Skalengesetze

Skalengesetze
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Unter Skalengesetzen oder Skalierungsgesetzen versteht man die Manifestationen von mathematischen Beziehungen der Art

f(x) = bcx,

d. h. exponentielle Beziehungen, oder

f(x) = bxc,

d. h. Potenz- oder polynomiale Beziehungen (Potenzgesetz), wobei b und c reelle Konstanten darstellen. Potenzgesetze sind häufiger anzutreffen als exponentielle Beziehungen.

Derartige Beziehungen sind in der Natur und Gesellschaft so verbreitet, dass man von einem strukturbildenden Prinzip sprechen kann. Teilweise handelt es sich um rein empirisch gefundene Verteilungen, teilweise konnten diese aber auf eine solide theoretische Basis gestellt werden, so dass im naturwissenschaftlichen Sinne von »Gesetzen« gesprochen werden kann. Das begründet sich unter anderem darin, dass

x(t) = cet

die Lösung der simpelsten linearen Differentialgleichung

\dot x=x

ist, die einen sich selbst beschleunigenden Prozess beschreibt, z. B. das Wachstum einer Population ohne Ressourcenbeschränkung.

Skalenbeziehung, die auf Potenzgesetzen beruhen, sind skaleninvariant aufgrund der Beziehung

f(ax) = b (ax)^c = a^c b x^c = a^c f(x) \propto f(x)

d.h., dass f(ax) proportional f(x) ist und sich die Charakteristika von f nicht verändern. Exponentielle Beziehungen zeigen diese Skaleninvarianz nicht.

Inhaltsverzeichnis

Beispiele

Statistik

Benfords Gesetz 
besagt, dass die Wahrscheinlichkeit des Auftretens der Ziffern der ersten Stelle von Häufigkeitszahlen, die aus natürlichen Verteilungen gewonnenen wurden, der Beziehung fD = log(1+1/D) genügt. D. h., in gut 30% aller Zahlen findet sich die 1 an der ersten Stelle, in 17% die 2 usw.

Biologie

Geoffrey West [1] [2] führt die Universalität von Skalengesetzen in der Biologie auf folgende Punkte zurück:

  1. Organismen aller Größenordnungen werden von hierarchisch verzweigten Stoffwechsel-Versorgungsnetzen am Leben erhalten
  2. Diese Netzwerke sind raumfüllend (und oft fraktal)
  3. Die Endpunkte dieser Netzwerke sind invariant
  4. Die Evolution hat die Energiedissispation der Organismen minimiert und / oder die Oberflächen maximiert, über die der Resourcenaustausch stattfindet

Aus diesen Prinzipien scheinen sich wenigtens die Allometrien mit sehr einfachen Skalengesetzen (die Exponenten tendieren dazu, ganzzahlige Vielfache von 1/4 zu sein) ableiten zu lassen.

Beispiele sind die Beziehung zwischen

Chemie

Häufigkeit der chemischen Elemente in der Erdkruste (Goldschmidt-Diagramm)
Modernes Goldschmidt-Diagramm

Physik

Stefan-Boltzmann-Gesetz : ...
1/f-Rauschen: Bei dem 1/f-Rauschen folgt die Amplitudenverteilung des Rausch-Signals einem Skalengesetz, genauer gesagt einem Potenzgesetz: A(f) = f − α, wobei A(f) die Amplitude zu einer Frequenz f bezeichnet, und  \alpha \approx 1; daher auch die Bezeichnung 1/f-Rauschen (wegen f − 1 = 1 / f).
Statistische Physik: - Kritisches Verhalten bei Phasenübergängen zweiter Art. Dieses Verhalten, z. B. M~|T-T_c|β, mit der Magnetisierung M, der kritischen Temperatur T_c und dem kritischen Exponenten β) ist so wichtig, dass es einen eigenen Artikel verdient hat. Bezeichnenderweise kam man erst durch ein Zusammenspiel von Hochenergie- und Statistischer Physik zu einem Verständnis des Phänomens (siehe auch Skaleninvarianz).
Hochenergiephysik: - Hier beobachtet man in der Tat ebenfalls sog. kritische Exponenten, die man in der Sprache der Hochenergiephysik als anomale Dimensionen bezeichnet

Linguistik

Hauptartikel: Zipfsches Gesetz: ...

Internet

Das Internet ist ein riesiges Netzwerk mit emergenten Phänomenen wie selbstähnlicher Skalierung in den Burst-Mustern seines Datenverkehrs und skalenfreier Struktur in der Verbindungstopologie [3]

Wikipedia

Auch selbstorganisierende Systeme wie die Wikipedia bringen spontan Skalenbeziehungen hervor. Ein mögliches Beispiel ist die Beziehung zwischen der Anzahl der nichtexistierenden Seiten und der Anzahl der auf sie zeigenden (toten) Verweise. Nach dem Stand von Mitte April 2003 begann die Liste der gewünschten Artikel mit 16 Verweisen auf Pressefreiheit.

Setzt man die Anzahl Ng der gewünschten Artikel mit der Anzahl g von toten Verweisen in Beziehung, ergibt sich die exponentielle Beziehung:

N_g \approx 1,7^{17-g},

was in grafischer, halblogarithmischer Darstellung so aussieht:

Bild:Wikipotenz.png

Hierbei ist zu beachten, dass die Darstellung bei gewünschten Artikeln mit 5 Verweisen willkürlich gekappt wurde. Eine numerische Extrapolation sagt eine Menge von 1684 noch nicht existierender Artikel mit nur 3 Verweisen vorher, 2862 mit 2 und 4866 mit nur einem Link. In der Summe  \sum_{i=1}^{16} 1,7^{17-i}/i ergibt das (theoretische) 7340 noch nicht existierende, aber referenzierte Lemmata.

Weblogs

Auch andere selbstlinkende Internet-Plattformen wie Weblogs zeigen einen bestimmten Zusammenhang: neue Weblogs linken bevorzugt - d.h. mit höherer Wahrscheinlichkeit - auf schon beliebte Weblogs und machen diese noch beliebter [4]. Dieser Verlinkungs-Algorithmus ist übrigens auch die Regel für die Erstellung eines skalenfreien Netzes.

Wirtschaftswissenschaften

Hauptartikel: Pareto-Verteilung : ...

Einzelnachweise

  1. Index of /online/pattern_i03/west/oh
  2. G. B. West, James H. Brown, Brian J. Enquist. A General Model for the Origin of Allometric Scaling Laws in Biology. in: Science. Washington 276.1997, 5309, S.122-126. ISSN 0036-8075
  3. W. Willinger, R. Govindan, S. Jamin, V. Paxson, S. Shenker: Scaling phenomena in the Internet. Critically examining criticality. in: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America (PNAS). Suppl 1. Washington 99.2002, (19. Febr.), 2573-2580. ISSN 0027-8424
  4. Shirky: Power Laws, Weblogs, and Inequality

Siehe auch

im weitern auch

Weblinks


Wikimedia Foundation.

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