Spiegellinsen-Objektiv

Spiegellinsen-Objektiv
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Als Spiegellinsenobjektiv oder katadioptrisches System bezeichnet man ein Spezialobjektiv, das als optische Elemente sowohl Spiegel als auch Linsen verwendet. Es wird unter anderem in der Fotografie als Teleobjektiv mit fester Brennweite eingesetzt.

Kaum größer als ein Normalobjektiv: Spiegellinsenobjektiv 5,6/250mm
Strahlengang in einem Spiegellinsenobjektiv

Inhaltsverzeichnis

Konstruktion

Spiegellinsenobjektive, auch Katadiopter genannt, sind von astronomischen Teleskopen abgeleitet; aufgrund eines durch (in der Mehrzahl der Fälle) sphärische Spiegel zweifach geknickten Strahlenganges liegt ihre Baulänge typischerweise bei nur etwa einem Drittel bis einem Fünftel der effektiven Brennweite. Die durch die Spiegel bedingt auftretenden Bildfehler werden durch die im Strahlengang angeordneten Linsen korrigiert. Hinsichtlich des inneren Aufbaus bestehen vielerlei Varianten, vom in der Grafik angegebenen vergleichsweise einfachen System bis hin zu aufwändigen Systemen nach Richter/Slevogt, die von der Firma Carl Zeiss Jena als „Praktikar 5,6/1000 mm“ und in nahezu identischer Weise auch von Carl Zeiss Oberkochen als „Mirotar“ hergestellt wurden und selbst das Mittelformat 6x6cm praktisch bildfehlerfrei ausleuchten (beugungsbegrenzte aplanatische Optiken).

Der geknickte Strahlengang hat überdies zur Folge, dass – wenn ein Schneckengang zur Scharfstellung verwendet wird – der vordere Teil beim Fokussieren nur wenig bewegt werden muss und sich Baulänge und Schwerpunkt daher nur geringfügig verändern, da sich die Längenänderung an drei Stellen auf den Strahlengang auswirkt. Bei großen Spiegellinsen-Objektiven haben sich am hinteren Ende angebrachte Balgenauszüge bewährt, da diese Optiken teils weit über 10 kg schwer waren/sind und sich eine bewegliche Gestaltung des Tubus verbot.

Ein weiteres Merkmal typischer Spiegellinsenobjektive ist die feste Blende, die meist bei 1:5,6 oder 1:8,0 (in Einzelfällen 1:4 oder 1:4,5) liegt; dies liegt daran, dass sich bei dieser Bauart eine Irisblende nur sehr aufwendig integrieren lässt. Infolgedessen ist kein Abblenden möglich, so dass bei großer Helligkeit niedrigempfindliche Filme oder neutrale Graufilter (Neutralgraufilter) verwendet werden müssen. Letztere sind in der Regel in die Konstruktion des Objektivs eingerechnet und werden bei Nichtgebrauch durch eine klare Filterscheibe ersetzt.

Bei den Blendenangaben ist zu beachten, dass sie sich wie bei allen Objektiven nur auf das Öffnungsverhältnis (wobei die Obstruktion, also die Abschattung durch den im Strahlengang liegenden Gegenspiegel, bei höherwertigen Systemen eingerechnet ist) beziehen, also die Verluste durch die Linsen und Spiegel nicht berücksichtigt sind, wobei die beiden Spiegel der Spiegellinsenobjektive mindestens ½ Blende Verlust verursachen.

Auch wenn sich der grundsätzliche Aufbau von dem eines astronomischen Fernrohrs nach Maksutov oder einem Schmidt-Cassegrain nur unwesentlich unterscheidet, sind die Auslegungsanforderungen durchaus andere. Es kommt bei den katadioptrischen fotografischen Objektiven vor allem darauf an, das Bildformat möglichst fehlerfrei und scharf auszuzeichnen, sodass die Ebenheit (Planizität) der Bildebene besonders wichtig ist. Die meisten dieser Objektive besitzen daher neben der eigentlichen sphärischen Spiegeloptik eine Korrekturgruppe, die die Fehler der sphärischen Spiegel aufhebt und eine Bildebnungsgruppe, die dafür sorgt, dass die Brennebene mit der planen Aufnahmeebene des Films übereinstimmt. Das astronomische Fernrohr ist hingegen für die visuelle Beobachtung ausgelegt, also für die direkte Betrachtung des Bildes durch ein Okular. Spezielle auf die Astrofotografie ausgelegte Systeme sind daher auch als „Astrographen“ oder „Astrokameras“ oder „Fotomaks“ im Handel erschienen. Diese sind dann, abgesehen von ihrer Verwandtschaft zu den visuellen Teleskopen, aus denen sie zumeist durch Modifizierung abgeleitet sind, ebenfalls auf ein ebenes Bildfeld hin optimiert und zumeist für die Aufnahme auf einer astronomischen Montierung vorbereitet.

Für Optiken, die visuell ausgelegt sind existieren separate Bildfeldkorrektoren, auch „Flattener“ genannt, die als einzeln anbaubare Baugruppen für die erforderliche Bildfeldebnung sorgen. Bedingt durch die derzeit anhaltende Tendenz zu immer größeren Bildsensoren der Digital-Kameras bzw. der speziellen astronomischen CCD-Systeme kommt einer einwandfreien Bildfeldebnung erhebliche Bedeutung zu, liegt durch die Linienauflösung, die mit CCD-Chips heute erreichbar ist, auch bei Formaten nahe dem Kleinbild-Format deutlich über der durchschnittlicher Negativ-/Dia-Filme.

Bauartbedingt sind Spiegellinsenobjektive streulichtempfindlich. Die Verwendung einer auf die Optik gut abgestimmten Gegenlichtblende ist für eine optimale Kontrastwiedergabe von erheblicher Bedeutung.

Abbildungseigenschaften

Eine Besonderheit der optischen Abbildung von Spiegellinsenobjektiven sind die so genannten Unschärferinge. Dabei handelt es sich nicht um einen Konstruktionsfehler, sondern um eine unvermeidliche Eigenschaft von Objektiven dieser Bauart: Während bei reinen Linsenobjektiven unscharf abgebildete Lichtreflexe als Zerstreuungskreise wiedergegeben werden, zeigen sich diese bei Spiegellinsenobjektiven in den typischen Unschärferingen. Vorteil der Spiegellinsenobjektive ist die nicht oder nur sehr gering auftretende Chromatische Aberration.

Verbreitung

Im Zuge der um sich greifenden Digitalkameratechnik verloren die Spiegellinsenobjektive nach und nach an Bedeutung, da die wenigsten Digitalkamerabesitzer sich wegen der sehr teuren digitalen Spiegelreflexkameras mit dieser aufwändigen Technik ausrüsteten, die digitale Bildbearbeitung gestattet heute auch mit vergleichsweise einfachen Mitteln die Ausschnittwahl vorzunehmen. Im Zuge der preiswerter werdenden Spiegelreflextechnik und der Möglichkeit, mittels einer Vielzahl von Adaptern nahezu jede Optik an die modernen Reflex-Gehäuse zu adaptieren beobachtet man derzeit wieder ein wachsendes Interesse an Wechselobjektiven. Dabei tritt der ursächliche Vorteil der katadioptrischen Systeme, geringe Baugröße bei vergleichsweise großer Brennweite wieder in den Vordergrund, wenn es um eine kompakte und transportable Ausrüstung geht, zumal die Empfindlichkeit heutiger CCD-Systeme die vergleichsweise geringe Lichtstärke gut kompensiert. Daher wird es immer wieder Anwendungen geben, bei denen der kompakte Aufbau und die theoriebedingt gute Auflösung der Katadiopter ihren Dienst tun werden. Es gibt sie immer noch neu und in großer Auswahl auf dem Gebrauchtmarkt, bei derzeit steigenden Preisen wegen der anziehenden Nachfrage.

Fotografie

Bokeh einer Spiegellinsenoptik

Spiegellinsenobjektive für Kleinbildkameras waren speziell in den 1980er Jahren populär, häufig als f/8 mit 500 mm Brennweite, sie kosteten etwa 400 bis 800 DM. Amateure erhielten damit ein gut transportables Objektiv mit allerdings eingeschränkten Anwendungsmöglichkeiten. Aufgrund dieser Einschränkungen lehnen professionelle Fotografen diese Bauform zumeist grundsätzlich ab: Zum einen lässt sich der Schärfentiefebereich mangels Abblendmöglichkeit - von seltenen Ausnahmen abgesehen - nicht vergrößern, was bei näher gelegenen Objekten schnell problematisch wird. Zum anderen werden die Unschärferinge, das sogenannte Bokeh, als unschön empfunden. Sie treten aufgrund der geringen Schärfentiefe eines Teleobjektivs bei Objekten, die von der Unendlichstellung nicht erfasst werden, in der Praxis so gut wie immer auf.

Aus diesen Gründen sind die Spiegelobjektive wieder weitgehend in Vergessenheit geraten, insbesondere sind so gut wie keine Autofokus-Versionen erschienen. Dennoch handelt es sich um einen guten Kompromiss zwischen Baugröße und Anwendungsmöglichkeiten, zumal die Nachteile bei weit entfernten Objekten, dem Haupteinsatzgebiet von starken Teleobjektiven, nicht zum Tragen kommen. Wer auf die automatische Scharfeinstellung verzichten kann findet immer noch ein angemessenes Typenspektrum in teilweise hervorragender Qualität auf dem Markt. Die Handhabung will geübt sein, dann lassen sich die voranstehend bemerkten System-Nachteile bei der Bildgestaltung berücksichtigen und in ihrer Auswirkung minimieren.

Halbleitertechnologie

In der Halbleitertechnologie werden seit 2005 katadioptrische Systeme eingesetzt um mittels Fotolithografie Strukturen auf dem Wafer zu erzeugen, die wesentlich kleiner sind als die verwendete Lichtwellenlänge.

Nachtsichttechnik

Auch in der Nachtsichttechnik haben sich katadioptrische Systeme etabliert, zumeist in Verbindung mit Lichtverstärkerröhren. Diese speziellen Systeme mit Öffnungsverhältnissen deutlich besser als 1:4 dürften die lichtstärksten derzeit produzierten katadioptrischen Systeme sein.

Amateurastronomie und Astrofotografie

Das Rubinar 5,6/500

Da in der Amateurastronomie durch die immer empfindlicher werdenden digitalen Bildsensoren und Kameras die Lichtstärke nicht mehr die 'absolute Größe' einer Foto-Optik ist, finden sich im Brennweitenbereich bis ca. 1000 mm immer wieder interessante Aufnahmen, die mit katadioptrischen Objektiven erzeugt wurden.

Geradezu als Klassiker in der Astroszene sind die aus der GUS stammenden terrestrischen Teleobjektive „MTO 10/1000“ und die als „Rubinar“ bekannten Spiegellinsenobjektive (10/1000, 5,6/500 und 4,5/300) anzusehen. Sie sind dank ihres niedrigen Preises und ihrer leichten Modifizierbarkeit in breiten Astronomiekreisen sowohl als Kleinteleskope, Leitfernrohre und Fotooptiken im Einsatz. In der Fotografie stellarer Objekte können sie die Farbreinheit (keine chromatische Aberration) und die gute Definition der Bilder durch das plane Bildfeld voll ausspielen. Vor allem Anwender einer vergleichsweise kleinen und leichten Montierung können durch die kompakte Bauart der katadioptrischen Systeme leicht ein zusätzliches Leitfernrohr oder eine Fotooptik aufbauen, ohne die Montierung mechanisch zu überlasten. Die kurze Bauweise und das zumeist geringe Gewicht im Verhältnis zur Öffnung erleichtern hier die montierungsgerechte Konfiguration des Setups.

Der nachfolgend angegebene Link verweist auf ein in klassischer Technik auf Diafilm aufgenommenes Bild eines Amateurastronomen, das als Astrofoto der 41. Woche 2005 auf www.astronomie.de ausgezeichnet wurde:

Nordamerikanebel im Schwan mit Carl Zeiss Jena Objektiv 1000mm f5.6

Produkte

Ein optisch und mechanisch hochwertiges Spiegellinsenobjektiv bietet beispielsweise Konica Minolta (vor 2003: Minolta) mit dem 1:8,0/500 mm an, das seit Anfang der 90er Jahre sogar als AF-Modell für die Kleinbild-Spiegelreflexkameras der Minolta Dynax-Modellreihe erhältlich ist; es handelte sich dabei um das erste Spiegellinsenobjektiv für eine Autofokus-Kamera überhaupt. Auch Jenoptik fertigt ein Spiegellinsenobjektiv 1:4,0/500 mm für Kleinbild-Spiegelreflexkameras.

Eine noch längere Brennweite weist das Sigma 1:8,0/600 mm auf; mit einer Länge von rund 12 cm liegt die Baulänge bei nur knapp einem Fünftel der effektiven Brennweite. Die längsten Brennweiten von Spiegellinsenobjektiven fertigten auf Bestellung die Firmen Pentax (1:13,5/2000 mm) und Nikon (1:11/2000 mm). Ein Zoomobjektiv, 1:8/400 mm–1:12/600 mm, bietet Pentax an.

Eher dem Massenmarkt zuzuordnen sind die unter verschiedenen Markenbezeichnungen vertriebenen Objektive 1:8/500 bzw. 1:5,6/300 (Exakta und andere Marken), die bei sehr niedrigem Preis eine (allerdings erheblicher Exemplarstreuung unterliegende) ansehnliche Qualität aufweisen, am oberen Ende der Qualitätliste dürften die überwiegend gebraucht zu erwerbenden Zeiss-Objektive 1:4/500 bzw. 1:5,6/1000 liegen, die entweder als „Mirotar“ (Zeiss Oberkochen / Einzelfertigung nach Auftrag) bzw. „Spiegelobjektiv/Prakticar“ (Zeiss Jena) vertrieben wurden und weitgehend baugleich sind (Richter-Slevogt-Systeme).

Literatur

  • Ernst A. Weber: Foto-Praktikum. Basel, Boston, Berlin 1997.
  • Uwe Laux: Astrooptik. 2. akt. u. erw. Aufl. 1999, ISBN 3827413052.

Weblinks


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