Spanische Tracht

Spanische Tracht
Moroni: Der Schneider, um 1563

Die Spanische Mode oder Spanische Kleidermode ist die Mode des spanischen Barocks, der Zeit zwischen 1500 und dem Dreißigjährigen Krieg. Sie war geprägt von dem Gedanken der Gegenreformation, der Bewegung, mit dem die katholische Kirche und die katholisch geführten Staaten, darunter Spanien, die Reformation bekämpften.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung

Mitte des 16. Jahrhunderts wandelte sich der modische Geschmack, hin zu mehr Eleganz der Erscheinung. Aufgrund Spaniens großen Einfluss in der Politik und der Wirtschaft während des 16. Jahrhunderts verbreitete sich die Mode in ganz Europa. Ziel war es, der Renaissance-Mode entgegen zu treten, die als wenig fromm galt.

Die breitfallende Schaube der Männer und Frauen wandelte sich zu einem bis zur Hälfte des Oberschenkels reichenden Mäntelchen mit flachem Kragen, das leicht um die Schultern gelegt und meist vorne geknöpft wurde. Das Barett wurde deutlich kleiner, verbunden mit einer längeren und spitzeren Barttracht. Stehkragen und Halskrause entwickelten sich. In Form des „Mühlsteinkragens“, der in der Tat die Ausmaße eines Mühlsteines annahm, wurden Männer und Frauen erheblich behindert. Für beide Geschlechter wurde das Korsett eingeführt, das sich im Fall der weiblichen Mode noch lange halten sollte. Die Mäntel wurden kürzer, bedeckten teilweise nur noch den Rücken. Anfangs trat die Spanische Mode bunt auf, es setzte sich aber sehr bald Schwarz durch.

Ihren Höhepunkt hatte die Spanische Mode um 1600, bevor sie nach und nach aufgelockert wurde. Im Dreißigjährigen Krieg war es nötig, die Mode praktischer und kriegstauglicher zu machen. Nach dem Krieg setzte sich schließlich die Französische Mode durch.

Der Hamburger Senator Gustav Sthamer in seiner Amtstracht, 1905

Die Spanische Mode erhält sich in der geistlichen Amtskleidung des Hamburger und Lübecker Ornats bis heute. Auch die Amstracht z. B. der Bürgermeister Hamburgs lehnte sich im späten 19./frühen 20. Jahrhundert an die Spanische Mode an.

Herrenmode

Das Wams der Männer, nach seiner Form „Gansbauch“ genannt, lief von den Hüften schräg abwärts in eine Spitze zusammen und wurde in der Mitte der Brust mit einer Knopfreihe geschlossen. Es war wattiert, ebenso wie die Ärmel; an den Schultern waren hohe Wülste. Um den Hals und die Handgelenke lag eine schmale Krause, wobei die Halskrause in Laufe der Zeit immer breiter und steifer wurde, bis sie schließlich als plissierter und getollter Mühlsteinkragen den Hals umschloss und jede Kopfbewegung verhinderte.

Die Beinkleider waren das Auffallendste an der spanischen Männertracht. Die Puffhose wurde zur Heerpauke, einer den halben Oberschenkel bedeckenden Hose. Die Taille wurde ziemlich weit oben angesetzt, entgegen der Anpassung an die Körperformen in der Renaissance. Strümpfe und Kniehosen wurden durch Trikothosen ersetzt, die das Bein vom Fuß bis zum halben Oberschenkel eng umschlossen. Über diesen engen Beinkleidern saß eine kurze Oberhose, die ausgestopft wurde, um eine festere Form zu erhalten. In Spanien wurde die Ausstopfung durch zwei am Wams festgehakte Kissen ersetzt.

Rubens:Selbstbildnis mit seiner Ehefrau, 1609/10

Das Schuhwerk bestand jetzt aus enganliegenden, bis zum Knöchel reichenden Schnallenschuhen mit nach vorn verlängerten Schuhsohlen, die geschlossen oder am Spann mit Quer- und an der Spitze mit Längsschlitzen versehen waren. Die Alternative zu dem leichten Schuhwerk bestand in hohen Reitstiefeln aus weichem Leder. Das Haar wurde kurz getragen, und man setzte ein steifes Barett aus Samt oder seit 1570 einen hartgepreßten Seidenhut mit Krempe auf.

Damenmode

Die Frauen kleideten sich in dieser Epoche ähnlich wie die Männer. Das Kleid der Frauen wurde enger, bis zum Hals geschlossen und der „unfrömmige“ Busen durch Polsterungen versteckt. Der Reifrock wurde eingeführt, ein Rock, der das Kleid von der Hüfte an abstehen ließ. Unterkleider waren unter dem Reifrock sichtbar. Sie trugen ein enges, flachgeschnürtes, vorn in eine Spitze auslaufendes Leibchen und ein mit engen und gepufften Ärmeln versehenes Kleid, das an den Hüften breit abstand und dann, durch ein Korb- oder Drahtgestell glatt gehalten, senkrecht bis auf die Erde fiel (Vertugade). Der Oberrock wurde gefüttert; er spaltete sich vorn von der Schnebbe an abwärts und ließ ein Unterkleid sehen. Die Manschetten glichen denen der Herrenkleidung, und die Halskrause war ebenfalls sehr breit. Das Haar musste wegen der unförmigen Halskrause aufgesteckt werden; dazu setzte die Dame ein Hütchen mit Krempe auf. Vervollständigt wurde die Frauenkleidung mit einem kurzen Mäntelchen, Handschuhen, Fächer und Spitzentaschentuch.

Daniel Hopfer:Landsknecht mit Frau

Der knappe spanische Schnitt und die schwarzen, gemusterten Seidenstoffe der Gewänder verlangten nach reichlichem Dekor wie die Spitzen der Halskrause und Manschetten, oder auch goldene Knöpfe, die emailliert oder mit Edelsteinen besetzt waren. Perlenschmuck an jedem erdenklichen Kleidungsstück war gang und gäbe, ebenso wie Ringe, Diademe, Brustketten und wertvolle Anhänger.

Tracht in Deutschland

In Deutschland verzichtete man ungern auf den Gebrauch schwerer Stoffe, auf Gold- und Silberbrokate, was sich mit dem engsitzenden Schnitt der spanischen Mode nicht gut vertrug. So waren Abweichungen von den Vorgaben der spanischen Schneider nicht unüblich. Neben dem spanischen Kostüm wurde hierzulande noch eine landsknechtmäßige Kleidung getragen. Wams und Schuhe der Männer waren ähnlich geschnitten wie beim spanischen Kostüm, ebenso das Mäntelchen, das häufig einen kleinen Stehkragen hatte. Jedoch war die Hose nicht gepolstert und gepufft, sondern die Oberhose vom Gürtel bis zum Knie in schmale Streifen aufgeschnitten. Durch die Schlitze der Oberhose wurde die untere, die Futterhose, in großen Bauschen gezogen, so dass sie häufig übers Knie und zuweilen bis auf die Füße hinunter schlotterte. Zu dieser Pluderhose wurden meist enge Kniehosen und Strümpfe getragen und die beiden letztern Stücke oberhalb des Knies mit einem Strumpfband zusammengehalten, das an der Seite zu einer Schleife gebunden wurde.

Die Kleidung der deutschen Bürgerinnen dieser Zeit war verhältnismäßig einfach. Das Unterkleid bestand aus einfarbigem Stoff mit buntem Seiden- oder Samtbesatz, engen Ärmeln und Krausen an Hals und Handgelenken. Das der Schaube ähnliche Oberkleid für den Ausgang hatte einen Stehkragen, war offen und fiel faltenlos zur Erde. Beide Geschlechter trugen als Kopfbedeckung ein schmalrandiges, steifes Barett, das in kleine Falten gelegt und mit einer Schnur sowie über der Stirn mit einer Feder verziert war.

Literatur

  • Bert Bilzer: Meister malen Mode; Georg Westermann Verlag, Braunschweig 1961, ISBN ???, S. 27.
  • Max von Boehn: Die Mode: Menschen und Moden im sechzehnten Jahrhundert, 1908

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