Schneidgerät

Schneidgerät
Spreizer in verschiedenen Größen
Rettungsspreizer (li.) und -schere (re.)

Der Hydraulische Rettungssatz ist eine Zusammenstellung von hydraulischen Geräten mit Zubehör, welche durch Aggregate (Motorpumpe bzw. Motorpumpenaggregat) betrieben werden, es gibt aber, z. B. als Notbehelf, auch manuell betriebene Rettungssätze. Hydraulisches Rettungsgerät wird zur Rettung und Bergung von Menschen bei Unfällen auf der Straße oder der Schiene und bei sonstigen Unglücksfällen eingesetzt. Die Feuerwehren, der Katastrophenschutz und das THW sind mit diesen Geräten ausgestattet. Auch militärische Einheiten, die für diese Tätigkeiten herangezogen werden (in Deutschland SE-Einheiten), verwenden hydraulische Rettungssätze.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau des Rettungssatzes

Heckansicht eines Feuerwehrfahrzeuges mit Rettungssatz unten rechts

Ein Rettungssatz besteht entweder aus einem separaten Spreizer und einer Rettungsschere, eventuell ergänzt durch einen oder mehrere Rettungszylinder, oder einem Kombigerät, das die Funktion von Spreizer und Schere in sich vereint. Diesen Vorteil erkauft man sich aber mit einer geringeren Öffnungsweite des Spreizers und einer etwas geringeren Schnittkraft. Der Rettungssatz wird von einem Ölkompressor mit derzeit 620 - 700 bar, bei manchen Modellen aber auch mehr, angetrieben. Da Kompressor und Spreizer/Schere/Zylinder getrennte Geräte sind, sind diese mit dem Kompressor durch Hydraulikschläuche verbunden. Die Schläuche befinden sich oft auf Haspeln und sind komplett angekuppelt, so dass sie sofort eingesetzt werden können. Andernfalls müssen die Schläuche erst vor Ort gekuppelt, was außer der Verzögerung noch die Gefahr birgt, dass die Schlauchkupplungen leicht verunreinigt werden und daher nicht richtig schließen.

Neben den aggregatbetriebenen Geräten gibt es auch Akkugeräte, die in einem Gehäuse Akku, Ölkompressor und Kombispreizer vereinen. Diese Akkugeräte stehen in ihrer Leistungsfähigkeit den herkömmlichen Geräten in nichts nach, sie sind sogar oft noch leichter als diese bei gleicher Leistung. Die einzige Einschränkung besteht darin, dass die Akkus recht schnell verschleißen und ihre Einsatzzeit stark begrenzt ist.

Wirkprinzip

Der hydraulische Rettungssatz entfaltet seine Wirkung durch einen doppelt wirksamen Hydraulikzylinder. Durch ein Ventil kann der Ölstrom durch die Hydraulikpumpe in zwei Richtungen erfolgen, so dass die Geräte sowohl Druck als auch Zug ausüben können. Ob sich die Schere bzw. der Spreizer öffnet oder schließt, sprich in welche Richtung das Öl gepumpt wird, wird durch eine Steuerung am hinteren Griffende geregelt, welche Stellteil genannt wird. Wird das Stellteil losgelassen, so verharrt das hydraulische Rettungsgerät in der momentanen Position. Somit ist ein unbeabsichtigtes Öffnen oder Schließen technisch ausgeschlossen.

Mit hydraulischen Rettungsgeräten kann sehr präzise, funkenfrei und nahezu lautlos gearbeitet werden, was vorteilhaft für eine patientengerechte Rettung ist, weil unnötiger, psychisch belastender Lärm dadurch vermieden wird. Ebenso werden Verletzte durch das erschütterungsfreie Arbeiten, das die Geräte ermöglichen, geschont.

Spreizer

Der Spreizer, auch Rettungsspreizer genannt dient zum Auseinanderspreizen, beispielsweise von verklemmten oder deformierten Autotüren oder zum Wegdrücken von Wrackteilen. Er kann allerdings auch zum Zusammendrücken oder Anheben verschiedener Materialien benutzt werden. Durch die multifunktional gestalteten Spreizerbacken - sie bestehen aus gesenkgeschmiedetem und gehärtetem, scharfkantigem Stahl - ist es auch möglich in kleinste Spalten zu kommen bzw. Blech zu schälen. Mit einem speziellen Kettensatz kann mit dem Spreizer auch gezogen werden, um beispielsweise zum Befreien von Verletzten die Lenksäule eines PKW wegzuziehen. Diese Methode ist jedoch veraltet. Stattdessen kommen heutzutage Rettungszylinder zum Einsatz und der gesamte Motorraum wird nach vorne weggeklappt.

Beispielhafte Leistungsdaten eines Spreizers in der mittleren Leistungsklasse

Öffnungsweite der Spreizerarme
bis ca. 800 mm
Spreizkraft
ca. 450 kN
Zugkraft
ca. 99 kN
Quetschkraft
ca. 120 kN
Hydraulikdruck
350 - 700 bar

Rettungsschere

Rettungsschere

Die Rettungsschere (die korrekte aber kaum verwendete Bezeichnung ist Schneidgerät) dient zum Durchtrennen von Materialien, bei einem Verkehrsunfall beispielsweise zum Abtrennen des Autodaches.

Die immer weiter fortschreitende Verbesserung der passiven Sicherheit im PKW-Bereich bringt durch die in den Fahrzeugen verbauten Materialien und Spezialprofile zusätzliche Probleme für die Feuerwehren mit sich. So sind zum Beispiel die B-Säulen moderner Pkws so stabil gearbeitet, dass Rettungsscheren mit einer max. Schneidkraft von über 1,25 MN im Einsatz sind. Diese starken Rettungsscheren sind wegen ihres hohen Eigengewichts nicht einfach zu handhaben.

Ebenso wird die Arbeit durch den Einbau zusätzlicher Airbags erschwert, da die pyrotechnischen Gasgeneratoren dieser Einrichtungen beim Durchtrennen explodieren können und somit eine große Gefahr für Umstehende und arbeitende Feuerwehrleute darstellen können (siehe hierzu auch AIRBAG-Regel).

Auch sind die Gaszylinder von Kofferraumklappen nicht durchtrennbar: Der Zylinder steht unter hohem Druck und stellt in erhitztem Zustand (z. B. bei brennendem Fahrzeug) eine erhebliche Gefahr dar. Die Kolbenstange ist aus Hartmetall gefertigt und würde beim Zerteilen die Schneiden der Schere funktionsuntüchtig machen. Ist hier ein Zerschneiden unumgänglich, wird ein Trennschleifer eingesetzt, ansonsten wird der Gaszylinder nach dem Zertrümmern der Heckscheibe unter Verwendung eines Schraubenziehers aus seiner Verankerung gelöst.

Rettungszylinder/Hydrozylinder

Rettungszylindersatz

Meistens gehören auch ein oder mehrere hydraulische Rettungszylinder, auch Hydrozylinder genannt, zum Rettungssatz. Der Rettungszylinder wird dazu benutzt, um beispielsweise den vorderen Teil des verunfallten KFZ wegzudrücken. Hierzu wird der Schweller auf Höhe der A-Säule (wobei hier auf pyrotechnische Gurtstraffer, oder Lastkabel bei Hybrid-Fahrzeugen zu achten ist) eingeschnitten und der Rettungszylinder zwischen A-Säule und B-Säule diagonal angesetzt. Diese Geräte können je nach Ausführung Öffnungen von ca. 320 mm auf bis zu 1500 mm vergrößern, in diesem Bereich wirken Kräfte von bis zu 270 kN. Rettungszylinder in Teleskopausführung (siehe Bild) erreichen bei kompakter Abmessung und kleiner Anfangslänge maximale Öffnungsweite. Je nach Ausführung eignen sich Rettungszylinder zum Drücken und Ziehen. Sie werden vor allem dann eingesetzt, wenn die Öffnungsweite des Rettungsspreizers nicht mehr ausreicht. In Verbindung mit einem Schwelleraufsatz, kann der Rettungszylinder optimal und achsengerecht angesetzt werden. Die B-Säule ist dadurch ausreichend geschützt und ein Durchbrechen des Zylinders wird so verhindert.

Schneidgerät für spannungsfreies Schneiden

Zum Rettungssatz kann auch noch eine Schneidgerät für spannungsfreies Schneiden dazugehören. Auf Grund ihrer geringen Abmessungen kann sie Pedale im Fußraum schneiden.

Zubehör

Der hydraulische Rettungssatz wird je nach den Bedürfnissen der einzelnen Rettungs- und Hilfsorganisationen durch diverses Zubehör ergänzt. Dieses umfasst z. B. diverse Anschlaghilfen (Zughaken- und Ketten um eine Lenksäule zu ziehen), Rüstholz bzw. Unterbaumaterial, Gerätschaften zum Glasmanagement (Federkörner, Glasschneider, Folien bzw. Klebeband zum Abkleben von Scheiben), Gurtmesser, Hilfsmittel zum Patientenschutz, Airbagschutz und vieles mehr.

Spreizerkette

Die Spreizerkette ermöglicht es, den Rettungsspreizer zum Zusammenziehen von Gegenständen zu verwenden. Sie besteht aus zwei Hakenketten sowie einem Einhänghaken, der an die Spitze des Spreizers montiert wird. Durch das Schließen des Spreizers kann so Zugkraft auf Gegenstände ausgewirkt werden.

Die Spreizerkette wird beim patientengerechten Retten verwendet, indem die Lenksäule eines Fahrzeugs von einer eingeklemmten Person weggezogen wird und diese somit leichter befreit werden kann. Da hierbei zusätzliche Verletzungsgefahr für das Opfer besteht, ist die Feuerwehr vielerorts dazu übergegangen den gesamten Motorraum mittels Rettungszylinder nach vorne wegzuklappen. Die heute unübliche Methode mit den Spreizerketten wird jedoch stellenweise noch immer angewandt. Insbesondere Feuerwehren, die akkubetriebene Rettungssätze einsetzen, haben keine andere Möglichkeit, weil es keine akkubetriebenen Rettungszylinder gibt.

Einsatzbereiche des Rettungssatzes

Weblinks


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