Schwule während der Zeit des Nationalsozialismus

Schwule während der Zeit des Nationalsozialismus

Inhaltsverzeichnis

Vorgeschichte und Ideologie der Nationalsozialisten

Bis zur Schließung durch die Nazis war das Eldorado einer der zentralen Schwulen-Treffpunkte

Bis zur so genannten Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1933 war Berlin eine Stadt mit vielen schwulen und lesbischen Kneipen, Nachtklubs und Cabarets. Es gab auch eine Reihe von Travestie-Bars, in denen sich heterosexuelle wie schwule Touristen durch Darbietungen von Frauendarstellern unterhalten ließen. Auch in den anderen großen deutschen Städten wie z. B. Köln und Hamburg gab es eine lebhafte Homosexuellenszene. Seit dem 19. Jahrhundert existierte eine bedeutsame Homosexuellenbewegung. Doch die Fortschritte in der Emanzipation der Freunde, wie sich Schwule damals meist nannten, wurden bald durch den Aufstieg der NSDAP endgültig zunichte gemacht, nachdem bereits in den Jahrzehnten zuvor die juristische Verfolgung homosexueller Männer in Deutschland stark zugenommen hatten.

Die Partei-Ideologen der NSDAP vertraten die Ansicht, dass Homosexualität inkompatibel mit dem Nationalsozialismus sei, weil Lesben und Schwule sich nicht fortpflanzten und somit an der Reproduktion der „Herrenrasse“ nicht teilnahmen.

Ernst Röhm, der mit der SA die NSDAP paramilitärisch aufgerüstet und damit wesentlich zu deren Etablierung als Regierungspartei beigetragen hatte, war mehr oder weniger „offen“ homosexuell und verkehrte bekanntermaßen in Stricher-Kreisen. Ähnlich taten es einige andere hohe Führer seiner Organisation wie zum Beispiel Edmund Heines.

Adolf Hitler, der natürlich davon wusste, schützte seinen Duzfreund so lange, wie dieser ihm nützlich war. Als Ernst Röhm jedoch Reformen forderte, ließ er ihn zusammen mit vielen anderen ehemaligen Parteigenossen nicht nur fallen, sondern in der „Nacht der langen Messer“ vom 30. Juni zum 1. Juli 1934 ermorden. Als ein Vorwand für diese Aktion wurde nun die Homosexualität Röhms und vieler seiner „Mitstreiter“ angeführt, um die tatsächlichen Hintergründe zu verschleiern. So heißt es schon im Prager Tagblatt vom 1. Juli 1934: „Den Putsch sucht Göring psychologisch aus Röhms homosexueller Veranlagung zu erklären. Er habe sich infolge seiner unglücklichen Veranlagung auf ein Gebiet treiben lassen, das für ihn verhängnisvoll werden sollte. Vielleicht habe er sich gerade durch seine Veranlagung dazu verführen lassen, sich mit solchen Männern zu umgeben, die ihm einredeten, er sei der starke Mann Deutschlands.“[1] Im Gefolge gab es die ersten, mit großem propangadistischen Aufwand betriebenen Kampagnen gegen Homosexuelle. Am 1. Januar 1935 schrieb das Pariser Tagblatt: „Von einem bekannten Wissenschaftler gehen uns die nachfolgenden Ausrührungen zu, die sich mit den letzten Vorgängen in Deutschland unter einem besonderen Aspekt beschäftigen. Seit einigen Wochen erhalte ich mündliche und schriftliche Berichte, aus denen hervorgeht, dass unter den homosexuell veranlagten Personen Deutschlands eine schwere Panik ausgebrochen ist. Sie gleicht ungefähr dem panischen Schrecken, der sich der deutschen Juden nach dem 1. April 1934, dem Boykottage, bemächtigte. Diese Angstzustände der Homosexuellen begannen bereits an dem blutigen 30. Juni 1934, […] doch das wahre Entsetzen hat sie erst seit der Nacht vom 8. bis 9. Dezember gepackt, in der viele Hunderte von ihnen in den Wirtschaften, in denen sie sich treffen, von der geheimen Staatspolizei überrascht, gefangen genommen und direkt in Konzentrationslager verbracht wurden, wo man sie mit wüsten Beschimpfungen und Misshandlungen empfing.“[2] Dies alles führte zur am 28. Juni 1935 beschlossenen und am 1. September in Kraft getretenen erheblichen Verschärfung des § 175 des Strafgesetzbuches. Eine Strafbarkeit für Frauen wurde erwogen, aber wieder verworfen.

Verurteilungen nach §§ 175 (inkl. Zoophilie)
Jahr    Verurteilungen  
1932  801
   
1933  957
1934 1069
1935 2363
1936 5801
1937 9244
1938 9536
1939 8963
1940 4200
1941 4426
1942* 3963
1943* 2218
* 1943: 1. Halbjahr verdoppelt
1942 & 1943 ohne Jugendliche
Quellen: „Statistisches Reichsamt“
und Baumann 1968 S. 61
[3]

Die Zahl der Männer, welche wegen homosexueller Vergehen verurteilt wurden, stieg ab 1935 rapide an bis zum Kriegsbeginn 1939. Häufig wurden sie nach Verbüßung der ihnen verhängten Gefängnisstrafe, manchmal aber auch, ohne dass sie gerichtlich verurteilt worden waren, von der Gestapo in Konzentrationslager verschleppt. Sie mussten dort den Rosa Winkel tragen, ein Abzeichen, das sie im Lager als Homosexuelle kennzeichnete.

Verfolgung

Kurz nach der „Säuberung“ von 1934 wurde ein Sonderdezernat der Gestapo gebildet, um Listen von schwulen Einzelpersonen anzulegen. 1936 schuf der Reichsführer-SS Heinrich Himmler die Reichszentrale zur Bekämpfung der Homosexualität und Abtreibung.

Himmler hatte Röhm, der argumentiert hatte, die Vorwürfe der Homosexualität gegen ihn stammten von Juden, zunächst unterstützt. Aber nach der Säuberungsaktion wurde der Status der SS und Himmlers durch Hitler aufgewertet, und er wurde sehr aktiv in der Unterdrückung der Schwulen, die er in einer Geheimrede am 18. Februar 1937 als „anormales Leben“ brandmarkte. Im „Erlass des Führers zur Reinhaltung von SS und Polizei" vom 15. November 1941 ordnete Hitler, ganz im Sinne Himmlers, die Todesstrafe für homosexuelle Betätigung durch Angehörige von SS und Polizei an.[4] Himmler forderte seinerseits in einem Befehl vom 7. März 1942 an die maßgeblichen Einheiten und Ausbildungseinrichtungen, es sei "darauf hinzuweisen, dass alle Angehörigen der SS und Polizei Vorkämpfer im Kampfe um die Ausrottung der Homosexualität im deutschen Volke" sein müssten.

Hitler sah Homosexualität als ein „entartetes“ Verhalten, das die Leistungsfähigkeit des Staates und den männlichen Charakter des deutschen Volkes bedrohe. Schwule Männer wurden als „Volksfeinde“ denunziert. Man beschuldigte sie, die öffentliche Moral zu zerrütten und die Geburtenrate in Deutschland zu gefährden. Hunderttausende schwule Männer wurden durch den NS-Staat erfasst und verfolgt. Man versuchte, deutsche Schwule, die nach Ansicht des Nationalsozialismus ja Teil der „Herrenrasse“ waren, in die sexuelle und soziale Konformität zu zwingen. Schwule, die sich nicht anpassten und ihre sexuelle Orientierung wechselten, sollten in Konzentrationslager geschickt werden, um sie durch Arbeit umzuerziehen oder zu vernichten.

Die nationalsozialistische Verfolgung schwuler Männer vollzog sich primär über die 1935 erfolgte entgrenzende Verschärfung des Paragraphen 175 des Reichsstrafgesetzbuches (RStGB). Im Gegensatz zur preußisch-kaiserlichen Version aus dem 19. Jahrhundert, die nach ständiger Rechtsprechung des Reichsgerichts „beischlafähnliche Handlungen“ für eine Strafbarkeit voraussetzte, reichten nach dem Willen der NS-Gesetzgebung bereits „begehrliche Blicke“ für eine Strafverfolgung. Im „Dritten Reich“ wurden über 100.000 Männer polizeilich erfasst (Rosa Listen), 50.000 Urteile ergingen aufgrund von §§ 175 und 175a RStGB, eine unbekannte Zahl wurde in psychiatrische Anstalten überwiesen. Hunderte schwuler Männer wurden auf gerichtliche Anordnung hin kastriert. Einige, die unter diesen Gesetzen verfolgt wurden, haben sich selbst jedoch nicht als Schwule identifiziert. Solche antihomosexuellen Gesetze waren in der westlichen Welt weit verbreitet, so dass viele Schwule sich bis in die 1970er Jahre, als zahlreiche dieser Gesetze widerrufen wurden, nicht sicher genug fühlen konnten, um ihre Geschichte zu erzählen. Zudem galten die Paragraphen 175 und 175a in der Bundesrepublik Deutschland und in der DDR nach der Befreiung vom Nationalsozialismus fort (unverändert in der BRD bis 1969, mit gewissen Modifikationen in der DDR bis 1957).

Homosexuelle Männer in Konzentrationslagern

Einweisung eines Homosexuellen in das KZ Sachsenhausen zum Strafkommando „Schuhläufer“

Die Schätzungen hinsichtlich der Zahl der schwulen Männer, die während der Zeit des Nationalsozialismus in Konzentrationslagern ihr Leben lassen mussten, variieren erheblich. Die wohl verlässlichsten Zahlen stammen bis heute von Rüdiger Lautmann, der eine Zahl von 10.000 bis 15.000 in Konzentrationslager verschleppte homosexuelle Männer schätzte, von denen etwa 53 % ums Leben kamen. Der Grund für z.T. erheblich darüber hinausgehende Schätzungen liegt u. a. darin, dass nicht ermittelbar ist, wieviele aus anderen Gründen ermordete Menschen homosexuell waren: Juden, Sinti und Roma usw.

Als Beispiel einer gezielten Mordaktion sei an die Ermordung von rund 200 homosexuellen Männern erinnert, die im Zeitraum Juli bis September 1942 im Außenlager Klinkerwerk des KZ Sachsenhausen stattfand [5]. Ziel des NS-Regimes waren indes vorgeblich „Umerziehungsmaßnahmen“, um den Geschlechtstrieb von Schwulen in Richtung einer heterosexuellen Betätigung zu verändern (z. B. zwangsweise Besuche von KZ-Bordellen, wobei das Verhalten der Männer durch SS-Offiziere beobachtet wurde). Dokumentiert sind darüber hinaus – nicht nur aus Konzentrationslagern – zwangsweise, jedoch angeblich „freiwillig beantragte“ Kastrationen[6]. Ebenso wurden zahlreiche medizinische Menschenversuche durchgeführt, um die Ursachen von männlicher Homosexualität zu ergründen (z. B. operative Einpflanzung einer „künstlichen Sexualdrüse“, dies auch nach zuvor durchgeführter Kastration u. v. a. m.) und nach Möglichkeit endgültig zu eliminieren. Zudem wurden Schwule ebenso wie andere Verfolgte für von vorneherein tödlich angelegte „medizinische Experimente“ von KZ-Ärzten herangezogen, z. B. in Hinblick auf die Untersuchung der Übertragung der Erreger von Infektionskrankheiten. Unter anderem unternahm der dänische Arzt Carl Værnet im KZ Buchenwald Versuche, Häftlinge von ihrer Homosexualität zu „heilen“.[7]

Nach 1945

Die Nazi-Gesetzgebung bezüglich § 175 hatte bis 1969 in der BRD bestand, in der DDR kehrte man am 11. Dezember 1957 zur Fassung vor 1935 zurück, nachdem der Paragraph in den Jahren zuvor praktisch kaum angewandt worden war, 1968 wurde der Nachfolgeparagraph in der DDR abgeschafft und im Dezember 1988 in der DDR auch das Mindestschutzalter bei Hetero- und Homosexualität gleichgestellt. Erst 1994 wurde durch Streichung des § 175 aus dem Strafgesetzbuch der BRD Homosexualität zwischen Männern auch im Westen Deutschlands wirklich straffrei. Im Jahr 2002 hat sich der Deutsche Bundestag offiziell bei den homosexuellen Opfern des Nazi-Regimes entschuldigt und mit einer Ergänzung des NS-Aufhebungsgesetzes symbolisch alle Urteile aus der NS-Zeit aufgehoben.

Hugo Walleitner (1909–1982) aus Bad Ischl veröffentlichte 1947 im Selbstverlag das Buch Zebra. Ein Tatsachenbericht aus dem Konzentrationslager mit 32 selbstgezeichneten Abbildungen. Gezwungenermaßen verschwieg er darin jedoch weshalb er verschleppt wurde. Im Buch wird auch Josef K. portraitiert, welcher bis 1945 sechs Jahre im Konzentrationslager überlebt hatte. In einer Serie von Beiträgen in der in Hamburg erscheinenden Schwulenzeitschrift „Humanitas“ veröffentlicht Leo Clasen (Pseudonym: L.D. Classen von Neudegg) 1954/55 als erster seine Erinnerungen an die KZ-Haft in Sachsenhausen[8][9]. Josef K. veröffentlicht im Jahre 1972 unter dem Pseudonym Heinz Heger mit Die Männer mit dem Rosa Winkel erstmals einen Bericht als schwuler Überlebender der NS-Zeit in Buchform. Dies wurde dann auch in mehrere Sprachen übersetzt. Sein Rosa Winkel, der im United States Holocaust Memorial Museum aufbewahrt wird, ist auch einer der letzten erhaltenen.[10] Eine umfassendere historische Aufarbeitung dieser Zeit begann erst ab 1980ern.

Lesben während der Zeit des Nationalsozialismus

Frauen wurden nicht wegen ihrer Homosexualität verfolgt. In Deutschland fielen sie nicht unter den Homosexuellenparagraphen 175, obwohl NS-Juristen dieses immer wieder diskutiert haben. Der geschlechtsneutrale § 129 b des österreichischen Strafrechts behielt allerdings auch während des Anschlusses seine Gültigkeit.[11] Die von Claudia Schoppmann untersuchten Gerichtsurteile gegen Frauen aufgrund dieses Paragraphen blieben jedoch in Zahl und Strafmaß unbedeutend, zumeist wurde nicht einmal die Mindeststrafe des Gesetzestextes verhängt und die Strafe zur Bewährung ausgesetzt.[12] Zu den häufig kolportierten Gerüchten, Lesben seien unter einem Vorwand – beispielsweise als „Asoziale“ – in ein Konzentrationslager eingewiesen worden, finden sich keine Belege.[13][14] Finden sich in den Akten der Konzentrationslager Hinweise auf lesbisches Verhalten, so beziehen sich diese in allen Fällen auf Frauen, deren offizieller Haftgrund für sich genommen den Nazis Verfolgungsgrund genug gewesen ist.

Gedenkstätten

Denkmäler, die an die Verfolgung schwuler Männer erinnern, entstanden zunächst in den Gedenkstätten auf dem Gelände ehemaliger Konzentrationslager. Der erste Gedenkstein aus rosa Granit in der Form eines Winkels mit der Inschrift „Totgeschlagen. Totgeschwiegen. Den homosexuellen Opfern des Nationalsozialismus.“ wurde 1984 im KZ Mauthausen angebracht, von der HOSI Linz gestiftet und seitdem von ihr betreut.

Jahr Name Ort Beschreibung Inschrift / Bemerkung Initiative, Realisierung
1984 Gedenktafel „Rosa Winkel“ KZ Mauthausen
(Oberösterreich)
Dunkelrosa steinerne Gedenktafel in Form eines Winkels mit Inschrift „Totgeschlagen \ Totgeschwiegen \ – \ Den \ homosexuellen Opfern \ des \ Nationalsozialismus \ – \ Die \ homosexuellen \ Initiativen \ Österreichs \ 1984“ HOSI Linz für alle HOSIs
1985 Gedenkstein „Rosa Winkel“ KZ Neuengamme
(Hamburg)
Leicht aus dem Boden ragender dunkelrosa quadratischer Gedenkstein mit eingraviertem Winkel und Inschrift Den \ homosexuellen \ Opfern \ des \ National- \ sozialis- \ mus \ 1985 Unabhängige Homosexuelle Alternative (UHA) Hamburg
1985 Gedenktafel „Rosa Winkel“ KZ Dachau
(Bayern)
Steinerne Gedenktafel in Form eines Winkels mit Inschrift „Totgeschlagen \ Totgeschwiegen \ – \ Den \ homosexuellen Opfern \ des \ Nationalsozialismus \ – \ Die \ homosexuellen \ Initiativen \ Münchens \ 1985“
Nach Verweigerung des „Comité International de Dachau“ (Zusammenschluss ehemaliger Häftlinge) wurde er 1987 provisorisch im freien Bereich der Evangelischen Versöhnungskirche auf dem KZ-Gelände aufgestellt. Erst 1995, zehn Jahre nach der Initiative, wurde er offiziell akzeptiert und im Gedenkraum der KZ-Gedenkstätte installiert.
Verein für sexuelle Gleichberechtigung (VSG) und HuK München
1987 Homomonument Amsterdam,
Westermarkt
Drei große Winkel aus Granit zu einem gemeinsamen Winkel arrangiert, einer davon mit Inschrift; Entwurf: Karin Daan „Naar vriendschap zulk een mateloos verlangen“
(Nach Freundschaft ein so maßloses Verlangen)
Stiftungskomitee, realisiert durch private Spendenaktionen und durch Spenden verschiedener Stadtteilgruppen, Bürgermeister, der Regionalverwaltung und Ministerien
1989 Gedenktafel „Rosa Winkel“ Berlin,
Nollendorfplatz
Steinerne Gedenktafel in Form eines Winkels mit Inschrift und Zusatztafel aus Metall „Totgeschlagen \ Totgeschwiegen \ Den \ homosexuellen Opfern \ des \ Nationalsozialismus“ Allgemeine Homosexuelle Arbeitsgemeinschaft (AHA) und HuK Berlin
1990 Gedenkstein „Rosa Winkel“ Bologna,
Park an der
Piazza di Porta Saragozza
Eben im Boden eingelassener Gedenkstein in Form eines Winkels mit Inschrift „Alle vittime omosessuali del \ razzismo nazifascista \ 25 Aprile 1990 \ 45. Anniversario \ della \ liberazione“
(Den homosexuellen Opfern des nazi-faschistischen Rassismus, 25. April 1990, 45. Jahrestag der Befreiung)
ArciGay
1992 Gedenktafel KZ Sachsenhausen
(Brandenburg)
Gedenktafel aus schwarzem Metall mit durchbrochener Inschrift „Totgeschlagen \ Totgeschwiegen \ Den \ homosexuellen \ Opfern \ des \ Nationalsozialismus“ DDR-Schwulengruppen, u. a. Berliner Gesprächskreis Homosexualität der Advent Kirchengemeinde, Bundesverband Homosexualität (BVH), HuK Berlin, Schwulenverband Deutschland (SVD)
1993 Metallskulptur Den Haag,
Koninginnengracht /
Dr.-Aletta-Jacobs-Weg
Metallskulptur in Form eines aufsteigenden gewundenen Bandes von blau zu rosa; Entwurf: Theo ten Have Bedeutung: selbstbewusstes homosexuelles Leben; grüner Rasen = Gesellschaft, blaue Basis = Bewusstwerdung, Knoten = Konflikt, aufsteigendes Rosa = Befreiung Stiftungskomitee, realisiert durch Gelder der Regionalverwaltung
1994 Mahnmal Homosexuellenverfolgung
(Frankfurter Engel)
Frankfurt,
Klaus-Mann-Platz
Platzgestaltung und Bronzeskulptur; Entwurf: Rosemarie Trockel „Homosexuelle \ Männer und Frauen \ wurden im \ Nationalsozialismus \ verfolgt und ermordet \ – \ Die Verbrechen \ wurden verleugnet \ die getöteten verschwiegen \ die Überlebenden \ verachtet und verurteilt \ – \ Daran erinnern wir \ in dem Bewusstsein \ dass Männer \ die Männer lieben \ und Frauen \ die Frauen lieben \ immer wieder \ verfolgt \ werden können \ – \ Frankfurt am Main \ Dezember 1994“ Initiative Mahnmal Homosexuellenverfolgung e. V., realisiert durch bundesweite Spenden und Unterstützung der Stadt Frankfurt, der Hessischen Kulturstiftung und der Hannchen-Mehrzweck-Stiftung
1995 Granitskulptur „Rosa Winkel
Mahnmal für die schwulen und lesbischen Opfer des Nationalsozialismus in Köln
Gedenkstein für homosexuelle NS-Opfer
Köln,
Rheinufer (Rheingarten)
an der Hohenzollernbrücke
Granitskulptur aus zwei rosa Blöcken zwischen zwei grauen Blöcken, Entwurf: Achim Zinkann „Totgeschlagen \ totgeschwiegen \\ Den schwulen \ und lesbischen \ Opfern des \ National \ sozialismus“ AK Homosexualität der Gewerkschaft ÖTV (jetzt Verdi) Köln, realisiert durch Spenden
(1999) Granitstein mit „Rosa Winkel“ Anchorage (Alaska),
Municipal Cemetry
Schwarzer Grabstein mit Inschrift und an der oberen Kante eingesetzem Rosa Winkel „Your Spirit Lives \ on, in \ Love, Peace and Pride“
(Dein Geist lebt weiter, in Liebe, Frieden und Stolz)
Anchorage Gay Community, realisiert mit Unterstützung von Dan Cook AKA Empress XVIII Cherresse, H.I.M. Peggy Murphy und Emperor VII
2001 Skulptur „Rosa Winkel“ Sydney,
Green Park in Darlinghurt
Beleuchtete Glas-/Metallskulptur, Idee: Kitty Fischer „We remember you have suffered or died at the hands of others. Women who have loved women, men who have loved men, and all of those who have refused the roles others have expected us to play. Nothing shall purge your deaths from our memories.“
(Wir gedenken eurer, die gelitten haben oder gestorben sind durch die Hände anderer. Frauen, die Frauen geliebt haben, Männer, die Männer geliebt haben, und alle jene, die die Rollen abgelehnt haben, die andere von uns erwartet haben zu spielen. Nichts wird euren Tod in unseren Erinnerungen auslöschen.)
Gay-Aktivisten-Gruppe, realisiert durch Spenden
2003 Pink Triangle Park and Memorial San Francisco Skulptur aus 15 weißen Granit-Pylonen, die je einen Rosa Winkel tragen und zu einem großen Winkel auf einem Hügel arrangiert sind, der auf die Harvey Milk Plaza weist; Entwurf: Robert Bruce und Susan Martin Eureka Valley Promotion Association (Nachbarschaftsvereinigung des Castro-, Upper Market- und Duboce-Viertels) mit Unterstützung des Department of Public Works und der San Francisco Arts Commission
2005 Gedenktafel mit „Rosa Winkel“ KZ San Saba
(Triest)
Schwarze Granittafel mit Inschrift und aufgesetztem Rosa Winkel „Contro tutte le discriminazioni \ Il Circolo Arcobaleno AcriGay AcriLesbia di Trieste \ Ricorda le vittime omosessuali del nazifascismo \ 27 Genniao 2005“
(Gegen alle Diskriminierungen. Der Kreis Regenbogen, ArciGay, ArciLesbica Triest in Erinnerung an die homosexuellen Opfer des Nazi-Faschismus, 27. Januar 2005)
Il Circolo Arcobaleno, ArciGay & ArciLesbica Triest
(2005) Monolith mit „Rosa Winkel“ Montevideo (Uruguay),
Plaza de la Diversidad Sexual
Monolith mit „Rosa Winkel“ aus Marmor und mit Inschrift „Honrar la diversidad \ es honrar la vida \ – \ Montevideo por el respeto \ a todo género, identidad \ y orientación sexual \ – \ Ano 2005“
(Die Vielfalt ehren, heißt das Leben ehren. Montevideo für den Respekt gegenüber allen Gendern, Identitäten und sexuellen Orientierungen, im Jahr 2005)
Schwule, lesbische und transgender Gruppen Uruguays
2006 Gedenkstein mit „Rosa Winkel“ KZ Buchenwald
(Thüringen)
Leicht aus dem Boden schauender weißer Gedenkstein mit Inschrift und aufgesetztem Rosa Winkel „Im Gedenken an die homosexuellen Männer, \ die hier gelitten haben. \ – \ Von 1937–1945 waren im Konzentrationslager Buchenwald \ 650 Rosa-Winkel-Häftline inhaftiert. \ Viele von ihnen kamen ums Leben.“
Darunter das Gleiche nochmals auf Englisch.
Evangelische Kirche in Mitteldeutschland
2008 Denkmal für die im Nationalsozialismus verfolgten Homosexuellen Berlin,
Großer Tiergarten
Denkmal aus grauem Betonquader mit integriertem Videoclip; Entwurf: Michael Elmgreen und Ingar Dragset Informationstafel mit ausführlichem Text. Initiative „Der homosexuellen NS-Opfer gedenken“ und Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD), realisiert mit Mitteln des Bundeskulturstaatsministers.

In Wien wurde das Mahnmal Morzinplatz (ehemaliger Standort der Gestapo-Leitstelle) 1999 um einen aufgesetzten Holzbalken mit einem rosa und einem schwarzen Winkel kurzzeitig provisorisch erweitert. Ein eigenes Mahnmal für Queere-NS-Opfer hätte 2007 eröffnet werden sollen[15], jedoch muss der Entwurf aufgrund technischer Probleme überarbeitet werden[16]. Am 1. Mai 2008 verkündete der Bürgermeister von Tel Aviv, dass er sich für ein Denkmal im Gan-Meir-Park einsetzen werde.[17]

Auf Betreiben der Initiative MDH wurde 2008 in Toulouse eine Straße nach Pierre Seel benannt. Das Straßenschild wurde am 23. Februar 2008 eingeweiht.[18] In Wien wurde 2008 ein Platz nach Heinz Heger benannt.[19]

Inzwischen gibt es auch einige Stolpersteine, die an homosexuelle KZ-Opfer erinnern.

Literatur

  • Günter Grau (Hrsg.): Homosexualität in der NS-Zeit. Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung. Fischer-TB, Frankfurt am Main 1993 (2. überarbeitete Auflage 2004). ISBN 3-596-11254-0
  • Burkhard Jellonnek (Hrsg.), Rüdiger Lautmann (Hrsg.): Nationalsozialistischer Terror gegen Homosexuelle. Verdrängt und ungesühnt. Paderborn 2002. ISBN 3-506-74204-3
  • Joachim Müller, Andreas Sternweiler, Schwules Museum Berlin (Hrsg.): Homosexuelle Männer im KZ Sachsenhausen. Berlin 2000. ISBN 3-86149-097-8
  • Andreas Pretzel, Gabriele Roßbach; Kulturring in Berlin e. V. (Hrsg.): „Wegen der zu erwartenden hohen Strafe“. Homosexuellenverfolgung in Berlin 1933 – 1945. Berlin 2000. ISBN 3-86149-095-1
  • KZ-Gedenkstätte Neuengamme (Hrsg.): Verfolgung Homosexueller im Nationalsozialismus – Beiträge zur Geschichte der nationalsozialistischen Verfolgung in Norddeutschland. Edition Temmen, Bremen 1999, ISBN 3-86108-738-3
  • Homosexuelle in Konzentrationslagern – Vorträge, wissenschaftliche Tagung 12./13. September 1997. Bearb.: Dr. Olaf Mußmann, Westkreuz-Verlag, Bad Münstereifel 2000, ISBN 3-929592-51-7
  • Burkhard Jellonnek: Homosexuelle unter dem Hakenkreuz. Die Verfolgung von Homosexuellen im Dritten Reich. Paderborn 1990. ISBN 3-506-77482-4
  • Hans-Georg Stümke, Rudi Finkler: Rosa Winkel, Rosa Listen – Homosexuelle und „Gesundes Volksempfinden“ von Auschwitz bis heute. Rowohlt, Hamburg 1981, ISBN 3-499-14827-7
  • Rüdiger Lautmann: Seminar Gesellschaft und Homosexualität (hier insbesondere 8. Kapitel). Suhrkamp, Frankfurt am Main 1977 (2. Auflage 1984). ISBN 3-518-27800-2
  • Rüdiger Lautmann: Categorization in Concentration Camps as a Collective Fate: A Comparison of Homosexuals, Jehovah’s Witnesses and Political Prisoners, in: Journal of Homosexualtity, Vol. 19, No. 1, 1990, S. 67–88
  • Wolfram Setz (Hrsg.): Homosexualität in der DDR. Männerschwarm Verlag Hamburg 2006 (Bibliothek rosa Winkel: Band 42). ISBN 978-3-935596-42-8
  • Bernhard Rosenkranz: Hamburg auf anderen Wegen – Die Geschichte des schwulen Lebens in der Hansestadt. Hamburg 2005. ISBN 3-925495-30-4

Lebenswege / Erinnerungsliteratur:

  • Gad Beck; Frank Heibert (Hrsg.): Und Gad ging zu David. Die Erinnerungen des Gad Beck. Berlin 1995. ISBN 3-423-20065-0
  • Pierre Seel, Jean Le Bitoux, Miriam Magall (Übers.): Ich, Pierre Seel, deportiert und vergessen. Ein Bericht. Jackwerth, Köln 1996. ISBN 3-932117-20-4
  • Andreas Sternweiler: Und alles wegen der Jungs: Pfadfinderführer und KZ-Häftling Heinz Dörmer. Rosa Winkel, Berlin 1994. ISBN 3-86149-030-7
  • Heinz Heger: Die Männer mit dem rosa Winkel. Hamburg, 1972

Fußnoten

  1. o.A.: Haupt und Leben in: Prager Tageblatt 1. Juli 1934, S. 2
  2. „Expertus“: Die „Ausrottung“ der Homosexuellen im Dritten Reich, in: Pariser Tageblatt 1. Januar 1935, S. 1–2, Zitert nach dem Corpus des Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache des 20. Jahrhunderts
  3. „Statistisches Reichsamt“
    Jürgen Baumann: Paragraph 175, Luchterhand, Darmstadt 1968
    Zusammengefasst in: Hans-Georg Stümke, Rudi Finkler: Rosa Winkel, rosa Listen, Rowohlt TB-V., Juli 1985, ISBN 3-499-14827-7 S. 262
  4. Erlass des Führers über die Reinhaltung der SS und Polizei (15.11.1941).
  5. www.rosa-winkel.de
  6. siehe zum Beispiel die ständige Ausstellung zum Krankenrevier in der Gedenkstätte Sachsenhausen
  7. http://www.lambdanachrichten.at/ln200404/vaernet.html
  8. Eberhard Zastrau: Funktionshäftlinge mir dem rosa Winkel im Krankenrevier des ehemaligen KZ Sachsenhausen, 22. April 2007
  9. Nachdruck der Artikel Clasens im Verlag rosa Winkel: Klappentexte Nr. 4 „Sterben“, Berlin 1984
  10. Andreas Brunner, Ines Rieder, Nadja Schefzig, Hannes Sulzenbacher, Niko Wahl: geheimsache:leben – Schwule und Lesben im Wien des 20. Jahrhunderts, Löcker Verlag, Wien 2005, ISBN 3-85409-435-3, S. 166 f.
  11. Günter Grau (Hrsg.): Homosexualität in der NS-Zeit. Dokumente einer Diskriminierung und Verfolgung. Fischer-TB, Frankfurt am Main 1993. ISBN 3-596-11254-0
  12. Claudia Schoppmann: Verbotene Verhältnisse. Frauenliebe 1938–1945. Querverlag, Berlin 1999. ISBN 3-89656-038-7
  13. Claudia Schoppmann: Nationalsozialistische Sexualpolitik und weibliche Homosexualität. (Dissertation, FU Berlin, 1990.) Centaurus, Pfaffenweiler 1991 (überarbeitete 2. Auflage 1997). ISBN 3-89085-538-5
  14. Christa Schikorra: Kontinuitäten der Ausgrenzung. „Asoziale“ Häftlinge im Frauen-Konzentrationslager Ravensbrück. (Dissertation, TU Berlin, 2000.) Metropol, Berlin 2001. ISBN 3-932482-60-3
  15. „Mahnmal für homosexuelle NS-Opfer in Wien“, Artikel der österreichischen Tageszeitung „Der Standard“, 15. Mai 2006
  16. Mahnmal für homosexuelle NS-Opfer scheitert an „alltagstauglicher“ Farbe, Der Standard, 10. März 2008
  17. Israel: erstes Homomonument in Tel Aviv geplant, ondamaris.de, 2. Mai 2008
  18. Gegen das Vergessen - Pierre Seel (akt.3), ondamaris.de, 25. November 2007, Version: 25. Februar 2008
  19. SPÖ und Grüne: Gemeinsames Zeichen der Erinnerung am Zimmermannplatz im Alsergrund, 17. März 2008

Weblinks


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