- St. Georgsritter zu Millstatt
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Der St. Georgs-Ritterorden ist ein 1469 infolge eines Gelübdes von Kaiser Friedrich III. gegründeter geistlicher Ritterorden, der die Besitzungen des Stifts Millstatt erhielt und Kärnten gegen die mehrfach eindringenden Osmanen schützen sollte. Der militärisch erfolglose Orden residierte bis 1598 in Millstatt. Der bis in die Gegenwart in einer deutschen und italienischen Linie bestehende Orden ist der einzige ökumenische Ritterorden der Welt. Seine knapp 200 Mitglieder treffen sich traditionell jedes Jahr zu St. Georgi sowie Fronleichnam in Millstatt.[1]
Inhaltsverzeichnis
Geschichte des Ordens
Gründung
Die Gründung des St. Georgs-Ritterordens geht auf ein Gelübde zurück, das Friedrich III. während der Belagerung der Wiener Hofburg durch aufständische Bürger 1462 abgelegt hatte. Für den Fall der Abwendung dieser Gefahr gelobte er die Gründung eines geistlichen Ritterordens vom Hl. Georg nach dem Vorbild der deutschen Johanniter und Templer, der in erster Linie mit der Bekämpfung der Türken beauftragt werden sollte.
Nach der Befreiung durch den böhmischen König Georg Podiebrad löste Friedrich III. sechs Jahre später sein Gelübde ein: Am 16. November 1468 machte sich der Kaiser samt Gefolge auf den Weg nach Rom, um seine Anliegen bei Papst Paul II. vorzutragen, dessen Bestätigung er für die Gründung des Ordens benötigte. Der Papst willigte ein und erließ am 1. Jänner 1469 die Stiftungsbulle für den St. Georg-Ritterorden.[2]. Auf Vorschlag des Kaisers stattete der Papst den Orden mit den Besitzungen des aufgelösten Benediktinerstifts in Millstatt und dem Spital St. Martin in Wien aus.
Erster Hochmeister des Ordens wurde Johann Siebenhirter, ein aus einer alten Wiener Familie stammender Vertrauter Friedrichs III. Siebenhirter wurde am 14. Mai 1469 vom päpstlichem Legaten Bischof Michael von Pedena in sein Amt eingeführt. Auftrag des Ordens war, für eine Abwehr der Türkengefahr zu sorgen, der Kaiser erhoffte hierfür die Bereitstellung einer Streitmacht von 3000 bis 4000 Mann.
Entwicklung bis 1598
Trotz der weitläufigen Besitzungen steckte der Orden von Beginn an in finanziellen Nöten. Die Benediktiner hatten immense Schulden sowie stark vernachlässigte Bauten hinterlassen, so dass die Mittel der St. Georgsritter anfangs gerade für die laufenden Kosten ausreichten, an die Aufstellung einer Kampftruppe war nicht zu denken. So zählten die Georgsritter im Jahr 1471 erst elf Mitglieder. Als dringendste Maßnahme angesichts der herannahenden Türken wurde aber zunächst die Instandsetzung der Gebäude sowie der Ausbau der Anlage zu einer Festung angesehen. So waren die Ritter bei den Einfällen der Türken in Kärnten ab 1473 nicht in der Lage, diesen militärisch Widerstand zu leisten und als die plündernden und brandschatzenden Horden im Sommer 1478 auch Millstatt heimsuchten, gelang es ihnen zwar nicht, in das inzwischen stark befestigte Ordensschloss einzudringen, jedoch wurden Kirche und nähere Umgebung des Stifts geplündert und verwüstet, Häuser niedergebrannt und Menschen und Vieh getötet und verschleppt. Der Umstand, dass die Herren des Landes in ihren befestigten Burgen unbehelligt geblieben waren, während die durch die „Türkensteuer“ ohnehin schon geschundenen Bauern durch die Überfälle in große Not gerieten, führte noch im selben Jahr 1478 zum Kärntner Bauernaufstand.
Die Bemühungen des Ordens tätigten jedoch auch weiterhin nur bescheidene Erfolge. Die Zahl seiner Ritter blieb, trotz Bemühungen auch durch Friedrichs Nachfolger auf dem Kaiserthron, Kaiser Maximilian I., ihm weitere Mitglieder zuzuführen, stets relativ gering, so dass der Orden nie zu größeren militärischen Aktionen gegen die zwischen 1473 und 1483 in Kärnten einfallenden Türken in der Lage war. Als Hilfsmaßnahme heuerte der Ritterorden Männer des Marktes Millstatt und seiner Umgebung an. Diese Wehrwilligen wurden bewaffnet, kampffähig ausgebildet und erhielten für die Zeit ihres Einsatzes einen bescheidenen Sold. Die Ordensritter von Millstatt und ihre weltlichen Söldner konnten so einigermaßen das Ordensschloss und gelegentlich Teile der Bevölkerung Millstatts schützen, waren aber nicht in der Lage, Türkeneinfälle oder sonstige Plünderungen durch Kriegshorden in Kärnten zu verhindern.
Kaiser Maximilian I (1449-1519), der dem St. Georgs-Rittern ab 1511 selbst angehörte, war der letzte Förderer des Ordens. Unter dessen zweitem Hochmeister Johann Geumann (1508-1533) erreichten Bau- und Kunstschaffen des Stiftes zwar einen Höhepunkt, jedoch nach Maximilians Tod im Jahr 1519 zeigte dessen Nachfolger Karl V. wenig Interesse für den Orden. In einer Petition beklagte sich Geumann 1521, das Stift sei „ain öd pawfellig closter. Alls khain ansehen hab vnd mit dem paw dhain (kein) enndt nehmen will.“ und es seien an die 180 Personen, beschäftigt mit Bauarbeiten, Küchendienst, Schul- und Gottesdienst zu versorgen. Über seine Untergebenen im Stift schrieb er um 1528: „[D]ie Mitglieder sind meineidige Buben, die den Wein lieben und leichtfertigen Weibern nachlaufen, die völlig frei sein wollen, vom Reichen stehlen sie den Nachlass, den Armen lassen sie ohne Sakrament sterben, es wäre das Beste, alle auf lebenslänglich einzusperren.“ Nachdem Geumann gestorben war, wurden das Kloster und seine Besitztümer immer mehr vernachlässigt. Vom letzten Hochmeister Wolfgang Prandtner ist kein einziger Besuch in Millstatt überliefert, der St. Georgs-Ritterorden zerfiel nach und nach, manche Ritter zogen einfach weg. Eine nominale Aufhebung des Ordens unterblieb offenbar - es ist darüber kein Dokument bekannt -, da mangels eines aufhebbaren Konvents keine Sinnhaftigkeit in einer solchen, bürokratisch doch sehr aufwendigen Maßnahme gesehen wurde. Die einheimischen Söldner dürften als organisierte Gruppe wehrhafter Bürger weiterhin bestanden haben, da eine im Jahre 1670 aufgezeichnete Schützenordnung erhalten ist und Einblicke in die Organisation dieser frühen Bürgerwehr bietet, deren Tradition die heutige Bürgergarde Millstatt ungebrochen weiterführt.
1598 wurde das wahrscheinlich leerstehende Ordensschloss den Jesuiten übergeben, welche es zu seiner letzten Blüte führten. 1773 wurde im Zuge des „Jesuitenverbotes“ das Stift schließlich endgültig aufgehoben. Die Kirche ging in den Besitz der Pfarre über, die umgebenden Gebäude des ehemaligen Klosters sowie das (straßenseitige) Ordensschloss stehen unter staatlicher Verwaltung (Forstamt Oberkärnten - Lungau), das ehemalige Hochmeisterschloss aus dem 15. Jahrhundert mit den beiden wuchtigen Wehrtürmen Johann Siebenhirters verfiel 130 Jahre lang. 1909 wurde es zum „Grandhotel Lindenhof“ umgebaut, um 1974 wegen Unrentabilität wieder geschlossen und steht seither wieder leer. Das Gebäude befindet sich nun im Besitz des Bau-Industriellen Hans Peter Haselsteiner sowie einer Familie in Millstatt.
Die Zeit von 1600 bis 1918
Über die weitere Entwicklung des offenbar weit zerstreuten Ordens liegt wenig vor, es ist weder ein Dokument über eine Aufhebung des Ordens, noch über eine spätere Neu- oder Wiedergründung bekannt.
Eine Sonderstellung nimmt die Erwähnung der Georgsritter im „Österreichischen Ordenshandbuch“ ein: „anknüpfende Neugründung einer Rittergesellschaft im 18. Jahrhundert, die in Wien und dann bis 1838 in Bayern, seither in Rom ihren Sitz hat [...] Das Priorat in Österreich ist 1848 von Kaiser Franz Josef I. und 1917 von Kaiser Karl I. bestätigt worden.“[3] Dokumente über diese angebliche barocke Neugründung existieren keine, auch die Bestätigung von 1848 ist nicht belegbar. Anders die Bestätigung des Ordens durch Karl I, welche umständehalber zwar nur mündlich erfolgte, jedoch durch mehrere Zeugen belegt ist.
Auffällig ist, dass der Ursprung des römischen Ordenszweiges (die Italienische Zunge) ebenfalls nicht urkundlich belegt ist, der Orden jedoch den Namen „Imperiale Ordine Militare Capitolare Di S. Giorgio In Carinzia“ führt und von einem Großmeister geleitet wurde.[4]
Die Zeit nach 1918
Nach dem ersten Weltkrieg entstand im Zuge der politischen Umwälzungen in Folge der Absetzung der Habsburger eine völlig neue Situation in allen Ordenszweigen. Der Rektor des Collegio Teutonico di Santa Maria dell Anima zu Rom, provisorischer geistlicher Prior des St. Georgs-Ritterordens, Bischof Hudal, erarbeitete ein zehnseitiges Promemoria über die historische Entwicklung sowie den aktuellen Status des Ordens, unter besonderer Berücksichtigung der neuen politischen Situation. Darin nimmt er unter anderem Bezug auf die generelle Bedeutung der Habsburger für den Orden sowie die Bestätigung des Ordens 1917 durch Kaiser Karl I. für die Zukunft als rein weltlichen Ritterorden (gemeint war damit als kirchenunabhängiger Orden, nicht jedoch eine Umwandlung in einen Ritterbund!). Weiters wird angeführt, dass sich Karl I. die Verfügung über verschiedene Ritterorden, wie des Goldenen Vlieses, aber auch des Georgs-Ritterordens behielt. Zwischen 1919 und 1920 wurden die Ordensstrukturen durch vom Kaiser approbierte Personen modernisiert, das Ordensabzeichen „Croce Azzura“ durch Karl I. eingeführt.
Der heutige Status
Am 9. März 1992 wurde in einem Gespräch des Groß-Bailli des Ordens, Peter F. Wallnöfer de Monte Liechtenberg, mit Georg von Habsburg festgehalten, dass sich die Deutsche Zunge des Ordens nicht mehr als Hausorden des Hauses Österreich versteht. Habsburg meinte, dass ihm von der Deutschen Zunge nur Positives bekannt sei, die Situation mit Rom (gemeint ist der Italienische Zweig) deswegen so prekär sei, da sich die Italiener auf das Haus (Habsburg) berufen, dieses aber keinen Kontakt mit Rom habe. Als Ziel für den Gesamtorden wurde daher eine Rückführung des Gesamtordens samt Archiven nach Österreich genannt und die Wahl eines Hochmeisters aus den Reihen der Ordensbrüder. Eine solche Wahl wurde vorgenommen, der gewählte Hochmeister verstarb aber zwischenzeitlich, sodass die Wahl eines neuen Hochmeisters ansteht. Derzeit (Jun.2008) wird der Orden statutengemäß ad interim durch den Groß-Bailli von Österreich geleitet. In dieser Form findet sich heute der Orden wieder mit seinem nominellen sowie spirituellen Sitz in Millstatt. Der Orden besitzt einen Hilfsdienst, die St. Georgs-Hilfe mit Sitz in Wien, der karitative Projekte betreibt.
Wer wünscht, in den Orden aufgenommen zu werden, muss seine Berufung glaubhaft machen, im Namen Christi und in der Nachfolge des Hl. Georg schwächeren Mitmenschen zu helfen, weiters aber auch die christlich - abendländische Tradition unter Einhaltung der Grundsätze christlicher Nächstenliebe und Toleranz gegen zersetzende Bestrebungen zu verteidigen. So erfüllt jedes einzelne Ordensmitglied in seinem persönlichem Lebensbereich die Sendung, die dem Orden 1469 übertragen wurde. Zur Aufnahme in den Orden können Damen und Herren vorgeschlagen werden, die sich zum christlichen Glauben bekennen und auf Grund ihres Wirkens im kirchlichen, kulturellen oder sozialen Bereich eine geachtete Stellung einnehmen. Die Aufnahme in den Orden geschieht auf Entscheid des Hochmeisters oder Regenten a. i. und findet traditionell in der Domitian-Kapelle der Alten Ordenskirche von Millstatt statt. Die Aufnahme (Investitur) besteht aus dem feierlichen Ritterschlag durch den Hochmeister, seinen Delegierten, oder den Regenten a. i., der Übergabe der Ordensinsignien, des Ordensmantels sowie dem anschließenden gemeinsamen Hochamt in der Stiftskirche. Ordensdamen und Ritter sind in verschiedene Grade eingeteilt.
Der Kandidat oder die Kandidatin ist verpflichtet, wann immer möglich, am Ordensleben teilzunehmen, und nach den Bedürfnissen des Ordens und entsprechend den persönlichen finanziellen Möglichkeiten Hilfsleistungen über den Fonds der St. Georgs-Hilfe zu erbringen.
Die Zahl der Ordensritter ist derzeit wieder leicht ansteigend.
Abspaltungen
Es existieren noch diverse Ritterbünde, -bruderschaften und Vereine, die sich auf den St.Georgsorden von Kärnten berufen, jedoch in den Bereich eingetragener Vereine (e.V.)und nicht des Ordens fallen.
Die St. Georgs-Ritter-Bruderschaft zu Kärnten e.V. mit Sitz in Haselünne, Deutschland, beruft sich auf die Nachfolge der von den Georgsrittern engagierten einheimischen Helfer, ihr Leiter ist jedoch ein gewählter Vereinsobmann und steht nicht in historisch - legitimer Succession der Hochmeister des Ordens.
Kunstschätze
Im Stiftsmuseum Millstatt werden aus der Zeit des St. Georgs-Ritterordens zahlreiche Kunstwerke gezeigt. Das sind unter anderem Faksimiles einer Reihe von kostbaren Handschriften wie das lateinische Gebetbuch des Johann Siebenhirter mit besonders qualitätsvollen Miniaturen,[5] das prunkvolle Antiphonar des Ordens sowie bedeutende Inkunabeln aus der Frühzeit des Buchdrucks und vor allem das berühmte Gebetbuch Kaiser Maximilians I. mit Federzeichnungen von Albrecht Dürer, Albrecht Altdorfer und Lukas Cranach . 1495 schenkte Graf Leonhard von Görz nach dem Tode seiner Gattin Paola Gonzaga die von Andrea Mantegna entworfenen Brauttruhen dem St. Georgs-Ritterorden zu Millstatt, wobei eine dieser Truhen im Museum ausgestellt ist.
Literatur
- Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Kärnten. 2. Auflage, Anton Schroll, Wien 1981, S. 397-408. ISBN 3-7031-0522-4
- Wilhelm Deuer: Hauptpfarrkirche St. Salvator und Allerheiligen in Millstatt. Christliche Kunststätten Österreichs 274, Verlag St. Peter, Salzburg 1996. (ohne ISBN)
- Matthias Maierbrugger: Die Geschichte von Millstatt. Marktgemeinde Millstatt im Verlag Ferd. Kleinmayr, Klagenfurt, 1964; erw. Neuauflage: Carinthia Verlag, Klagenfurt 1989. S. 93-133. (ohne ISBN)
- Maria Mairold: Die Millstätter Bibliothek. In: Geschichtsverein für Kärnten: Carinthia I. Zeitschrift für geschichtliche Landeskunde von Kärnten. 170. Jahrgang / 1980, S. 87-106.
- Erika Weinzierl-Fischer: Geschichte des Benediktinerklosters Millstatt in Kärnten. Archiv für vaterländische Geschichte und Topographie, Band 33. Verlag des Geschichtsvereines für Kärnten, Klagenfurt 1951 (ohne ISBN)
- Roman Freiherr v. Proházka: Österreichisches Ordenshandbuch. Herausgeber Graf Klenau OHG München 1974 (ohne ISBN)
- Peter F. Wallnöfer - Monte Liechtenberg: Der S.M.H. Ritter-Orden vom heiligen Georg in Kärnten im 20. Jahrhundert Sonderdruck aus Carinthia I, Zeitschrift für geschichtliche Landskunde Kärnten, Verlag des Geschichtvereines für Kärnten, Klagenfurt 2005 (ohne ISBN)
Einzelnachweise
- ↑ Stiftsmuseum Millstatt - Chronologie der Georgsritter
- ↑ Die Urkunde befindet sich im Wiener Staatsarchiv
- ↑ Pag. 148. Anstelle von 1838 müsste es wohl 1938 heißen.
- ↑ Möglicherweise haben hier abgewanderte Ritter aus Millstatt die Tradition weitergeführt.
- ↑ Karl-Georg Pfändtner: Das Gebetbuch des Johann Siebenhirter in Stockholm. Carinthia I, 2007. S. 107-156. [mit 38 größtenteils färbigen Abbildungen]
Weblinks
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