufrad bzw. Delaisrad oder zweites Anlaufrad
  • Windfang bzw. Schwungrad oder Windfangtrieb

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In manchen Schlossscheibenschlagwerken sind Auslösehebel und Sperrhebel in einem Hebel vereint, der für die unterschiedlichen Funktionen verschiedene definierte Positionen einnehmen kann.

Schlossscheibe für zusätzlichen Halbstunden-Schlag
Steuerung mit Schlossscheibe und Messer und Herzscheibe

Mit der Schlossscheibe wird erreicht, dass das Schlagwerk nach dem Auslösen mehr als einen Schlag machen kann. Sie dreht sich zusammen mit dem Beisatzrad (auf gleicher Welle befestigt) und kann den zweiten Auslösehebel b+d hindern, zusammen mit dem ersten Auslösehebel in die Ruhelage zurückzukehren. Das ist der Fall, wenn das Messer am Arm K auf den Umfang der Schlossscheibe trifft. Dann dreht das erste Anlaufrad weiter. Es erfolgen weitere Schläge (zweiter bis zwölfter), bis das Messer wieder eine Lücke in der weiter gedrehten Schlossscheibe gefunden hat, der zweite Auslösehebel auch in die Ruhelage zurück gefallen ist.

Weil die Schlossscheibe Zeit benötigt, sich soweit zu drehen, dass sich das Messer nicht mehr über einer Lücke befindet, ist die „Herzscheibe“ als eine weitere Einrichtung nötig. Sie dreht sich zusammen mit dem ersten Anlaufrad auf derselben Welle. Am verlängerten Hebel d befindet sich der Stift s, der Kontakt mit der Herzscheibe hat. Der zweite Auslösehebel wird von ihr seit der Warnung bis kurz vor das Ende der ersten Umdrehung des ersten Anlaufrades in Freistellung gehalten. Ab jetzt kann die Schlossscheibe für die Freistellung sorgen, das Messer kann nicht mehr in die zur Ruhelage gehörenden Lücke zurück kehren. Die Distanz zwischen den Lücken entspricht der Zahl der zusätzlichen Schläge (einer bis elf). Die Erhebung zwischen den beiden Lücken vor 1 Uhr und 2 Uhr entfällt (große Lücke), da bei 1 Uhr nur einmal zu schlagen ist. In einem Zyklus von 12 Stunden werden 78 Schläge ausgeführt. Dabei dreht sich die Schlossscheibe ein mal, das erste Anlaufrad 78 mal. Die Schlossscheibe heißt auch Schlussscheibe, denn sie macht mit ihren Lücken Schluss mit einer Schlagfolge.

Ist das Werk zusätzlich für einen Halbstunden-Schlag vorgesehen (zweiter Stift am Minutenrad), werden 90 Schläge pro Zyklus ausgeführt. Die Übersetzung von der Schlossscheibe zum ersten Anlaufrad ist größer. Dieses dreht sich jetzt 90 mal pro Zyklus, während sich die Schlossscheibe wie bisher ein mal dreht. Die zehn normalen Lücken entsprechen je zwei Schlägen (Halbstunden-Schlag und erster Schlag jeder Vollstunde), die große Lücke zwischen 12 Uhr und 2 Uhr entspricht jetzt vier Schlägen (zwei Halbschläge, ein Schlag für 1 Uhr und der erste Schlag von 2 Uhr). Die Schlossscheibe in Abbildung ist für 90 Schläge geformt. Jeder der 90 Punkte kennzeichnet ein Neunzigstel des Umfangs und die Ausführung eines Schlages.

Das Schlossscheibenschlagwerk wird vom Minutenrad des Gehwerks nach jeder Stunde (oder halben Stunde) ausgelöst. Welcher Schlagzahl jeweils erfolgt, hängt nur von der momentanen Lage der Schlossscheibe ab. Die Zuordnung zwischen Gehwerk und Schlagwerk einer Räderuhr kann verloren gehen, zum Beispiel wenn der Antrieb des Schlagwerks abgelaufen ist, das Gehwerk aber weiter läuft.

Das Schlagwerk ist typischerweise vom Gehwerk der Uhr entkoppelt, sodass allein aus dem letzten ausgeführten Schlag geschlossen wird, welcher Schlag als nächstes auszuführen sein wird.

Es gibt unterschiedliche typische Ursachen für den Verlust der Synchronisation:

  • Ablaufen des Schlagwerks und gleichzeitiges Weiterlaufen des Gehwerks
  • Der Schlag kann die Synchronisation verlieren, wenn die Uhrzeiger gegen die normale Bewegungsrichtung verstellt werden. Beispiel: Stellen der Zeiger von 14:05 auf 13:50, so wird ein Schlag ausgelöst, der der Schlag für 14:30 ist. Wird dann nach 10 Minuten 14:00 angezeigt, so ertönt der Schlag für 15:00. Somit ist die Abweichung eine Stunde. (Vorsicht: Uhren können bei Verstellung der Uhrzeit gegen die normale Bewegungsrichtung der Zeiger dauerhaft zerstört werden.)
  • Wird die Uhrzeit so schnell in normaler Bewegungsrichtung verstellt, dass der jeweils ausgelöste Schlag nicht vollständig ausgeführt werden kann, so geht ebenfalls die Synchronisation verloren.

Die Beseitigung dieser Asynchronität ist über manuelle Auslösung von Schlägen an einem dafür vorgesehenen Griffbereich des Auslösehebels des Uhrwerkes oder an einem daran befestigtem Faden möglich.

Es gibt noch eine Reihe weiterer Varianten des Schlossscheiben-Schlagwerkes, zum Beispiel auch Uhren, die keinen Halbstundenschlag haben und deren Schlossscheibe daher in anderer Winkelteilung gefertigt ist.

Angewendet werden Schlossscheibenschlagwerke noch heute für den Viertelstundenschlag von 4/4 Westminster Schlagwerken: Analog wird hier nach dem Spielen von vier Noten jeweils auf der Schlossscheibe per Einfallhebel überprüft, ob die zu spielende Anzahl von Noten bereits erreicht wurde. So werden dann vier Noten zur Viertelstunde, acht Noten zur halben Stunde, zwölf Noten zur Dreiviertelstunde und 16 Noten zur vollen Stunde gespielt. Im Gegensatz zu der ursprünglichen Ausprägungsform des Schlossscheiben-Schlagwerkes haben viele moderne Werke mit 4/4 Westminster Schlag eine automatische Synchronisation.

Beispiele von Winkelteilungen:

  • 4° = 360° / 90 Schläge ( 1+1+2+1+3+1+4+1+5+1+6+1+7+1+8+1+9+1+10+1+11+1+12+1 ) für Schlag zur vollen und halben Stunde mit demselben Schlossscheiben-Schlagwerk
  • 4,62° = 360° / 78 Schläge ( 1+2+3+4+5+6+7+8+9+10+11+12 ) für Schlag nur zur vollen Stunde
  • 36° = 360° / 10 Schläge ( 1+2+3+4 ) für das Viertelstundenschlagwerk zum Beispiel des Wiener Schlages oder des Westminster-Schlages

Diese Beispiele zeigen, wie exakt die Schlossscheibe und ihre Abtastung durch den Einfallhebel auszuführen ist, um tatsächlich die exakte Zahl von Schlägen zuverlässig zu reproduzieren.

Einzelnachweise

  1. René Beguin: Uhren. Rembrandt Verlag, 1979; Originalausgabe: Restauration des Horloges, Montres et Pendules. Office du Livre, 1979
  2. Hermann Brinkmann: Einführung in die Uhrmacherlehre. Wilhelm Knapp Verlag, 1980
  3. Zdeněk Martínek und Jaroslav Řehoř: Mechanisch Uhren. VEB Verlag Technik Berlin, 1980
  4. Emile James: Die Lehre von den Schlagwerken. Verlag Callwey, München 1903; Reprint der Originalausgabe: Verlag Georg D. W. Callwey, München 1988

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