Spielen

Spielen
Duck Duck Goose/Fangen

Das Spiel (v. althochdt.: spil für „Tanzbewegung“) ist eine Tätigkeit, die ohne bewussten Zweck zum Vergnügen, zur Entspannung, allein aus Freude an ihrer Ausübung ausgeführt wird. Es ist eine Beschäftigung, die um der in ihr selbst liegenden Zerstreuung, Erheiterung oder Anregung willen und oft in Gemeinschaft mit anderen vorgenommen wird. Ein Großteil der kognitiven Entwicklung und der Entwicklung von motorischen Fähigkeiten findet durch Spielen statt, beim Menschen ebenso wie bei zahlreichen Tierarten. Einem Spiel liegen oft ganz bestimmte Handlungsabläufe zugrunde, aus denen, besonders in Gemeinschaft, dann Regeln hervorgehen können. Die konkreten Handlungsabläufe können sich sowohl aus der Art des Spiels selbst, den Spielregeln (Völkerball, Mensch ärgere dich nicht) oder aber aus der Tatsache, ergeben, dass unterschiedliche Individuen miteinander interagieren wollen (Bau einer Sandburg).

Inhaltsverzeichnis

Definitionen

Eine weithin anerkannte Definition für Spiel stammt von dem niederländischen Kulturanthropologen Johan Huizinga. In seinem Hauptwerk Homo ludens schreibt er:

„Spiel ist eine freiwillige Handlung oder Beschäftigung, die innerhalb gewisser festgesetzter Grenzen von Zeit und Raum nach freiwillig angenommenen, aber unbedingt bindenden Regeln verrichtet wird, ihr Ziel in sich selber hat und begleitet wird von einem Gefühl der Spannung und Freude und einem Bewusstsein des ‚Andersseins‘ als das ‚gewöhnliche Leben‘.“

Huizinga: 1938/1991, S. 37

Im Umkehrschluss sind Tätigkeiten eines Menschen oder eines Tieres kein Spiel sondern ernst, wenn sie erzwungen oder zweckgebunden sind, das heißt unmittelbar der Existenzsicherung, Pflichterfüllung, Notdurft, Suchtbefriedigung, Schadensabwendung oder Schmerzvermeidung dienen. Es gibt aber auch einen (notwendigen) „heiligen Ernst“ des Spieles, das Spiel hat also auch religiöse Züge. [1]

Es gibt jedoch keine genauen Abgrenzungen, so wie beim Lernspiel, das dem Zweck des Lernens dient, aber dennoch spielerisch sein soll.

Roger Caillois sieht das Spiel und die Gesellschaft nach ähnlichen Prinzipien organisiert [2] [3]:

  • Agon (Wettkampf)
  • Alea (Zufall)
  • Mimikry (Maske) und
  • Ilinx (Rausch).

Spielen gewinnt eine besondere Qualität, wenn kreative Aspekte überwiegen, das heißt weiterreichende Entwicklungen der teilnehmenden Persönlichkeiten und ihrer gesellschaftlichen Beziehungen ins Auge gefasst werden. Obwohl solche Spiele nach ökonomischen Kriterien keinesfalls Arbeit sind, tragen sie aus sozialwissenschaftlicher Sicht doch ganz wesentliche Arbeitsmerkmale. Es kommt auf die Rolle und Funktion des Beteiligten im Spiel oder Nicht-Spiel und auf die Sichtweise des Beobachters an.

Einteilung von Spielen

Man teilt die Spiele ein in

  • Bewegungsspiele, zu denen unter anderen die Ball-, Kugel-, Kegel-, Versteck- und Fangspiele gehören
  • Ruhespiele, die der Schärfung der Beobachtung und der Aufmerksamkeit und der Betätigung des Geistes dienen. Die meisten der sogenannten Gesellschaftsspiele, dazu auch Karten-, Brettspiele usw. gehören zu diesem Typus.
  • Wettkampfspiele, die das sich Messen mit den Fähigkeiten anderer zum Ziel haben
Seifenblasen

Schon im Spätmittelalter trat, hauptsächlich in den Städten, das Spielen um Geld in den Vordergrund. Diese Entwicklung hat sich in den vergangenen Jahrzehnten auch auf klassische Spiele ausgedehnt, so dass die Teilnahme an ihnen nicht in jedem Fall als Spielen im eigentlichen Sinn anzusehen ist. Spiele, insbesondere Glücksspiele, die lediglich zu dem Zweck betrieben werden, um finanzielle Gewinne zu erzielen, fallen nicht unter diesen Begriff des Spiels.

So ist das Betreiben von Schach oder Backgammon nicht als spielerisch zu werten, wenn es dem Berufsspieler zum Gelderwerb dient. Andererseits wird Roulette zum Strategiespiel, indem sich passionierte Dauerspieler an diesem Spiel der „ständigen Herausforderung des Zufalls wegen“ beteiligen und an ihren Jeton-Ergebnissen lediglich Erfolg oder Misserfolg ihres taktischen Vorgehens messen. Somit sind die Grenzen der Einordnung in eine Kategorie grundsätzlich fließend und oft von der Grundeinstellung des Spielers und von den Rahmenbedingungen abhängig.

Meist hat das Spiel(en) zwanglosen Charakter, doch kann der so genannte Spieltrieb des Menschen in eine Sucht ausarten.

Spielerische Tätigkeiten sind ihrem Wesen nach nicht der Arbeit, sondern der Freizeit zugeordnet und dienen in der Regel dem lustbetonten Zeitvertreib bzw. der Entspannung des Spielers oder einer Spielgesellschaft.

Jedem Kind ist die Neugier und Lust zum Spiel angeboren. Sie wird entwicklungspsychologisch als die Haupttriebkraft der frühkindlichen Selbstfindung und späteren Sozialisation des Menschen angesehen. Danach reflektiert, erforscht und erkennt der Mensch die Welt zuerst im Kinderspiel. Den Wert des Spiels erkannten schon die Gesetzgeber und Philosophen des Altertums. Später ist es vor allem durch Jean-Jacques Rousseau und die Pädagogen Johann Heinrich Pestalozzi und Friedrich Wilhelm August Fröbel auch erzieherisch zur Geltung gekommen. Die Bewegungsspiele haben das Turnen, insbesondere das Schulturnen stark beeinflusst.

Die Rolle des Spielens in der Gesellschaft erforscht die Soziologie und die Ludologie. Die mathematische Spieltheorie beschäftigt sich mit mathematischen Modellen, die das Verhalten von Spielern und ihren Spielstrategien beschreiben.

Klassifikation von Spielen in der Pädagogik

Freies Spiel mit Spielkarten: Ein Kartenhaus

Rolf Oerter und Leo Montada haben in ihrem Standardwerk über Entwicklungspsychologie eine Einteilung der Spielentwicklung bei Kindern vorgenommen:

Ein weiterer Begriff spielt in der Frühpädagogik eine bedeutende Rolle, nämlich das Freispiel (das Kind wählt Spielmaterial, -ort, -dauer und Mitspieler selbst). Das Freispiel (Kindergarten, Kindertagesstätte) gilt im Unterricht an Fachschulen für Sozialpädagogik bzw. an Fachakademien als Methode - z. B. im Gegensatz zum angeleiteten Spiel. Schüler/innen haben zu lernen, wie man ein Freispiel organisiert und welche Grundsätze zu beachten sind.

Es gibt keine allgemein gültigen Klassifizierungen von Spielen. Die Kriterien für Klassifizierungen sind schwer zu finden. Jeder Autor legt andere Schwerpunkte für Spielarten oder Spielformen fest. Wie schwierig die Abgrenzung ist, mag der Begriff Informationsspiel (Lernspiel) aufzeigen: Im Grunde ist jedes Spiel ein Lernspiel. Ähnlich sieht es mit dem Sprachspiel aus; ein Begriff, der jedem vertraut ist. Trotzdem ist die Zuordnung ein großes Problem, je nach dem, was ein konkretes Sprachspiel beinhaltet. Die Grenzen zwischen den Begrifflichkeiten bei konkreten Beispielen sind oft bis sehr häufig verschwommen. Das konkrete Spiel zeigt gelegentlich, dass man es mehreren Kategorien zuordnen könnte. Das ist übrigens auch ein Problem für die Forschung und vor allem für die Vergleichbarkeit von wissenschaftlichen Untersuchungen zum Spiel. Gleichwohl ist das Spiel eine der bedeutendsten Möglichkeiten kindlicher Förderung bzw. therapeutischer Bemühungen. Den Praktiker des Spielens (oder des angeleiteten Spiels) aber interessiert die Kategorisierung nicht vorrangig, vielmehr baut er auf den konkreten Lerneffekt oder auf den therapeutischen Erfolg.

Wohl aber mag die Funktion des Spiels aus pädagogischer Sicht bei Kindern und Erwachsenen unterschiedlich sein. Während bei Kindern eher der Lerneffekt im Vordergrund steht, ist der Zeitvertreib bei Erwachsenen vermutlich ausgeprägter. Andererseits sind Kinder auch eher zum Spielen zu animieren, während sich Erwachsene häufig zurückhalten, Spiele ablehnen oder ihnen lediglich zuschauen.

Geschichte

Achilles und Ajax beim Würfelspiel

Vom spielerischen Umgang mit der Materie ist der Mensch schon immer fasziniert gewesen; es lag auch in den Anfängen zivilisierteren Denkens grundsätzlich im Wesen des Menschen, spielen zu wollen. Hier von zeugen zahlreiche Motive in Frankreich gefundener Höhlenzeichnungen und Tonmalereien.

Laut der griechischen Mythologie erfanden die Götter das Spiel. Die Erfindung des Würfels zum Zweck des Spielens soll auf den Gott Hermes zurückzuführen sein. Darüber hinaus wird die Fähigkeit des Hellsehens und des Sehens in die Zukunft dem Sohn des Zeus zugeschrieben (ähnlich werden Spielkarten seit dem 17. Jh. zum Wahrsagen benutzt). Die Chinesen benannten vor fünf Jahrtausenden ein Zahlenlotto Keno, das auffällige Regelübereinstimmungen mit dem heutigen Bingo aufweist; da es eingesetzt wurde, die Chinesische Mauer zu finanzieren, mag es die erste staatliche Lotterie der Menschheit gewesen sein, sofern nicht archäologische Funde noch älterer Beweisstücke ergeben, dass schon weit vor dieser Zeit Glückslotterien zu Staatsfinanzierungen benutzt wurden, deren Charakter im Altertum jedoch nicht der persönlichen Bereicherung der Mitspieler, sondern dem Bewusstsein des Einzelnen entsprach, in spielerischer Weise dem Allgemeinwohl zu dienen. Archäologische Funde zeugen davon, dass das altägyptische Schlangenspiel sich bis etwa 2800 Jahre v. Chr. zurückverfolgen lässt.

Wettlauf bei den panathenäischen Spielen, 530 vor Chr.

Im Altertum nahmen die großen öffentlichen Kampfspiele die oberste Stelle ein, aber auch gesellige Spiele – vor allem bei den Griechen (bei Trinkgelagen der „Weinklatsch“ Kottabos) – hatten ihren Platz im Alltag.

Es ist zu vermuten, dass die großen Feldherren seinerzeit den Göttern des Glücks folgten; sie machten ihre Kriegsstrategien oft vom Ausgang eines zuvor erfolgten Spiels abhängig. Nach alten Überlieferungen gab es königliche Lotto-Generaldirektoren. Oft wurden Kriege mittels ausgerufener Lotterien finanziert, denen damals der heutige Glücksspielcharakter fehlte. Die Ausrufung einer Kriegslotterie hatte zu früheren Zeiten einen Massenandrang einer Bevölkerung zur Folge, die mit ihrer Ansicht dem Glücksspiel eher puritanisch gegenüberstand. Archivierten Gemeindeschreibungen des kolonialen Amerikas ist beispielsweise zu entnehmen, dass es der gesellschaftliche Anlass war, an einer Kriegslotterie im Sezessionskrieg teilzunehmen; das patriotische Beisammensein, innerhalb dessen der einzelne so oft ein Los zog (kaufte), bis er etwas „gewonnen“ hatte, wobei derjenige das höchste Ansehen genoss, der die meisten Lose bis zum Treffer ziehen musste und dem zufolge die meisten Mittel für die Kriegsfinanzierung zur Verfügung gestellt hatte.

In frühgeschichtlicher Zeit waren Spiele häufig von der Magie bestimmt. Der Wurf eines Loses oder eines Würfels ist meist als ein Versuch zu werten gewesen, den göttlichen Willen oder Unwillen zu ermitteln.

Das bei Griechen und Römern sehr beliebte Ballspiel und das Würfelspiel, das Richterspiel der Kinder – sie alle wurden mit Hingabe veranstaltet.

Das heute unter dem Namen Mikado weltweit bekannte Geschicklichkeitsspiel war bereits den Römern 100 v. Chr. bekannt. Anhand der Anordnung der in der Hand gedrehten und dann auf eine ebene Fläche fallengelassenen Stäbchen wurde orakelt. Aus der Fähigkeit des Spielers, die Stäbchen einzeln aus der Anordnung heraus zu entfernen, ohne andere Stäbchen dabei zu bewegen, wurden entsprechende, auf den Spieler bezogene Rückschlüsse gezogen. Hierbei hatten die verschieden gekennzeichneten Stäbchen jeweils die vor Spielbeginn festgelegten Eigenschaften, so dass der Fall aller Stäbchen als Gesamtereignis vorbestimmt wurde. Sowohl die den Stäbchen zugeordneten Eigenschaften, die der Spieler beanstandungslos aus der Formation ziehen konnte, als auch die beim Ziehen bewegten „gestörten Eigenschaften“ sagten etwas über die zukünftige Entwicklung des Gesamtereignisses sowie über das persönliche Schicksal des Spielers voraus.

Ein Brettspiel namens petteia, nach der Sage eine Erfindung des Palamedes, erscheint bereits bei Homer als Unterhaltung der Freier in Ithaka (siehe Odyssee, I, 107). Allerdings fehlen genauere Angaben über die Art der griechischen Brettspiele.

Puffspiel oder Backgammon

Dem heutigen Schach- oder Damespiel scheint das „Städtespiel“ ähnlich gewesen zu sein. Von den verschiedenen Gattungen der römischen Brettspiele sind einigermaßen bekannt der ludus latrunculorum (Räuberspiel), eine Art Belagerungsspiel und der ludus duodecim scriptorum. Im Räuberspiel wurden die vorhandenen Steine in Bauern und Offiziere geteilt und es galt, die feindlichen Steine zu schlagen oder festzusetzen. Beim ludus duodecim scriptorum, dem Spiel der 12 Linien, musste in einem in zweimal 12 Felder geteilten Wurfbrett das Vorrücken der je 15 weißen und schwarzen Steine durch die Höhe des jedem Zug vorangehenden Würfelwurfs bestimmt werden (Vorläufer des Backgammon). Auch ein dem Halma ähnliches Spiel existierte.

Eine Vielzahl der noch heute gängigen Gesellschaftsspiele haben ihren Ursprung im Mittelmeerraum.

Sehr beliebt war im Altertum das Fingerraten, das noch heute in Italien als Morraspiel verbreitet ist (siehe auch Schere, Stein, Papier).

Aus dem deutschen Sprachraum ist im Mittelalter vor allem als Volksspiel der Schwerttanz zu erwähnen. Daneben waren auch Steinstoßen, Speerwerfen und Wettlaufen beliebt. Auch das Kegeln und das stets mit Leidenschaft betriebene Würfelspiel sind in Mitteleuropa schon lange heimisch. Während das Landvolk an diesen Spielen festhielt, wandten sich die höfischen Kreise der Ritterzeit vorwiegend den Kampfspielen zu, aus denen sich unter fremdem Einfluss die eigentlichen Ritterspiele (Tjost, Buhurt und Turnier) entwickelten. Daneben wurde das Ballspiel (meist von der weiblichen Jugend) und als beliebtestes Verstandesspiel das Brettspiel und das Schachspiel (seit dem 11. Jahrhundert) betrieben.

Die ersten Olympischen Spiele in Griechenland datieren auf das Jahr 776 v. Chr. Erst die fortschreitende archäologische Forschung lässt Rückschlüsse auf die Uneigennützigkeit und den sogenannten olympischen Grundgedanken zu, auf den noch heute ein jeder Teilnehmer der neuzeitlichen Spiele einen Eid leisten soll; so waren den frühzeitlichen hellenischen Spielen keinesfalls auf Grund der dem Sieger zugutekommenden Ehrung, dem Ansehen und der lebenserleichternden Vergünstigungen in seinem Herkunftsort, nur uneigennützige Beweggründe zuzuordnen. Spielbetrug (beispielsweise das Versetzen von Markierungssteinen für die Leistungsbewertung und unfaires Verhalten) ist entgegen der heute überlieferten und allgemein als beispielhaft dargestellten „sportlichen Einstellung“ genauso missbräuchlich eingesetzt worden, wie heute mit Drogen Leistungssteigerungen erzielt werden. Erschwerend kam für die Teilnehmer hinzu, dass es kein „Siegertreppchen“ gab; nur der Gewinner erlangte im Altertum Ruhm und Ehre – und Vermögen nach der Heimkehr. Schon der Zweitplatzierte der jeweiligen Disziplin versank in Bedeutungslosigkeit, was wohl zur Verrohung der Wettkämpfe führte. So führte das rücksichtslose Verhalten der Beteiligten beim Wagenrennen, dem abschließenden Höhepunkt der jeweiligen Spiele, dessen Sieger entsprechend hoch angesehen war, regelmäßig zu Todesopfern.

Je weiter man sich aus dem Mittelmeerraum in Richtung Norden bewegt, desto mehr verlagert sich der Charakter der betriebenen Spiele in „Kraftspiele“, in der körperlichen Leistungsmessung als Vorläufer der späteren Sportveranstaltungen.

Seit der uns bekannten Existenz von Spielen ist ersichtlich, dass Menschen auch um Sachwerte, anfangs um Naturalien, mit Aufkommen der ersatzweisen Zahlungsmittel (der ersten Münzen) um Geld gespielt haben. Mit diesem Vermögenseinsatz war der Begriff der Wette geschaffen. Schon damals nahm der Nervenkitzel, das scheinbar vorgegebene Schicksal zu korrigieren und Fortuna, die Göttin des Glücks, herauszufordern zu. Die Formen entwickelten sich aus ihrer Ursprünglichkeit vergangener Jahrtausende heraus immer weiter.

Es entwickelten sich allerdings nicht nur die Anlässe, weswegen gespielt wurde, sondern auch die Formen des Spiels und die Einsätze. Manche Germanenstämme setzten Weib und Kind ein, ja setzten sich sogar selber mit Verschreiben ihres Leibs und ihrer Seele aufs Spiel, was in Einzelfällen bis in die Sklaverei ihrer Person führte (Leibeigenschaft).

Zwischen fortschreitender Aufklärung und erzkonservativer Haltung von Moralisten galt das Spiel im Mittelalter über lange Zeitspannen hinweg als Gotteslästerung.

  • Hatten kirchliche Fundamentalisten und Moralisten das Sagen, galt das Spielen als ketzerisch, und immer wieder wurden Verbote ausgesprochen, untermauert mit Bestrafungen, die in keinem Verhältnis zu den Anlässen standen.
  • Hatten weltliche Machtinhaber die gesellschaftlichen Geschicke zu bestimmen, wurden die Verbote aufgeweicht, sodass das Spielen zwar als gesellschaftlich unproduktiv galt und somit als verpönt angesehen wurde, aber geduldet war.

Wiederentdeckten die Landesfürsten die Möglichkeit, derer sich schon die altertümlichen Feldherren für deren Kriegsfinanzierung bedient hatten, mit der Ausrichtung von Spielen ihre Staatskassen zu füllen, änderte sich die Situation. Haushaltsbudgets, Gebäudeerbauungen, Investitionen im Bildungswesen konnte man mit den Erträgen aus einem öffentlichen, staatlich kontrollierten Spiel hervorragend finanzieren.

Auch seitens der kirchlichen Institutionen wurden zwischenzeitliche Verbote aufgehoben, weil der Kapitalbedarf (beispielsweise für die Errichtung eines Klosters) für einen Orden anders nicht mehr aufzubringen war. Forschungsstätten und Sozialeinrichtungen, insbesondere die Bekämpfung aufkommender Seuchen (wie der Pest im Mittelalter), die Pflege alter und kranker Menschen, konnte durch den Ertrag kirchlicher Produktionen nicht mehr aufgebracht werden und längst konnten die Steuereinnahmen den Kapitalbedarf der Kirche nach Beendigung der Inquisition und mit der Aufgabe des Ausschreibens sogenannter Ablassbriefe nicht mehr decken. So ist letztlich die Aufhebung des Spielverbots seitens des Vatikans im 17. Jahrhundert in Italien nicht anzusehen als Kapitulation vor dem menschlichen Bedürfnis zu spielen, sondern als wirtschaftlicher Faktor – gewissermaßen ein Vorläufer späterer Soziallotterien. Von der Einführung des Zahlenlottos 1620 in Genua bis zur ersten öffentlichen Ziehung der Lottozahlen im Deutschen Fernsehfunk (DFF) brauchte es exakt 337 Jahre.

Pferdewette

Wettkämpfe und Glücksspiele gab es folglich schon immer, und die Lust darauf zu setzen wohl auch – so wurde beim Spiel, im Grundgedanken frei von Eigennutz und materiellem Denken, schon bei den Griechen auf den Sieger gesetzt. Sprachforscher vermuten, dass aus der Tatsache, auf jedwelche Leistungsmessung der an Spielen Beteiligten seitens Unbeteiligter Wetten abgeschlossen wurden, das Wort Wettkampf entstanden ist, das erstmals im Zusammenhang mit den Olympioniken im Altertum auftauchte.

Lotterien erfreuten sich in der breiten Bevölkerung schon damals großer Beliebtheit. Dem Prinzip des heutigen Zahlenlottos entsprechende Ziehungen gab es seit dem 16. Jahrhundert in Italien und in England. Lotto entsprechend den heute bestehenden Regeln wurde Anfang des 17. Jahrhunderts in Italien erfunden, in dem man politische Entscheidungen mittels Zahlenauslosungen ermittelte. Bei einer Ziehung 5 aus 90 wurden fünf Ratsherren im Zufallsprinzip bestimmt. Historiker sehen in diesem politischen Hergang die Entwicklung der numerischen Wette; dennoch sind jene Kriterien nicht dem „Glück“, sondern einer höheren Fügung zuzuordnen, als Ratsherr bestimmt zu werden.

Mangels kommunikativer und publikativer Möglichkeiten wurden Spiele dieser Art zunächst in administrativen Gebäuden offizialisiert und später in eigens dafür bestimmten Häusern, den sogenannten „Spielhäusern“ offeriert. Aus ihnen entwickelten sich erst später, im 18. Jahrhundert, die ersten Spielbanken, in denen schwerpunktmäßig Würfelspiele und Kartenspiele an Hohltischen betrieben wurden. Im Lauf der Zeit konstruierte man die ersten Lotteriemaschinen, bei denen die Trefferchancen mechanisch gezogen werden konnten, um Manipulationen seitens der Bedienenden auszuschließen.

Einen wahren Siegeszug seiner Zeit trat „Pharo“ an, eine Wette auf die Karte, die als nächste gezogen und aufgedeckt wurde. Auch bei diesem Spiel galt anfangs der Grundgedanke des Erzielens eines besseren Ergebnisses gegenüber den Mitspielern, und nicht der des materiellen Zugewinns. Im 19. Jahrhundert war Trente-et-un (31) das geläufigste Gesellschaftsspiel in den Casinos, ihm folgte Vingt-et-un (21), das mit veränderten Regeln heute im Glücksspiel Black Jack wiederzufinden ist. Absoluter Renner unter den öffentlichen Spielen wurde schon im vorigen Jahrhundert das klassische Roulette, das zwar als Glücksspiel anzusehen ist, dessen Reiz für viele Spieler jedoch durch taktisches Vorgehen mittels seines Spieleinsatzes besteht, aus dem Prozess zufällig gefallener Zahlenreihen auf den weiteren, zukünftigen Verlauf zu spekulieren und zu reagieren, so dass es von den Spielern auch als Strategiespiel angesehen wird. Bis heute sind die Würfel und der Roulettekessel mit seiner Zahlendrehscheibe das Spielsymbol schlechthin.

Computerspiel Terranigma mit Spielkonsole

Vielfach sind elektronische Spiele und digital animierte Spiele mit Strategie-, Geschicklichkeits- oder Kreativaufgaben an die Stelle ihrer Vorgänger gerückt – bekannt unter ihnen sind „Counter-Strike“ und das zur Zeit aktuelle „World of Warcraft“. Durch die Vernetzung von Spielerterminals zu einer Plattform erhöht sich die Anzahl der an einem Spiel Beteiligten, um den Reiz der Teilnahme am Spiel zu erhöhen. Durch die heutigen technologischen Möglichkeiten hinsichtlich der kommunikativen Datenübertragung und im Rahmen interaktiver Inhalte der spielspezifischen Software, spielen bis zu mehrere Tausend Spieler auf weltweit für jedermann zugänglichen Servern im Internet.

So haben sich die Ursprünge im Zusammenhang mit dem so genannten menschlichen Spieltrieb bis heute gehalten, zunächst als menschliches Grundbedürfnis der Zerstreuung oder als unmoralisch angesehenes Ärgernis.


Das Alter von Spielen

Mikado aus dem 17. Jahrhundert
  • Schlangenspiel (2.800 v. Chr., Ägypten)
  • Das „Spiel von Ur“ (2.300 v. Chr., Mesopotamien, heute Irak)
  • Mühlespiel (2000 v. Chr., Spuren in Irland, Ägypten, China )
  • Senet Spiel (1.350 v. Chr., Ägypten)
  • Olympische Spiele, erste bekannte frühzeitliche körperliche Leistungsmessung (776 v. Ch., Griechenland)
  • Go (um 500 v. Chr. erste gesicherte Funde von Vorläufern des Go in China)
  • Ostomachion des Archimedes, Geschicklichkeitsspiel (3. Jh. v. Chr., Griechenland)
  • Mikado Geschicklichkeitsspiel (1. Jh. v. Chr.)
  • Schach (5. Jh. n. Chr., Indien, Chaturanga war der Urahn des Schach)
  • Mancala (6. Jh. n. Chr., Äthiopien; Deutung älterer Funde umstritten)
  • Pachisi (6. Jh. n. Chr., Indien)
  • Domino (3. Jh. oder 11. Jh., China)
  • Dame (12. Jh., Südfrankreich)
  • Halma (1883, Erfinder war der amerikanische Chirurg George Howard Monks)
  • Käsekästchen (1889, Frankreich)
  • Salta (1899, Deutschland)
  • Kreuzworträtsel (um 1900, Londoner Times) → Scrabble (1938, USA)
  • Monopoly (1903 als The Landlord's Game, USA)
  • Mensch ärgere dich nicht (1907/08, Deutschland)
  • Pacman (1980 Namco, Japan)
  • Tetris (1985 Alexey Pajitnov; Dmitri Pawlowski; Wadim Gerasimow, Russland)
  • Die Siedler von Catan (1995, Klaus Teuber), 2000 zum Spiel des Jahres gewählt.

Zitate

  • „Denn, um es endlich auf einmal herauszusagen, der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Worts Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“ – Friedrich Schiller (Über die ästhetische Erziehung des Menschen, 15. Brief)
  • „Durch spielerisches Experimentieren kamen vermutlich ebenso viele Durchblicke zustande wie durch planmäßiges Abarbeiten vorgegebener Programme.“ – Werner Winkler (Probleme schnell und einfach lösen, ISBN 3636070010, S. 170)
  • „Das Spiel ist das einzige, was Männer wirklich ernst nehmen. Deshalb sind Spielregeln älter als alle Gesetze der Welt.“ – Peter Bamm
  • "Am Ende des Spiels wartet der Teufel", K. F. W. Wander, 1876 (Deutsches Sprichwörter-Lexikon)
  • "Am Spiel erkennt man, was in einem steckt." (K. f. W. Wander; s. o.)

Literatur

  • Michael Andres (2007): Sport - Spiel - Spannung. Philosophische Untersuchung des Spiels und seiner Inszenierung im Sport. London: Turnshare ISBN 978-1-84790-001-2
  • Frederik Jacobus Johannes Buytendijk (1933): Wesen und Sinn des Spiels. Berlin: Wolff.
  • Manfred Eigen, Ruthild Winkler (1988): Das Spiel. München: Piper. ISBN 3-492-20410-4
  • Daniil Elkonin (1980): Psychologie des Spiels. Köln: Pahl-Rugenstein. ISBN 3-7609-0497-1
  • Karl Groos (1896): Die Spiele der Tiere. Jena: G. Fischer. (3. Aufl. 1930)
  • Karl Groos (1899): Die Spiele der Menschen. Jena. G. Fischer.
  • Hans Hoppe (2006): Spiele Finden und Erfinden. Berlin: Lit-Verlag. ISBN 3-8258-9651-X
  • Johan Huizinga: Homo Ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Reinbek 2004: Rowohlt. ISBN 3-499-55435-6
  • Stephen Nachmanovitch: (Free Play) Das Tao der Kreativität. Schöpferische Improvisation in Leben und Kunst. O.W. Barth ISBN 3502611890
  • Rolf Oerter und Leo Montada: Entwicklungspsychologie. 5. Auflage. Weinheim 2002. ISBN 3-621-27479-0
  • Rolf Oerter (1997): Psychologie des Spiels. 2. Aufl. Weinheim: PVU. ISBN 3-621-27377-8
  • Friedrich Schiller (1795/2000): Über die ästhetische Erziehung des Menschen in einer Reihe von Briefen. Stuttgart: Reclam. ISBN 3-15-018062-7
  • Roger Caillois (1958/1982): Die Spiele und die Menschen: Maske und Rausch. Frankfurt a. M., Berlin, Wien: Ullstein.
  • Norbert Hierl-Deronco: "ES IST EINE LUST ZU BAUEN", Von Bauherren, Bauleuten und vom Bauen im Barock in Kurbayern-Franken-Reheinland,

Kapitel " Die spielende Gesellschaft", Krailling 2001, ISBN 3-929884-08-9

Referenzen

  1. Philosophie der Religion
  2. Gebauer, Wulf: Spiel Ritual Geste, !988, RTB, S302.
  3. vgl.a.http://www.sport.uni-giessen.de/dl/showfile/Schwier/381/Vorlesung5.doc

Siehe auch

Portal
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Weblinks


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