- St. Germain-l’Auxerrois
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Die Kirche St-Germain-l’Auxerrois ist eine bedeutende spätgotische Kirche in Paris, 1. Arrondissement. Sie war die Hofkirche des ehemaligen Königspalasts (Louvre) und Grabkirche zahlreicher ehemals am Hof beschäftigter Künstler.
St-Germain ist dem Heiligen Germanus geweiht, ehemals Bischof von Auxerre in Burgund (nicht zu verwechseln mit dem Heiligen Germanus von Paris, Schutzpatron der Stadt und der Kirche St. Germain-des-Prés).
An der Stelle dieser Kirche soll angeblich im 6. Jh. ein Baptisterium gestanden haben, in dem die heidnischen Soldaten Chlodwigs getauft werden sollten, nachdem er selber 498 das Christentum angenommen hatte. Dieses erste Bauwerk an dieser Stelle, sofern es denn überhaupt hier gestanden hat, ist aber von den Normannen zerstört worden. Im 11. Jh. soll dann eine Kirche hier errichtet worden sein, die sich bis heute aber diverse Umbauten gefallen lassen musste. Im 15. Jh. wurde der Bau fast völlig erneuert, vor allem das Querhaus und das Langhaus. Wir haben es hier also mit gotischen Mischformen verschiedener Art zu tun.
Die Kirche Saint-Germain-l’Auxerrois ist kein einheitlicher Bau, sondern stammt aus den verschiedensten Epochen, macht aber trotzdem einen bemerkenswert einheitlichen Eindruck. Als der Hof der Valois im 14. Jh. von der Île-de-la-Cité in den Louvre zog, wurde sie die bevorzugte Kirche der Könige. Nach der Revolution diente sie daher lange Zeit als Scheune – als eine Art Rache der Revolutionäre am Königtum.
Erbaut ab 1425, geht die Kirche in ihrer Grundkonzeption immer noch auf die fast 300 Jahre ältere Kirche Notre-Dame zurück: fünfschiffige Basilika, nicht fluchtendes Querhaus, doppelter Chorumgang. Die Bauornamentik ist jedoch reiches Flamboyant. Die 1435-39 vorgeblendete Vorhalle ist typische burgundisch, und greift damit die damals von Burgund ausgehende Kulturblüte auf.
Am auffallendsten von Saint-Germain-l’Auxerrois ist der Turm, der 1998 gerade eine Restaurierung hinter sich hatte – bis auf das Erdgeschoss. Der Bau links von diesem Turm gehört nicht zur Kirche, sondern ist das Rathaus für den 1. Bezirk. Dieser Glockenturm aus dem 12. Jh. steht neben der Kirche, also wie ein italienischer Campanile.
Der Portalanbau stammt aus der Zeit 1435-1439, das Portal selber aber entstand um 1230. In dieser Zeit wurde in Chartres bei den Querhausportalen bereits eine ganz neue Art von Plastik entwickelt mit viel lebendigeren Bewegungsmotiven. Dieses Portal hier steht also nicht ganz auf der Höhe der Zeit und entspricht eher einem konservativeren Geschmack. Hier sieht man an den vielen gleichförmigen Details – Gesichter, Gewandfalten etc. -, dass es sich um einen ausklingenden Stil handelt, dem nichts anderes mehr einfällt, als seine Formensprache ewig zu wiederholen.
Die besten Statuen der Kirche stehen im Innenraum, vor allem die ehemalige Trumeaufigur des Westportals, der hl. Germanus ebenfalls von ca. 1230. Hier ist schon eine andere Atmosphäre zu spüren als die starre Wiederholung draußen. Hier zeichnet sich eine neue Sensibilität ab, die die Geschichte der Plastik in den kommenden Jahrzehnten kennzeichnen wird. Und damit diese Feingliedrigkeit nicht der Witterung oder anderen zerstörerischen Einflüssen erlegen ist, wurde die Figur vor geraumer Zeit in den Innenraum gebracht und draußen durch eine Muttergottes des 19. Jh. ersetzt.
Auch dem Innenraum sieht man an, dass es hier Umbauten gegeben haben muss. Der Wandaufriss ist zweizonig, also ohne Triforium. Das gab es nur in der Spätgotik und der ganze Bau wurde ja wie gesagt bis auf wenige Teile im 15. Jh. neu errichtet. Dann gab es im 19. Jh. nochmals eine offenbar grundlegende Restaurierung (1838-1855 durch Lassus und Baltrard ), die einer Verunstaltung gleichkam. So wurde beispielsweise ein nördlicher Wehrturm hinzuerfunden, den es in der Gotik nicht gegeben hatte. Man muss hier also eher von Fantasiegotik sprechen.
Bedeutung für die französische Geschichte
Die Kirche spielt in der französischen Geschichte insofern noch eine zwiespältige Rolle, als ihre Glocken das Gemetzel der Bartholomäusnacht eingeläutet haben sollen. Nach der Vermählung von Heinrich von Navarra, der spätere Heinrich IV. (1553-1610), mit Marguerite de Valois, der Schwester des regierenden Königs, am 24. August 1572 wurden nach diesem Glockengeläut die eben wegen der Hochzeit in Paris anwesenden Hugenotten niedergemetzelt. 4000 Festgäste kamen ums Leben, und bei den anschließenden Verfolgungen noch einmal rund 20.000. Diese sog. „Pariser Bluthochzeit“ ist mehrmals verfilmt worden, besonders drastisch noch vor kurzem 1994 von Patrice Chéreau in einem über zweistündigen Filmepos.
Siehe auch: Aschermittwoch der Künstler
Weblinks
48.8594444444442.3411111111111Koordinaten: 48° 51′ 34″ N, 2° 20′ 28″ O
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