Sigmaringen-Jungnau

Sigmaringen-Jungnau
Jungnau
Kreisstadt Sigmaringen
Koordinaten: 48° 8′ N, 9° 12′ O48.1394444444449.2061111111111610Koordinaten: 48° 8′ 22″ N, 9° 12′ 22″ O
Höhe: 610–790 m ü. NN
Fläche: 22,4 km²
Einwohner: 800
Eingemeindung: 1974
Postleitzahl: 72488
Vorwahl: 07577

Jungnau ist Ortsteil der Stadt Sigmaringen im Landkreis Sigmaringen (Deutschland). Bis zur Kreisreform in Baden-Württemberg war Jungnau eine selbständige Gemeinde. Im Februar 1974 wurde der Ort in die Kreisstadt Sigmaringen eingegliedert.

Inhaltsverzeichnis

Geographie und Verkehr

Jungnau, rund sieben Kilometer nördlich von Sigmaringen im unteren Laucherttal und dem Naturpark Obere Donau gelegen, umfasst eine Gemarkung von circa 2235 ha. Das Dorf liegt auf 610 m über Normalnull, wobei die höchsten Erhebungen der Gemarkung knapp an 800 m Höhe reichen.

Jungnau besitzt eine Haltestation der Hohenzollerischen Landesbahn. Die Bundesstraße 32 (in diesem Abschnitt identisch mit der (Bundesstraße 313) bildet die Durchgangsstraße.

Geschichte

Gesamtansicht
Alter Ortskern

Die Region war schon sehr früh besiedelt, wie die Funde im nahe gelegenem Veringenstadt belegen. Die älteste Siedlung auf der Gemarkung Jungnau ist Hoppental (um 800 v. Chr.). In diesem Zusammenhang wird auf einen Friedhof in der Bronzezeit hingewiesen. Dort wurde auch ein mit zwei Armringen aus Bronze versehenes Skelett gefunden.

Etwa um 400 v. Chr. wurden die Kelten in der Gegend sesshaft. Von ihnen soll der Name “Lauchert” stammen (Lochert-Luchat, später Luachert).

Den Kelten folgten die Römer, die die keltischen Stämme besiegten und über die Donau nach Norden vordrangen. Etwa um 80 n. Chr. war das Land in Ihrer Gewalt. Die Römer erschlossen die Gegend und legten u.a. die so genannten Römerstraßen an, auf deren Trassen z.B. die alte Straße von Sigmaringen nach Jungnau und das Hochsträß liegen. Weitere Zeugen dieser Epoche wurden im Jahre 1841 (Geräte aus Eisen, eine Pflugschar und Hacke, Meißel und Pfeile) und 1881 (eine römische Münze aus Bronze) beim Nollhof gefunden.

Um 260 n. Chr. drangen Alemannen in das damals römische Gebiet ein und drangen bis zur Schwäbischen Alb und dem Neckar vor. Sie gründeten Ortschaften, deren Namen auf „-ingen“ enden. Ämpfingen und Indefingen, abgegangene Weiler auf der Gemarkung Jungnau, sind darauf zurückzuführen - beide sind heute noch als Flurnamen erhalten geblieben. Der Name der erstgenannten Siedlung wurde von deren Gründer (Ampho) abgeleitet und bedeutet sinngemäß „bei den Angehörigen der Sippe des Ampho“. Die Gründungen werden in das 4.-5. Jahrhundert n. Chr. datiert.

Jungnau um 1834

Um 1100 wurde auf der Gemarkung circa 2,5 Kilometer südlich von Jungnau die Burg Isikofen errichtet. 1385 wurde sie nur noch als Burgstall erwähnt. Reste der Umfassungsmauer als Mauerschutt und Reste eines Gebäudes sind heute noch erkennbar. Im 13. Jahrhundert gab es eine Burg Schiltau (Schiltowe, Schiltow), welche die Herren von Schiltau als Lehen der Herrschaft Gammertingen im Besitz hatten. Der Herr von Schiltau wurde 1200 als Zeuge genannt (mit ihm seine Burg mit einer Siedlung). Jungnau (als Name einer Burg: Jungenowe (bedeutet soviel wie „Platz im Wiesental der Herren von Jungingen“), Jungnow) an sich wird erstmals 1333 bei der Güterschenkung der Guta von Affelstetten an das St. Nikolausalmosen in Überlingen erwähnt. Kurz zuvor entstand der Ort, als 1316 Burkhard von Jungingen die Burg Schiltau mit Siedlung erwarben und in unmittelbarer Nähe eine neue Burg (Burg Jungnau) errichteten. Von der Burg Schiltau sind heute nur noch durch Wohnhäuser und Gartenanlagen überbaute Mauerreste erhalten. Der Bergfried der Burg Jungnau steht heute noch als Wahrzeichen im alten Dorfkern. Im 14. und 15. Jahrhundert gehen die unten genannten Weiler und Dörfer in Jungnau auf. In dieser Zeit wird der Ort gelegentlich auch als Städtchen bezeichnet.

Chronik

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Standort der ehemaligen Burg Schiltau
  • vor 1200: Bau der Burg Schiltau und Entstehung einer Siedlung.
  • 1316: Kauf der Burg Schiltau durch die Herren von Jungingen und in Folge Errichtung der Burg Jungnau (Verkauf von Berthold der Schiltower an Ritter Burkhard von Jungingen)
  • 1333: Erste Erwähnung von „Jungenowe“
  • 1355: Beide Burgen gingen an die Adelsfamilie Hohenfels-Jungingen
  • 1367: Die Herren von Reischach erwarben die Herrschaft Jungnau (Jungnau mit Burg und Vorhof, Burg Schiltau mit Vorhof und weiter Orte)
  • 1385: Jungnau wurde hohenbergisches Lehen (weiterhin im Besitz der Herren von Reischach)
  • 1418: Die Grafen von Werdenberg erwarben die Herrschaft (darunter Jungnau die Feste und das „stattlin“)
  • 1423: Die Burg Schiltau wurde erstmals nur noch als Burgstall erwähnt
  • 1444: Die Burg Schiltau wurde nochmals als „Veste“ bezeichnet. Dies war aber die letzte Erwähnung als Burgsitz.
  • 1534: Die Herrschaft ging nach dem Aussterben des aktuellen Herrschergeschlechts als Allod an die Grafen von Fürstenberg. Unter den Fürstenbergern entstand das Obervogteiamt Jungnau.
  • 1603: Der fürstenbergischen Verwaltung in Jungnau gehörten auch die Ortschaften Blättringen, Inneringen, Hochberg, Vilsingen, Nickhof, Thiergarten, Storzingen, Dietfurt, Ober- und Unterschmeien an.
  • 1742: Fertigstellung der Kirche St. Anna
  • 1806: Im Zuge der Neuordnung Mitteleuropas durch Napoleon (Rheinbundakte) ging das Obervogteiamt Jungnau an das Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen, wobei jedoch die Fürstenberger die Niedrige Gerichtsbarkeit und die Polizeigewalt behielten. Deshalb wurde ein Patrimonialamt eingerichtet. Dieses umfasste neben Jungnau auch noch die unter 1603 aufgeführten Orte.
  • 1840: Die Fürstenberger gaben die Niedere Gerichtsbarkeit an Hohenzollern-Sigmaringen ab. Deshalb wurde zum 31. Oktober des Jahres das Patrimonalamt aufgelöst. Die Orte wurden auf die hohenzollerischen Oberämter Gammertingen, Sigmaringen und Straßberg verteilt.
  • 1844: Abbruch der Burg Jungnau
  • 1885: Gründung der Freiwilligen Feuerwehr
  • 1925: Jungnau wurde durch die Zusammenlegen der preußischen Oberämter Sigmaringen und Gammertingen Teil des daraus entstehenden Kreises Sigmaringen.
  • 1945: (27. Februar) Tieffliegerangriff auf einen Personenzug der Hohenzollerischen Landesbahn. 32 Menschen verloren ihr Leben.
  • 1949: Verleihung des heutigen Gemeindewappens
  • 1974: Im Zuge der Gemeindereform wurde im Februar die Gemeinde Jungnau als Ortsteil in die Stadt Sigmaringen eingegliedert.

Ehemalige Weiler und Dörfer auf der Gemarkung

Apfelstetten

Der Weiler Apfelstetten lag 1500 Meter nördlich am rechten Talhang. Die gleichnamige Burg Apfelstetten lag 500 Meter weiter auf einem Felsen (Gemarkung Veringendorf). Der ansässige Ortsadel wird im 13. und 14. Jahrhundert genannt, der Weiler im 14. und 15. Jahrhundert. Der Weiler und die Burg scheinen Ende des 15. Jahrhunderts abgegangen zu sein.

Frauenberg

Der Weiler (auch Frawelsberg) wird im 14. und 15. Jahrhundert in Urkunden erwähnt. Er lag rund drei Kilometer westlich von Jungnau (Nahe dem heutigen Ausiedlerhof Rauschberg).

Empfingen

Der Weiler (auch Ampfingen) tritt im 14. und 15. Jahrhundert in Verbindung mit Jungnau urkundlich in Erscheinung. Er lag am linken Lauchertufer Nahe dem heutigen Bahnhof und dem Friedhof. Empfingen scheint in Jungnau aufgegangen zu sein.

Isigkofen

Der Weiler (auch Ysenkofen), ebenfalls mit Burg (um 1100 gegründet), lag rund 2,5 Kilometer südlich von Jungnau auf der linken Talseite wurde urkundlich im 14. und 15. Jahrhundert genannt. Die Burg wird 1385 als Burgstall und Isigkofen in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts als Grenzort der Grafschaft Sigmaringen bezeichnet.

Indelfingen und Indelkofen

Urkundliche Nennungen sind zu diesen Orten nicht bekannt. Es handelt sich heute um Flurnamen südlich von Jungnau auf der rechten Talseite, die auf zwei abgegangene Weiler hindeuten.

Aussiedlerhöfe auf der Gemarkung Jungnau

  • Großwieshof: nach 1855 erbaut
  • Hoppental: 1536 erwähnt, 1887 gab es noch Höfe, jedoch wurden die letzten Häuser 1927 abgebrochen. Auch hier ist noch eine Verbindung im Flurnamen erhalten.
  • Nollhof: nach 1860 erbaut
  • Rauschberg: nach 1840 erbaut

ehemaliges Gemeindewappen

früheres Wappen von Jungnau
  • Wappenbeschreibung: Geteilt von Blau und Silber; darin oben eine silberne Schere, unten eine dreilatzige schwarze Fahne.
  • Beim Wappen wird auf die Wappen der Adelsgeschlechter von Jungingen (silberne Schere auf blauem Grund) und von Werdenberg (dreilatzige Fahne), beide zeitweilige Besitzer von Jungnau, Bezug genommen.
  • 1947: Vorschlag des Stadtarchivs Sigmaringen
  • Verleihung am 28. Januar 1949 durch das Innenministerium Württemberg-Hohenzollern (Nr. IV 3012 B/13).

Religion

Jungnau ist historisch römisch-katholisch geprägt. Es war eine Filiale der Pfarrei Veringendorf, 1879 Pfarrkuratie und 1889 eigene Pfarrei. Im Laufe der Zeit wurde dann Jungnau von Veringenstadt, heute von Sigmaringen versorgt. Der Ort verfügt über eine Pfarrkirche (St. Anna).

Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

St. Anna Kirche, Bergfried und „Alte Post“
  • St. Anna Kirche: Die Pfarrkirche im alten Ortskern stammt aus den Jahren 1738/39 und besitzt einen achteckigen Dachreiter und Ziebelhaube. Sie ist der Heiligen Anna geweiht und wurde 1742 fertiggestellt. Die barocken Pläne lieferte der fürstlich fürstenbergische Hofbaumeister Georg Brix aus Meßkirch. Sie besitzt einen achteckigen Kirchturm (Dachreiter) mit Uhr und Zwiebelhaube. Das Innere ist flachgedeckt. Der von zwei spätbarocken Seitenaltären ergänzte Hochaltar ist von 1940.
  • Bergfried (Kaiser-Wilhelm-Turm): 1844 wurde die rund 3100 m² umfassenden Burganlage Jungnau abgebrochen (in der Folge wurde das Schulhaus (heutige Grundschule) auf dem Platz der ehemaligen Burg errichtet). Der mit Buckelquader verkleidete und 18 Meter hohe Bergfried blieb erhalten.[1] Der früher darauf thronende Fachwerkbau mit Satteldach wurde abgetragen. An der Stelle des heutigen Pfarrheimes St. Anna sind noch zwei Meter hohe Grundmauern des Fruchtkastens erhalten.
  • Schächerkapelle: 1826 am Friedhof erbaut. Sie beherbergt eine circa 400 Jahre alte große Kreuzigungsgruppe mit Einzelfiguren von Jesus Christus und den beiden Schächern am Kreuz, daher die Namensgebung.
  • Hl. Nepomuk: Bei der Lauchertbrücke findet man einen kleinen Bildstock. Dieser enthält eine circa 80 cm große Figur (um 1750) des Hl. Johannes von Nepomuk.
  • Alte Post: Am Fuße des Bergfriedes befindet sich ein kleines Fachwerkhaus (ehemalige Poststelle). Dieses bildet mit dem Bergfried, der Kirche und dem neugestalteten Aufgang das typische „Postkartenmotiv“ von Jungnau.
  • Ehemalige Mühle: Angrenzend zur Burganlage steht ein prächtiges Fachwerkhaus. Die ehemalige Mühle wurde zum Wohnhaus umgebaut.
  • Rathaus: 1952 eingeweiht ersetzte es ein vorher an diesem Platz vorhandenes großes Fachwerkgebäude in dem u.a. die Schule untergebracht war. Dieses ist leider 1950 abgebrannt. Im Rathaus ist heute die Ortschaftsverwaltung untergebracht.
  • Burgruine Isigkofen: Mauerschutt bildet den Rest der Umfassungsmauer. Ebenfalls sind noch Reste eines Gebäudes zu erkennen.
  • Schiltachmauer: Reste der Burg Schiltau findet man heute noch in der Schiltachstraße.
  • Die Ruine Hertenstein ist eine Burgruine unbekannter ständischer Zuordnung zwischen Jungnau und Bingen.
  • In Jungnau wird auf einem Stein an den Fliegerangriff mit Toten im Jahr 1945 erinnert.

Vereine

  • DRK-Zug Jungnau
  • Freiwillige Feuerwehr Jungnau
  • Jugendfeuerwehr Jungnau
  • Kirchenchor Jungnau
  • Männergesangsverein „Liederkranz“
  • Musikverein Jungnau e.V.
  • Narrenverein Jongner Zigeiner e.V.
  • TSV Jungnau e.V.
  • Ministrantengruppe
  • Junger Chor Jungnau

Anmerkungen

  1. Auf dem Jakobsweg von Gammertingen nach Pfullendorf. S. 52-59. In: Wanderbar …die schönsten Routen. Erlebnis Kreis Sigmaringen. Landratsamt Sigmaringen, Druckerei Schönebeck, Meßkirch

Literatur

  • Walther Genzmer (Hrsg.): Die Kunstdenkmäler Hohenzollerns. Band 2: Kreis Sigmaringen, W. Speemann, Stuttgart 1948. 
  • Max Miller, Gerhard Taddey (Hrsg.): Handbuch der historischen Stätten Deutschlands. Band 6: Baden-Württemberg, Alfred Kröner, Stuttgart 1965. 

Weblinks


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