Seegefecht

Seegefecht
Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Das Spiel Seeschlacht findet man unter Schiffe versenken.

Unter einer Seeschlacht versteht man den Kampf größerer Flotten gegeneinander. Den Kampf einzelner Kriegsschiffe oder kleinerer Schiffsverbände bezeichnet man als Seegefecht. Einen Sonderfall stellen amphibische Operationen dar, bei denen Seestreitkräfte eine Landung unterstützen, die sich gegen Landstreitkräfte richtet.

Es gibt eine Reihe bedeutender Seeschlachten, die als entscheidende Wendepunkte in die Weltgeschichte eingegangen sind. Als folgenreiche historische Einschnitte besonders bekannt sind beispielsweise die Seeschlacht von Salamis, die Seeschlacht von Actium, die Seeschlacht von Lepanto, die Seeschlacht von Gravelines, die Seeschlacht von Trafalgar oder die Seeschlacht von Tsushima. Vielfach erwiesen sich bei solchen Ereignissen neue Schiffbau- und Seekriegstechniken oder taktische Neuerungen als die maßgebliche Vorteile, die über Sieg oder Niederlage entschieden.

Aufgrund der modernen Aufklärungs- und Nachrichtentechnik und weit reichender Waffensysteme entspricht das Aufeinandertreffen großer Flottenverbände nicht mehr den heutigen Bedingungen der Kriegführung. Die Voraussetzungen für große Seeschlachten bestehen deshalb nicht mehr.

Vernichtung der spanischen Armada in der Seeschlacht von Gravelines 1588

Inhaltsverzeichnis

Beispiele bedeutender Seeschlachten

Salamis

In der Schlacht von Salamis (23. September 480 v. Chr.) besiegten die Griechen, hier vornehmlich die Athener, unter der Führung des Themistokles die Perser unter Großkönig Xerxes. Das bedeutete das Ende der persischen Expansion nach Westen und die Rettung der griechischen Kultur als Basis der westlichen Zivilisation. Hätten die Perser gesiegt, so hätte der orientalische Einfluss die griechische Kultur möglicherweise verdrängt, was die kulturelle Entwicklung Europas bis heute beeinflusst haben könnte.

Die wichtigste militärische Neuerung war die Technik des Rammens. Durch kluge Taktik lockte Themistokles die Perser so in eine Enge, dass sich ihre Riemen verkeilten und die Schiffe nicht mehr manövrierfähig waren. Dann stießen die griechischen Trieren in die Seiten der persischen Schiffe und versenkten sie durch einen Rammstoß.

Siehe auch: Seekriegstaktik im Altertum

Mylae

In der Schlacht von Mylae im Jahre 260 v. Chr. besiegten die Römer unter Konsul Gaius Duilius die Karthager unter Hannibal Gisko. Mit diesem Sieg wurde das Ende der karthagischen Seeherrschaft im Mittelmeer eingeleitet, Roms Weg zur Weltmacht war frei.

Vor der Schlacht galten die Karthager als die bei weitem überlegenen Seeleute, während Rom eine reine Landmacht war. Die entscheidende Taktik der Römer bestand darin, ihre gut ausgebildeten Soldaten über eine besondere Vorrichtung, den Corvus, die karthagischen Schiffe entern zu lassen und als überlegene Kämpfer deren Seeleute zu bezwingen. Der Corvus war eine Fallbrücke, die man auf das gegnerische Schiff herabstürzen ließ. Mit einem Dorn bohrte sie sich in dessen Deck, und dann konnten die Soldaten über die Brücke stürmen. Bezeichnenderweise gaben die Römer diese Taktik sehr bald auf, nachdem sie ihre Seemacht gefestigt hatten und ihre Flotte die Seetaktik beherrschte.

Actium

Die Schlacht bei Actium am 2. September 31 v. Chr. war eine wichtige Seeschlacht am Ende der Römischen Republik, durch die Octavian, der spätere Kaiser Augustus, endgültig die Vorherrschaft im Römischen Reich erlangte. Er besiegte in dieser Schlacht mit Hilfe von Marcus Agrippa seinen Gegenspieler Marcus Antonius und die ägyptische Königin Kleopatra VII.

Im Kampf spielten die unterschiedlichen Schiffstypen der gegnerischen Flotten eine Rolle. Während Antonius’ Schiffe groß, sehr stark bewaffnet und recht schwerfällig waren, verfügte Octavian über wesentlich kleinere und wendigere Fahrzeuge (Liburnen) und war dem Gegner zahlenmäßig überlegen. Durch taktisches Geschick verhinderte sein Flottenführer Agrippa, dass sich die Stärke des Gegners entfalten konnte, und nutzte die eigenen Vorteile seinerseits optimal aus. Zwar gelang es den Ägyptern, Königin Kleopatra und die Kriegskasse durch ein Fluchtmanöver in Sicherheit zu bringen; Antonius verlor aber den Großteil seiner Flotte durch die von Octavian zuletzt noch eingesetzten Brandpfeile.

Der römische Bürgerkrieg war nach der Schlacht bei Actium weitgehend entschieden, Antonius und Kleopatra mussten sich nach Alexandria zurückziehen. In Anlehnung an die von Octavian und Antonius jeweils besonders verehrten Götter wurde die Schlacht propagandistisch als Sieg Apollons über Dionysos dargestellt: Der Sieg Roms über Ägypten galt als Triumph des Westens über den als dekadent empfundenen Osten. Bis zur Verlegung der Reichshauptstadt Rom nach Osten durch Kaiser Konstantin im Jahre 325 prägten die Nachwirkungen dieser Auseinandersetzung Kultur und Politik der römischen Kaiserzeit, die womöglich deutlich anders verlaufen wäre, wenn sich Antonius und mit ihm die östliche, griechischsprachige Reichshälfte im Bürgerkrieg durchgesetzt hätte.

Lepanto

Schlacht von Lepanto

Die Schlacht von Lepanto war die letzte große Seeschlacht mit geruderten Galeeren. Am 7. Oktober 1571 besiegte die Flotte der Heiligen Liga unter Don Juan de Austria die Flotte des Osmanischen Reichs unter Kilic Ali Pascha. Die Flotte der Heiligen Liga, eines vom Papst initiierten Bündnisses gegen die "Ungläubigen", bestand zum größeren Teil aus spanischen, zum kleineren Teil aus venezianischen Schiffen. Mit dieser Schlacht wurde die seit dem Fall Konstantinopels 1453 als Bedrohung des Abendlandes empfundene türkische Expansion eingedämmt. Die europäischen Staaten konnten im Mittelmeer wieder Fuß fassen. Die Macht Spaniens, des Reiches, in dem die Sonne nie untergeht, erreichte ihren Zenit.

Die wichtigste militärische Neuerung stellten die sechs venezianischen Galeassen dar, die wesentlich zum Sieg beitrugen. Diese Schiffe waren, anders als die geruderten Galeeren, hochbordige Segelschiffe, die an beiden Seiten über eine große Anzahl schwerer Geschütze verfügten. Ihre Feuerkraft war enorm verglichen mit den Galeeren, die nur wenige Geschütze führen konnten. Auch waren die Galeassen kaum zu entern. Umgekehrt gelang es den Spaniern, ihre überlegene Infanterie in den Enterkämpfen erfolgreich zum Einsatz zu bringen, wo sie – ähnlich der römischen Marineinfanterie bei Mylae – wesentlich zum Sieg beitrug.

Gravelines

Nur 17 Jahre nach Lepanto, im Jahre 1588, erlitt die spanische Armada unter Admiral Medina Sidona, die zuvor als mächtigste Seestreitmacht der Welt galt, in der Seeschlacht von Gravelines im Ärmelkanal eine vernichtende Niederlage.

Spanien suchte den Erfolg mit den Mitteln, die in Lepanto noch zum Sieg geführt hatten. Wie Festungen überragten die Galeassen mit ihren Kastellen die viel flacher gebauten britischen Schiffe. Große Geschütze und die im Enterkampf geübte Infanterie sollten den Gegner bezwingen. Die britischen Schiffe waren zwar leichter und niedriger gebaut und waren nur mit leichten Kanonen ausgestattet. Sie segelten jedoch erheblich besser und konnten die Spanier leicht ausmanövrieren. Die britischen Schiffe folgten ihren Kommandeuren Charles Howard, Francis Drake, John Hawkins und Martin Frobisher in jeweils einer Kiellinie und feuerten nacheinander ihre Breitseiten gegen den Feind. Damit war die Idee des Linienschiffs entstanden, das sich durch seine Manövrierfähigkeit und die Feuerkraft seiner Breitseite auszeichnete. Linienschiffe bestimmten bis zur Skagerrakschlacht 1916 den Charakter der großen Seeschlachten.

Mit der Niederlage der spanischen Armada begann der Aufstieg der britischen Seemacht, die sich kurze Zeit später auch endgültig gegen den verbleibenden Konkurrenten, die Niederländer, durchsetzte. Historisch schuf die Seeschlacht von Gravelines also die Voraussetzungen für die Entstehung des Britischen Empires.

Trafalgar

In der Schlacht von Trafalgar besiegte die britische Royal Navy unter Vizeadmiral Horatio Nelson am 21. Oktober 1805 am Kap Trafalgar eine französisch-spanische Armada unter dem französischen Vizeadmiral Pierre Charles de Villeneuve, die aus dem von den Briten blockierten Hafen von Cádiz ausbrechen sollte, um eine Landung in Süditalien zu unterstützen. Einer der Schlüssel zum Erfolg war der von Nelson sorgfältig vorbereitete, neuartige Schlachtplan, der ein konzentriertes Durchstoßen der feindlichen Schlachtordnung schon zu Beginn des Kampfes vorsah. Die Briten eroberten oder zerstörten auf diese Weise die Mehrzahl der französischen Schiffe, darunter die einzigartige Santissima Trinidad, während sie selber kein einziges Kampfschiff verloren. Nelson stützte sich neben dem Überraschungseffekt vor allem auf die zuverlässigere Artillerie seiner Schiffe und die überlegene Nahkampfausbildung seiner Soldaten. Admiral Nelson selbst fiel in der Schlacht durch eine Musketenkugel. Ein verheerender Sturm kurz nach der Schlacht zog viele der schwer beschädigten Kriegsschiffe in Mitleidenschaft und die britischen Prisenbesatzungen mussten einige der 17 erbeuteten Schiffe wieder aufgeben. Der Verlust seiner Flotte vereitelte Napoleons Pläne für eine Invasion der britischen Inseln endgültig und sicherte die englische Vorherrschaft zur See nachhaltig über viele Jahrzehnte. Indirekt trug sie auch zu Napoleons Niederlage auf dem europäischen Festland bei, die sich einige Jahre später abzuzeichnen begann.

Tsushima

Die Seeschlacht bei Tsushima fand vom 27./28. Mai 1905 in der Koreastraße zwischen der japanischen Flotte unter Admiral Tōgō Heihachirō und einem russischen Geschwader unter dem Kommando von Admiral Sinowi Petrowitsch Roschestwenski statt. Sie endete mit einer vernichtenden Niederlage der russischen Flotte und war vorentscheidend für den Ausgang des Russisch-Japanischen Krieges. Sie gilt als erste moderne Seeschlacht der Weltgeschichte. Admiral Togo ließ unter anderem das Manöver Crossing the T durchführen und zerstörte die russischen Führungsschiffe durch geballte Feuerkraft. Die militärstrategische Analyse der Schlacht trug erheblich zur Entwicklung der so genannten Großkampfschiffe (Dreadnoughts) bei und führte dadurch zu einem neuen Wettrüsten der europäischen Mächte zur See, eine Mitursache für den 1. Weltkrieg. In Russland kam es bedingt durch die Niederlage zu inneren Umwälzungen (Russische Revolution 1905), die zur Errichtung der Duma führten und das innenpolitische Terrain für die Russischen Revolution von 1917 vorbereiteten.

Midway

In den weiten Seegebieten des Pazifiks, nördlich der Midwayinseln, trafen in der Zeit vom 2. bis 5. Juni 1942 starke japanische und amerikanische Seestreitkräfte zur Schlacht um Midway aufeinander. Die Schlacht bestand aus einer Folge von Luftangriffen durch Trägerflugzeuge beider Seiten. Die Schiffe der Gegner bekamen einander nie in Sicht und haben nicht aufeinander geschossen. Am Ende hatte die japanische Flotte vier Flugzeugträger verloren, die amerikanische einen. Auf japanischer Seite waren 3.500 Mann gefallen, auf amerikanischer 307. Diese Zahlen erscheinen verglichen mit dem Blutzoll anderer Schlachten gering, jedoch war es vor allem der Verlust gut ausgebildeter japanischer Piloten, der im Verein mit dem Verlust der Träger den weiteren Kriegsverlauf wesentlich bestimmen sollte. Midway leitete die Wende im Pazifikkrieg ein und besiegelte das Schicksal des japanischen Großmachtstrebens, das mit Siegen im russisch-japanischen Krieg 1904/05 und im Ersten Weltkrieg zuvor sehr erfolgreich gewesen war. Für die USA war der Weg frei, sich als die erste Seemacht der Welt zu etablieren, eine Position, die sie nach dem Ende des Kalten Krieges noch weiter ausbauen konnten.

Midway zeigte auch, dass die Zeit der Schlachtschiffe, wie die Linienschiffe seit Anfang des 20. Jahrhunderts genannt wurden, vorbei war. Die japanischen Schlachtschiffe kamen nicht zum Schuss, die USA mussten nach dem Verlust ihrer Schlachtflotte bei Pearl Harbor ohnehin weitgehend ohne Schlachtschiffe auskommen. Ohne Flugzeuge war kein Seekrieg mehr möglich, das Zeitalter der Flugzeugträger hatte begonnen. Dabei dürfen andere technische Neuerungen nicht vergessen werden, die den Verlauf der Seeschlachten des 20. Jahrhunderts beeinflusst haben. Die wichtigsten sind Funktechnik und Radar und die sich aus dieser Technik ergebenden Möglichkeiten der Aufklärung und Führung.

Liste bedeutender Seeschlachten

Antike (500 v. Chr bis 476 n. Chr.)

Mittelalter (476 bis 1492)

Frühe Neuzeit (1492 bis 1789)

  • 1535, 17. Juni. Seeschlacht bei Svendborg, Dänemark, Schweden und Preußen besiegen Lübeck
  • 1560, 9.-14. Mai, Seeschlacht von Djerba, Osmanische Flotte besiegt Heilige Liga
  • 1571, 7. Oktober, Schlacht von Lepanto, Heilige Liga besiegt Osmanen
  • 1588, Vernichtung der spanischen Armada, England besiegt Spanien
  • 1607, 25. April Schlacht bei Gibraltar, Niederlande besiegen Spanien
  • 1639, 16./17. September, Zwei-Tage-Seeschlacht , Niederlande besiegen Spanien
  • 1639, 21. Oktober, Seeschlacht in den Downs, Niederlande besiegen Spanien
  • 1644, 1. Juli, Seeschlacht auf der Kolberger Heide zwischen Schweden und Dänemark
  • 1653, 10. August, Seeschlacht vor Scheveningen, England besiegt Niederländer
  • 1662, 21. August, Seeschlacht vor Texel, Niederlande besiegen England
  • 1665, 13. Juni, Seeschlacht bei Lowestoft, England besiegen Niederlande
  • 1666, 11.-14. Juni, Viertageschlacht zwischen Themsemündung und der Küste von Flandern, Niederlande besiegt England
  • 1666, 25. Juli, St James's Day Fight, England besiegt Niederlande
  • 1672, 7. Juni, Schlacht in der Solebay, Niederlande besiegen England
  • 1676, 21. April, Seeschlacht vor Palermo, Niederlande besiegt Frankreich
  • 1676, 25. Mai, Seegefecht vor Jasmund zwischen Dänemark und Schweden
  • 1702, 12. Oktober, Seeschlacht von Vigo (auch Seeschlacht von Rande), englisch-holländische Flotte besiegt spanisch-französische Flotte
  • 1714, 27. Juli, Seeschlacht von Hanko (auch: Schlacht von Gangut), Russland besiegt Schweden
  • 1756, 20. Mai, Schlacht von Minorca, zwischen Großbritannien und Frankreich
  • 1759, 18. August Seeschlacht bei Lagos, Großbritannien besiegt Frankreich
  • 1759, 20. November Seeschlacht von Quiberon, Großbritannien besiegt Frankreich
  • 1760, 8. Juli, Gefecht auf dem Restigouche-Fluss, Großbritannien besiegt Frankreich
  • 1778, 27. Juli, Seeschlacht vor Ouessant, zwischen Großbritannien und Frankreich
  • 1779, 6. Juli, Schlacht von Grenada, zwischen Großbritannien und Frankreich
  • 1781, 5. September, Seeschlacht von Chesapeake
  • 1782, 25./26. Januar Seeschlacht von St. Kitts zwischen Großbritannien und Frankreich
  • 1782, 12. April, Schlacht von Les Saintes, Großbritannien besiegt Frankreich

Neuere Geschichte (1789 bis 1900)

Kampf des englischen Linienschiffs HMS Tremendous und einer britischen Fregatte gegen die französische Fregatte La Canonniere, 1806

20. Jahrhundert

Verweise


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