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Schlesien (schlesisch: Schläsing; schlonsakisch: Ślůnsk; polnisch: Śląsk; tschechisch: Slezsko; lateinisch und englisch: Silesia) ist eine Region in Mitteleuropa beiderseits des Ober- und Mittellaufs der Oder. Die preußische Provinz Schlesien, später aufgeteilt in Provinz Niederschlesien und Provinz Oberschlesien, war ab der deutschen Reichsgründung von 1871 bis 1945 der südöstlichste Landesteil Deutschlands. Der größte Teil Schlesiens wurde gemäß den Ergebnissen der Potsdamer Konferenz unter vorläufige polnische Verwaltungshoheit gestellt, de facto aber administrativ dem polnischen Staat eingegliedert. Er gehört seit 1992 auch völkerrechtlich zu Polen, kleinere Teile zu Deutschland und zur Tschechoslowakei (heute Tschechische Republik). Die DDR erkannte die neue Grenze zu Polen bereits 1950 diplomatisch an, die Bundesrepublik Deutschland erst indirekt 1972 und endgültig mit dem Deutsch-Polnischen Grenzvertrag.
Lage und Geografie
Schlesien liegt im östlichen Teil Mitteleuropas am Ober- und Mittellauf der Oder, die hier die ausgedehnte Schlesische Tiefebene durchströmt. Im Süden grenzt Schlesien an Böhmen und Mähren, im Westen an die Oberlausitz, im Nordwesten an die Niederlausitz und an das Land Lebus, im Norden an Großpolen und im Osten an Kleinpolen.
Die Region stellt insofern einen Raum mit natürlichen Grenzen dar, als sie das Einzugsgebiet der Ober- und Mitteloder nahezu vollständig umfasst. Lediglich das in Mähren liegende Quellgebiet des Stroms und das zum Teil in Großpolen liegende Zuflussgebiet der Bartsch (Barycz), eines rechten Nebenflusses der Oder, befinden sich außerhalb der Grenzen Schlesiens. Weitere wichtige Nebenflüsse der Oder in Schlesien sind die Olsa (Olza), die Glatzer Neiße (Nysa Kłodzka), die Lohe (Ślęza), die Schweidnitzer Weistritz (Bystrzyca), die Weide (Widawa) sowie der Bober (Bóbr) und die Queis (Kwisa). Die Bober-Queis-Linie bildet zugleich die Abgrenzung Schlesiens gegen die sich westlich anschließende Lausitz. Darüber hinaus liegt in den Schlesischen Beskiden im Südosten Schlesiens das Quellgebiet der Weichsel (Wisła).
Den Norden Schlesiens und den Süden Großpolens durchzieht der Trebnitzer Landrücken, eine altglaziale Endmoräne mit Höhen bis zu 270 m n.p.m., deren Mittelabschnitt Katzengebirge genannt wird. An den Beskiden, einem Teilgebirge der Karpaten an der Grenze zu Kleinpolen, hat Schlesien nur geringen Anteil, während das Hauptgebirge Schlesiens die Sudeten sind, ein Mittelgebirge mit einigen subalpinen Bereichen an der südlichen Grenze zu Böhmen und Mähren. Dort, im Riesengebirge, liegt auch die Schneekoppe, die mit 1.602 m n.p.m. höchste Erhebung Schlesiens. Isergebirge, Waldenburger Bergland, Eulengebirge, Heuscheuergebirge und Glatzer Schneegebirge sind weitere Teilgebirge der Sudeten in Schlesien.
Die Großstadt Breslau ist als bedeutendste schlesische Stadt traditionelle Metropole der Region.
Schlesiens Bevölkerung und seine Grenzen im Verlauf der Geschichte
In der Bronzezeit gehörte Schlesien zur Lausitzer Kultur. In den letzten Jahrhunderten vor der Zeitenwende fand eine germanische Besiedlung statt, mit der Völkerwanderung um 550–600 n. Chr. eine Besiedlung durch westslawische Stämme.
Die germanische Besiedlung Schlesiens erfolgte dabei durch das aus dem Norden einwandernde Volk der Vandalen. Deren Hauptstämme waren die Hasdinger und Silinger [1] (manchmal auch Selinger [2]) , wobei diese dem Landstrich Schlesien (alt-deutsch Slesie(n) ihren Namen gaben. Archäologische Funde bezeugen, dass in vorgermanischer Zeit auch Kelten in dieser Gegend beheimatet waren. Es existieren keltische und germanische Fundstücke, aber spätere Fundorte belegen auch, dass Kulturstile beider Völker miteinander verschmolzen. Die Vandalen zogen im Zuge der Völkerwanderung zum Großteil in Richtung Süden ab, wobei viele Sippen in Schlesien verblieben. Die nachrückenden Slawen lebten zunächst nebeneinander zu den verbliebenen Vandalen. Auch hier bezeugen archäologische Fundstellen, dass beide Völker miteinander verschmolzen sind. Orte größerer kriegerischer Auseinandersetzungen sind nicht bekannt.
Die Zugehörigkeit zu verschiedenen Herrschaften wechselte. Schlesien gehörte zunächst zum Großmährischen Reich, danach von 992 bis 1348 zum Herzogtum Schlesien bzw. Königreich Polen. Das Land war recht dünn besiedelt und nachdem vier Fünftel der bis dahin polnischen Bevölkerung durch den Mongolensturm umgekommen waren, bemühten sich die schlesischen Piasten im 13. Jahrhundert sehr um deutsche Kolonisten, sodass bis zur Vertreibung der Deutschen 1945–1947 in Niederschlesien der größte Teil und in Oberschlesien ein nicht geringer Teil der Gebiete eine deutsche Bevölkerungsmehrheit hatte. Mit dem Anschluss an die Krone Böhmen 1348 wurde Schlesien Teil des Heiligen Römischen Reiches. Kulturell waren die Verbindungen nach Westen ausgeprägter als es der politischen Bindung an Böhmen bzw. Österreich entsprochen hätte. In Niederschlesien schlossen sich große Teile der Bevölkerung der Reformation an. In Oberschlesien, wo Deutsche wie Polen mehrheitlich katholisch blieben, war die Grenze zwischen den Nationalitäten fließend. Von 1740/45 (Schlesische Kriege Friedrichs II.) bis 1945 gehörte der größte Teil Schlesiens zum Königreich Preußen und damit von 1871 bis 1945 zum Deutschen Reich.
Seit 1945 gehört Schlesien größtenteils faktisch zu Polen; seit dem Deutsch-Polnischen Grenzvertrag auch völkerrechtlich. Das polnische Schlesien gliedert sich heute in die Woiwodschaften Niederschlesien (Dolnośląskie) mit der Hauptstadt Breslau, Oppeln (Opolskie) mit der Hauptstadt Oppeln und Schlesien (Śląskie) mit der Hauptstadt Kattowitz. Randbereiche Schlesiens gehören zu kleinen Teilen auch zu den Woiwodschaften Lebus (Lubuskie) im Nordwesten sowie Großpolen (Wielkopolskie) im Norden und Kleinpolen (Małopolskie) im Osten. Allerdings umfasst die Woiwodschaft Niederschlesien auch den polnischen Teil der Oberlausitz, während Teile Kleinpolens um Tschenstochau im Nordosten der Woiwodschaft Schlesien liegen.
Die historische Grafschaft Glatz in den Sudeten an der Grenze zu Böhmen gehört seit dem 18. Jahrhundert ebenfalls zu Schlesien und ist mit ihrer Hauptstadt Kłodzko (Glatz) heute Teil der Woiwodschaft Niederschlesien.
Ein kleiner Teil des südlichen Schlesiens, die Region Tschechisch-Schlesien (früher Österreichisch-Schlesien), gehört zu Tschechien; ein weiterer Teil der ehemaligen preußischen Provinz Schlesien liegt heute im Freistaat Sachsen, dieses Gebiet gehört jedoch historisch ebenfalls zur Oberlausitz und wird heute als Schlesische Oberlausitz bezeichnet (Niederschlesischer Oberlausitzkreis).
Bis zu Flucht und Vertreibung infolge des Zweiten Weltkrieges wurde in Schlesien von der ansässigen deutschen Bevölkerung deutsches Schlesisch gesprochen, ein mitteldeutscher Dialekt. In Oberschlesien und insbesondere dem Oppelner Land wird neben Polnisch heute noch Deutsch und das so genannte „Wasserpolnisch“ gesprochen, ein polnischer Dialekt mit zahlreichen Einflüssen aus dem Deutschen und dem Tschechischen.
Geschichte
Frühzeit
In der zweiten Hälfte des 2. Jahrtausends v. Chr. (späte Bronzezeit) gehörte Schlesien zur Lausitzer Kultur. Deren Träger werden von einigen tschechischen und polnischen – weniger dagegen von deutschen – Wissenschaftlern als Vorfahren der Slawen angesehen. Diese Wissenschaftler stehen damit quer zur üblichen Annahme, die Slawen seien im 5. und 6. nachchristlichen Jahrhundert aus den Gebieten zwischen Dnepr und Bug nach Westen gewandert. Um die Zeitenwende wurde Schlesien von Silingern, Vandalen, Lugiern und anderen germanischen Völkern besiedelt. Für diesen Zeitabschnitt sind Schriftzeugnisse antiker Autoren fassbar, die das Gebiet in ihre Berichte über den als Magna Germania bezeichneten Siedlungsraum zwischen Rhein und Weichsel einbezogen.
Die Meinungen nach der Herkunft des Namens Schlesien (lateinisch Silesia) gehen in zwei Richtungen: 1. auf den vandalischen Stamm der Silinger zurück. Nach dem Abzug oder Untergang der Silinger im Zuge der Völkerwanderung im 5. Jahrhundert besiedelten nach 500 westslawische Stämme aus dem Osten Schlesien erneut, von denen die Namen der Golensizen, Opolanen, Slensanen, Dedosizen, Trebowanen und Boboranen überliefert sind. 2.auf den Namen des Flusses Ślęza,beziehungsweise des Berges Ślęza (genannt auch Sobótka ),Ort eines altslawischen Kultes. Der Berg Ślęza liegt zentral in Schlesien; der Name selbst knüpft auf das Wort „ślęg“, „śląg“, was nasses, mooriges Terrain, Sumpfgebiet bedeutet.
Mährisch-Böhmische Zeit (879–992)
Im Jahre 880 (manche Quellen sagen, vor 879) wurde ganz Schlesien von Sventopluk dem Großmährischen Reich angeschlossen. Mit dem Zerfall dieses Reiches nach 906 dehnten die Přemysliden ihre Macht auch über Schlesien aus. Dies erfolgte wohl schon zu Zeiten des ersten böhmischen Herzogs Spytihněv I. und wurde durch seinen Nachfolger Vratislav I. fortgeführt. Vratislav erweiterte seinen Herrschaftsbereich über das Land der Golensizen hinaus um die mittelschlesischen Gebiete links der Oder. Zum Schutz der Grenze gründete er die Burg Vratislavia (Breslau, polnisch: Wrocław, tschechisch: Vratislav). Diese entwickelte sich später zum Zentrum Schlesiens als Herzogs- und Bischofssitz und Nimptsch, der Hauptort des Gaues Slenzane verlor seine Bedeutung. Fürst Boleslav I., dem die Gründung der Burg Boleslavecz (Bunzlau) zugeschrieben wird, konnte seinen Machtbereich noch deutlich erweitern. Neben dem Land der Boboranen und Opolanen besaß er in der Zeit zwischen 950 und 963 auch die Gebiete der Wislanen mit der Stadt Krakau sowie der Dedosizen.
Schlesien als Streitobjekt zwischen Böhmen und Polen (von etwa 900 bis 1137)
Vor 950 entstand zwischen Warthe, Weichsel und Pilica das erste polnische Piastenherzogtum unter Mieszko I.. Mit Unterstützung Kaiser Ottos II., dem eine Machtbeschränkung des Prager Fürsten Boleslav II. willkommen war, begann Mieszko I. eine intensive Südexpansion und eroberte Mittelschlesien mit der strategisch wichtigen Burg Nimptsch (Niemcza), nachdem er bereits nach 970 das Land der Dedosizen an der Mündung des Bober in die Oder besetzt hatte. Auch von Westen her sollte die Macht der Přemysliden in Schlesien beschränkt werden. Dem 968 errichteten Bistum Meißen hatte Kaiser Otto I. den Zehnt des Dedosizenlandes überlassen, einer Durchführung dieser Ostausdehnung kam jedoch Mieszko I. zuvor. Im Bunde mit Kaiser Otto III. führte Mieszkos Sohn Bolesław I. der Tapfere die Christianisierung Schlesiens fort und gründete im Jahr 1000 das katholische Bistum Breslau, welches als Suffraganbistum bis zum 19. Jahrhundert mit dem polnischen Erzbistum Gnesen verbunden blieb.
Bolesław I. eroberte zwischen 1012/13 Beleg? die Gebiete der heidnischen Opolanen, Golensizen und Wislanen und konnte dadurch ganz Schlesien einschließlich Teilen der Lausitz sowie Kleinpolen in sein Herzogtum territorial vollständig eingliedern. Damit erreichte die erste polnische Herrschaftsphase über Schlesien ihren Höhepunkt.
Als König Bolesław I. der Tapfere im Jahre 1025 starb, setzte ein rapider Zerfall des Königreiches Polen ein. Die Macht in Polen und somit auch in Schlesien ging an lokale Führer über. Als 1037 in weiten Teilen Polens ein heidnischer Aufstand gegen die christliche Kirche ausbrach und die Breslauer Bischöfe nach Schmograu (Smogorzów) und auf die Burg Ritschen (Ryczyn) verjagt wurden, nutzte Herzog Břetislav I. von Böhmen 1038 die Gunst der Stunde und eroberte im böhmisch-polnischen Krieg Schlesien zurück. 1054 gelangte Schlesien wieder zum Herzogtum Polen, nachdem Kaiser Heinrich III. im Frieden von Quedlinburg Břetislav I. zum Verzicht auf Schlesien hatte bewegen können und Kasimir I. der Erneuerer im Gegenzug zur Zahlung eines Tributs an Böhmen bereit gewesen war. Dieses Übereinkommen wurde zum Anlass mehrerer kleinerer Kriege zwischen Böhmen und Polen, nachdem sich die polnischen Herrscher seit König Bolesław II. dem Kühnen geweigert hatten, die schlesische Pacht zu bezahlen. Erst der 1137 geschlossene und 1138 bestätigte Pfingstfrieden von Glatz legte eine dauerhafte Grenzziehung zwischen Polen einschließlich Schlesiens sowie Böhmen und Mähren fest. Dabei verblieb das umstrittene Glatzer Land ebenso wie Teile des Golensizenlandes südlich des Flusses Zinna, das Troppauer Land, bei Böhmen und Mähren.
Das Königreich Polen wurde im Rahmen der 1138 eingeführten polnischen Senioratsverfassung in mehrere Herzogtümer aufgeteilt, das Seniorat Polen, von denen eines das Herzogtum Schlesien unter Seniorherzog Władysław II. dem Vertriebenen war, der damit die schlesische Linie der Piasten begründete. Ab 1138 setzte aber auch ein Bruderkrieg ein, der zur Absetzung Władysławs II. und einer Zersplitterung Polens führte.
Die Herrschaft der schlesischen Piasten (1137–1335)
Im Streit mit seinen jüngeren Brüdern suchte Herzog Władysław II. von Schlesien 1146 mit seiner Familie Zuflucht im Heiligen Römischen Reich und ersuchte seinen Schwager Kaiser Konrad III. um politische Unterstützung, indem er sich und sein verlorenes Herzogtum der Oberhoheit des Kaisers unterstellte. Sowohl Kaiser Konrad als auch sein Nachfolger Friedrich I. führten 1146 bzw. 1157 Feldzüge gegen Polen an. Seniorherzog Bolesław IV. der Kraushaarige von Masowien und Kleinpolen sagte zwar die Rückgabe des Herzogtum Schlesien an Władysław den Vertriebenen zu, zögerte diese aber bis 1163 hinaus. Erst unter Androhung weiterer kriegerischer Handlungen händigte Bolesław IV. Schlesien den drei Söhnen Władysławs II. aus. Der ältere, Bolesław I. der Lange († 1201), erhielt Mittel- und Niederschlesien als Herzogtum Schlesien (ducatus Silesiae) mit dem Zentrum Breslau. Der mittlere, Mieszko IV. Kreuzbein († 1211), bekam die oderaufwärts gelegenen Gebiete Ratibor (Racibórz) und Teschen (Cieszyn). Konrad I. († um 1180/90) wurde zum Herzog von Glogau (Głogów). 1201 wurden die Gebiete Mieszkos um Oppeln erweitert und zum Herzogtum Oppeln (ducatus Opoliensis) zusammengefasst. Dadurch entstand der Oppelner Zweig der schlesische Piasten.
Durch die formelle Aufhebung der Senioratsverfassung 1180 in Łęczyca und besonders seit dem Tod Seniorherzog Mieszkos III. des Alten erreichte der Partikularismus in Polen, mangels einer starken und einigenden Zentralgewalt, seinen Höhepunkt, und das Piastenreich zerfiel zusehends in selbständige feudalistische Fürstentümer, darunter auch die Herzogtümer Schlesien und Oppeln; dennoch fühlten sich die verschiedenen piastischen Zweige weiterhin als ein Teil einer großen Familie in dynastischer Verbundenheit.
Der Einfall mongolischer Heere im Jahre 1241 in Südpolen und die mit ihm verbundene Verwüstung des Landes und massive Dezimierung der polnischen Bevölkerung auf ein Fünftel Beleg? schuf die strukturellen Voraussetzungen zur Neubesiedlung des Gebiets mit deutschen Siedlern aus dem Heiligen Römischen Reich. Bereits Herzog Heinrich I. der Bärtige und seine Frau Hedwig von Andechs hatten zu Beginn des 13. Jahrhunderts deutsche Ostsiedler nach Schlesien gerufen, um die wirtschaftliche Leistungskraft des Herzogtums zu heben. Nach dem Mongolensturm erfolgte die von den schlesischen Piasten initiierte deutsche Ostkolonisation jedoch auf breiter Basis. Die deutschen Siedler gründeten mehr als 100 neue Städte und über 1.200 Dörfer nach deutschem Recht sowie viele Kirchen und Hospitäler. Auch die ursprünglichen polnischen Siedlungen passten sich zum großen Teil rechtlich, sozial und sprachlich den deutschen Siedlungen an. Die Siedler stammten überwiegend aus dem mittelfränkischen Sprachraum (bei Mainz), aus Hessen und Thüringen. Der Dialekt der deutschen Niederschlesier wurde daher zu einer Mundart, die mittelfränkische, hessische und thüringische Merkmale vereinte.
Die Bevölkerung wuchs auf mindestens das Fünffache. Schlesien war jahrhundertelang eine Brücke zwischen West und Ost sowie zwischen Nord und Süd. Ab 1249 zerfiel das Herzogtum Schlesien und ab 1281 das Herzogtum Oppeln in zeitweilig mehr als ein Dutzend kleiner, miteinander im Bruderkrieg liegender piastische schlesische Herzogtümer. Während dieses Machtvakuums versuchten Ende des 13. Jahrhunderts böhmische Könige und später das unter den kujawischen Piasten, den Nachkommen Herzog Kasimirs II. des Gerechten, geeinte Königreich Polen die schlesischen Herzogtümer ihrem jeweiligen Supremat zu unterwerfen.
Schlesien ein „Nebenland der Böhmischen Krone“ (1335–1526)
Schließlich unterstellten sich die Piasten in den Herzogtümern Schlesien und Oppeln einzeln oder in Gruppen als Vasallen der Lehnshoheit der böhmischen Könige: 1327 die Herzöge von Teschen, Falkenberg, Cosel-Beuthen, Auschwitz, Oppeln, Ratibor und Breslau, 1329 die Herzöge von Sagan, Oels, Steinau und Liegnitz-Brieg, 1331 die Herzöge von Glogau, 1336 Münsterberg und 1342 das Bistumsland Neisse-Ottmachau. 1353 gewann Böhmen das Herzogtum Schweidnitz-Jauer durch die Heirat Karls IV. mit der schweidnitz-jauerschen Erbin Anna.
Im Vertrag von Visegrád 1335, im Vertrag von Trentschin (1335, bestätigt 1339) sowie im Vertrag von Namslau 1348 verzichtete der polnische König Kasimir III. der Große auf Ansprüche der königlichen Linie der Piasten auf das alte Herzogtum Schlesien als Gegenleistung für den Verzicht der böhmischen Könige aus dem deutschen Haus Luxemburg auf die polnische Krone, die sie als Erben der Přemysliden Wenzel II. und Wenzel III. beanspruchten. Später bemühte sich Kasimir III., allerdings vergeblich, um eine Annullierung dieses Vertrages beim Papst. Im Jahre 1348 inkorporierte schließlich König Karl IV. Schlesien in die Länder der böhmischen Krone. Damit wurde Schlesien ein Teil des Heiligen Römischen Reichs, das sich seit der Zeit des Spätmittelalters um 1486 Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation nannte.
Von diesen von der böhmischen Krone gewonnenen Gebieten gingen die Herzogtümer Breslau, Glogau, Schweidnitz (definitiv 1368) und Jauer (definitiv 1368) nach dem Aussterben der dortigen jeweiligen schlesischen Piasten in unmittelbaren böhmischen Kronbesitz als so genannte Erbfürstentümer über, während in den übrigen (15) Lehnfürstentümern schlesische Piasten regierten, aber in mehrere Linien aufgesplittert.
Das seit 1137 zu Böhmen gehörende Troppauer Land wurde 1318 unter einer Nebenlinie der Prager Přemysliden zum Herzogtum Troppau erhoben. 1336 entstand durch eine entsprechende Heirat eine Personalunion zwischen Troppau und Ratibor, wodurch Troppau (wieder) politisch-rechtlich nach Schlesien hineinwuchs.
Im 14. und frühen 15. Jahrhundert konnte sich Schlesien in jeder Hinsicht ungestört und prächtig weiterentwickeln. Anfang des 15. Jahrhunderts entstanden die Begriffe Ober- und Nieder-Schlesien. Ober-Schlesien umfasste die Fürstentümer im Gebiet des ehemaligen Herzogtums Oppeln sowie das przemyslidische Troppau. Das westlicher liegende Nieder-Schlesien umfasste entsprechend die Fürstentümer des ungeteilten Herzogtum Schlesien einschließlich des Breslau-Ottmachauer Bistumslandes.
Die gegen Katholiken und Deutsche gerichteten Hussitenkriege trafen Schlesien als katholisch und deutsch geprägtes Nebenland Böhmens besonders hart. Menschen- und Siedlungsverluste, wirtschaftlicher Niedergang und eine von den Hussiten ausgelöste Slawisierungswelle waren die Folge. Die Situation verbesserte sich erst 1469, als der ungarische König Matthias Corvinus Mähren, Schlesien und die Lausitz eroberte und im Frieden von Olmütz 1479 in seinem Besitz bestätigt wurde. Matthias setzte einen allgemeinen Landfrieden durch und reorganisierte und zentralisierte die Landesverwaltung, er schuf das Amt eines königlichen Oberlandeshauptmannes und Fürstentage als bleibende Einrichtung.
Nach Corvinus’ Tod 1490 wurde Schlesien wieder ein Lehen des Königs von Böhmen, Ladislaus II. aus der Dynastie der Jagiellonen. In der Zwischenzeit fielen die Grenzherzogtümer Auschwitz 1457 und Zator 1494 an Polen, Sagan 1472 an die Wettiner und Crossen gelangte 1482 an Brandenburg. Andererseits kamen die Söhne des ehemaligen böhmischen Königs Georg von Podiebrad in den Besitz der schlesischen Herzogtümer Münsterberg und Frankenstein (seit 1459) sowie Oels (seit 1495).
Schlesien unter dem Haus Habsburg (1526–1742)
Nach dem Tod des böhmischen Königs Ludwig II. in der Schlacht bei Mohács (1526) kam die böhmische Königswürde an Ferdinand I. und somit an die Dynastie der deutschen Habsburger. 1526–1740 waren die österreichischen Habsburger als Könige von Böhmen auch Herzöge von Schlesien. Im 16. Jahrhundert wurden die meisten schlesischen Städte protestantisch. Verfolgungen der Protestanten im Zuge der in habsburgischen Landen durchgeführten Gegenreformation wurden in Schlesien durch Toleranzvereinbarungen beendet. Im 16. Jahrhundert setzten die letzten schlesischen Piasten der verbliebenen Kleinstaaten die brandenburgischen Hohenzollern als Erben ein. Die Habsburger Kaiser brachten aber auch diese letzten Kleinstaaten unter die böhmische Krone. Als 1675 der letzte schlesische Piast starb, konstruierte der Preuße Friedrich II. daraus einen Anspruch auf ganz Schlesien für Preußen. Seit der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts war Schlesien das wirtschaftlich wichtigste Gebiet der Habsburger Monarchie (Textilindustrie).
Preußen, Deutsches Kaiserreich und k.u.k. Monarchie (1742–1918)
Teilung in Preußisch Schlesien und Österreichisch-Schlesien
Nach dem Ersten Schlesischen Krieg und dem Vorfrieden von Breslau (1742) wurde vereinbart, dass Österreich Nieder- und Oberschlesien bis zur Oppa an Preußen abzutreten hatte. Nach dem Dritten Schlesischen Krieg (1756 bis 1763) musste auch die bis dahin böhmische Grafschaft Glatz an Preußen abgegeben werden.
Ein kleinerer Teil Schlesiens um Troppau, Jägerndorf, Teschen, Bielitz und Zator blieb als Österreichisch-Schlesien bis 1918 Bestandteil der Österreichisch-Ungarischen Monarchie. Zuerst (bis 1782) als Teil des Königreichs Böhmen, danach (bis 1849 und 1860–1861) Mährens. Laut einem Dekret vom 4. März 1849 wurden alle Völker des Kaisertums Österreich, darunter auch Schlesier, gleichberechtigt. Mit dem Dekret vom 30. Dezember 1849 wurde das Schlesische Land gebildet. Man gründete einen Schlesischen Landtag in Troppau, mit 30 gewählten Abgeordneten und dem Breslauer Bischof, ab 1866 waren sechs schlesische Abgeordnete sogar Mitglieder des Staatsrates in Wien, stellten den österreichischen Finanzminister und bekleideten andere hohe Staatsämter in Österreich. Der Schlesische Landtag arbeitete mit einer zehnjährigen Pause (1851–1861) bis zum Zerfall k.u.k. Monarchie 1918.
Nach dem Wiener Kongress von 1815 entstand der konföderativ organisierte Deutsche Bund als Nachfolger des 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation, dem sowohl Österreich als auch Preußen angehörten. Preußen organisierte seine Territorien als Provinzen um und Schlesien wurde eine der zunächst 10 Provinzen mit Breslau als Provinzhauptstadt. 1816 kam die vom Königreich Sachsen abzutretende nordöstliche Hälfte der Oberlausitz zur preußischen Provinz hinzu. Nach der Auflösung des Deutschen Bundes 1866 durch den Prager Friedensvertrag und Bildung des Norddeutschen Bundes (1867) sowie des Deutschen Reiches (1871) wurde nur Preußisch Schlesien Bestandteil des deutschen Nationalstaates.
Bevölkerung Schlesiens (um 1900)[1] Kategorie Preußisch Österreichisch Gesamt Anzahl prozentual Anzahl prozentual Anzahl prozentual Gesamt 4.942.611 100 % 680.422 100,0% 5.623.033 100,0% Deutsch 3.741.300 75,7% 304.149 44,7% 4.045.449 71,9% Polnisch 1.100.831 22,3% 225.900 33,2% 1.326.731 23,6% Slawisch 100.480 2,0% 150.373 22,1% 250.853 4,5% Bei den Reichstagswahlen Ende des 19. Jahrhunderts wählten die Oberschlesier mehrheitlich das katholische Zentrum. Die Niederschlesier wählten zunächst überwiegend die Partei der „Deutsch Freisinnigen“, später zunehmend die SPD. Mit der beginnenden Industrialisierung wurde Oberschlesien mit seinen Steinkohlebergwerken neben dem Ruhrgebiet zu einer der wirtschaftlich wichtigsten Regionen des Deutschen Reiches.
Weimarer Republik, Niederschlesien, Oberschlesien, Autonome Woiwodschaft Schlesien und Tschechisch-Schlesien (1919–1939)
Nach dem Ersten Weltkrieg kam es in Mitteleuropa zur tiefgreifenden geopolitischen Veränderungen. Die Kriegsverlierer, das kaiserliche Deutsche Reich und Österreich-Ungarn, die sich bis dahin Schlesien teilten, mussten ihre Teile Schlesiens ganz (k.u.k.) oder teilweise (Deutsches Reich) zu Gunsten der neu entstandenen Staaten Polen und Tschechoslowakei abgeben. Besonders umstritten war dabei Oberschlesien. Der 13. Punkt der „offiziellen Friedensziele der Alliierten“ (formuliert von US-Präsident Woodrow Wilson) sah die Wiederherstellung eines unabhängigen polnischen Staates vor, und zwar ausdrücklich nicht in den historischen Grenzen vor den Teilungen Polens, sondern mit allen „von einer unbestreitbar polnischen Bevölkerung bewohnten Gebieten”.
Oberschlesien war sprachlich ein Mischgebiet (Slawophon/Polnisch zirka 60 %, Deutsch etwa 40 %) und mehrheitlich katholisch (88 %). Die Bevölkerung von Niederschlesien war deutschsprachig und überwiegend evangelisch (68%).
Bereits 1920 fielen, wie im Versailler Vertrag festgelegt, mit der nordöstlichen Hälfte des Landkreises Groß Wartenberg und dem Reichthaler Ländchen (Lkr. Namslau) sowie kleinen Teilen der Landkreise Guhrau und Militsch einige Grenzgebiete Niederschlesiens ohne Befragung der Bevölkerung an Polen. Weiterhin sah der Vertrag vor, dass ganz Oberschlesien Polen zugesprochen werden sollte. Dies wurde jedoch vor allem aufgrund englischer Einflussnahme zu Gunsten eines Plebiszits geändert. Bei dieser Volksabstimmung im März 1921, bei der die Teile Oberschlesiens aus dem Abstimmungsgebiet ausgeklammert wurden, die nicht als doppelsprachig galten, votierten 60% für den Verbleib beim Deutschen Reich und 40% für Polen. Die über drei Jahre andauernden Spannungen vor und nach dem Plebiszit mündeten in drei propolnische Aufstände in Oberschlesien. Über die endgültige Teilung Oberschlesiens wurde erst 1922 entschieden, wobei der Oberste Rat der Alliierten zirka 70 % des Abstimmungsgebiets dem Deutschen Reich und zirka 30 % Polen zusprach, ohne dass die Teilungslinie immer lokalen Mehrheitsverhältnissen beim Plebiszit entsprach.
Im polnischen Teil Schlesiens entstand die Autonome Woiwodschaft Schlesien mit der Hauptstadt Kattowitz. Der größte Teil Schlesiens verblieb jedoch auch nach diesen Teilungen beim Deutschen Reich und wurde in die bereits 1919 neu geschaffenen Provinzen Niederschlesien mit der Hauptstadt Breslau und Oberschlesien mit der Hauptstadt Oppeln untergliedert. Den Oberpräsidenten (Verwaltungschef der Provinz) stellte in Oberschlesien bis 1933 das Zentrum, in Niederschlesien bis 1932 die SPD.
Das Hultschiner Ländchen – der Südteil des Landkreises Ratibor – war bereits Ende 1918 von der Tschechoslowakei militärisch besetzt worden und kam im September 1919 mit dem Vertrag von St. Germain zur Tschechoslowakei. Das österreichische Kronland Österreichisch-Schlesien kam nach dem Ersten Weltkrieg überwiegend zur neu gegründeten Tschechoslowakei – diese Gebiete gehören heute zu Tschechien – und zum kleineren Teil zu Polen. Anfang 1919 kam es um das Industriegebiet um Teschen zum Polnisch-Tschechoslowakischen Grenzkrieg. Auf Druck Frankreichs stimmte die Tschechoslowakei einer Aufteilung der Stadt zu, durch die deren größerer Teil an Polen fiel, der überwiegende Teil des Teschener Landes hingegen an die Tschechoslowakei.
Anfang Oktober 1938 kam der von Deutschen besiedelte Teil des tschechoslowakischen Schlesiens infolge des Münchner Abkommens zum Deutschen Reich, wenige Wochen später kam das mehrheitlich von Polen besiedelte Olsagebiet zu Polen.
Zweiter Weltkrieg (1939–1945)
siehe: Niederschlesische Operation, Oberschlesische Operation
1938 wurden die beiden seit 1919 getrennten Provinzen Ober- und Niederschlesien wieder vereinigt, Hauptstadt der Provinz wurde Breslau. Nach dem Einmarsch der Wehrmacht in Polen im September 1939 wurden auch die polnische Autonome Woiwodschaft Schlesien sowie Teile Kleinpolens der Provinz Schlesien angeschlossen. 1941 wurden Ober- und Niederschlesien erneut geteilt, dabei wurde Breslau Hauptstadt des Gaus Niederschlesien und die Stadt Kattowitz, die bis 1939 als Katowice Hauptstadt der Autonomen Woiwodschaft Schlesien war, Hauptstadt des Gaus Oberschlesien. Damals wurde auch das kleinpolnische Auschwitz (polnisch: Oświęcim) Teil des Gaus Oberschlesien. Hier errichtete die Hitler-Diktatur ihr größtes Vernichtungslager, Auschwitz-Birkenau, in dem etwa 1,5 Millionen Menschen, vor allem Juden aus Polen und anderen Teilen Europas sowie nichtjüdische Polen, ermordet wurden. Außerdem funktionierte das KZ Groß-Rosen bei Breslau 1940–1945 mit zahlreichen Außenlagern. Seit 1943 arbeitete die Oberbauleitung Riese im Eulengebirge.
Vertreibung der deutschen Bevölkerung (1945–1947)
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das östlich der Oder-Neiße-Linie gelegene Gebiet Schlesiens 1945 unter polnische Verwaltung gestellt. Entsprechend der zwischen den Alliierten auf der Potsdamer Konferenz getroffenen Vereinbarung sollte die endgültige Festlegung der Grenze zwischen Deutschland und Polen einer abschließenden Friedenskonferenz vorbehalten bleiben. Nach Übernahme der Verwaltung durch polnische Stellen wurde dieser Teil Schlesiens administrativ in den polnischen Staat eingegliedert, die deutschen Ortsnamen polonisiert und die deutsche Bevölkerung größtenteils vertrieben.
Ein Teil der damals 4,5 Millionen Schlesier floh ab Anfang 1945 vor der anrückenden Roten Armee. Ab dem Frühsommer 1945 wurde die Vertreibung der Deutschen von polnischen Stellen organisiert. Die hierzu erlassenen Bierut-Dekrete ermöglichten die Einziehung des gesamten beweglichen und unbeweglichen Eigentums von Personen deutscher Nationalität zugunsten des polnischen Staates. Deswegen wurden im Juni 1945 alle Deutschen aus einem Gebietsstreifen von etwa 30 Kilometer Breite unmittelbar östlich der Lausitzer Neiße vertrieben.
Da die neue polnische Verwaltung zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs gefestigt war, konnten im Sommer 1945 jedoch auch viele geflohene Schlesier zunächst wieder in ihre Heimat zurückkehren, bevor sie in den Jahren 1946 und 1947 endgültig vertrieben wurden. Rund 1,2 Millionen Deutsche in Oberschlesien und etwa 150.000 in Niederschlesien entgingen der Vertreibung zunächst ganz. Der Grund war im Falle der Oberschlesier die uneindeutige nationale Identität (Zweisprachigkeit, „schwebendes Volkstum“), im Falle der nicht vertriebenen Niederschlesier ihre Nützlichkeit als Facharbeiter, insbesondere im Bergbau um die Stadt Waldenburg (Wałbrzych). Die weitaus meisten Niederschlesier siedelten in den Jahren 1958 bis 1960 in die Bundesrepublik Deutschland aus, zum kleineren Teil in die DDR. Laut der Volkszählung 2002 leben in Schlesien 140.895 Deutsche (1,61 % der Gesamtbevölkerung Schlesiens), davon in der Woiwodschaft Niederschlesien 2.158/0,074 %, in der Woiwodschaft Oppeln 106.855/10,033 % und in der Woiwodschaft Schlesien 31.882/0,672 %. Von den nicht vertriebenen Oberschlesiern sind die meisten ab etwa Mitte der 1970er-Jahre aus wirtschaftlichen und politischen Gründen in die Bundesrepublik Deutschland ausgewandert oder – wie es vor allem seit der Mitte der 1980er der Fall war – illegal mit einem Touristenvisum in die Bundesrepublik gekommen, wo sie einen Vertriebenen-Status und somit u.a. das Recht auf eine Entschädigung für das in Schlesien zurückgelassene Eigentum erhielten. Der Höhepunkt der Aussiedlung- bzw. Ausreisewelle von Deutsch-Polen war Anfang 1990, ungeachtet oder gerade wegen der Anerkennung der deutschen Minderheit in Polen.
Das Eigentum der geflohenen und vertriebenen Deutschen wurde im Jahre 1946 durch zwei polnische Dekrete als „verlassenes bzw. herrenloses Gut“ entschädigungslos konfisziert. Die späteren deutsch-polnischen Aussiedler aus Schlesien haben hingegen nicht ihr gesamtes Eigentum verloren, einige haben sogar nach 1990 Teile ihres Eigentums in Polen zurückerhalten.
Die Zahl der Toten bei der Vertreibung aus Schlesien ist nicht exakt bekannt. Ausweislich der „Gesamterhebung zur Klärung des Schicksals der deutschen Bevölkerung in den Vertreibungsgebieten“ (München, 1964) sind 51.926 namentlich bekannte Niederschlesier (ohne Breslau) nachweislich „bei und als Folge der Vertreibung“ ums Leben gekommen, einschließlich 2.308 Suizide. Hinzu kommen 210.923 namentlich bekannte „ungeklärte Fälle“, davon 93.866 mit Vermisstenhinweis und 48.325 mit Todeshinweis (Quelle: Band II, Seite 353 dieser Dokumentation). Für Breslau, das gesondert erfasst wurde, betragen die Zahlen: 7.488 nachweislich Umgekommene, davon 251 Suizide. 89.931 namentlich bekannte ungeklärte Fälle, davon 37.579 mit Vermissten- und 1.769 mit Todeshinweis (Band II, S. 456 der Gesamterhebung). Von den Oberschlesiern sind 41.632 nachweislich umgekommen, davon 302 durch Suizid. Von den 232.206 namentlich erfassten ungeklärten Fällen lag für 46.353 ein Vermissten- und für 2.048 ein Todeshinweis vor (Quelle: Band II, Seite 405 dieser Dokumentation). Dies ergibt eine Gesamtzahl von 634.106 geklärten Todes- und ungeklärten Vermisstenfällen im Zusammenhang mit der Vertreibung der deutschen Bevölkerung aus Schlesien. Bezogen auf eine Gesamtzahl von 4.592.700 Einwohnern (Volkszählung 1938) ergibt dies einen Bevölkerungsverlust durch geklärte Todes- und ungeklärte Vermisstenfälle von 13,8 % der Gesamtbevölkerung. Rechnet man aus den 4.592.700 Einwohnern noch die bereits im Krieg umgekommenen und die im Kriegsverlauf geflohenen Einwohner heraus, so liegt der prozentuale Anteil noch weit höher.
Seit 1945
In Schlesien wurden meist Polen aus Zentralpolen und aus den ehemals ostpolnischen Gebieten neu angesiedelt. Hinzu kamen mehrere Zehntausend der zwischen April und Juli 1947 im Rahmen der Aktion Weichsel (Akcja Wisła) aus Südostpolen umgesiedelten, bzw. von Polen vertriebenen Ukrainer, und Polen aus Bosnien, Rumänien und Frankreich, auch griechische Kommunisten. Auch mehr als 100.000 polnische Juden kamen nach Niederschlesien, die meisten von ihnen wanderten später in den Westen und nach Israel aus.
Die Gebiete Schlesiens, die vor 1938 Bestandteil der Tschechoslowakei waren, wurden 1945 wieder der CSR angeschlossen. Die deutsche Bevölkerung wurde auch von hier vertrieben.
Der westlich der Lausitzer Neiße liegende Teil der Provinz Niederschlesien blieb deutsch und wurde nach 130 Jahren wieder Teil von Sachsen. Geografisch ist es ein Teil der Oberlausitz.
Mit Inkrafttreten des deutsch-polnischen Grenzvertrages 1991/92 kam der östlich der Neiße gelegene Teil Schlesiens völkerrechtlich zur Republik Polen. Bei der Neugliederung der Woiwodschaften vor wenigen Jahren wurden die historischen Grenzen Schlesiens teilweise wieder berücksichtigt.
Das polnische Schlesien ist heute in die Woiwodschaften Niederschlesien (dolnośląskie), Oppeln (opolskie), Schlesien (śląskie), zu kleinen Teilen auch Lebus (lubuskie) sowie Großpolen (wielkopolskie) und Kleinpolen (małopolskie) aufgeteilt.
Schlesien entwickelt sich wirtschaftlich positiv, besonders erfolgreich ist die Automobilindustrie in Bielsko-Biała und in Gliwice (Gleiwitz). Breslau und seine Umgebung zählen zu den beliebtesten Investitionsstandorten Polens. Im vergangenen Jahrzehnt konnten in allen schlesischen Woiwodschaften zahlreiche wichtige Infrastrukturprojekte einschließlich des Ausbaus der Autobahn A4 realisiert werden. In Breslau entsteht bis 2011 ein neuer internationaler Verkehrsflughafen.
Im Januar 2005 hat der Sejm ein neues Minderheitengesetz verabschiedet. Danach wird es in etwa 20 Gemeinden in Oberschlesien mit mehr als 20 % deutschsprachigem Bevölkerungsanteil möglich sein, eine zweisprachige Ortsbeschilderung und Deutsch als Verwaltungshilfssprache einzuführen.
Kultur
- Siehe Hauptartikel: Schlesische Kultur
Küche
- Siehe Hauptartikel: Schlesische Küche
Tracht
- Siehe Hauptartikel: Schlesische Tracht
Heraldik
Wappen (Nieder-) Schlesiens
Das Wappen Schlesiens stellt einen gelbbewehrten, schwarzen Adler auf goldenem/gelben Grund dar. Auf der Brust trägt der Adler einen weißen Halbmond – meist mit einem Kreuz versehen. Ursprünglich geht das Wappen auf Heinrich II. den Frommen, Herzog von Schlesien, zurück. In der Folge trugen weitere Herzöge von Schlesien (-Breslau) dieses Wappen. Auch wenn Schlesien seit dem 13. Jahrhundert in Teilfürstentümer zerfiel, nahmen die niederschlesischen Piasten den schlesischen Adler in ihre Wappen auf. Dagegen wurde in Oberschlesien seit dem 14. Jahrhundert eine andere Farbgebung des Wappens gebräuchlich. Trotzdem blieb der schwarze Adler das Wappen Schlesiens, auch wenn es keine territoriale Einheit bildete.
Teilweise wird der schlesische Adler – wie im Wappen der Provinz Schlesien – mit dem Herzogshut dargestellt. In der Weimarer Republik, bzw. nach dem Ende des Deutschen Kaiserreichs wurde der Adler ohne Krone dargestellt. Auch das Wappen der heutigen Woiwodschaft Niederschlesien zeigt einen unbekrönten Adler, der nach dem schlesischen Wappen am Grab Heinrich IV. gestaltet ist.
Wappen Oberschlesiens
Das oberschlesische Wappen geht auf die Herzöge von Oppeln zurück und zeigt einen gelbbewehrten, gelben Adler auf blauem Grund. In dieser Farbgebung ist das Wappen seit dem 14. Jahrhundert nachweisbar, seit dem 15. Jahrhundert wird der Adler mit einer Krone dargestellt. Mit dem Aussterben der oberschlesischen Piasten in den Teilfürstentümern – die ebenfalls diese Darstellung angenommen hatten – wurde dieses Wappen seltener verwendet (v.a. in der preußischen Provinz Schlesien).
Mit der Gründung der preußischen Provinz Oberschlesien wurde ein neues Wappen nötig, das von Otto Hupp entworfen und am 1. Juni 1926 offiziell angenommen wurde. Das Wappen zeigt einen halben unbekrönten oberschlesischen Adler auf blauem Grund, in der Mitte eine gelbe Sense und darunter, ebenfalls in Gelb, Schlägel und Eisen. Das Wappen nimmt charakteristische oberschlesische Motive, wie den Piastenadler, die Sense stellvertretend für die Landwirtschaft und die gekreuzten Hämmer als Symbol für den Bergbau auf, gleichzeitig weist es jedoch mit dem halben Adler auf die Teilung Oberschlesiens 1922 hin.
Das heutige Wappen der Woiwodschaft Schlesien zeigt im Gegensatz zu dem der Woiwodschaft Oppeln den unbekrönten oberschlesischen Adler.
Persönlichkeiten
Aus Schlesien kamen mehrere Seniorherzöge von Polen (z.B. Heinrich I. der Bärtige und seine Nachkommen), Heilige der katholischen Kirche, österreichische Minister und andere hohe Amtsträger, aber auch hervorragende Wissenschaftler, Maler, Dichter und Schriftsteller.
Hanna Reitsch (* 29. März 1912 in Hirschberg im Riesengebirge, Schlesien; † 24. August 1979 in Frankfurt am Main) war eine der bekanntesten und erfolgreichsten deutschen Fliegerinnen des 20. Jahrhunderts. Reitsch flog über 40 Rekorde in allen Klassen und Flugzeugtypen
Schlesier waren die Schriftsteller Walenty Roździeński (1570–1641) und Gerhart Hauptmann (1862–1946), die in ihren Werken die harten Lebensumstände der schlesischen Handwerker und Arbeiter schilderten, der erste in seinem Poem „Officina ferraria“[2] das Los der schlesischen Bergleute und Hammerschmiede des 16. Jahrhunderts. Hauptmann verarbeitete in seinem Drama „Die Weber“ die Aufstände der schlesischen Leineweber des 19. Jahrhunderts. [3].
Auch der Dichter Andreas Gryphius, geboren 1616 in Glogau, war Schlesier. Er thematisierte vor allem den Dreißigjährigen Krieg mit seinen Auswirkungen auch auf Schlesien [4].
Schlesier waren ebenfalls der Dichter der deutschen Romantik Joseph von Eichendorff (1788–1857) – und Óndra Łysohorsky (1905–1989), der außer Poesie, die Kodifizierung des schlesischen Dialekts lachisch schuf.
Von den schlesischen Malern sei hier nur Adolph von Menzel erwähnt.
Zu den schlesischen Wissenschaftlern gehören z.B. die Physikerin und Nobelpreisträgerin Maria Goeppert-Mayer oder der Arzt und Bakteriologe Paul Ehrlich.
Auch Dietrich Bonhoeffer war Schlesier.
Verweise
Siehe auch
- Schlesische Museen
- Portal:Schlesien
- Kategorie:Ort der Woiwodschaft Niederschlesien
- Kategorie:Ort der Woiwodschaft Oppeln
- Kategorie:Ort der Woiwodschaft Schlesien
- Schlesier, Deutsche Schlesier, Polnische Schlesier, Tschechische Schlesier
- Ostelbien
- Landsmannschaft Schlesien
Literatur
- Joachim Bahlcke (Hrsg.): Schlesien und die Schlesier. (= Vertreibungsgebiete und vertriebene Deutsche; Bd. 7). Langen Müller, München 1996, ISBN 3-7844-2549-6
- Norbert Conrads: Schlesien. (= Deutsche Geschichte im Osten Europas). Siedler, Berlin 1994, ISBN 3-88680-216-7
- Michael Ferber: Schlesische Biographie. Personenlexikon. Preußler, Nürnberg 2005, ISBN 3-934679-17-X
- Traud Gravenhorst: Schlesien – Erlebnisse eines Landes, Breslau 1938, Wilh. Gottl. Korn Verlag
- Margret Heitmann, Andreas Reinke, Bibliographie zur Geschichte der Juden in Schlesien, München 1995
- Winfried Irgang, Werner Bein, Helmut Neubach: Schlesien. Geschichte, Kultur und Wirtschaft. (= Historische Landeskunde – deutsche Geschichte im Osten; Bd. 4). Verlag Wissenschaft und Politik, Köln 1995, ISBN 3-8046-8819-5
- Jürgen Joachimsthaler, Walter Schmitz (Hrsg.): Verhandlungen der Identität. Literatur und Kultur in Schlesien seit 1945. Thelem, Dresden 2004, ISBN 3-935712-37-5
- Ferdynand Roemer: Geologie von Oberschlesien : Eine Erläuterung zu der im Auftrage des Königl. Preuss. Handels-Ministeriums von dem Verfasser bearbeiteten geologischen Karte von Oberschlesien in 12 Sektionen. Nischkowsky, Breslau 1870 (Digitalisat)
- 150 Jahre Schlesische Zeitung (1742–1892), erschienen 1892 im Verlag Wilh. Gottl. Korn, Breslau
- Manfred Raether (Hrsg.): 150 Jahre Schlesische Zeitung (1742–1892); Neuausgabe des 1892 erschienenen Buches als e-Buch; Schöneck, 2008
- Fedor Sommer (Hrsg.): Schlesien. Eine Landeskunde als Grundlage für den Unterricht. hirt, Breslau 1897 (Nachdruck: Melchior, Wolfenbüttel 2006, ISBN 3-939102-21-0)
- Fedor Sommer (Hrsg.): Heimatatlas für die Provinz Schleseien. 1913 (erweiterte Neuausgabe: Archivverlag, Braunschweig 2004)
- Klaus Ullmann: Schlesien-Lexikon. Kraft, Mannheim 1981, ISBN 3-8083-1161-4 (zuletzt: Flechsig, Würzburg 2001, ISBN 3-88189-393-8)
- Silesia Nova, Vierteljahresschrift für Kultur und Geschichte, Neisse-Verlag, Dresden, ISSN 1614-7111
- Hermann Schreiber: Die Vandalen, Scherz Verlag, Bern/München
Weblinks
- Servis „Seh Schlesien!“
- Sammlung historischer Landkarten zur deutsch-polnischen Geschichte
- Provinz Schlesien
- Österreichisch-Schlesien
- Historische und aktuelle Karten von Schlesien
- Liste aller schlesischen Orte auf deutsch und polnisch
- Ansichtskarten von schlesischen Orten
- http://www.prosilesia.net
- Schlesische Digitale Bibliothek
- http://lexikon.meyers.de/meyers/Schlesien
Fußnoten
- ↑ Meyers großes Konversationslexicon, 6. Auflage, Leipzig und Wien, 1909
- ↑
- ↑ Lemo : Gerhart Hauptmann
- ↑ Haus der Deutsch-Polnischen Zusammenarbeit Andreas Gryphius
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