- Stadtmauer Nördlingen
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Die Nördlinger Stadtmauer ist die einzige Stadtmauer Deutschlands, die einen vollständig erhaltenen, rundum begehbaren und überdachten Wehrgang besitzt. Sie umschließt die komplette mittelalterliche Altstadt von Nördlingen und hat eine Länge von 2,6 Kilometern. Zur Stadtmauer gehören fünf Tore mit Tortürmen, elf weitere Türme und eine Bastion.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Der Bau der Stadtmauer begann 1327 auf Befehl Ludwigs des Bayern. Sie ersetzte den alten Verteidigungswall, dessen Verlauf noch heute am Verlauf der Altstadtstraßen Drehergasse, Bei den Kornschrannen, Vordere Gerbergasse, Herrengasse und Neubaugasse zu erkennen ist. Zwischen 1536 und 1613 wurden vier Tore und zwei Türme von Grund auf umgebaut. Außerdem wurden in dieser Zeit sieben Backofentürme, drei starke Bollwerke und zwei Basteien errichtet. Während des Dreißigjährigen Krieges im Jahr 1634 widerstand die Nördlinger Stadtbefestigung einer Belagerung durch kaiserliche Truppen im Vorfeld der Schlacht bei Nördlingen. Ab 1803 begannen die Nördlinger, Teile der nun überflüssigen Stadtmauer abzutragen. 1826 stellte König Ludwig I. von Bayern die Mauer unter seinen Schutz und untersagte ihren weiteren Abriss.
Überblick
Reimlinger Tor
Das Reimlinger Tor sicherte im Mittelalter die Straße nach Augsburg. Es stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist das älteste Stadttor Nördlingens. Die Aufbauten mit der wulstig vorragenden Geschützplattform und der Turmwächterstube kamen erst später hinzu, ebenso das wehrhafte Vorwerk.
Berger Tor
Das Berger Tor sicherte die Straße nach Ulm. Es wurde in den Jahren 1435 bis 1436 von dem Baumeister Hans Rews errichtet. 1574 bis 1575 bauten Wolfgang und Kaspar Wallberger die oberen Turmgeschosse aus und das Berger Tor erhielt seine heutige Gestalt. Beachtenswert ist die kassettierte Tonne der Tordurchfahrt. Im Mauerwerk steckt noch heute eine Kanonenkugel aus dem Dreißigjährigen Krieg. Im Inneren des Torturmes befinden sich heute ein Café und eine Münzsägewerkstatt.
Baldinger Tor
Durch das Baldinger Tor führt die Straße in Richtung Würzburg und Frankfurt am Main. Es wurde erstmals 1376 erwähnt. 1406 vollendete Meister Wenzel Parler das Vorhaus, 1430 wurde das Tor unter der Leitung des Steinmetzen Conrad Stenglin neu erbaut. Die Torgruppe ähnelte wohl ursprünglich dem Berger Tor. Bei der Belagerung von 1634 wurde der Torturm beschädigt. Als Spätfolge stürzte er am 20. August 1703 ein. Neben der Tordurchfahrt befindet sich ein Einlasspförtchen. Durch dieses gelangten Personen im Mittelalter abends, wenn das Tor bereits geschlossen war, in die Stadt.
Löpsinger Tor
Das Löpsinger Tor sicherte die wichtige Handelsstraße nach Nürnberg. Es wurde vor 1388 erbaut, allerdings im Jahre 1592 abgetragen und im Stil des Deininger Tores neu errichtet. Die Sonnenuhr stammt aus dem Jahr 1837. Die Darstellung eines Kopfes in der Decke der Durchfahrt erinnert an die Nördlinger Sage vom „So G’sell so“, deren Schauplatz das Löpsinger Tor ist. Heute ist im Löpsinger Tor das Stadtmauermuseum untergebracht.
Deininger Tor
Das Deininger Tor sicherte die Straße in Richtung Regensburg und Wien. Es ähnelt dem Löpsinger Tor, ist aber etwas schlanker. Während der Belagerung 1634 drangen kaiserliche Truppen in den Turm ein. Die Nördlinger zündeten den Turm daraufhin an. Der heutige Aufbau samt den zwölf Rundbogenfenstern und der geschwungenen Dachhaube entstand gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges.
Alte Bastei
Mit dem Bau der Alten Bastei begannen Caspar Wallberger und Lorenz Scheer 1554. Wolfgang Wallberger vollendete das Bollwerk 1598. Die Verteidigungsfestung konnte in zwei Stockwerken zehn Geschütze aufnehmen. Heute befindet sich in dem Bau die Freilichtbühne Nördlingen.
Feilturm
Der Feil- oder Schuldturm, der möglicherweise als Gefängnisturm genutzt wurde, stammt aus dem 14. Jahrhundert.
Löwenturm
Der Löwen- oder Pulverturm wurde 1535 erstmals erwähnt. Er diente als Batterieturm zur weiteren Verstärkung dieser Mauerpartie und wurde in den Graben zwischen die Geschützbrüstung gesetzt. Der Turm auf hufeisenförmigem Grundriss hat drei Geschosse. Zur Stadt hin besitzt er einen glatten Giebel mit niedrigem, abgewalmte Dach. Nach außen hat er eine Geschützplattform mit wulstiger Brüstung.
Oberer Wasserturm
Der obere Wasserturm wurde 1469 bis 1471 errichtet. Durch den sechsgeschossigen Bau auf quadratischem Grundriss fließt die Eger in die Stadt. Die kanalisierte Eger floss über einen Trog aus Eichenholz über den Stadtgraben, solange dieser mit Wasser gefüllt war.
Backofentürme
Die fünf Backofentürme sind außen an die Stadtmauer angesetzt. Der Name rührt von ihrer charakteristischen Form her.
Spitzturm
Der Spitzturm zwischen Baldinger Tor und unterem Wasserturm wurde im 15. Jahrhundert erbaut. Sein spitzer Turmhelm gibt ihm dem Namen.
Unterer Wasserturm
Der Untere Wasserturm, durch den die Eger die Stadt wieder verlässt, wurde im 15. Jahrhundert erbaut.
Reißturm
Der 1408 erstmals erwähnte Reißturm nahe dem Reimlinger Tor wurde möglicherweise von Hans Rews erbaut. Seine jetzige Gestalt erhielt er 1644.
Kasarmen
Entlang der Mauerinnenseite erstrecken sich die Kasarmen, direkt an die Stadtmauer gebaute Häuser, in denen einst die Stadtsoldaten wohnten.
Graben
Um die Mauer herum ist der Stadtgraben erhalten, der im Mittelalter teils mit Wasser gefüllt war. Teile des ehemaligen Stadtgrabens sind heute Parkanlagen.
Literatur
- Steinmeier, Andrea: 1100 Jahre Nördlingen. F. Steinmeier: Nördlingen, 1998. ISBN 3-927496-54-5
- Voges, Dietmar-Henning: Die Reichsstadt Nördlingen. 12 Kapitel aus ihrer Geschichte. München: Beck, 1988, ISBN 3-406-32863-6
Weblinks
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