Softwarekunst

Softwarekunst

Digitale Kunst oder Digitalkunst, oft gleichbedeutend mit Computerkunst gebraucht, sind im allgemeinen Sprachgebrauch Sammelbegriffe für Kunst, die digital mit dem Computer erzeugt wird. Im engeren Sinn ist es Kunst, die nur durch die spezifischen Eigenschaften digitaler Medien möglich geworden ist, zum Beispiel die Zählbarkeit aller Information, ihre Trennbarkeit von einem bestimmten Datenträger oder den Einsatz von Algorithmen. – Erst in den 1990er Jahren wurde der Ausdruck Digitale Kunst gebräuchlich.

Inhaltsverzeichnis

Begriffe und Definitionen

Interaktive Roboterinstallation "profiler" der Künstlergruppe "robotlab" aus Karlsruhe

Die Digitale Kunst zählt zur Medienkunst. Im Zusammenhang mit digitaler Kunst werden Begriffe verwendet, die sich teilweise überschneiden:

Der Ausdruck elektronische Kunst kann sich auf alle künstlerischen Arbeiten und Werke beziehen, die funktionierende analoge oder digitale Elektronik enthalten, sei es in Kunstgattungen wie Architektur, Performance, Tanz, Bildhauerei und Musik, oder in neuen Bereichen wie Robotik oder computergestützter Animation. Elektronische Kunst war in ihren Anfängen analog und muss heute nicht notwendig digital sein.

Von Computerkunst spricht man, wenn der Computer eine zentrale Funktion hat. Auch sie war vor allem in ihren Anfängen nicht immer digital, es konnten Analogrechner eingesetzt werden. Heute wird der Ausdruck Computerkunst außerdem in einem engeren Sinn für elektronische Kunst oder für digitale Kunst gebraucht, die den Computer und seine Arbeitsweise thematisieren und ihn nicht nur als Hilfsmittel verwenden.

Digitale Kunst kann auf allen Geräten entstehen, die Information digital verarbeiten und künstlerisch verwendbar sind. Viele Formen digitaler Kunst sind durch den Unterschied zwischen dem rein digitalen Werk, den binären Dateien, und ihrer hörbaren und sichtbaren Repräsentation geprägt. Liegen Werke in digital kodierter und gespeicherter Form vor, etwa als Bilddateien, Algorithmen, Hypertexte, ausführbare Programme oder Code für Internetseiten, kann von Digitaler Kunst im engeren Sinne gesprochen werden. In bestimmten Fällen sind die Dateien und digitalen Vorgänge sogar das eigentliche Kunstwerk.[1]

Sind Werke digitaler Kunst ohne die Repräsentation nicht vollständig, kann durch ausgesuchte Hardware und Software die Repräsentation künstlerisch gezielt beeinflusst werden. Selbst gezielt ergebnisoffene Gestaltung ist mit Software möglich, die bei Veränderungen von Variablen zu nicht genau vorhersehbaren künstlerischen Ergebnissen führt. Die Repräsentation einer Datei muss nicht akustisch oder visuell sein, sie kann zum Beispiel aus einer kollektiven multimedialen Performance bestehen, in der das Publikum und die Öffentlichkeit zu unverzichtbaren Akteuren werden, wie bei biennale.py, dem Virus für die 49. Biennale Venedig.

Computergenerierte Digitale Kunst und Mediale Digitale Kunst werden in der kunsthistorischen Betrachtung unterschieden (siehe Literatur, Christiane Paul, Digital Art):

Computergenerierte Kunst entsteht auf Basis traditioneller Kunstgattungen und Kunstformen mit dem Computer als Werkzeug. Vormals analoge Bereiche der Bildkunst wie Druck, Malerei, Fotografie werden digital weitergeführt. Ebenso werden Kunstwerke im Bereich der bewegten Bilder, Video und Film und der Übertragungsmedien Radio und Fernsehen, nach Konventionen aus der analogen Zeit der Medienkunst, zunehmend digital erzeugt. Gleiches gilt für „Elektronische- oder Digitale Musik” (siehe unten: Computergenerierte Kunst).

„Mediale Digitale Kunst” dagegen, nutzt Computer und Netzwerke, oder andere digitale Geräte, wie Mobiltelefone, als eigenständiges Medium, unter Anderem auf Basis des Internet, so dass eigene Kunstformen wie Netzkunst (Net Art), Softwarekunst (Software Art), digitale Installationen und Kunstwerke im Bereich Virtuelle Realität entstehen (siehe unten: Mediale Digitale Kunst).

Das Festival Ars Electronica in Linz geht auf entscheidende Entwicklungen in allen Bereichen elektronischer Kunst ein. Computerkunst und Digitale Kunst sind ständige Schwerpunkte. Die Ars Electronica inspiriert künstlerische Arbeiten und fördert Künstler durch den manchmal als Oscar der digitalen Kunst bezeichneten Prix Ars Electronica.

Computergenerierte Kunst

„moholy-nagy“, 2006; Digitale Collage des ungarischen Künstlers István Horkay
  • Digitale Bildkunst : Digitale Bildkunst, meist kurz „Digitale Kunst” genannt, fällt weitgehend unter „computergenerierte Kunst” und wird vorwiegend auf zweidimensionale Medien (Web/Print/Projektion) ausgegeben. In allgemeinerem Sinn werden visuelle Ausgaben eines Computers als Computergrafik bezeichnet. Nur ein Bruchteil davon ist bedeutend als künstlerische Computergrafik oder digitale Bildkunst im Sinne zeitgenössischer oder angewandter Kunst. Differenzierungen digitaler Bildkunst:
  • Digitales Malen: Durch Eingabegeräte wie Grafiktablett oder Maus direkt erzeugt, manchmal mittels Algorithmen manipuliert, um mitunter traditionellen Maltechniken ähnelnde Effekte zu erreichen.
  • Szenische 3D-Kunst: Darstellungen virtueller Räume mittels 3D-Software
  • Digitale Stilkunst: Digital erzeugte Nachempfindung und Weiterführung traditioneller Kunststile, z. B. digital-impressionistisch, digital-abstrakt
  • Mixed Media: Mischformen aus oben genannten Techniken
  • Computerkunst: Computerkunst als Digitale Bildkunst, die den Computer selbst und seine Arbeitsweise thematisiert
Eine jährliche Konferenz für digitale Bildkunst ist die SIGGRAPH.
  • GFX Grafik: GFX ist eine spielerische Abkürzung für Graphical Effects. Ähnlich analogen Kunstformen, wie Comics oder Graffiti, die mit Jugendszenen und Jugendkultur verbunden sind, ist GFX mit der GFX-Szene beziehungsweise der Demoszene verbunden, einer digitalen Jugendkultur oder Netzkultur, in der grafische Effekte ursprünglich für Spielecomputer und Spielkonsolen wie C64, Atari ST, Commodore Amiga oder X-Box programmiert wurden. Auch heute beruht die Programmierung von GFX Grafiken und Animationen auf Verfahren, die besonders geeignet sind, vom Computer direkt ausgegebene Grafik und Klang in außergewöhnliche Qualität aufeinander abzustimmen und damit die Möglichkeiten des Computers zu demonstrieren. GFX ist eine eigenständige Kunstform, die einerseits als angewandte Kunst untrennbar mit Computerspielen verbunden ist, andererseits aber auch eigenständige Werke hervorbringt, die als zeitgenössische Kunst gesammelt werden (etwa Yehoshua Lakners AVZGs).
  • Digitale Poesie : Computergenerierte Wortspiele, Dichtungen, visuelle Poesie und programmierte Dialoge. Frühe Digitale Poesie schrieb bereits Raymond Queneau 1962. 1980 entwarf Jean-Pierre Balpe den ersten algorithmischen Gedichtgenerator „Poèmes d’Amour”.
  • Digitale Musik : Computermusik und Elektronische Musik sind heute weitgehend digitalisiert. Elektronische Musik ist anfangs, ähnlich früher visueller Computerkunst (siehe Oscillon)s mit analogen Generatoren erzeugt worden. Eine der ersten musikalischen Anwendungen eines digitalen Computers war 1957 die digitale Musikkomposition ILLIAC-Suite. Iannis Xenakis entwickelte 1961 seine Kompositionstheorie auf Grundlage des neuen Verfahrens der Klangsynthese mit Klangquanten. Aufgrund langer Rechenzeiten und geringer Speicherkapazität setzte sich die voll digitalisierte Musikausgabe erst gegen Ende der 1970er Jahre mit einer schnelleren Computergeneration durch.

Mediale Digitale Kunst

Mediale digitale Kunst tendiert zu Interaktivität und Multimedialität. Es geht um die Interaktion zwischen Kunstwerk und Mensch, wobei die Teilnehmer mit dem Kunstwerk ein komplexes Netz und eine künstliche Welt bilden können. Als vorwiegend visuelle und auditive interaktive Benutzerschnittstelle dienen Webseiten, Programmoberflächen, Spieloberflächen, und softwaregesteuerte Installationen. Für haptische Interaktion werden manchmal raumorientierende Zusatzgeräte eingesetzt. Zu den neuen Kunstformen zählen:

  • Netzkunst : Unter diesen Sammelbegriff wird künstlerische Arbeit in analogen oder digitalen Netzen mit Arbeit in künstlerischen Netzwerken zusammengefasst. Internet- oder Webpräsenzen, die entweder durch ihr programmiertes Verhalten oder die Interaktion mit dem Besucher am Bildschirm eigenständige Kunstwerke bilden, können unter beide Kategorien fallen. Netzkunst und Digitale Kunst überschneiden sich in weiten Bereichen, vor allem dort, wo Digitale Kunst telematische Netze einbezieht oder gemeinsame Kunstwerke durch die Vernetzung von Teilnehmern ermöglicht.
  • Softwarekunst : Als einer der Ursprünge gelten kreativ kodierte Computeroperationen, die entgegen mancher Erwartung funktionieren. Zuerst am Massachusetts Institute of Technology wurde dafür die Bezeichnung „Hack“ verwendet. Software Art als bewusst eigene Kunstform wurde jedoch erst gegen Ende der 1990er Jahre zum Beispiel durch de-programmierte Computerspiele (vergleiche [2]) oder andere herunterladbare Programme allgemein bekannt, die den Nutzer animieren, sein Verhältnis zu Internet, Rechner und eigenem Nervensystem zu überdenken.
  • Code Poetry und Net Poetry : In Computersprachen wie Algol oder Perl verfasste Code Poetry ist nicht nur computergeneriert, sie kann unter Umständen als Code tatsächlich ausführbar sein.[3]. Ein Ereignis auf der Biennale 2001 Venedig war Net Poetry online im „Parallel-Action-Bunker” von Caterina Davinio. Ebenso für Net Poetry seit den 1990er Jahren zu nennen: jodi.org (Joan Heemskerk und Dirk Paesmans)[4].
  • Interaktive Installation : Der Besucher wird zum Benutzer und interagiert in einer Kunstinstallation durch Körperbewegung, Geräusche, Laute, Sprache mit Programmen, die meist visuell und akustisch antworten. Typische digitale interaktive Installationen sind einige Werke von Michael Saup.
  • Virtuelle Realität : Begehbare softwaregesteuerte Installationen und Projektionen, virtuelle Räumlichkeiten und andere digitale Kunstwelten haben bildhauerische und architektonische Aspekte. Sie können mit Text, Grafik, Animation, Sprache, virtueller Audio-Realität und sogar körperlicher Erfahrung als virtuelle Existenz erlebt werden. Durch den Eintritt in virtuelle Räume als virtuelle Persönlichkeit oder Avatar, kann sich eine gelebte Traumwelt entwickeln. Als virtuelle Realität können bezeichnet werden
  • Virtuelle künstliche Personen und Räume, die durch digitale Netzkommunikation in der Vorstellungswelt der Teilnehmer entstehen, wie beispielsweise Muds oder Figuren wie Monty Cantsin (oder noch virtueller: Karen Eliot). Charakteristisch für solche Figuren und Fantasiewelten: Das Muster ist ursprünglich durch analoge Telekommunikation entstanden oder die heutigen digital kommunizierten Ausprägungen wären im Prinzip noch in analogen Communitys als Vorstellungswelten oder Rollenspiele möglich.
  • Virtuelle Räume, erfahrbar als dreidimensionale Illusionswelten z. B. als Cave Automatic Virtual Environment, Head Mounted Display (HMD) oder Ähnliches.
  • Virtuelle Welten, die weitgehend von den als Avatar präsenten Beteiligten selbst, als komplett digitale und virtuelle Realität gestaltbar sind, beispielsweise Second Life.

Im Bereich Digitale Kunst und Medienkunst wird als bekannter Preis der Digital Sparks Award verliehen.

Geschichte

Der Futurismus zu Beginn des 20. Jahrhunderts begrüßte den Einsatz von Maschinen. Elektronische Musikinstrumente wie das Trautonium (1924) sind aus dieser Zeitstimmung hervorgegangen. Mit der Tontechnik, der Funktechnik und später der Fernsehtechnik konnte seit Beginn des 20. Jahrhunderts elektronische Kunst erzeugt werden, die noch nicht digital war. Schon viel länger gab es dagegen Kunst, die auf spielerisch-numerischen Gestaltungsmitteln aufbaute wie dem Spielwürfel. Sie ist im Wortsinn digital, ohne dass Maschinen zu Hilfe genommen werden müssten.

Pioniere des künstlerischen Einsatzes elektronischer und digitaler Geräte gab es an Institutionen wie den Bell Laboratories, dem Massachusetts Institute of Technology (MIT), dem Kölner Studio für elektronische Musik und an der Technischen Hochschule Stuttgart, an der Max Bense unterrichtete[5].

Studios für elektronische Musik gab es früher als Studios für Computerkunst. Am Beginn elektronischer Kunst standen Musiker[6]. Ben F. Laposky, der die ersten elektronischen Grafiken erzeugte, bezeichnete sie als Visuelle Musik. Der Beginn der Computerkunst ist in mehrfacher Hinsicht mit elektronischer Musik verbunden:

  • Die Wellenformen einfacher Töne wurden schon mit einem Vorläufer des ‚automatischen Plotters‘, dem Oszillografen, sichtbar und hörbar gemacht. Mit Computerkontrolle wurde es möglich, generierte Wellen zu steuern und zu überlagern, so dass Töne konstruiert werden konnten.
  • Computer wurden zum digitalen Sampling und zur musikalischen Anordnung und Umsetzung der Samples benutzt, die anschließend über einen Analog-Digital-Umsetzer wieder ausgegeben wurden [7].
  • Auf dem Bildschirm erzeugte grafische Darstellungen von Amplitude, Frequenz und Dauer von Noten wurden vom Komponisten mit einem Lichtgriffel manipuliert, die Klangveränderung wurde computerberechnet fast sofort hörbar [8]
  • Computer eröffneten neue Möglichkeiten der Komposition. Notation im Computer war leichter korrigierbar, Klangmuster konnten endlos aneinander gesetzt und überlagert werden und komplexe mathematische Ordnungen und Algorithmen konnten erstmals in eine Komposition eingehen.

Allerdings blieb analoge Elektronik in der Musik noch Grundlage der Wiedergabe bis Computer für die Klangwiedergabe in Echtzeit schnell genug wurden.

Seit Anfang der 1950er Jahre bis in die 1960er benutzten audiovisuell orientierte Künstler Kathodenstrahlröhren, um durch Ablenkung des Kathodenstrahls auf einem Bildschirm Bilder zu erzeugen. Anfangs waren die Bilder stark davon geprägt, dass es sich bei den Geräten im Prinzip um Oszillografen handelte. Ben F. Laposky, der ab 1950 auf solchen Bildschirmen Bilder generierte, nahm diese animierten Kurvengrafiken mit Hochgeschwindigkeitskameras auf und nannte sie „Oscillons”. Herbert W. Franke nutzte 1953 bis 1956 ebenso analog gesteuerte Geräte, und nannte einen Teil der entstandenen Werkgruppe „Oszillogramme”.

Wissenschaftlern an den Bell Laboratories gelang es in den 1950er Jahren, sämtliche Instruktionen zur Bilderzeugung, vor dem Abfotografieren von einem Bildschirm, durch einen digitalen Computer zu erzeugen und zu kontrollieren. Die Geräteanordnung wurde als ‚automatischer Plotter‘ bezeichnet [7]. Die Ausgabe von Vektorgrafik mit Stiftplottern auf Papier wurde erst später möglich.

Ein Schritt zu komplexerer Computergrafik begann mit dem Kathodenstrahl-Bildschirm des am MIT entwickelten Whirlwind-Computers (siehe Geschichte der Computergrafik).

Zu den Pionieren grafischer Computerkunst im deutschsprachigen Raum zählen Personen, die entweder von der Informationsästhetik (Max Bense) beeinflusst waren oder in Verbindung zu Informatikern standen (z. B. Kurd Alsleben). Arbeiten konnten sie nur in Verbindung mit Rechenzentren, wie dem DESY in Hamburg, da Computer in den 1950er und 1960er Jahren noch raumfüllende Anlagen waren. In dieser Entstehungszeit knüpft sich an die Entwicklung der theoretischen Grundlagen und deren technologisch- künstlerischer Umsetzung die Erwartung, hiermit eine neue Ästhetik zu entwickeln („So ist die Ästhetik als objektive und materiale Ästhetik gedacht, die nicht mit spekulativen sondern mit rationalen Mitteln arbeitet.“ – Bense 1969).

Mit der Verbesserung der Ausgabetechniken über Mikrofilmplotter und computergesteuerte Zeichenmaschinen interessierten sich zunehmend mehr Künstler für Computer. Während erste Programme für Stiftplotter zur Anwendung durch Architekten und ähnliche Berufe konzipiert waren, erstellten Künstler wie Frieder Nake und Herbert W. Franke eigene Programme für Plotter. Mit Programmcode und Beschreibungssprachen für grafische Formen und Effekte stand "erstmalig in der Geschichte der bildenden Kunst ein grafisches Beschreibungssystem zu Verfügung; es war den Noten der Musik vergleichbar, übertraf diese aber durch die Tatsache, dass aus dem Programmcode auch das generative Prinzip, die in den Bildern manifestierte Ordnung, zu ersehen ist."[9].

Neben Informatikern interessierten sich anfangs meist Künstler für die Arbeit mit Computern, die wie Vera Molnar aus der konkreten und abstrakten Kunst kamen. Einen anderen Hintergrund hat Manfred Mohr, der vom Action Painter und Jazzmusiker zum Pionier der Computerkunst wurde.

1965, beinahe zeitgleich in den USA und in Deutschland, stellten nicht Künstler, sondern Wissenschaftler das erste Mal Computerkunst in Galerien aus: Bela Julesz und A. Michael Noll in New York, Georg Nees und Frieder Nake in Stuttgart [10].

Georg Nees, der die ersten Grafikbefehle in Algol 60 schrieb[11], produzierte 1968, mit Fräsmaschine und Siemens 4004 Rechner, eine der frühesten komplett computerkontrolliert erzeugten Skulpturen. Sie wurde 1969 auf der Biennale Venedig ausgestellt[12].

In den 1970er Jahren wurden die Großrechner durch kleinere und interaktivere Rechenanlagen abgelöst, die über Tastatur und Monitor steuerbar, Rastergrafik ausgeben konnten. Laurence Gartel führte ab 1975 Methoden und Techniken aus der Videokunst ein: Videosynthesizer und erste Video-Malprogramme zur Manipulation von Grafik auf dem Monitor. Neue Möglichkeiten zur Bildmanipulation wurden von Künstlern aufgegriffen, die bislang mit analogen Medien gearbeitet hatten und gewöhnlich nicht als Vertreter der Digitalen Kunst genannt werden: Peter Greenaway für Film, zusammen mit István Horkay; Jeff Wall, Thomas Ruff und Andreas Gursky für fotografische Kunst.

Mit zunehmender Rechengeschwindigkeit und Speicherkapazität wurde die interaktive Bearbeitung von Grafik am Monitor Standard. Grafik konnte als Proof auf Desktop-Druckern ausgegeben werden. Yoichiro Kawaguichi begann in den 1980er Jahren damit, 3D Modeling Programme für digitale Kunst zu nutzen.

Mit Bildbearbeitungsprogrammen, wie Paintbox in den 1980er Jahren und Photoshop seit den 1990er Jahren, kann vorhandenes fotografisches Bildmaterial künstlerisch manipuliert werden. Die digitale Verfremdung von Bild und Fotografie durch solche Programme setzten Aziz & Cucher, Olga Tobreluts oder die Modefotografin Inez van Lamsweerde ein.

Eine Liste von Essays sowie eine fundierte Liste der Künstler, die Entwicklungen der Digitalen Kunst geprägt haben, bietet das Digital Art Museum (DAM), das den [ddaa] d.velop digital art award verleiht. (siehe unten).

Gegenwart

Heute sind zweidimensionale und dreidimensionale Bilder aller Art mit entsprechenden Programmen manipulierbar und herstellbar. Sie können um eine zeitliche Dimension ergänzt werden. Digitale Bildkunst kann so in Videokunst übergehen, wie in den Arbeiten von Yves Netzhammer. Einerseits computergenerierte Kunst und klassische Kunstdisziplinen, andererseits die mediale digitale Kunst im engeren Sinne differenzieren sich aus, fließen jedoch auch ineinander .

Die Digitalisierung verschiedenster, mittlerweile „traditioneller” Medien, führte zu deren digitaler Neuformulierung. Beispielsweise wird Videokunst, ursprünglich analog erstellt, nun digital aufgenommen. Daraus hat sich eine neue Kultur und Kunst auf Webseiten präsentierter Videoclips entwickelt.

Die digitale Bildkunst von Julian Opie besteht aus bewegten digitalen Grossformaten in Museen und im öffentlichen Raum. Auf großen Flachbildschirmen an geeigneten Gebäuden werden digital gezeichnete Menschen oder digital erzeugte Landschaften in ständig fließender Bewegung zeigt.

Von "computergeneriert" zu "netzgeneriert" schreitet die 2003 von Rodney Chang und Ingrid Kamerbeek gegründete „Webism Group of Worldwide Artists”, die am Gewinn von Bildern aus dem Netz, der Zusammenarbeit an Bildern im Netz und der Präsentation der Resultate in virtuellen Räumen und als virtuelle Galerie gestalteten Webseiten arbeitet.

Neben dieser Geschichte und Gegenwart der weitgehend als "computergeneriert" verstandenen Digitalen Kunst gibt es eine Geschichte und Gegenwart der "medialen" Digitalen Kunst, die mit Medienkunst und Netzkunst verbunden ist.

Unter den Hochschulen, die für Medienkunst im deutschen Sprachraum bekannt sind, engagiert sich für Digitale Bildkunst und Computergrafik sowie mediale Digitale Kunst besonders das von Peter Weibel geleitete Zentrum für Kunst und Medientechnologie (ZKM) in Karlsruhe.

Einzelnachweise

  1. Florian Cramer S. 1,2 Exe.cut[up]able statements: Das Drängen des Codes an die Nutzeroberflächen In: Festival Katalog 2003 der Ars Electronica
  2. Tilman Baumgärtel: On a Number of Aspects of Artistic Computer Games. In: Medien Kunst Netz. Medien Kunst Netz.: „Among the first artists to deal with games as a medium was the artist-duo Jodi, who, however, blazed a completely different aesthetic trail. In 1999, as guests of the Budapest Media Art laboratory C3, they made a first modification of ‹first person Shooter› «Quake,»[11] which has since been followed by many more new variations under the name «Untitled Game.» [12] These depart in ever stronger, alarming and exciting ways from the appearance and rules of the original game. About the same time, Margarete Jahrmann and Max Moswitzer, with their work entitled «LinX3D» (1999), brought the game called «Unreal» into an abstract debate with the ‹materiality› of code.“. Abgerufen am 22.11.08. (englisch, Abschnitt: Introduction)
  3. Florian Cramer S. 1,2 Program Code Poetry
  4. Joan Heemskerk und Dirk Paesmans S. 1,0 wwwwwwwww.jodi.org
  5. Frank Dietrich, S. 159,5 Visual Intelligence: The First Decade of Computer Art (1965-1975) In: Leonardo, Vol. 19, No. 2
  6. Frank Dietrich, S. 160,3+4 Visual Intelligence: The First Decade of Computer Art (1965-1975) In: Leonardo, Vol. 19, No. 2
  7. a b A. M. Noll, S. 90,8 The digital computer as a creative medium Reprint in IEEE Spectrum, Vol. 4, No.10, October 1967
  8. A. M. Noll, S. 93,4 The digital computer as a creative medium. Reprint in: IEEE Spectrum, Vol. 4, No.10, October 1967
  9. Herbert W. Franke, S. 1,4 Wege zur Computerkunst - ein Rückblick In: Murnau Manila Minsk - 50Jahre Goethe Institut. 2001. ISBN 3-406-47542-6
  10. Frank Dietrich, S. 159,3 Visual Intelligence: The First Decade of Computer Art (1965-1975) In: Leonardo, Vol. 19, No. 2
  11. Frank Dietrich, S. 163,1 Visual Intelligence: The First Decade of Computer Art (1965-1975) In: Leonardo, Vol. 19, No. 2
  12. Frank Dietrich, S. 161,Fig.4 Visual Intelligence: The First Decade of Computer Art (1965-1975) In: Leonardo, Vol. 19, No. 2

Literatur

  • Monika Fleischmann, Ulrike Reinhard (Hrsg.): Digitale Transformationen Medienkunst als Schnittstelle von Kunst, Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft. Fraunhofer MARS – Exploratory Media Lab und whois, Heidelberg 2004, ISBN 3-934013-38-4.
  • Oliver Grau: Virtual Art: From Illusion to Immersion. MIT-Press, Cambridge/Mass. 2003, ISBN 978-0262572231.
  • Christiane Paul: Digital Art. Thames Hudson, London 2003, ISBN 0-500-20367-9.

Weblinks


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