- Spermiogramm
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Ein Spermiogramm ist das Ergebnis einer Ejakulatanalyse und dient der Beurteilung der Zeugungsfähigkeit des Mannes. Ein Spermiogramm wird erstellt, wenn Verdacht auf Unfruchtbarkeit besteht (unerfüllter Kinderwunsch) oder nach einer Vasektomie die Sterilität sichergestellt werden muss.
Um eine ausreichende Aussagekraft zu gewährleisten, wird das Sperma nach drei- bis fünftägiger Enthaltsamkeit mittels Masturbation gewonnen - eine Enthaltsamkeit darüber hinaus verbessert das Resultat nur unwesentlich. Die laboranalytische Untersuchung beginnt nach Verflüssigung des Spermas, die in der Regel nach circa 15 - 30 Minuten einsetzt. Im Mittelpunkt steht die mikroskopische Beurteilung der Samenzellen mit Hinblick auf ihre Konzentration, Beweglichkeit und Form. Das Spermiogramm kann derzeit nicht durch einen Schnelltest (Spermientest) ersetzt werden, da die bislang entwickelten Schnelltests nur Teilbereiche der Ergebnisse eines Spermiogramms wiedergeben können.
Inhaltsverzeichnis
Standardisierte Ejakulatanalyse nach WHO
Die World Health Organisation (WHO) hat ein Laborhandbuch herausgegeben, das die Untersuchungsmethoden des Ejakulats und die Beurteilung anhand von Referenzwerten standardisiert.[1]
Die Standardtests und zugehörigen Referenzwerte sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.
Referenzwerte für ein Spermiogramm nach WHO 5[1] Ejakulatvolumen ≥ 1,5 ml (1,4-1,7) pH-Wert ≥ 7,2 Spermienkonzentration ≥ 15 Mio. Spermatozoen pro Milliliter Spermiengesamtzahl ≥ 39 Mio. Spermatozoen Beweglichkeit ≥ 40 % progressiv bewegliche Spermien Morphologie 4% (3,0-4,0%) Anteil lebender Spermien (Eosin-Test) ≥ 50 % Spermatozoen-Antikörperbestimmung
- Mixed antiglobulin reaction (MAR)
- Immunobead-Test (IBT)
< 50 % Spermien mit anhaftenden Partikeln
< 50 % Spermien mit anhaftenden PartikelnLeukozyten < 1 Mio. pro Milliliter Makroskopische und physikalisch-chemische Eigenschaften
Es werden Parameter des Spermas wie Menge, Aussehen, Viskosität, Verflüssigungszeit und pH-Wert begutachtet. Der normale pH-Wert ist leicht alkalisch, ein saurer pH-Wert wirkt abtötend auf die Samenzellen. Eine bräunliche Verfärbung kann auf Blutbeimengung hindeuten. Idealerweise sollte das Volumen mindestens 1,5 ml betragen und die Verflüssigung innerhalb von 15-30 Minuten einsetzen. Die Probe darf beim Abtropfen von einem Glasstab kurze, jedoch keine langen Fäden ziehen. Gegebenenfalls muss das Ejakulat vor der weiteren Untersuchung verflüssigt werden, da sonst die Ergebnisse verfälscht sein können.
Spermatozoenkonzentration
Die Konzentration der Spermatozoen im Ejakulat wird durch Auszählen in einem Hämozytometer ermittelt. Dazu werden definierte Mengen zweier unterschiedlicher Verdünnungen des Ejakulats in die Zählkammern des Zytometers eingebracht und unter einem Phasenkontrastmikroskop betrachtet. Nach Abschluss des Zählvorgangs kann unter Berücksichtung des Verdünnungsgrades auf die Spermienkonzentration zurück gerechnet werden.
Beweglichkeit (Motilität)
Durch die WHO 5 wurde die Motilität in drei Kategorien eingeteilt:
- progressive motility (PR) = progressive Beweglichkeit
- non-progressive motility (NP) = nur lokale Beweglichkeit, Kreisschwimmer
- immotile = keine Beweglichkeit
Die Untersuchung wird mikroskopisch durchgeführt. Eine schnelle Vorwärtsbewegung (PR) liegt vor, wenn die Spermatozoen mindestens 25 Mikrometer pro Sekunde bei 37°C bzw. mindestens 20 Mikrometer pro Sekunde bei 20°C zurücklegt. Eine nicht progressive, lokale Beweglichkeit liegt vor, wenn die zurückgelegte Strecke weniger als 5 Mikrometer pro Sekunde beträgt. Die Beweglichkeit wird als normal eingestuft, wenn sich entweder mehr als 25 % der Spermatozoen progressiv oder mindestens 40 % (38-42%) progressiv (Kategorie RP + NP) bewegen.
Ein objektives Messsystem stellt die "Computer Assisted Sperm Analysis" (CASA, deutsch: computerunterstützte Spermienanalyse) dar. Dabei wird das mikroskopische Bild von einem Computer digitalisiert. Aus mehreren aufeinander folgenden Bildern werden die von den Samenzellen zurückgelegten Wege berechnet.
Morphologie
Als von besonderer Bedeutung für die Beurteilung der Fruchtbarkeit gilt die Gestalt der Spermatozoen, jedoch wurde hier bezüglich eines Referenzwertes für das Laborhandbuch kein Konsens erzielt. Während in der Ausgabe von 1992[2] noch der Grenzwert für den Anteil normal geformter Spermatozoen mit 30 % festgelegt war, findet sich in der aktuell gültigen Ausgabe[1] kein definierter Referenzwert, sondern lediglich ein Hinweis, dass in vitro die Fertilisierungsraten erst dann absinken, wenn dieser Anteil unter 15 % abfällt. In multizentrischen Studien sollen weitere Daten erhoben werden, anhand derer eine geeignete Methode und Grenzwert ermittelt werden kann.
Menschliche Spermatozoen können morphologisch nach verschiedenen Kriterien beurteilt werden, wobei mikroskopisch festgestellte Formstörungen am Kopfteil, am Mittelstück und am Schwanzteil (Flagellum) unterschiedlich klassifiziert und gewichtet werden. Neben den WHO-Kriterien von 1992[2] sind beispielsweise auch die "strict criteria“ nach Kruger[3][4] gebräuchlich, die besonders strenge Maßstäbe in der Beurteilung anlegen.
Vitalität
Die Bestimmung der Vitalität (Anteil lebender Spermatozoen) erfolgt durch das Anfärben toter Spermatozoen mit dem Farbstoff Eosin, der durch die Zellmembran in das Zellinnere eindringt. Die Zellmembran lebender Samenzellen hingegen ist für Eosin undurchlässig. Unter dem Mikroskop werden gefärbte und ungefärbte Zellen gezählt.
Spermatozoen-Antikörper
Das Vorkommen von Spermatozoen-Antikörpern (englisch: antisperm antibodies, ASA) in der Samenflüssigkeit kann ebenfalls die Fruchtbarkeit beeinträchtigen ("immunologische Infertilität")[5]. Diese Antikörper richten sich gegen die Spermien, indem sie in einer Autoimmunreaktion an deren Oberfläche binden und die Spermien hemmen. Daher wird das Ejakulat mit einer Mixed antiglobulin reaction (MAR) oder einem Immunobead-Test (IBT) auf IgA und IgG Spermatozoen-Antikörper untersucht. Das Prinzip beider Tests beruht darauf, dass antikörpertragende Spermatozoen unter dem Mikroskop durch eine Agglutination mit Antiglobulin-beschichteten Partikeln bzw. Kügelchen sichtbar gemacht werden. Höchstens die Hälfte motiler Samenzellen darf mit Antikörpern besetzt sein und sich mit den Partikeln verbinden.
Biochemische Untersuchung
Optional sieht das Laborhandbuch ferner die Durchführung biochemischer Analysen vor, die in der folgenden Tabelle aufgeführt sind. Abweichende Werte weisen auf mögliche Funktionsstörungen der Prostata, der Samenblase und der Samenleiter hin.
Optionale biochemische Tests und Normalwerte α-Glukosidase > 11 mU/l Ejakulat Fruktose > 13 µmol/l Ejakulat Zink > 2,4 µmol/l Ejakulat Beurteilung des Spermiogramms
Zur Beurteilung des Spermiogramms hat die WHO die folgende Nomenklatur festgelegt.
Beurteilung des Spermiogramms anhand der WHO Referenzwerte[1] Normozoospermie den Referenzwerten entsprechende („normale“) Ejakulatparameter Oligozoospermie < 20 Mio. Spermatozoen pro Milliliter Asthenozoospermie < 50 % progressiv bewegliche Spermien der Kategorie a + b und
< 25 % schnell progressiv bewegliche Spermien der Kategorie aTeratozoospermie verminderter Anteil morphologisch normaler Spermatozoen Oligoasthenoteratozoospermie (OAT-Syndrom) Kombination aus zu niedriger Konzentration, unzureichender Beweglichkeit und vermindertem Anteil normaler Morphologie der Spermatozoen Azoospermie Keine Spermatozoen im Ejakulat Aspermie kein Ejakulat Weitere Normabweichungen
Begriffserläuterungen Multisemie (Polysemie) > 6 ml Ejakulatvolumen Hypospermie (Parvisemie) < 2 ml Ejakulatvolumen Kryptozoospermie < 1 Mio. Spermien pro Milliliter Hyperzoospermie > 150 Mio. Spermien pro Milliliter Polyzoospermie > 200 Mio. Spermien pro Milliliter Nekrozoospermie keine Beweglichkeit der Spermien Einzelnachweise
- ↑ a b c d World Health Organization. Laboratory manual for the examination of human semen and sperm–cervical mucus interaction, WHO 5th ed. WHO Juni 2010.
- ↑ a b World Health Organization. Laboratory manual for the examination of human semen and sperm–cervical mucus interaction, 3rd ed. Cambridge, Cambridge University Press, 1992.
- ↑ T.F. Kruger et al: New method of evaluating sperm morphology with predictive value for human in vitro fertilization. Urology, 1987 30(3), S. 248 - 51. PMID 3629768
- ↑ R. Menkveld, T.F. Kruger: Advantages of strict (Tygerberg) criteria for evaluation of sperm morphology. Int J Androl. 1995 (18), Suppl 2, S.36 - 42. Review. PMID 8719857
- ↑ K. Abshagen, H.M. Behre, T.G. Cooper, E. Nieschlag: Influence of sperm surface antibodies on spontaneous pregnancy rates, Fertility and Sterility, 70 (2),1998, S. 355 - 356 PMID 9696234
Weblinks
- Das Spermiogramm, Lehrmaterial der AGMA-AG Medizin-Ausbildungs-Technologie des Fachsbereichs Medizin der Justus-Liebig-Universität Gießen [1]
- WHO-Laborhandbuch 5. Ausgabe von 2010
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