Sehbeteiligung

Sehbeteiligung

Die Einschaltquote einer Radio- oder Fernsehsendung ist der prozentuelle Anteil der Empfangshaushalte, die zu einem gegebenen Zeitpunkt die Sendung verfolgten, an der Gesamtmenge aller Empfangshaushalte: Die Prozentzahl lässt somit Rückschlüsse auf die absolute Zuschauerzahl zu. Umgangssprachlich ist manchmal auch diese absolute Zuschaueranzahl die Einschaltquote. Mit der Einschaltquote vergleichbar ist die Buyrate bei Bezahlfernseh-Angeboten.

Beim amerikanischen Messverfahren von Nielsen Ratings entspricht die Einschaltquote dem Rating.

Die Preise für Werbung, von der kommerzielle Sendeanstalten überwiegend und öffentlich-rechtliche teilweise leben, hängen wesentlich von den Einschaltquoten ab.

Inhaltsverzeichnis

Funktionsweise

Datenermittlung

In der Bevölkerung eines Landes wird eine Auswahl an Haushalten getroffen, die in ihrer Zusammensetzung der Struktur der Gesamtbevölkerung nahe kommt. Diese ausgewählte Gruppe ist die Panelgruppe, sie umfasst üblicherweise zwischen 2.000 und 6.000 Personen.

Die Panelgruppe bekommt eine technische Ausrüstung zur Aufzeichnung der Fernsehgewohnheiten. Sieht ein Mitglied des Haushaltes fern, muss es einen Knopf auf der speziell ausgestatteten Fernbedienung betätigen. Das Messgerät zeichnet im Sekundentakt die gesehenen Sender auf. Kommt ein weiteres Haushaltsmitglied hinzu, muss auch dieses seinen Knopf auf dem Messgerät oder der Fernbedienung drücken, der Sender hat ab dem Zeitpunkt einen Zuschauer mehr.

Jedes Messgerät schickt die gesammelten Daten täglich zwischen 5 und 6 Uhr (Deutschland) bzw. zwischen 3 und 5 Uhr (Österreich) per Modem an das Rechenzentrum, welches die Daten auswertet. Einschaltquoten für die Sendungen eines Tages liegen den Fernsehsendern erst am nächsten Morgen ab ca 8:30 Uhr vor.

Dies ist nicht überall so: In Brasilien etwa werden die Einschaltquoten in Echtzeit gemessen, daher kann es vorkommen, dass bei Live-Sendungen bestimmte Programmteile verlängert oder gekürzt werden, wenn die Quoten gerade besonders steigen oder sinken.

Datenauswertung

Bei der Auswertung der Daten sind die hochgerechneten absoluten Zuschauerzahlen für Sender und Werbetreibende eher zweitrangig. Wie viele zu einer bestimmten Zeit fernsehen, hängt von vielen Faktoren ab: Wetter, Tageszeit, Freizeitaktivitäten etc. Alle aus einem solchen Grunde gerade (Fernseh-)Abstinenten fallen als potenzielles Publikum für alle Sender gleichermaßen weg. Deren Werbepreise tragen den Schwankungen Rechnung, daher ist ein Werbespot zur Hauptsendezeit um 20:15 Uhr deutlich teurer als einer im Nachtprogramm.

Interessanter ist daher, wie viele derer, die gerade fernsehen, ein bestimmtes Programm schauen. Dieser wieder in Prozenten ausgedrückte Marktanteil misst, wie attraktiv eine Sendung verglichen mit den zeitgleich laufenden konkurrierenden Sendungen war (z. B. von allen, die zu einem Zeitpunkt ferngesehen haben, sahen 25 % eine bestimmte Sendung). Dabei haben Vielseher, die mehrere Stunden am Tag fernsehen, einen stärkeren Einfluss auf die „Quote“ als Wenigseher, die einzelne Sendungen auswählen.

Den Sendern stehen die Quotendaten sekundengenau zur Verfügung, d. h. es wird für jede Sekunde des Tages hochgerechnet, welche Zuschauerzahl und welchen Marktanteil eine Sendung hatte.

Da viele Produkte und Sendungen sich vor allem an bestimmte Altersgruppen richten, werden die Messwerte zusätzlich nach Altersgruppen, den sogenannten Zielgruppen, aufgeschlüsselt.

Einschaltquotenermittlung

Deutschland

1975 führten die Fernsehanstalten in der Bundesrepublik Deutschland ein Teleskopieverfahren mittels eines speziellen Gerätes durch. Der mit dem Fernsehgerät verbundene „Teleskomat“ (40 cm breit, 10 cm hoch) wurde in 1.200 repräsentativ ausgewählten Haushalten eingesetzt. Das Gerät verfügte über 6 Programm- und 7 Personentasten, eine Zeituhr und ein elektronisches Aufzeichnungsgerät, das alle eingedrückten Daten der Fernsehzuschauer speicherte und nachts per Telefon an einen Zentralrechner in Bad Godesberg sendete.

Die sogenannte Teleskopie findet in Deutschland heute im Auftrag der Sender über die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) statt. Die Quotenerhebung kostet bis zu 20 Millionen Euro jährlich. Das geplante „Telecontrol Score“ wird die Erhebung um rund ein Viertel verteuern, da das System auch Fernsehen über Computer sowie zeitversetzte Nutzung via Festplatte berücksichtigen soll.

Durch 5.640 Haushalte (davon 140 mit Hauptverdiener ohne deutsche Staatsbürgerschaft, aber mindestens mit EU-Pass[1]) mit ca. 13.000 Bewohnern wird für über 34 Millionen deutschsprachige Fernsehhaushalte mit insgesamt zirka 73 Millionen Zuschauern repräsentativ gemessen, welche Teile der Bevölkerung welche Sendungen auf welchen Programmen sehen.

Die Haushalte zur Erhebung der Einschaltquote sind nach dem Zufallsprinzip ausgewählt, telefonisch kontaktiert und bekamen zur Erhebung der Daten eine sogenannte „Quotenbox“, offiziell GfK-Meter, zugesandt.

Die GfK in Deutschland stellt dem Endverbraucher keine Messdaten zur Verfügung, die meisten Sender liefern eine vereinfachte Auswertung (pro Sendung oder pro Tag) auf ihren Videotext-Seiten.

Im Radiobereich gibt es in der Schweiz eine vergleichbare Methode mit der sogenannten Radiowatch.

Österreich

In Österreich erfolgt die Ermittlung der Einschaltquoten seit 1991 über den Teletest, den das Marktforschungsinstitut GfK Austria veranstaltet. Seit Anfang 2007 ist der Auftraggeber die Arbeitsgemeinschaft TELETEST (AGTT), deren Gründungsmitglieder ORF/ORF-Enterprise, ATV, IPA plus, SevenOne Media Austria und die österreichische Premiere Fernsehen GmbH sind.

Im Gegensatz zur GfK in Deutschland stellt die Arbeitsgemeinschaft TELETEST aktuelle Quotenauswertungen auch dem Endverbraucher zur Verfügung.

Das Messgerät der Firma Telecontrol steht in 1500 Testhaushalten und registriert, welcher Kanal derzeit eingeschaltet ist. Über eine spezielle Fernbedienung wird festgehalten, welche Person – auch Gäste werden erfasst – gerade fernsieht.

Seit 2001 werden die Teletest-Panels auf 1500 Haushalte verteilt und somit rund 3500 Teilnehmer erreicht. Davon sind ca. 3150 Personen über 12 Jahre, die repräsentativ für 6.972.000 erwachsene Österreicher stehen, und ca. 350 Kinder im Alter von 3 bis 11 Jahren, die repräsentativ für 772.000 österreichische Kinder stehen.

Die Auswahl der Teilnehmer ermitteln Umfragen. Jedes Jahr wechseln um die 15% der Panels ihre Besitzer, um die Stichproben zu erneuern.

Im Vergleich zu anderen Messsystemen in Europa ist die Anzahl der Panels auf die Einwohneranzahl bezogen relativ groß. Ein Panelhaushalt steht in Österreich für ca. 2270 TV-Haushalte.

Die Messung ist wie in Deutschland sekundengenau und schließt Daten über die Aufzeichnung und Wiedergabe auf dem Videorekorder ein.

Vereinigte Staaten

In den USA wird der Zuschauerwert zwar auch in der Gesamtzahl gemessen, jedoch werden nicht nur – wie in Deutschland – die „Livezuschauer“ gemessen, sondern auch jene, welche aufgezeichnetes Material innerhalb einer Woche verspätet angesehen haben. So entsteht eine Woche nach der Fernseh-Erstausstrahlung das sogenannte Rating/Share.

Rating/Share

Rating/Share sind zwei verschiedene Messeinheiten, welche in den USA zur Einschätzung der Zuschauerresonanz eingesetzt werden:

  • Rating: Die Prozentzahl, welche unter Rating angegeben ist, gibt an, wie viele Zuschauer aus allen Haushalten, welche durch technische Gegebenheiten die Möglichkeit besitzen ein bestimmtes Programm zu verfolgen, zugesehen haben. Laut Nielsen Media Research waren dies im September 2006 insgesamt 110,2 Millionen Haushalte. Die Zielgruppe bilden in den USA die 18- bis 49-Jährigen.
  • Share: Die Prozentzahl, welche unter Share angegeben ist, gibt an, wie viele Menschen aus der Gesamtzahl aller zum Messzeitpunkt eingeschalteter Geräte, ein spezifisches Programm angesehen haben.

Quotenrekorde

Deutschland

Den bisherigen Rekord für Einschaltquoten in Deutschland erreichte am 4. Juli 2006 das ZDF beim Fußball-WM-Halbfinale Deutschland gegen Italien: 29,66 Millionen Fernsehhaushalte sahen das Spiel am eigenen Fernseher im Durchschnitt über die gesamte Sendezeit, in der Verlängerung sogar 31,31 Millionen. Das entsprach einem Marktanteil von 91,2 Prozent. Den vorherigen Rekord hatte das Fußball-WM-Finale 1990 Deutschland gegen Argentinien mit 28,66 Millionen Fernsehhaushalten erzielt.

Bei den Zahlen fehlen die Zuschauer von „Public-Viewing“-Veranstaltungen, in Biergärten, Kneipen und Restaurants etc., so dass die Zuschauerzahlen tatsächlich noch wesentlich höher lagen.

Im Januar 1962 erzielte der Durbridge-Krimi Das Halstuch an den sechs Sendeabenden Quoten bis 89%. Es gab zwar deutlich weniger Fernsehgeräte als heutzutage, aber wer kein Gerät hatte, suchte Bekannte oder Kneipen auf. Das öffentliche Leben kam praktisch zum Erliegen. Schon ein Jahr später erzielte der nächste Sechsteiler von Francis Durbridge unter dem Titel Tim Frazer Quoten zwischen 80 und 93%.

Österreich

Das Fernseh-Interview mit Natascha Kampusch, welches am 6. September 2006 gezeigt wurde, erzielte mit 2,554 Millionen Zuschauern die dritthöchste Reichweite seit Einführung des TELETEST im Jahr 1991.

Kritik

Aus Sicht der Sozialforschung lassen sich Einschaltquoten kritisieren, da sie zwar relativ sicher quantitativ die Anzahl der Zuschauer ermitteln, nicht aber Art und Weise, also die Qualität des Zuschauens. Ob jemand stundenlang Musikfernsehen schaut oder als einzige Sendung des Tages die Nachrichten, dürfte sich qualitativ sehr unterscheiden (Aufnahmefähigkeit, Konzentration, Dauer des Gesamtfernsehkonsums, etc.).

Die Trennung von Qualität und Quantität lässt den Einschaltquoten in Deutschland eine oftmals dominante Stellung zukommen, die soziologisch und psychologisch nicht nachzuvollziehen ist. Es fehlt ein gewichtender Faktor.

Die Diskussion, ob sich der öffentlich-rechtliche Rundfunk bei seiner Programmgestaltung zu sehr von Einschaltquoten leiten lässt und dabei bei der inhaltlichen Qualität oder bei seinem grundgesetzlichen Grundversorgungsauftrag zu große Abstriche macht, hat sich durch die Konkurrenz mit dem privaten Rundfunk zugespitzt, z.B. als der Westdeutsche Rundfunk im Jahr 1995 seinen Jugendsender WDR 1 durch das mehr auf „Durchhörbarkeit“ ausgerichtete 1 Live ersetzte.

Film

„Die Quotenmacher“ ist ein deutsch-schweizerischer Fernsehfilm von Christoph Weinert aus dem Jahr 2000 für die Reihe Das kleine Fernsehspiel (ZDF/3sat). Privatdetektiv Schmilinsky ermittelt in Sachen Einschaltquote. Ein kritisch-ironischer Seitenblick auf die Quotenhysterie im Fernseh-Geschäft. Der Film bedient sich dabei einer dokumentarisch-fiktionalen Mischform: Privatdetektiv Schmilinsky übernimmt einen heiklen Auftrag. Er soll ermitteln, wie die Einschaltquoten im deutschen Fernsehen in Wahrheit zustande kommen. Bei seinen Recherchen gerät Schmilinsky in das Visier zwielichtiger Gestalten, die ihm schließlich nach dem Leben trachten.

Free Rainer“ ist ein deutscher Kinofilm des österreichischen Regisseurs Hans Weingartner aus dem Jahr 2007. Die Mediensatire schildert die Bekehrung des Fernsehproduzenten Rainer von einem quotenorientierten Macher von Unterschichtenfernsehen zu einem Aufklärer, der mit einer kleinen zusammengewürfelten Gruppe großflächig Quotenboxen manipuliert, um „bessere“ Zahlen zu produzieren. Seine Erkenntnis „Wenn man den Leuten nur lang genug Mist vorsetzt, wollen sie irgendwann nichts anderes mehr als diesen Mist“ dreht er damit um und bringt damit die Programmmacher dazu, anspruchsvollere Inhalte anzubieten, die in Weingartners Utopie begeistert angenommen werden.

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. http://www.agf.de/fsforschung/methoden/fernsehpanel/

Wikimedia Foundation.

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