- Securenta
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Göttinger Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co. KGaA Unternehmensform GmbH & Co. KGaA Gründung 25. Juli 1986 [1] Unternehmenssitz Berlin Unternehmensleitung Mitarbeiter 819 in der gesamten Gruppe (2000) [4] Branche Kapitalanlagegesellschaft Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG Unternehmensform Aktiengesellschaft Gründung 1986 [5] Unternehmenssitz {{{Sitz}}} Unternehmensleitung Insolvenzverwalter Rolf Rattunde;
Dr. Jürgen Rinnewitz, Mariana Götz (Vorstand) [7]Mitarbeiter 37 (2004) [8] Umsatz 7,296 Mio. Euro (2004) [8] Bilanzsumme 338,7 Mio. Euro (2004) [8] Branche Kapitalanlagegesellschaft Die Göttinger Gruppe Vermögens- und Finanzholding GmbH & Co. KGaA und ihre Hauptgesellschaft Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG gehörten zu den größten Kapitalanlagegesellschaften die auf dem Grauen Kapitalmarkt in Deutschland tätig waren. Beide sind insolvent. „Kapital in Höhe von einer Milliarde Euro ist verschwunden. Über 250.000 Anleger sind geschädigt und um ihre Altersvorsorge gebracht worden.“[9]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Ursprung des Unternehmens liegt in der Securenta AG, welche 1986[5] von Prof. Dr. Horst S. Werner und Dipl.-Kfm Erwin Zacharias gegründet wurde. 1987 erfolgte der Start des Vertriebskonzepts für das Anlagemodell „atypisch stille Beteiligung“, das später als Persönlicher Sachwert-Plan (PSP) und ab 1994 als Pensions-Spar-Plan verkauft wurde. Die Göttinger Gruppe hatte in den vergangenen Jahren sogenannte atypische stille Beteiligungen als Altersvorsorge angeboten. Bei dieser Art der Beteiligung sind Anleger nicht nur am Gewinn beteiligt, sondern haften auch für Risiken des Unternehmens. Dipl.-Kfm Erwin Zacharias erfand vor gut 20 Jahren die „SecuRente“ (früher „Persönlicher-Sachwert-Plan“), ein Steuersparmodell für den kleinen Mann, das sich in den neunziger Jahren zum Verkaufsschlager entwickelte. 1990 erwarb die Gruppe die SFR-Bank, welche zwei Jahre darauf in Securenta Bank AG umfirmierte. 1992 wurden das Unternehmen sowie die dazugehörigen Tochterunternehmen in Göttinger Gruppe umbenannt. In diesem Jahr hatte das Unternehmen nach eigenen Angaben ein Eigenkapital von über 100 Mio. DM sowie einen Umsatz in gleicher Höhe. Ebenfalls 1992 wurde der Nachrichtensprecher Werner Veigel als Repräsentant gewonnen. Ein Jahr darauf stieg das Unternehmen in das Versicherungsgeschäft ein und die Gutingia Lebensversicherung AG wurde gegründet. 1994 erfolgten die Gründungen der Göttinger Beteiligungs-AG und der Göttinger Immobilien Beteiligungs-AG. Zum 31. Dezember 2000 wurde der Vertrieb der Securente eingestellt,[10] wegen Laufzeiten von bis zu 40 Jahren zahlten Anleger in die Verträge weiter ein.[11] Am 31. Oktober 2006 wurde die Gutingia Lebensversicherung AG durch den Fortis-Konzern übernommen. Anfang Juni 2007 verlegte sie ihren Sitz von Göttingen nach Berlin,[12] und bot ihre Göttinger Liegenschaft zum Verkauf an.[13]
Staatsanwaltschaft
Weil das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen ein betrügerisches Schneeballsystem vermutete, forderte Anfang 2000 deren damaliger Präsident Wolfgang Artopoeus vom damaligen Justizminister von Niedersachsen Dr. Wolf Weber ein Ermittlungsverfahren wegen Kapitalanlagebetrugs, Untreue und Betrugs.[14] Die Schwerpunktstaatsanwaltschaft[15] Braunschweig hat das Verfahren 2002 eingestellt.[16][17] Das Betreiben eines „modifizierten Schneeballsystems“ sei nicht strafbar.[17] Im Übrigen habe die Staatsanwaltschaft „regelmäßig“ die Geschäftszahlen geprüft und Zahlungsfähigkeit festgestellt, und deshalb keine Anklage erhoben.[16] Wegen der Insolvenz und neuer Strafanzeigen ermittelt die Staatsanwaltschaft Braunschweig seit Juni 2007 gegen die fünf Hauptverantwortlichen der Göttinger Gruppe wegen des Verdachts auf Insolvenzverschleppung seit 2004, Betrug und Kapitalanlagebetrug.[16][15]
Der ehemalige Konzernchef Erwin Zacharias war im August 2007 wegen privater Steuerhinterziehung zeitweise in der Justizvollzugsanstalt in Rosdorf inhaftiert.[18][19] Er hatte 1991 bis 1996 fast eine Million DM Steuern auf private Einnahmen aus Immobilienvermietungen und -verkäufen an die Göttinger Gruppe hinterzogen.[19] Deswegen wurde er im Januar 2006 zu 16 Monaten Bewährungsstrafe sowie einer Bewährungsauflage von 400.000 Euro verurteilt.[18][19] Da er nicht zahlte und untertauchte, wurde er am 16. Juli 2007 bei der Ausreise nach Kanada festgenommen.[18][19] Mittlerweile befindet er sich nach einer Teilzahlung der Geldauflage in Höhe von 240.000 Euro, die aus einem Grundstücksverkauf erlöst wurden, wieder auf freiem Fuß, darf Deutschland derzeit jedoch nicht verlassen. Zudem wird ihm zugute gehalten, dass er bei der Staatsanwaltschaft offensichtlich ernsthafte Aussagebereitschaft zur Göttinger Gruppe deutlich gemacht hat.[20]
Rückzahlungen
„Die Finanzlage der SECURENTA AG war im Geschäftsjahr 2004 und auch in 2005 angespannt. [...] Vorübergehende Zahlungsstockungen lagen vor.“[8]
Zum 1. Januar 1998 verschärfte der Gesetzgeber das Kreditwesengesetz mit dem Ziel der „Bekämpfung des grauen Kapitelmarkts“.[21][22] Daraufhin verpflichtete sich die Göttinger Gruppe gegenüber dem Bundesaufsichtsamt für Kreditwesen in einem Prozessvergleich, das Auseinandersetzungsguthaben den Anlegern in einer Summe auszuzahlen, und nicht wie vertraglich vereinbart in monatlichen Renten mit 7%iger Verzinsung des Restguthabens.[23]
Deshalb entschied der Bundesgerichtshof im Jahr 2005, dass alle SecuRente-Anleger ihren Vertrag sofort kündigen können, und ihnen bei nachgewiesener Falschberatung vor Vertragsschluss und bei allen nach dem 1. Januar 1998 geschlossenen Verträgen alle eingezahlten Gelder als Schadenersatz zustehen.[24] Dies brachte das Unternehmen in den folgenden Jahren in erhebliche Zahlungsschwierigkeiten.
Im Oktober 2006 berichtete Finanztest von Zahlungsschwierigkeiten der Securenta: Wegen Pfändungen über 4,6 Millionen Euro kündigte die Volksbank das Geschäftskonto, Zahlungen wurden erst kurz vor Abgabe der eidesstattlichen Versicherung geleistet.[25] Nachdem der Gerichtsvollzieher die Rückzahlungsansprüche von Anlegern mehrmals nicht vollstrecken konnte, erließ das Amtsgericht Göttingen in 170 bis 200 Fällen Haftbefehl gegen „eine Hand voll Verantwortlicher“, um die Zahlung oder Angaben über die Vermögensverhältnisse (eidesstattliche Versicherung) zu erzwingen.[26][27]
„Rund 90 000 Geschädigte der Göttinger Gruppe Finanzholding müssen mit dem Totalverlust ihrer Einlagen rechnen.“[28][29]
Über 1700 Anleger verklagen sämtliche früheren Vorstandsmitglieder auf Durchgriffshaftung.[15] Der Bundesgerichtshof hatte am 3. Dezember 2007 entschieden, dass sie wegen fehlerhafter Prospekte persönlich haftbar gemacht werden können.[30] Nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung wurden die ersten 6 Klagen von geprellten Anlegern am Landgericht Göttingen abgewiesen.[31]
Insolvenzverfahren
Das Insolvenzverfahren der Securenta AG hat am 14. Juni 2007 das Amtsgericht Göttingen eröffnet.[12][7] Antragsteller war ein Bonner Anleger, dem das Unternehmen die 2006 in einem Vergleich zugesagten 17.000 Euro nicht gezahlt hatte.[32] Da er sein Geld erhielt, obwohl bereits ein vorläufiger Insolvenzverwalter für die Securenta AG eingesetzt worden war, ermittelt die Braunschweiger Staatsanwaltschaft.[14]
Wegen der Verlegung des Unternehmenssitzes von Göttingen nach Berlin und Insolvenzantrag des Unternehmens in Berlin halten sich für das Insolvenzverfahren sowohl das Amtsgericht Göttingen als auch das Amtsgericht Berlin-Charlottenburg für zuständig.[12][7][33] Für die Göttinger Gruppe wurde nur in Berlin Insolvenz beantragt.[2] Der Insolvensverwalter hat dies folgendermaßen kommentiert: "Die Tatsache, dass die Verantwortlichen der Gesellschaft dann in Berlin selbst einen Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens stellten, zeigt, dass sie um die Insolvenzreife ihres Unternehmens wussten, allerdings, wenn möglich, ohne viel Aufsehen das schuldnerische Unternehmen „auf dem Friedhof der Kuscheltiere“ in Berlin-Charlottenburg beerdigen lassen wollten."[34]
Verbraucherzentralen [35][36] und das Deutsche Institut für Anlegerschutz[37] rufen Anleger dazu auf, Zahlungen einzustellen, und warnen davor, Interessengemeinschaften kostenpflichtig zu beauftragen. „Die ARGE Securenta AG hat fast sämtliche Securenta-Geschädigten im Mandantenauftrag schriftlich zu einer Informationsveranstaltung nach Bremen eingeladen. Die Anschriften waren im Handelsregister Göttingen öffentlich zugänglich (BDSG).“[38]
Die zu verantwortenden Verluste der Anleger gehen nach Medienberichten[39] in die Milliarden. Etwa 1,5 Milliarden Euro wurden von den Anlegern bei verschiedenen Gesellschaften der Gruppe eingezahlt; das gesamte Zeichnungsvolumen dürfte jedoch 10 Milliarden Euro übersteigen.
Verweise
Weblinks
- Insolvenzverwaltung Göttinger Gruppe und Securenta AG
- ehemalige Insolvenzverwaltung der Securenta AG
- BGH befasst sich mit Securenta-Klagen – Oberlandesgerichte sprechen Anlegern Schadensersatz zu
- Informationen der Stiftung Warentest
- Handlungsleitfaden von Börse-Online für geprellte Anleger der Securenta und der Göttinger Gruppe Holding
Fußnoten
- ↑ Amtsgericht Göttingen, Handelsregister Abteilung B (HRB) 2103
- ↑ a b Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzbekanntmachungen Göttinger Gruppe
- ↑ unternehmensregister.de Amtsgericht Göttingen, Handelsregister Abteilung B (HRB) 2103, Veröffentlichung vom 13.07.2007
- ↑ welt.de; Ein Mann im Kampf gegen das schlechte Image, 8. August 2000
- ↑ a b archive.org 8. November 2001: Jahresabschluss und Lagebericht der Securenta AG 1999, S. 22
- ↑ Zuständigkeitserschleichung/Nichtabhilfebeschluss Beschlüsse des Amtsgerichts Göttingen vom 7., 11. und 14. Juni 2007 sowie 30. Januar 2008 (74 IN 222/07), des Amtsgerichts Berlin-Charlottenburg vom 9. August 2007 (36s IN 2619/07), und des Landgerichts Berlin vom 14. September 2007 (86 T 424/07); alle nicht rechtskräftig.
- ↑ a b c Amtsgericht Göttingen Insolvenzbekanntmachungen Securenta
- ↑ a b c d archive.org Geschäftsbericht 2004
- ↑ test.de Pressemeldung des Insolvenzverwalters Rattunde vom 17.08.2007
- ↑ archive.org 8. November 2001: Jahresabschluss und Lagebericht der Securenta AG 1999, S. 20
- ↑ sueddeutsche.de 8. Juni 2007 Katastrophe für mehr als 100.000 Sparer
- ↑ a b c handelsblatt.com 16. Juni 2007 Insolvenzverfahren gegen Securenta eröffnet
- ↑ n-tv.de; 170 Haftbefehle gegen Manager Göttinger Gruppe in Not, 1. Juni 2007.
- ↑ a b Göttinger Tageblatt, 16. Juni 2007, S. 14
- ↑ a b c Jürgen Gückel: „Neue Welle von Securenta-Klagen überschwemmt Landgericht“. In: Göttinger Tageblatt, 9. Februar 2008, S. 9.
- ↑ a b c daserste.de ARD, [plusminus, 5. Juni 2007: Stellungnahme der Staatsanwaltschaft Braunschweig
- ↑ a b ra-hahn-mcl.de 21. Januar 2003 Staatsanwaltschaft Braunschweig stellt Ermittlungen gegen Göttinger Gruppe ein.
- ↑ a b c Zacharias hinter Gitter. Göttinger Tageblatt, 4. August 2007, S. 9
- ↑ a b c d http://www.haz.de/newsroom/wirtschaft/art659,84149 haz.de] Jürgen Gückel: „Erwin Zacharias verhaftet“. In: Hannoversche Allgemeine Zeitung, 59. Jg. Madsack, Hannover 2007. 19./20. Juli 2007.
- ↑ http://www.n-tv.de/840108.html
- ↑ Bundesratsdrucksache 963/96
- ↑ bundesgerichtshof.de Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. März 2005, II ZR 149/03, S. 10-11
- ↑ bundesgerichtshof.de Urteil des Bundesgerichtshofs vom 21. März 2005, II ZR 149/03, S. 4
- ↑ bundesgerichtshof.de Pressemitteilung 51/2005 und Urteile des Bundesgerichtshofs vom 21. März 2005, II ZR 124/03, II ZR 140/03, II ZR 149/03, II ZR 180/03 und II ZR 310/03
- ↑ stiftung-warentest.de 25. August 2006 Göttinger Gruppe offenbar in Schwierigkeiten]
- ↑ hna.de Hessische/Niedersächsische Allgemeine, 14. Juni 2007 Göttinger Gruppe ist pleite
- ↑ stiftung-warentest.de 4. Juni 2007 Haftbefehle gegen Manager
- ↑ test.de Update: 16.08.2007
- ↑ Amtsgericht Berlin-Charlottenburg, Insolvenzbekanntmachung vom 2007-09-07, 36g IN 2621/07
- ↑ bundesgerichtshof.de Urteil des Bundesgerichtshofs vom 3. Dezember 2007, II ZR 21/06
- ↑ Corinna Nohn, Göttinger Gruppe - Erst geprellt, dann abkassiert, Süddeutsche Zeitung vom 22.08.2008
- ↑ handelsblatt.com 8. Juni 2007 Die Göttinger Gruppe gibt auf
- ↑ Amtsgericht Berlin-Charlottenburg Insolvenzbekanntmachungen Securenta
- ↑ Bericht des Insolvenzverwalters der Securenta Göttinger Immobilienanlagen und Vermögensmanagement AG, Göttingen vom 18.03.2008; zitiert nach dem Blog von Rechtsanwalt Hänsch, Dresden.
- ↑ verbraucherzentrale-berlin.de 8. Juni 2007 Göttinger Gruppe nun endgültig am Ende
- ↑ vzsa.info Verbraucherzentrale Sachsen-Anhalt 18. Juni 2007
- ↑ dias-ev.de Deutsches Institut für Anlegerschutz e.V., 8. Juni 2007 Insolvenzverfahren gegen Göttinger Gruppe eingeleitet
- ↑ anwalt-a.de Rechtsanwälte Robert, Kempas, Segelken: ARGE Securenta
- ↑ Die Welt v. 08.06.2007
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