Spanische Sahara

Spanische Sahara
Rot: Spanien und die Kolonie Spanisch-Sahara, Hellrot: Protektorat Spanisch-Marokko und der ab 1958 marokkanische Tarfaya-Streifen (Kap Juby), Hellgrün: Protektorat Französisch-Marokko, Gelb: Internationale Zone von Tanger

Spanisch-Sahara (spanisch Sahara Español) war die Bezeichnung für eine spanische Kolonie in Nordwest-Afrika, die zwischen 1884 und 1975 bestand. Von 1958 bis 1974 war El Aaiún Verwaltungssitz von Spanisch-Sahara.

Inhaltsverzeichnis

Kolonisation

1884 erhielt Spanien das Küstengebiet der heutigen Westsahara auf der Kongokonferenz in Berlin zugesprochen und begann mit der Errichtung einer Handelsstation, der Stadt Villa Cisneros, dem späteren Ad-Dakhla, auf einer Halbinsel des Río de Oro und der Gründung von militärischen Stützpunkten.[1]

Im Sommer 1886 führte die Spanische Gesellschaft für kommerzielle Geografie (Sociedad Española de Geografía Comercial) zwei von der Regierung Spaniens unterstützte Expeditionen in die Westsahara durch, eine an die Küste zwischen Kap Juby und Kap Bojador, die andere in das Gebiet zwischen Kap Bojador und Kap Blanco. Die Teilnehmer machten topographische und astronomische Beobachtungen in einem Land, dessen Gegebenheiten europäischen Geografen kaum bekannt waren. Die Reisen gelten als die ersten wissenschaftlichen Expeditionen in diesem Teil der Sahara.[2] Ein spezielles Ziel dieser Expeditionen war es, Verträge mit den Bewohnern der Region zu schließen, welche die internationale Anerkennung der spanischen Rechte in der Westsahara bewirken sollten. Zwar hatte die spanische Regierung die Expedition gefördert, doch verweigerte sie die offizielle Veröffentlichung der Verträge.[3] Ein spanisch-französisches Abkommen vom 27. November 1912 legte die Grenzen der Einflusszonen in diesem Gebiet fest.[4]

Kolonie Spanisch-Sahara

Briefmarke der Kolonie

Spanisch-Sahara (Sahara español) wurde 1924 aus dem im Süden gelegenen Gebiet Río de Oro und dem nördlichen Saguia el Hamra geschaffen.[5] Zu Spanisch-Sahara gehörten jedoch weder Spanisch-Marokko, das als Protektorat separat verwaltet wurde, noch das Protektorat Kap Juby.

Seit 1884 war Spanien auf den energischen Widerstand der indigenen Sahrauis-Stämme getroffen. 1904 begann ein Aufstand, der von dem mächtigen Marabout Scheich Ma al-'Aynayn angeführt wurde. Ausgangspunkt war die von Ma al-'Aynayn um 1900 gegründete Stadt Smara, die sich zum religiösen, politischen und ökonomischen Zentrum der Region entwickelt hatte. Der Aufstand konnte erst 1910 mit Hilfe französischer Truppen niedergeschlagen werden. Es folgte eine Welle von Aufständen unter Ma al-'Aynayns Söhnen, Enkeln und anderen Führern. Erst 1934 kam auch das Landesinnere durch die Eroberung von Smara unter die Kontrolle der spanischen Kolonialmacht.

Spanisch-Westafrika

Hauptartikel: Spanisch-Westafrika

Das Territorium der Kolonie Spanisch-Sahara wurde im Juni 1946 mit Ifni zu Spanisch-Westafrika (África Occidental Española) zusammengelegt.[6] Seit 1934 war Sidi Ifni der Sitz des Generalgouverneurs von Spanisch-Sahara.

Seit seiner Entlassung in die Unabhängigkeit im Jahre 1956 erhob Marokko Anspruch auf Spanisch-Sahara als Teil seines vorkolonialen Herrschaftsgebietes. 1957 gelang es der marokkanischen Befreiungsarmee im Ifni-Krieg die Kontrolle über den größten Teil des Gebietes Ifni zu erlangen. Die Spanier waren nur mit Unterstützung der Franzosen in der Lage, die Kontrolle mit einer Strategie von Vergeltungsmaßnahmen gegenüber dem Landesinnern, der zwangsweisen Ansiedlung vieler zuvor nomadisierender Beduinen und der Beschleunigung der Urbanisierung wiederzugewinnen. Erst im Februar 1958 gelang es den Spaniern und der Französischen Legion, während der sogenannten Ouragan-Offensive, den militärischen Widerstand zu brechen.[7] Am 2. April 1958 unterzeichneten die Regierungen von Spanien und Marokko das Abkommen von Angra de Cintra. Marokko erhielt die Region von Tarfaya (Kap-Juby-Kolonie) zwischen dem Fluss Draa und dem 27º 40' Breitengrad zugesprochen, Spanien behielt Ifni und Spanisch-Westafrika.

Überseeprovinz Spanisch-Sahara

Aktionen im Rahmen des Grünen Marsches im Oktober/November 1975

Am 10. Januar 1958 wurden Río de Oro und Saguia el Hamra zum direkten spanischen Hoheitsgebiet unter dem Namen: „Überseeprovinz Spanisch-Sahara“ (Provincia Española del Sáhara) erklärt.[8] In den 1960er Jahren begann im sogenannten „nützlichen Dreieck“ bei Bou Craa die Erschließung der weltgrößten Lagerstätte von Phosphat.[9]

Die Nomaden der Sahrauis hatten sich in den 1960er Jahren in der Westsahara niedergelassen.[10] 1963 setzten die Vereinten Nationen das Gebiet auf die Liste der zu entkolonialisierenden Länder. Im Jahr 1967 wurde die spanische Kolonialmacht mit einer friedlichen Protestbewegung, der Harakat Tahrir konfrontiert, die das Ende der Besatzung verlangte. 1969 musste Spanien Ifni unter internationalem Druck an Marokko abtreten.

Nach der gewaltsamen Unterdrückung der Freiheitsdemonstration im Zemla-Quartier von El Aaiún am 17. Juni 1970[11] kehrte die westsaharische befreiungsnationalistische Bewegung mit der Gründung der Frente Polisario im Jahr 1973 zu ihren militanten Wurzeln zurück. Die Guerilla-Armee der Polisario wuchs rasch, bereits im Frühjahr 1975 hatte Spanien die Kontrolle über seine Kolonie verloren. Ein Versuch, die Polisario durch die Schaffung eines politischen Rivalen, der „Partei der nationalen sahrauischen Vereinigung“ (Partido Unión Nacional de Saharaui), zu schwächen, hatte wenig Erfolg.

Unmittelbar vor dem Tod des spanischen Diktators Francisco Franco im Winter 1975 wurde Spanien mit einer intensiven Kampagne territorialer Forderungen aus Marokko, und in geringerem Umfang aus Mauretanien, konfrontiert, die ihren Höhepunkt mit dem Grünen Marsch erreichte. Spanien zog seine Streitkräfte und Siedler aus dem Gebiet nach Aushandlung einer Dreierübereinkunft vom 14. November 1975 mit Marokko und Mauretanien ab, die beide die Kontrolle über verschiedene Teile der Region übernahmen. Am 26. Februar 1976 verließen die letzten spanischen Truppen Spanisch-Sahara.

Westsahara

Hauptartikel: Westsahara

Mauretanien verzichtete nach einem erfolglosen Kampf gegen die Polisario auf seinen Anspruch. Marokko besetzte nun auch den südlichen Teil der Westsahara und führte bis zu dem 1991 in Kraft getretenen Waffenstillstand Krieg gegen die von Algerien unterstützte Polisario-Front. Das Gebiet ist nach wie vor umstritten. Die Vereinten Nationen sind der Auffassung, dass die ehemalige Spanisch-Sahara ein nicht-entkolonialisiertes Territorium mit Spanien als der formalen administrativen Macht ist.

Nach dem so genannten „Baker-Plan“ des UN-Sonderbeauftragten James Baker soll seit 1991 eine von der UN-Friedensmission MINURSO überwachte Volksabstimmung über die Unabhängigkeit oder Zugehörigkeit des Gebietes stattfinden, deren Durchführung seither von Marokko verhindert wird. 2008 verliefen erneute Gespräche zwischen Marokko und der Polisario unter UN-Schirmherrschaft in Manhasset ergebnislos. Die Polisario lehnte das marokkanische Angebot einer weitreichenden Autonomie ab. Marokko wiederum ist kategorisch gegen ein Referendum mit den drei Optionen Unabhängigkeit, Anschluss an Marokko oder Autonomie.[12]

Siehe auch den Hauptartikel Westsaharakonflikt.

Literatur

Juan Bautista Vilar: El Sahara espanol: Historia de una aventura colonial. Coleccion Piel de toro, 1977, ISBN 8473802608.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Umberto Romano (8. August 2003) Sahraui, ein Volk im Exil, In: „Rabbia di Sabbia“ Gesellschaft für bedrohte Völker
  2. Biodiversidad amenazada y espacios protegidos en África.
  3. Nationales naturwissenschaftliches Museum Madrid: Der spanische Afrika-Kolonialismus gegen Ende des 19. Jahrhunderts.
  4. Boletin oficial de la zona de influencia española en Marruecos
  5. World History at KMLA Rio de Oro, 1884-1924
  6. Gobierno General de África Occidental Española
  7. Anouar Majid: Dispatches from Morocco. Tingis - A Moroccan-American Magazine of Ideas and Culture.
  8. Normativa básica española sobre organización de la excolonia del Sahara.
  9. Spanisch-Sahara wird zum Streitobjekt.Die Zeit
  10. Alfred Hackensberger: Kampf um die Westsahara
  11. Spanische Legion/ ehemalige spanische Fremdenlegion
  12. Gerd Schumann:: Bewegungslos, Marokko blockiert auch Runde drei der Westsahara-Verhandlungen

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