Seegefecht bei Helgoland (1914)

Seegefecht bei Helgoland (1914)
Seegefecht bei Helgoland
Teil von: Erster Weltkrieg (Seekrieg)
Datum 28. August 1914
Ort vor Helgoland, Nordsee
Ausgang britischer Sieg
Konfliktparteien
Befehlshaber
David Beatty
William R. Goodenough
keine einheitliche Führung
Truppenstärke
5 Schlachtkreuzer
8 Leichte Kreuzer
33 Zerstörer
8 U-Boote
6 Kleine Kreuzer
19 Torpedoboote
Verluste
35 Tote 700 Tote
400 Gefangene
3 Kleine Kreuzer
ein Torpedoboot gesunken

Das Seegefecht bei Helgoland fand zu Beginn des Ersten Weltkrieges am 28. August 1914 zwischen Kriegsschiffen der britischen Royal Navy und deutschen Kaiserlichen Marine in den Gewässern vor der Insel Helgoland statt. Dabei gelang es den überlegenen britischen Verbänden, die drei deutschen Kleinen Kreuzer SMS Mainz, SMS Ariadne und SMS Cöln sowie das Torpedoboot V 187 zu versenken.

Inhaltsverzeichnis

Planung

Britische Unterseeboote hatten beobachtet, dass in der Helgoländer Bucht deutsche Torpedoboote unter dem Schutz Kleiner Kreuzer bei Tag und Nacht in zwei Schichten patrouillierten. Die äußere deutsche Patrouillenlinie, 25 Seemeilen westlich Helgolands, bestand aus neun modernen Torpedobooten der I. Torpedobootflottille. 12 Meilen näher an Helgoland standen Fahrzeuge der III. Minensuchdivision. Die Torpedoboote standen unter dem Befehl des Konteradmirals Leberecht Maass an Bord des Kleinen Kreuzers SMS Cöln. Unterstützt wurden diese Schiffe von den Kleinen Kreuzern SMS Hela, SMS Ariadne, SMS Frauenlob und SMS Stettin. Weitere acht Kleine Kreuzer lagen in der Ems, in Brunsbüttel oder in der Jade. Dort lagen auch die deutschen Schlachtkreuzer, die allerdings dadurch behindert wurden, dass bei Niedrigwasser die Barre der Außenjade von ihnen nicht passiert werden konnte.

Kommodore Roger Keyes, der Befehlshaber der britischen U-Boote, plante daraufhin eine Operation, mit der die Deutschen in eine Falle gelockt werden sollten. Helgoland war zwar mit schweren Geschützen bestückt, aber sobald die deutschen Schiffe den Feuerschutz der Insel verließen, wären sie eine leichte Beute für ein überlegenes britisches Geschwader. Die U-Boote und das Harwich-Geschwader unter Kommodore Reginald Tyrwhitt sollten die Deutschen von der Küste weglocken und dann in die Zange nehmen. Einige schwerere Einheiten sollten diese Schiffe gegen deutsche Verstärkungen abschirmen, und die Grand Fleet sollte als Fernsicherung dienen. Keyes schlug den Plan dem Ersten Lord der Admiralität, Winston Churchill, vor, der ihn gut fand; der Plan wurde jedoch vom Stabschef Sir Doveton Sturdee soweit geändert, dass die Sicherung aus Force C (fünf alte Panzerkreuzer) und Force K mit den Schlachtkreuzern HMS Invincible und HMS New Zealand bestehen sollte. Eine Unterstützung durch die Grand Fleet hielt man für unnötig.

Der Angriff sollte am 28. August stattfinden; Tyrwhitt und Keyes liefen am 26. und 27. August aus, ersterer mit dem neu in Dienst gestellten Leichten Kreuzer HMS Arethusa als Flaggschiff sowie dem Leichten Kreuzer HMS Fearless und 31 Zerstörern, letzterer mit acht U-Booten. Allerdings informierte die Admiralität Admiral Sir John Jellicoe, den Oberbefehlshaber der Grand Fleet, erst am 26. August von dem Vorhaben. Dieser hielt die Absicherung für eine Operation so nahe an den deutschen Basen für zu schwach und schlug vor, die Grand Fleet hierfür einzusetzen. Sturdee sagte Jellicoe, das sei nicht notwendig, aber wenn er wolle, könne er weitere Schlachtkreuzer schicken. Jellicoe informierte die Admiralität daraufhin, dass er zur Unterstützung von Tyrwhitt und Keyes zusätzlich das I. Schlachtkreuzergeschwader unter Sir David Beatty und das I. Leichte Kreuzer Geschwader unter William Goodenough schickten würde. Die Admiralität versäumte es allerdings, diese Meldung an Tyrwhitt und Keyes weiterzugeben.

Der deutsche Geheimdienst hatte von der Aktion des Harwich-Geschwaders erfahren und ließ die deutschen Schlachtkreuzer, die in der Jade vor Anker lagen, in Alarmbereitschaft versetzen. Jede Seite versuchte, die andere in eine Falle zu locken.

Das Gefecht

Bei Tagesanbruch am 28. August bezogen aufgetauchte britische U-Boote eine Stellung 40 Seemeilen westlich von Helgoland. Durch den dichten Frühnebel betrug die Sicht kaum mehr als 1000 m. Zu einem ersten Kontakt zwischen den Gegnern kam es um 5:26 Uhr. Das britische U-Boot E 26 sichtete das Torpedoboot G 194 und feuerte einen Torpedo ab, ohne die Deutschen zu treffen, die ihrerseits vergeblich versuchten, das U-Boot zu rammen. Auf die Meldung des Torpedoboots hin lief die V. Torpedobootflottille aus Helgoland zur U-Boot-Jagd aus. Etwa eine Stunde später stieß G 194 auf vier britische Zerstörer und lief, von diesen verfolgt, nach Südwesten ab. Der für die Verteidigung der Helgoländer Bucht verantwortliche Konteradmiral Franz von Hipper glaubte, es handele sich bei den feindlichen Kräften nur um Zerstörer, und schickte den Torpedobooten nur die beiden Kleinen Kreuzer SMS Frauenlob und SMS Stettin zu Hilfe. Da in Wilhelmshaven die Sicht völlig klar war, nahm er an, dass ähnliche Verhältnisse bei Helgoland herrschen und die Kreuzer einen überlegenen Feind rechtzeitig sehen würden und ihm ausweichen könnten. Als die ersten gegensätzlichen Meldungen eintrafen, war es früher Nachmittag, und die Schlachtkreuzer konnten aufgrund des niedrigen Wasserstandes nicht mehr rechtzeitig aus der Jade auslaufen.

Die V. Torpedobootsflottille stieß überraschend auf einen Teil der britischen Zerstörer mit dem Kreuzer HMS Arethusa und zog sich nach Helgoland zurück, wobei die beiden Torpedoboote S 13 und V 1 durch Artillerietreffer beschädigt wurden. Die deutschen Küstenbatterien auf Helgoland konnten wegen Nebels keinen Feuerschutz geben. Der britische Kreuzer HMS Fearless lief mit einem Teil der Zerstörer im Norden auf einem Parallelkurs, griff aber nicht in das Gefecht ein. Die Briten stießen in der Folge auf die zweite deutsche Vorpostenreihe, wurden jedoch kurz vor 8:00 Uhr von den beiden Kleinen Kreuzern SMS Frauenlob und SMS Stettin abgefangen. Die Fearless erzielte schnell Treffer auf der Stettin und zwang diese, in Richtung Helgoland abzudrehen. Währenddessen erzielte die Frauenlob mehrere Treffer auf der Arethusa, die erheblich beschädigt wurde. Die Briten mussten abdrehen, und die Frauenlob gab gegen 8:30 Uhr die Verfolgung ihres angeschlagenen Gegners auf.

Das Torpedoboot V 187

Mittlerweile hatte Keyes auf dem Zerstörer HMS Lurcher die britischen Verstärkungen gesichtet, die er aber - da ihn die Information darüber nicht erreicht hatten - für Deutsche hielt. Nur aufgrund glücklicher Umstände kam es nicht zu einem Schusswechsel zwischen den verschiedenen britischen Geschwadern; es dauerte bis kurz vor 10:00 Uhr, bis die Verwirrung beseitigt war. Ein Torpedo des britischen U-Boots E-6 verfehlte den Kreuzer HMS Southampton nur knapp, ebenso misslang der Versuch des Kreuzers, den Angreifer zu rammen. Weiter im Norden hatte Goodenough die beiden Kreuzer Wilhelmshaven die Kleinen Kreuzer SMS Cöln mit Konteradmiral Maaß an Bord und SMS Straßburg, aus der Ems lief die SMS Mainz unter Kapitän zur See Paschen aus.

Die Gefechtspause nutzte Tyrwhitt, um seine verstreuten Zerstörer neu zu formieren und in Richtung Westen abzudrehen. In diesem Moment griff die Straßburg von Südwesten her an, wurde aber von HMS Fearless und den Zerstörern vertrieben. Danach griff die Cöln an, wurde aber ebenfalls verjagt. Als die Straßburg erneut die angeschlagene HMS Arethusa attackierte, forderte Tyrwhitt Unterstützung durch Beattys Schlachtkreuzer an, was dieser trotz der Gefahr durch Minen und U-Boote zusagte. Den Zerstörern gelang es, die Straßburg durch Torpedoangriffe zu vertreiben; einige von ihnen stießen nun mit den Kleinen Kreuzer Mainz zusammen. Gegen 11:50 Uhr traf Goodenough mit seinem Kreuzergeschwader auf dem Kampfschauplatz ein, woraufhin die Mainz abdrehte, aber unglücklicherweise direkt in den Kurs des Harwich-Geschwaders lief. Da die Steuerung des deutschen Kreuzers durch einen Treffer der Fearless beschädigt wurde, konnte die Mainz nicht mehr entkommen. Nach einem harten Kampf, bei dem die Deutschen drei Zerstörer beschädigten, stellten die Briten um 12:25 Uhr das Feuer auf das kampfunfähige Schiff ein, um Überlebende zu retten. Der deutsche Kreuzer sank etwa 40 Minuten später. Als die Überlebenden an Beattys Schlachtkreuzergeschwader übergeben wurden, begrüßte dieser sie mit dem Signal: "Ich bin stolz, so tapfere Männer an Bord meines Geschwaders begrüßen zu dürfen".

Währenddessen griffen SMS Cöln und SMS Straßburg erneut die angeschlagene Arethusa an, die aber durch die Ankunft von Beattys Schlachtkreuzern gerettet wurde. Angesichts der weit überlegenen britischen Schiffe versuchten die beiden deutschen Kreuzer zu entkommen. Die Cöln erhielt schnell mehrere Treffer, wurde aber gegen 13:00 Uhr durch die Ankunft der Ariadne entlastet. Die Schlachtkreuzer nahmen die kleine und veraltete Ariadne auf kurze Distanz unter Feuer und verwandelten sie innerhalb einer Viertelstunde in ein brennendes Wrack. Ein Teil der Mannschaft wurde später von SMS Danzig gerettet.

SMS Cöln

Während die Straßburg dank des Nebels entkam - sie wurde mehrfach gesichtet, aber für ein britisches Schiff gehalten -, wurde die Cöln um 13:25 Uhr durch den Schlachtkreuzer HMS Lion gesichtet und trotz erbitterter Gegenwehr versenkt. Nur ein Mitglied der Besatzung überlebte den Untergang. Mit diesem Schusswechsel endete das Gefecht. Die Stettin und die Stralsund konnten entkommen und vereinigten sich mit den deutschen Schlachtkreuzern, die zu spät eintrafen, um in das Gefecht einzugreifen. Die schwer beschädigte HMS Arethusa wurde durch den Panzerkreuzer HMS Hogue in den Hafen geschleppt.

Schlussfolgerungen

Das Seegefecht bei Helgoland war ein klarer britischer Sieg. Die Deutschen hatten drei Kleine Kreuzer, ein Torpedoboot und über 1.200 Mann verloren, während bei den Briten lediglich die HMS Arethusa schwer beschädigt worden war. Die Mannschaftsverluste betrugen nur 35 Tote. Das Gefecht erwies eine schlechte deutsche Planung - das Schlachtkreuzergeschwader wurde durch seinen Standort in der Jade an einem rechtzeitigen Eingreifen gehindert - und eine ebenso schlechte Taktik, da die Schiffe einzeln und unkoordiniert in den Kampf geschickt worden waren. Obwohl sie davon wussten, gerieten die deutschen Schiffe in einen Hinterhalt. Angesichts der Niederlage befahl der Kaiser, dass keine Seeoperationen mehr ohne seine ausdrückliche Genehmigung erfolgen dürften.

Für die Briten war dieser Sieg in den deutschen Heimatgewässern angesichts des deutschen Vormarschs an der Westfront ein psychologisch wichtiger Erfolg. Allerdings war es zu schweren Planungsfehlern und Informationspannen gekommen, und nur glückliche Umstände verhinderten Verluste durch „Friendly Fire“. Auch die Kooperation zwischen den beteiligten Verbänden hatte nur unvollkommen funktioniert.

Quellen

  • George Bruce: Seeschlachten des 20. Jahrhunderts. Urbes Verlag Hansen, Gräfelfing 1993

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