- Sozialtherapeutische Anstalt
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Eine Sozialtherapeutische Anstalt ist eine Sonderform des Strafvollzuges, die sich mit besonderen therapeutischen Mitteln und sozialen Hilfen rückfallgefährdeten Straftätern widmet. Die Einrichtung ist gesetzlich vorgeschrieben.
Inhaltsverzeichnis
Rechtliche Grundlagen
Die Unterbringung in eine Sozialtherapeutische Anstalt ist seit 1977 als vollzugsinterne Verlegung im Strafvollzugsgesetz verankert (§ 9 StVollzG). Dabei handelte es sich zunächst um eine bloße Kann-Vorschrift, die es ermöglichte, einen Gefangenen zu verlegen, „wenn die besonderen therapeutischen Mittel und sozialen Hilfen einer solchen Anstalt zu seiner Resozialisierung angezeigt sind.“ Mit dem „Gesetz zur Bekämpfung von Sexualdelikten und anderen gefährlichen Straftaten“ vom 28. Januar 1998 (BGBl. I S. 160-163) wurde die bisherige Regelung durch eine verpflichtende Vollzugslösung (§ 9 Abs. 1 StVollzG) ergänzt, die nunmehr für Sexualstraftäter mit Verurteilungen zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe eine Verlegung in eine Sozialtherapeutische Einrichtung zwingend vorschreibt. Nachdem die Gesetzgebungskompetenz für den Strafvollzug im Rahmen der Föderalismusreform vom Bund auf die Länder übertragen worden ist, finden sich auch in den jeweiligen Landesgesetzen ähnliche Bestimmungen über Sozialtherapeutische Einrichtungen im Erwachsenen- sowie im Jugendstrafvollzug).
Sozialtherapeutische Einrichtungen in Deutschland
Haftplätze in Sozialtherapeutischen Einrichtungen des Strafvollzuges werden entweder in eigenen Sozialtherapeutischen Anstalten oder in speziellen Abteilungen des Normalvollzuges angeboten. Während früher die Anzahl der Anstalten überwog, gibt es im März 2009 in Deutschland sieben selbständige und 45 unselbständige Sozialtherapeutische Einrichtungen, die insgesamt mehr als 2.000 Haftplätze zur Verfügung halten. Rund 60% der Plätze werden 2009 von Sexualstraftätern belegt.
Haftplatzentwicklung
Seit der gesetzlichen Einführung einer verpflichtenden sozialtherapeutischen Behandlung von Sexualstraftätern im Jahre 1998 stieg die Zahl der verfügbaren Haftplätze in der Sozialtherapie von ursprünglich ca 900 Plätzen in 20 Einrichtungen im Jahre 1997 auf über 2.000 Plätze in 56 Einrichtungen im Jahr 2009.
In den nächsten Jahren wird es nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 31. Mai 2006 (2 BvR 1673/04) vor allem im Bereich des Jugendstrafvollzuges zu einem Ausbau der Sozialtherapie kommen. 2009 gab es hier 350 Plätze in 15 Einrichtungen, was einem Anteil von 15% an den Gesamtplätzen entspricht. Noch gravierender sind die Defizite im Frauenvollzug. Hier standen 2009 lediglich 38 Plätze an drei Orten zur Verfügung.
Ausstattung
Größe, Gestaltung und Programm dieser Einrichtungen sind sehr heterogen, dennoch hat sich in der Vergangenheit eine gewisse Standardisierung durch die Akzeptanz sogenannter Mindestanforderungen ergeben, die vom Arbeitskreis Sozialtherapeutische Anstalten im Justizvollzug e. V. entwickelt wurden. Jährliche Umfragen der Kriminologischen Zentralstelle zeigen, dass diese Standards bezüglich Organisation und Struktur sowie Dokumentation und Evaluation bereits von über 50% der Einrichtungen erfüllt werden. Ein Defizit zeigt sich jedoch bei den personellen Mindestanforderungen, die gegenwärtig nur etwa 34% erfüllen.
Wirksamkeitsforschung
Zur Beurteilung der Wirksamkeit sozialtherapeutischer Straftäterbehandlung liegen seit den 1970er Jahren zahlreiche Untersuchungen vor. Meta-Evaluationstudien ergaben einen moderaten Haupteffekt der Sozialtherapie in Höhe von 8-14 % (z.B. weniger Rückfall im Vergleich zum Regelvollzug). Für Straftäter mit hoher Rückfallgefahr gilt die Sozialtherapie im Justizvollzug nach Ansicht von Experten als wesentliches Instrument zur Senkung von Rückfälligkeit. Der Erfolg einer sozialtherapeutischen Behandlung hängt in vielen Fällen jedoch nicht zuletzt von der bislang nur an wenigen Orten optimal gelösten Nachsorge entlassener Gefangener ab.
Literatur
- Egg, R. u.a.: Evaluation von Straftäterbehandlungsprogrammen in Deutschland. Überblick und Meta-Analyse. In: G. Rehn u.a. (Hrsg.): Behandlung "gefährlicher Straftäter". Grundlagen, Konzepte, Ergebnisse. Centaurus, Herbolzheim 2001, S. 321-347.
- Egg, R.: Sozialtherapeutische Anstalten und Abteilungen im Justizvollzug. Mindestanforderungen an Organisation und Ausstattung. Indikationen zur Verlegung.In: Forum Strafvollzug. 56, 3, 2007, S. 100-103.
- Egg, R. & Ellrich, K. (Bearb.): Sozialtherapie im Strafvollzug 2009. Ergebnisübersicht zur Stichtagserhebung zum 31.3.2009. Kriminologische Zentralstelle, Wiesbaden 2009.
- Lösel, F.: Meta-analytische Beiträge zur wiederbelebten Diskussion des Behandlungsgedankens. In: M. Steller u.a. (Hrsg.): Straftäterbehandlung. Centaurus, Pfaffenweiler 1994, S. 13-34.
Weblinks
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