- Schwefel-Kreislauf
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Mit Schwefelkreislauf bezeichnet man das System der chemischen Umwandlungen von Schwefel und schwefelhaltigen Verbindungen in Lithosphäre, Hydrosphäre, Atmosphäre und Biosphäre sowie den Austausch dieser Stoffe zwischen diesen Geosphären.
Im Folgenden werden die globalen, geochemischen, weitgehend biotischen Umsetzungen des chemischen Elements Schwefel und seiner hauptsächlich vorkommenden chemischen Verbindungen kurz dargestellt.
Vorkommen
Das chemische Element Schwefel kommt in den oberen Schichten der Erde und in Lebewesen vor. Die Erdkruste (feste und lockere Gesteine, die sogenannte Lithosphäre) enthält im Mittel etwa 0,5 g je kg, Gewässer (Hydrosphäre) im Mittel etwa 0,93 g je kg, Lebewesen (Biosphäre) etwa 0,5 bis 2 g je kg. Schwefel gelangt mit vulkanischen Gasen aus der Tiefe an die Erdoberfläche. Schwefel kommt in den genannten Bereichen (Litho-, Hydro- und Biosphäre) hauptsächlich vor als Sulfat (SO42-), Schwefelwasserstoff (H2S) und elementarer Schwefel (S), in Biomasse kommt er in organischen Verbindungen vor (als Sulfhydrylgruppe –SH und in heterozyklischen Verbindungen). Die anorganischen Stoffe Sulfat, Schwefelwasserstoff und elementarer Schwefel sind weitgehend chemisch stabil und unterliegen nur in sehr geringem Maß abiotischen chemischen Umsetzungen. Lebewesen setzen jedoch in erheblichem Umfang Schwefel und Schwefelverbindungen im Zuge ihres Energie- und Baustoffwechsels chemisch-enzymatisch um. Dadurch unterliegt Schwefel einer ständigen biotischen Veränderung in einer Art Kreislauf, dem sogenannten Schwefelkreislauf, der global, geochemisch von erheblicher Bedeutung ist..
Biotischer Schwefelkreislauf
Der biotische Schwefelkreislauf setzt sich aus folgenden Umsetzungen zusammen:
1. Sulfat-Assimilation (PAPS): Einige Bestandteile der Lebewesen enthalten Schwefel, nämlich organische Stoffe mit Sulfhydryl-Gruppen (-SH), wie zum Beispiel die Aminosäuren L-Methionin und L-Cystein, und Schwefel-haltige Heterocyclen, wie beispielsweise Biotin. Für ihren Aufbau wird der Schwefel aus Sulfat (SO42-) assimiliert. Dazu muss das Sulfat durch Bindung an Phosphoadenosinphosphat zu Phosphoadenosinphosphatsulfat (PAPS) aktiviert werden (Unterschied zu 6). Einige wenige Bakterien können elementaren Schwefel aus Schwefelquellen assimilieren.
2. Fäulnis (Desulfurylation): Nach dem Absterben der Lebewesen wird der Schwefel im Zuge des Abbaus der Biomasse (Fäulnis durch organismeneigene Enzyme und durch Mikroorganismen) reduktiv aus den organischen Stoffen als Schwefelwasserstoff (H2S) freigesetzt. Unter anaeroben Bedingungen, wie sie in schlecht durchlüfteten Böden oder in sauerstoffarmen Gewässern herrschen, stellen anaerobe Bakterien wie Escherichia oder Proteus diesen Schwefelwasserstoff (H2S) her, der für die meisten Lebewesen giftig ist.
3. Sulfid-Oxidation:
- a: Schwefelwasserstoff wird von bestimmten chemoautotrophen, aeroben, Sulfid-oxidierenden Bakterien (Farblose Schwefelbakterien zum Beispiel der Gattungen Beggiatoa und Thiovulum) mit Sauerstoff (O2) zu elementarem Schwefel (S)oxidiert. Bei diesen Reaktionen wird Energie frei, die von den Bakterien zur Assimilation von Kohlenstoffdioxid genutzt wird.
- b: Schwefelwasserstoff wird von bestimmten phototrophen (anaeroben) Bakterien (zum Beispiel der Gattungen Chromatium und Chlorobium) unter anoxischen Bedingungen in anoxygener Photosynthese als Reduktionsmittel zur Assimilation von Kohlenstoffdioxid (CO2) genutzt und dabei zu elementarem Schwefel oder Sulfat (Purpurbakterien) oxidiert.
- Beispiel: Grüne Schwefelbakterien
4. Schwefel-Oxidation (Sulfurikation):
- a: Bestimmte Schwefel-oxidierende, aerobe Bakterien (zum Beispiel der Gattungen Thiobacillus und Acidianus) oxidieren elementaren Schwefel mit Sauerstoff (O2) zu Sulfat. Bei dieser Reaktion wird Energie frei, die von den Bakterien genutzt wird (Chemotrophie).
- b: Bei H2S-Mangel können einige der unter 3. genannten Bakterien den von ihnen zunächst als Endprodukt gebildeten Schwefel auch weiter bis zu Sulfat oxidieren (Vorteil: höhere Energieausbeute, Nachteil: Säurebildung).
5. Sulfid-Oxidation zu Sulfat (Sulfurikation): Schwefelwasserstoff wird durch bestimmte aerobe, Sulfid-oxidierende Bakterien (zum Beispiel der Gattungen Thiobacillus und Sulfolobus) mit Sauerstoff (O2) zu Sulfat oxidiert. Bei dieser Reaktion wird Energie frei, die von den Bakterien genutzt wird (Chemotrophie).
6. Desulfurikation (APS): Bestimmte obligat anaerobe Bakterien (sogenannte Desulfurikanten, zum Beispiel die Gattungen Desulfovibrio und Desulfobacter) oxidieren zur Energiegewinnung unter anoxischen Bedingungen molekularen Wasserstoff (H2) oder organische Stoffe mit Sulfat, wobei dieses zu Schwefelwasserstoff (H2S) reduziert wird (Chemotrophie). Dazu muss das Sulfat durch Bindung an Adenosinmonophosphat zu Adenosinphosphatsulfat (APS) aktiviert werden (Unterschied zu 1).
7. Schwefel-Reduktion: Bestimmte fakultativ oder obligat anaerobe Bakterien (zum Beispiel der Gattungen Desulfuromonas und Pyrococcus) oxidieren unter anoxischen Bedingungen zur Energiegewinnung molekularen Wasserstoff (H2) oder organische Stoffe mit elementarem Schwefel, wobei dieser zu Schwefelwasserstoff (H2S) reduziert wird (Chemotrophie).
8. Schwermetall-Sulfid-Bildung: Schwefelwasserstoff bildet in abiotischen Reaktionen mit Schwermetall-Ionen (insbesondere Eisen-(II)-Ionen) Schwermetall-Sulfide, die praktisch wasserunlöslich sind. Diese Umsetzung schützt Lebewesen vor der Giftwirkung des Schwefelwasserstoffs.
9. Schwermetall-Sulfid-Auflösung: Schwermetall-Sulfide werden durch Eisen- und Sulfid-oxidierende Bakterien (zum Beispiel Thiobacillus ferrooxidans und Acidianus) oxidativ angegriffen und unter Oxidation des Sulfids mit Sauerstoff (O2) zu Sulfat aufgelöst, wobei die Schwermetalle als Ionen gelöst werden. Die Bakterien gewinnen aus dieser Umsetzung Energie (Chemotrophie).
10. Vulkanismus: Schwefelwasserstoff gelangt mit vulkanischen Gasen aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche und damit auch in den biotischen Schwefelkreislauf, in die Biosphäre. Auch Schwermetallsulfide können mit hydrothermalen Lösungen aus dem Erdinneren an die Erdoberfläche und damit ebenfalls in biotische Stoffkreisläufe gelangen.
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