Schlüsselkinder

Schlüsselkinder

Als Schlüsselkind wird ein Kind bezeichnet, das nach Schulschluss regelmäßig ohne Betreuung ist, zum Beispiel weil seine Eltern berufstätig sind. Der heute eher selten verwendete Begriff wurde 1956 vom Münchner Pädagogen und Psychologen Otto Speck geprägt. Das vor allem im westdeutschen Sprachgebrauch negativ besetzte Wort spielt darauf an, dass solche Kinder damals meist einen eigenen Wohnungsschlüssel hatten, der nicht selten offen sichtbar an einer Schnur um den Hals baumelte.

Die fehlende nachschulische Betreuung und Erziehung wurde und wird vielfach als ungünstig für die Entwicklung von Kindern angesehen und für Probleme wie schlechte Schulleistungen und jugendliche Delinquenz verantwortlich gemacht. Dahinter steht die Vorstellung, dass die traditionelle Kernfamilie mit nicht-berufstätiger Mutter die optimale Konstellation darstellt. Diese wird teilweise von feministischer als auch von pädagogischer Seite als reaktionär und zu oberflächlich kritisiert. Sie führen an, dass für die Entwicklung eines Kindes nicht entscheidend ist, ob ein Elternteil unmittelbar nach der Schule zuhause ist, sondern wie intensiv und regelmäßig man sich um das Kind kümmert. Die Anwesenheit eines Elternteils zu Hause impliziert nicht von vornherein eine erzieherische und dem Kind förderliche Betreuung. Als weiteres Gegenargument wird außerdem angeführt, dass Schlüsselkinder nicht selten über eine größere Selbstständigkeit verfügen würden.

In der DDR hatte der Begriff Schlüsselkind auf Grund der nahezu vollständigen Versorgung mit Schulhortplätzen eine neutrale Bedeutung. Im Gegenteil, so war es für viele Kinder ein Statusgewinn im Laufe der vier möglichen Hortjahre Schlüsselkind zu werden und gleich nach der Schule oder früher vom Hort allein nach Hause gehen zu dürfen.

Im Rahmen der PISA-Studie 2000 wurden beim Bildungserfolg 15-jähriger deutscher Schüler keine wesentlichen Unterschiede zwischen Schlüsselkindern und Kindern aus Kernfamilien festgestellt.[1] Die Schlüsselkind-Debatte spielt auch in der Diskussion um Ganztagsschulen eine Rolle.

1996 hatte die deutsche Rapperin Cora E. einen Hit mit dem Lied Schlüsselkind, in dem sie die Problematik popularisierte („Ich wurd’ zum Schlüsselkind / Das sind die Kinder wo die Eltern nicht zuhause sind / Die Mutter nicht am Fenster steht und winkt, denn / Sie ging zum Dienst, Tag für Tag / Es war bestimmt nicht leicht für sie, uns zu erklär'n dass sie uns trotzdem mag.“).

Siehe auch

Quellen

  1. J. Baumert et al. (Hrsg.): Pisa 2000 – Ein differenzierter Blick auf die Länder der Bundesrepublik Deutschland: Zusammenfassung zentraler Befunde. Berlin: Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, 2003. Zitat: "… Familientyp ['Kernfamilie' bzw. alleinerziehende Eltern] und mütterliche Erwerbstätigkeit stehen in keinem durchgängigen Zusammenhang zu den Merkmalen des Bildungserfolgs der 15-Jährigen. Weder die gymnasiale Bildungsbeteiligung noch der Erwerb der Lesekompetenz scheinen davon unmittelbar beeinflusst zu werden."
    Alternativer Link für diese Veröffentlichung: http://www.kmk.org/schul/pisa/PISA3.pdf ab Seite 78.

Literatur / Weblinks


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