720-km-Diskontinuität

720-km-Diskontinuität

Die 720-km-Diskontinuität ist eine seismische Grenzschicht direkt unterhalb der Mantelübergangszone. Sie ist gekennzeichnet durch eine Zunahme der Ausbreitungsgeschwindigkeiten seismischer Wellen mit der Tiefe. Ihre Bezeichnung gibt die durchschnittliche Tiefe ihres Auftretens wieder.

Ursache

Die 720-km-Diskontinuität hat ihre Ursache in einer Phasentransformation des Granat, welches neben dem Olivin eines der Hauptbestandteile des Mantelgesteins darstellt. In Tiefenbereich der Mantelübergangszone liegt Granat in einer Hochdruckmodifikation dem Majorit vor, welcher ca. 12 Molprozent Aluminium enthält. Majorit transformiert in Tiefen zwischen 610 km und 660 km in die Ilmenit-Struktur. Da diese Phasentransformation über ein relativ großes Tiefenintervall erfolgt, führt sie zu keiner beobachtbaren Diskontinuität.

Die Ilmenit-Phase jedoch geht in etwa 710 bis 720 km Tiefe in aluminumhaltigen Perowskit über. Herrschen in dieser Tiefe erhöhte Temperaturen, verursacht z. B. durch einen aufsteigenden Plume), bleibt die Majorit-Struktur bis in größere Tiefen stabil und geht direkt in Aluminium-Perowskit über. Die Phasenumwandlung ist jedoch an eine bestimmt Relation von Druck und Temperatur gekoppelt, die über den Clapeyron-Slope beschrieben wird. Dieser wird für die 720-km-Diskontinuität mit ca. +1,3 MPa/K angegeben.

Da der Clapeyron-Slope dieser Phasentransformation ein gegenläufiges Vorzeichen zur 660-km-Diskontinuität aufweist, kann eine Temperaturerhöhung zur Annäherung beider Grenzschichten beitragen.

Siehe auch

Literatur

  • P. Vacher, A. Mocquet, C. Sotin: Computation of seismic profiles from mineral physics: the importance of the non-olivine components for explaining the 660 km depth discontinuity. In: Physics of the Earth and Planetary Interiors. 106, Nr. 275-298, 1998.
  • N. A. Simmons, H. Gurrola: Multiple seismic discontinuities near the base of the transition zone in the Earth's mantle. In: Nature. 405, 2000, S. 559–562.
  • A. Kubo, M. Akaogi: Post-garnet transitions in the system Mg4Si4O12-Mg3Al2Si3O12 up to 28 GPa: phase relations of garnet, ilmenite and perovskite. In: Physics of the Earth and Planetary Interiors. 121, Nr. 1–2, 2000, S. 387–393.
  • M. Akaogi, A. Tanaka, E. Ito: Garnet-ilmenite-perovskite transitions in the system Mg4Si4O12-Mg3Al2Si3O12 at high pressures and high temperatures: phase equilibria, calorimetry and implications for mantle structure. In: Physics of the Earth and Planetary Interiors. 132, Nr. 4, 2002, S. 303–324.

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужно решить контрольную?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Diskontinuität (Geologie) — Bei einer geologischen bzw. geophysikalischen Diskontinuität handelt es sich um eine messtechnisch feststellbare Trennfläche innerhalb oberflächennaher Gesteinskörper oder in tieferen Regionen der Erdkruste und des Erdmantels. Der Name bedeutet… …   Deutsch Wikipedia

  • Diskontinuitätsfläche — Bei einer geologischen bzw. geophysikalischen Diskontinuität handelt es sich um eine Unterbrechung innerhalb des Kontinuums eines Gesteins, Gebirges oder auch im inneren Aufbau der Erde. In der Geologie versteht man unter einer Diskontinuität… …   Deutsch Wikipedia

  • Novaesium — hf Novaesium Alternativname Castrum Novaesium Castra Novaesia (pl.) Limes Niedergermanischer Limes Datierung (Belegung) A) 20/15 bis um 10 v. Chr.[A 1] B) 12/9 v …   Deutsch Wikipedia

  • Deutsche Marine — Aufstellung 2. Januar 1956 Land …   Deutsch Wikipedia

  • Polarisierungsthese — Als Sozialer Wandel (auch: Gesellschaftlicher Wandel) werden die Veränderungen bezeichnet, die innerhalb einer Gesellschaft über einen längeren Zeitraum vor sich gehen, und zwar in erster Linie die Veränderungen der Sozialstruktur einschließlich… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”