- Stadtschloss (Wiesbaden)
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Das klassizistische Stadtschloss der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden entstand 1837 bis 1841 als Residenz der Herzöge von Nassau. Es wurde nach Plänen von Georg Moller an der Stelle einer Burg errichtet, die ihren Ursprung in fränkischer Zeit hatte und damit vermutlich die Keimzelle der mittelalterlichen Stadt bildete. Das Schloss hatte eine wechselvolle Geschichte, heute (seit 1946) beherbergt es den Hessischen Landtag, der über das eigentliche Schloss hinaus einen ganzen Gebäudekomplex nutzt.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Mittelalterliche Anfänge
Die Stelle, an der heute das Stadtschloss steht, war seit dem Mittelalter das Zentrum und die politische Machtzentrale der Stadt Wiesbaden. Hier stand vermutlich seit dem frühen Mittelalter eine Burg der Grafen von Nassau, um die herum sich die Stadt entwickelte. Der direkt angrenzende Marktplatz (heute: Schlossplatz) war dabei Mittelpunkt derselben, an dem auch 1610 das Rathaus errichtet wurde. Über die Ausdehnung und Gestalt der Burg ist leider nichts überliefert, jedoch wurden bei Ausgrabungen während des Wiederaufbaus des an das Schloss angrenzenden und im Zweiten Weltkrieg beschädigten Kavaliershauses 1952 Reste einer Turmburg aus fränkischer Zeit entdeckt.
Nassauische Stadtresidenz (1841 bis 1866)
Bereits 1744 wurde Wiesbaden zur Residenz der Fürsten von Nassau-Usingen erhoben, als der Sitz von Usingen im Taunus in das seit 1701 entstandene barocke Biebricher Schloss am Rhein verlegt wurde. Folgerichtig wurde die Stadt 1806 Hauptstadt des neu gegründeten Herzogtums Nassau, Herzog Friedrich August von Nassau-Usingen Staatsoberhaupt. Als er am 24. März 1816 kinderlos starb, ging die Herzogswürde auf die Linie Nassau-Weilburg über. Wilhelm I. wurde neuer Herzog und zog vom eigens für ihn errichteten Erbprinzenpalais an der Wilhelmstraße ins Biebricher Schloss. Eigentlich hatte sein Vater Friedrich Wilhelm die Amtsgeschäfte führen sollen, dieser starb jedoch nur zwei Monate zuvor, am 9. Januar 1816, bei einem tragischen Unfall in Schloss Weilburg: er stürzte von einer Treppe.
In den 1830er Jahren kamen Überlegungen auf, den Sitz vom stadtfernen Rheinufer in die Stadt zu verlegen. Zunächst war ein Bauplatz am repräsentativen klassizistischen Luisenplatz im Gespräch, der damals jedoch noch am Stadtrand lag. Schließlich wurde der zentrale Standort am Marktplatz gewählt, offiziell, um mehr Bürgernähe zu demonstrieren. An der Nordseite des Platzes wurden mehrere Gebäude erworben, darunter das noch existente 1826 erbaute Kavaliershaus. Die Planungen für das "Herzogliche Haus am Markt", wie das Schloss zunächst hieß, wurden an den bekannten Oberbaudirektor Georg Moller aus Darmstadt vergeben, der sich dort schon einen Namen gemacht hatte. Insbesondere musste eine anspruchsvolle Ecklösung gefunden werden, da diese für das Gebäude und den ganzen Platz bestimmend sein würde. Moller beauftragte schließlich den Wiesbadener Baumeister Richard Goerz mit der Ausführung, 1837 wurde der Grundstein für den Neubau gelegt. Herzog Wilhelm sollte die Fertigstellung seines Schlosses jedoch nicht mehr erleben; er starb am 20. August 1839 während der Kur in Bad Kissingen an einem Schlaganfall. Sein 22-jähriger Sohn Adolf I. zog dann erstmals im November 1841 in das fertig gestellte Gebäude. Er bewohnte das Haus jedoch nur in den Wintermonaten, im Sommer zog es ihn weiterhin nach Schloss Biebrich.
1844 heiratete er die russische Prinzessin Elisabeth Michailowna, die Tochter von Michael Romanow (1798-1849), dem jüngeren Bruder der Zaren Alexander I. (Regierungszeit: 1801 bis 1825) und Nikolaus I. (Regierungszeit: 1826 bis 1855). Als seine Gemahlin am 27. Januar 1845 im Kindbett zusammen mit dem Kind starb, ließ er als Grabeskirche ihr zu Ehren die Russische Kapelle auf dem Neroberg errichten.
Während der Märzrevolution 1848 kam es vor dem Herzoglichen Schoss zu einem Volksaufstand. Am 4. März 1848 versammelte sich eine bis dato nicht für möglich gehaltene Menge von 30.000 aufgebrachten Bürgern auf dem Marktplatz, um die zuvor gestellten "Neun Forderungen der Nassauer" (Volksbewaffnung, Pressefreiheit, Vereinsrecht, öffentliche Gerichtsverfahren, Versammlungsfreiheit, etc.) zu bekräftigen und riefen nach der Republik. Der eiligst aus Berlin herbeigerufene Herzog versprach in seiner Not die Forderungen zu erfüllen. Obwohl er diese später teilweise zurücknahm, genoss er mit längerer Regierungszeit ein immer größeres Ansehen in der Bevölkerung.
Im Preußisch-Österreichischen Krieg von 1866 schlug Nassau sich zusammen mit Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Bayern, Sachsen und anderen auf die Seite der Österreicher. Nachdem der preußische Sieg durch den Prager Friedensvertrag besiegelt war, wurde Nassau - wie auch alle anderen unterlegenen Staaten nördlich des Mains - annektiert und Herzog Adolf abgesetzt. Er lebte zunächst als Privatmann in Wien und in seinem Schloss Hohenburg bei Lenggries, bevor er 1890 nach dem Aussterben der dortigen Monarchie als nächster Verwandter Großherzog von Luxemburg wurde. Er begründete damit das Herrschergeschlecht derer von Luxemburg-Nassau und regierte bis zu seinem Tod am 17. November 1905 im Großherzogtum. Bis heute pflegt die Stadt Wiesbaden ein freundschaftliches Verhältnis zu Luxemburg.
Königlich-preußischer Zweitwohnsitz (1866 bis 1918)
Nach der Absetzung des Herzogs war das Schloss seiner Funktion als nassauischer Residenz beraubt. Die preußischen Könige, welche nun Eigentümer waren, erkannten den Wert der Immobilie in zentraler Lage der aufstrebenden und eleganten Kurstadt. Sie nutzten die Räumlichkeiten fortan bei ihren Aufenthalten in Wiesbaden, um mit ihrem Hofstaat hier einzuziehen. Wilhelm I., seit 1861 König von Preußen und ab 1871 deutscher Kaiser, verweilte mehrmals im Schloss. In seiner Regierungszeit entstand die nach ihm benannte angrenzende Kaiser-Wilhelm-Heilanstalt, die 1871 als Militärhospital eröffnet wurde.
Sein Enkel Kaiser Wilhelm II. machte Wiesbaden und das Stadtschloss schließlich zu seiner regelmäßigen "Mai"-Residenz: er war zusammen mit seinen Bediensteten und einigen seiner Familienangehörigen oft mehrmals im Jahr zu Gast, beispielsweise im Jahr 1897 gleich dreimal. Ihm gefiel es in der Stadt so sehr, dass er ihre Entwicklung maßgeblich förderte; vielleicht auch deshalb, weil Straßen und Plätze bei seinen Besuchen festlich geschmückt wurden. Wiesbaden erlebte in dieser Zeit einen großen Aufschwung, wurde zur "Kaiserstadt" und hatte um die Jahrhundertwende die meisten Millionäre Deutschlands. Die Bevölkerungszahl stieg von 35.500 im Jahr 1871 auf 109.002 im Jahr 1910. Zahlreiche wichtige repräsentative Bauten entstanden, darunter das Staatstheater (1894), das Kurhaus (1907) und der Hauptbahnhof (1906). Bereits 1896 waren dem Kaiser zu Ehren die Internationalen Maifestspiele ins Leben gerufen worden.
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges 1914, spätestens aber mit dem Ende des Kaiserreichs 1918 war Wiesbadens große Zeit als Weltkurstadt vorbei. Das Schloss hatte als repräsentative Residenz ausgedient; nach dem Sturz der Monarchie und der Abschaffung des Adels gab es keinen Regenten mehr, der in dem Gebäude residieren konnte.
Militärischer Verwaltungssitz und Museum (1918 bis 1946)
Nach der Novemberrevolution erfuhr das Schloss unterschiedliche Nutzungen. Zunächst zog 1918 der Arbeiter- und Soldatenrat ein. Später war es Verwaltungsgebäude des französischen Oberkommandos und ab 1925 der britischen Armee. Nach Abzug der Besatzungstruppen kam das Schloss 1930 in Besitz der Preußischen Staatlichen Schlösserverwaltung und wurde Museum. Während des Zweiten Weltkrieges nahm das Generalkommando der Wehrmacht das Gebäude in Besitz. Dies war wohl auch der Grund, warum es am 2. Februar 1945 durch einen Luftangriff beschädigt wurde. Ein Großteil des Schlosses überstand jedoch unbeschadet den Krieg.
Sitz des Hessischen Landtags (seit 1946)
Nach dem Zweiten Weltkrieg zog in das teilweise zerstörte Schloss zunächst das Alliierte Oberkommando ein. Nachdem Wiesbaden 1946 Hauptstadt des neuen Bundeslandes Hessen wurde, wurde das Schloss zum Sitz des Hessischen Landtags auserkoren. Am 1. Dezember 1946 tagte hier erstmals der neu zusammengetretene Landtag, zunächst im größten Raum des Hauses, dem Musiksaal. In den Jahren 1960 bis 1962 wurde die ehemalige Reithalle im Innenhof abgerissen und an ihrer Stelle ein neuer Plenarsaal errichtet.
Die erhalten gebliebenen historischen Räume des Schlosses werden als repräsentativer Rahmen bei Empfängen und sonstigen Veranstaltungen genutzt, im übrigen Gebäude wurden Räumlichkeiten für die Landtagsverwaltung geschaffen.
1965 besuchte Queen Elizabeth II. bei ihrem Aufenthalt in Wiesbaden auch das Schloss.
Seit Ende der 90er Jahre gab es Überlegungen, den nicht mehr zeitgemäßen Plenarsaal durch einen Neubau zu ersetzen. Zunächst war geplant, dazu das Areal auf dem Schloßplatz zwischen Marktkirche und Schloss (etwa an Stelle des dortigen Rosengartens) mit einem transparenten Glasgebäude, in Tradition des Bonner Bundestags, zu bebauen. Von diesem Vorhaben kam man jedoch aus Kostengründen und auch aufgrund von Protesten aus der Bevölkerung ab. Den erneut ausgeschriebenen Architekten-Wettbewerb gewann der Entwurf des Büros Waechter + Waechter aus Darmstadt, der anstelle des bestehenden Plenarsaals einen modernen Neubau mit kreisrunder Bestuhlung vorsieht. Der alte Plenarsaal wurde 2004 abgerissen; das Schloss für ca. 4 Jahre eine Großbaustelle. Der Landtag tagte zwischenzeitlich im gegenüberliegenden Wiesbadener Neuen Rathaus. Am 4. April 2008 konnte er wieder an seinen angestammten Platz im Innenhof des Schlosses umziehen.
Architektur
Gebäudekomplex des Hessischen Landtags
Der Hessische Landtag nutzt heute nicht nur das ehemalige nassauische Stadtschloss selbst, sondern auch mehrere angrenzende Gebäude. Dazu zählen das wie das Schloss zum Schloßplatz hin ausgerichtete Kavaliershaus sowie die ehemalige Kaiser-Wilhelms-Heilanstalt, heute Wilhelmsbau genannt. Im zum rückwärtig gewandten Innenhof des Schlosses entstand 1960 bis 1962 an Stelle der ehemaligen Reithalle der Plenarsaal des Landtags, welcher von 2004 bis 2008 durch einen Neubau ersetzt wurde.
Im Folgenden werden die einzelnen Gebäude näher beschrieben.
Herzogliches Schloss
Aufbau und Äußeres
Das eigentliche klassizistische Schloss besteht aus einer äußerlich schlichten, aber eleganten dreistöckigen Zweiflügel-Anlage, die in stumpfem Winkel zueinander angeordnet sind. Sie fügen sich nahtlos in die umgebende Bebauung ein und sind deswegen nicht ohne weiteres als Schloss zu erkennen. Markantestes architektonisches Merkmal ist die Ausführung der verbindenden Ecke zwischen den beiden Flügeln, welche in Form eines Zylinder-Ausschnitts aus diesen heraustritt. Hier ordneten die Baumeister Georg Moller und Richard Goerz den Haupteingang an. Jeweils drei Säulen beidseits desselben tragen dabei einen Balkon im ersten Obergeschoss, der um diesen Zylinder-Ausschnitt herumführt. Anstelle des Mittelfensters im zweiten Obergeschoss ist das Wappen des Hauses Nassau angebracht. Die Fassaden der beiden Seitenflügel sind weiß verputzt. Lediglich die Gesimse unterhalb des ersten und oberhalb des zweiten Obergeschosses sowie die Fensterkrönungen insbesondere im ersten Obergeschoss sind aufwändiger gestaltet und heben sich mit ihrer grauen Farbe von der restlichen weißen ab. Oberhalb des abschließenden Dachgesimses sind kleinere Fenster angeordnet, hinter denen sich die Dienstbotenräume befanden.
In der Winkelhalbierenden zwischen den beiden Flügeln entstand ein dritter Flügel, in dem auch das Haupttreppenhaus untergebracht ist. Von diesem Diagonalen Flügel gelangt man in den so genannten Mittelbau. Die Enden der drei Flügel verbindet ein Wintergarten, der einen Bogen beschreibt. Dadurch entstehen zwei dreieckförmige Innenhöfe. Insgesamt hat das Gebäude 145 Zimmer. Um den Eindruck der Weitläufigkeit zu verstärken, waren sie nur über weite Wege zu erreichen.
Inneres
Vom Haupteingang in der Ecke kommend, betritt man zunächst die so genannte Kleine Rotunde, die weiter in das Haupttreppenhaus führt. Dahinter erreicht man den Großen Kuppelsaal. Rechts und links in den beiden Flügeln sind – vor allem im ersten Obergeschoss – die aufwändigen Haupträume der herzoglichen Wohnung in einer Raumfolge untergebracht. Im Mittelbau befindet sich der größte Saal, der Musiksaal.
Im Zweiten Weltkrieg wurde nur der rechte Flügel des Schlosses beschädigt, alle anderen Teile mit seinen sehr sehenswerten historischen Räumen sind weitgehend erhalten. Beachtung verdienen unter anderem aufwendig gestaltete Parkettböden, Kamine, Porzellan aus Meißen, Preußen und China sowie Deckengemälde mit Schattenmalerei. Aufgrund der wenige Jahre zuvor begonnenen Ausgrabungen in Pompeji waren römische Motive sehr beliebt und wurden auch im Schloss häufig verwendet.Im Folgenden seien die wichtigsten Räumlichkeiten näher beschrieben:
Linker Flügel
- Baedeker Wiesbaden Rheingau. Karl Baedeker GmbH, Ostfildern-Kemnat, 2001, ISBN 3879540764
- Gottfried Kiesow: Das verkannte Jahrhundert. Der Historismus am Beispiel Wiesbaden. Deutsche Stiftung Denkmalschutz, 2005, ISBN 3936942536
- Peter Schabe: Felix Genzmer – Stadtbaumeister des Historismus in Wiesbaden, Historische Kommission für Nassau, 1996
Die beeindruckendste noch erhalte Raumfolge der herzöglichen Wohnung ist im 1. Obergeschoss des Linken Schlossflügels erhalten. Hier gibt es den Roten Salon, dessen Wände mit roten Wandspannungen zwischen Stuckmarmor versehen sind. Ausgestattet ist der Raum mit Möbeln aus amerikanischem Zitronenbaumholz sowie Causseusen (von frz. "causer" = plaudern). Dies sind zweisitzige Sofas, bei denen sich die Gesprächspartner einander zuwenden müssen. Ferner finden sich hier aufwändige Deckenmalereien und Parkett sowie Gemälde im Stil des Romantizismus.
Es schließt sich das ehemalige Frühstückszimmer, auch Gelber Salon genannt, an. Dieser ähnelt dem Roten Salon, wobei hier die Wandspannungen in gelb gehalten und die Möbel vergoldet sind.
Der anschließende Kleine Saal erstreckt sich über zwei Geschosse, wobei die zweite Fensterreihe in der Fassade schwarz hinterlegt ist und somit von innen nicht sichtbar ist. Die Wanddekoration stellt römische Tänzerinnen dar und sind Original-Kopien aus Pompeji, für welche der junge Architekt Philipp Hoffmann eigens ein halbes Jahr lang vor Ort am Vesuv Zeichnungen anfertigte. Die Fensterläden besitzen Spiegel, genauso wie die gegenüberliegende Wand, was besonders bei Gala-Diners mit Kerzenschein einen schönen Effekt ergibt.
Des Weiteren gibt es im Obergeschoss noch das Buffetzimmer mit seinen Wand- und Deckengemälden und einer Sitzgruppe im Stil Louis XVI. sowie im Erdgeschoss das Pompejanische Zimmer, welches ebenfalls nach dem Vorbild römischer Villen in Pompeji gestaltet ist.
Diagonaler Flügel und Wintergarten
Den zentralen diagonalen Flügel des Schlosses erreicht man vom Haupteingang in der Schlossecke. Man betritt zunächst die Kleine Rotunde, an dessen Decke mit Hilfe von Schattenmalerei ein römisches Spitzzelt darstellt ist. Das Mosaikparkett besteht aus acht verschiedenen Hölzern und ist mit Perlmutt und Messing verziert. Nach der Kleinen Rotunde gelangt man in das Haupttreppenhaus. Dieses besitzt ein Tonnengewölbe mit Kassetten, die streng gegliedert und mit Eierbändern gerahmt sind. In Nischen stehen sechs Statuen, die griechisch-römische Götter zeigen. Das Treppengeländer besteht aus feuervergoldeter Bronze und zeigt das Wappen der nassauischen Herzöge.
An das Treppenhaus schließt sich der Kuppelsaal an, der ursprünglich als Speisesaal errichtet wurde und von einer Kuppel mit Oberlicht gekrönt wird. Der große Kronleuchter in der Mitte wiegt 980 kg und besteht aus 24.000 Einzelteilen. Er wurde 1930 aus Schloss Biebrich hierher geholt, nachdem ein ähnlicher Leuchter 1907 ins neu errichtete Kurhaus umziehen musste. In zwei Seitennischen des Saales stehen wiederum zwei Statuen aus Carrara-Marmor. Zudem zeigt der Boden ein aufwändiges Parkett.
Rechts und links des Kuppelsaales erstreckt sich der verglaste Wintergarten. In dem mit Deckengemälden verzierten Raum züchtete der Herzog exotische Pflanzen, die 1866 bei Übernahme des Schlosses durch Preußen an die Stadt Frankfurt am Main verkauft wurden und später zusammen mit den Gewächshaus-Beständen von Schloss Biebrich den Grundstock des Frankfurter Palmengartens bildeten.
Mittelbau
Dem diagonalen Flügel folgt der so genannte Mittelbau, in dem sich im 1. Obergeschoss der größte Saal des Schlosses, der Musiksaal befindet. Dieser besitzt Wandmalereien mit Öl auf Stuck sowie fünf Seitenfenster und eine muschelförmige Nische im Süden. Hier tagte bis zur Fertigstellung des ersten Plenarsaals 1962 der Landtag. Heute dient er als Konzertsaal und bei Plenarsitzungen als Foyer. Das benachbarte Kabinettzimmer mit englischen Möbeln um 1840 darf heute der Ministerpräsident während der Sitzungen nutzen. Im daneben liegenden Präsidentensalon gibt es hingegen Spät-Rokoko-Möbel sowie ein Gemälde, das Herzog Adolf mit seinen Brüdern Prinz Moritz und Prinz Nikolaus bei der Parforce-Jagd zeigt. Zu den anwesenden Herrschaften auf dem Bild zählt auch Fürst Metternich.
Kavaliershaus und Wilhelmsbau
An den rechten Flügel des Schlosses schließen sich zwei weitere Gebäude an, die zwar im eigentlichen Sinne nicht zum historischen Schloss gehören, aber heute vom Hessischen Landtag mitbenutzt werden und insofern heute mit dem Schloss verbunden sind. Dies sind das ehemalige Kavaliershaus sowie die ehemalige, in den Jahren 1868 bis 1871 von Karl Hoffmann, der schon am Schloss mitgewirkt hatte, erbaute Kaiser-Wilhelms-Heilanstalt, später Wilhelmsbau genannt. Beide Gebäude wurden, wie auch der rechte Flügel des Schlosses, im Zweiten Weltkrieg stark beschädigt, ihre Fassaden konnten jedoch erhalten werden. Diejenige des Kavaliershauses, welche direkt an die Schlossfassade anschließt, wurde schon 1826 von einem Dachdeckermeister namens Konrad Kalb als Wohn- und Geschäftshaus mit Apotheke, Eisenwarenhandlung und Buchdruckerei erbaut, bevor es 1836 vom Herzog für den Schlossneubau erworben wurde. Anschließend wurde das Gebäude als Hofmarschallamt genutzt. Die Fassade ist in strengem klassizistischen Stil gehalten und enthält in seiner Mitte die Hauptzufahrt zum Landtag.
Der Wilhelmsbau wurde ursprünglich als Militärhospital errichtet, welches nach Kaiser Wilhelm I. benannt wurde. Er besitzt eine rote Putzfassade, in die eine überdimensionale Büste seines Namensgebers eingesetzt ist. Die zwei Ecken zur Mühlgasse hin bilden eine turmartige Erhöhung. Im Wilhelmsbau war von 1951 bis 1956 die Außenstelle "Außenhandelsstatistik" des Statistischen Bundesamtes mit 400 Mitarbeitern untergebracht, nach dessen Wiederaufbau ab März 1953 auch im Kavaliershaus, bevor schließlich nach einem Umbau 1988 der Hessische Landtag einzog. Das an den Wilhelmsbau angrenzende Verwaltungsgericht soll im Zuge des Neubaus des Plenarsaales umgebaut und anschließend dem Landtag ebenfalls zur Verfügung gestellt werden.
Plenarsaal
Erster Plenarsaal aus dem Jahr 1962
An den Mittelbau im Innenhof des Schlosses schloss sich die Reithalle an. Diese wurde abgerissen und von 1960 bis 1962 durch den Neubau des Plenarsaales ersetzt. Der Saal war sechseckig, hatte keine Fenster und war an den Wänden mit einer Holzvertäfelung versehen. Beherrschendes Element war der aus Muschelkalk gefertigte Hessenlöwe an der Stirnseite. Der Saal bot den Abgeordneten sowie den ca. 50.000 Besuchern im Jahr insbesondere durch das fehlende natürliche Licht unzureichende Bedingungen. Äußerlich bildete er in der historischen Altstadt mit seiner Betonfassade einen Fremdkörper. 2004 wurde er abgerissen.
Neubau von 2008
Der abgerissene alte Plenarsaal wurde durch einen von den Architekten Waechter + Waechter aus Darmstadt entworfenen Neubau ersetzt. Dieser soll den modernen Anforderungen an ein Parlamentsgebäude genügen und als transparentes Gebäude mit kreisrunder Bestuhlung für die Öffentlichkeit begeh- und erlebbar sein. Dazu erhielt er an der rückwärtigen Grabenstraße, welche hier zum neuen "Parlamentsplatz" erweitert wird, einen repräsentativen Eingangsbereich und ein Besucherzentrum. Ein Raum für Wechsel- und Dauerausstellungen zur Geschichte und Arbeitsweise des Landtags wurde auch eingerichtet. Die transparente Bauweise im Inneren ermöglicht einen Blick in den Saal, der nach dem Willen der Architekten wie ein Runder Tisch wirken soll. Die Lobby im ersten Obergeschoss wurde anders als beim Altbau stufenlos vom historischen Musiksaal und dem Präsidentensalon zugänglich. Insgesamt ist der Neubau kleiner als sein Vorgänger geworden. Er orientiert sich in seinen Abmessungen an der alten Reithalle, schafft dadurch einen öffentlichen Freiraum und fügt sich durch seine Muschelkalkfassade besser in die umgebende Wohnbebauung und das Schloss ein. Das bisher als Sackgasse endende Prinzengässchen wurde für die Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Mit dem Bau wurde Anfang 2005 begonnen, die Eröffnung verzögerte sich jedoch aufgrund eines Wasserschadens während der Bauzeit. Am 4. April 2008 wurde der neue Landtag mit Verabschiedung der ausscheidenden Abgeordneten aus der alten Legislaturperiode offiziell eingeweiht. Einen Tag später fand die konstituierende Sitzung des neuen Landtags nach der Landtagswahl statt. Die Baukosten des Neubaus beliefen sich auf 40 Mio. Euro.[1] [2]
Städtebauliche Umgebung
Der Gebäudekomplex, der heute vom Hessischen Landtag genutzt wird, liegt in der eng bebauten Altstadt der hessischen Landeshauptstadt, innerhalb des so genannten Historischen Fünfecks. Er erstreckt sich über einen kompletten Häuserblock, der von der Marktstraße, der Grabenstraße, der Mühlgasse und dem Schloßplatz begrenzt wird (vgl. hierzu auch beiliegende Skizze). Zu dem Häuserblock zählen neben mehreren Wohn- und Geschäftshäusern auch das angrenzende Verwaltungsgericht sowie der Bäckerbrunnen, einer der 26 Thermalquellen der Stadt. Die Haupt-Schauseite von Stadtschloss, Kavaliershaus und Wilhelmsbau ist zum Wiesbadener Schloßplatz hin ausgerichtet.
Dieser bildet ein einzigartiges Gebäudeensemble, an dem neben dem Schloss auch das Alte Rathaus von 1610, damit gleichzeitig das älteste Gebäude der Stadt, sowie das von Georg von Hauberrisser 1884 bis 1887 errichtete Neue Rathaus und die 1853 bis 1862 von Carl Boos erbaute neugotische Marktkirche zu finden sind. In der Mitte des Platzes, zwischen der Ecke des Schlosses und dem Alten Rathaus steht der Löwen- , oder auch Marktbrunnen aus dem Jahr 1753, der von einem goldenen Nassauer Löwen gekrönt wird. Zwischen Kavaliershaus und Marktkirche steht ein Denkmal von Wilhelm I. von Nassau-Oranien, dem Begründer der Niederlande. Im Zweiten Weltkrieg verlor der Schloßplatz mit der von Felix Genzmer errichteten Höheren Töchterschule seinen nördlichen Abschluss.
Näheres hierzu siehe auch Schloßplatz (Wiesbaden).
Heutige Nutzung des Schlosses
Der Schlosskomplex dient seit 1946 dem Hessischen Landtag als Sitz und Arbeitsort. Die 110 von den hessischen Bürgern gewählten Abgeordneten tagen im Plenarsaal, welcher 2004–2008 neu errichtet wurde. Die historischen Räume des Schlosses bilden den repräsentativen Rahmen für offizielle Empfänge des Landtagspräsidenten sowie für sonstige Feierlichkeiten. Der Musiksaal wird auch für öffentliche Konzerte und Veranstaltungen genutzt. In den angrenzenden Gebäuden – Kavaliershaus, Wilhelmsbau und auch im ehemaligen Verwaltungsgericht - sind die Büros der Abgeordneten und der Landtagsverwaltung untergebracht. Daneben gibt es Sitzungssäle für die Ausschüsse, sowie Räumlichkeiten für Pressekonferenzen und Fernsehübertragungen. Beispielsweise hat der Hessische Rundfunk ein eigenes Studio. Im Untergeschoss ist die Landtags-Kantine untergebracht. Auch die Hessische Landesregierung unter Vorsitz des Ministerpräsidenten besitzt eigene Räume, welche sie während der Plenarsitzungen nutzen kann. Darüber hinaus gibt es Einrichtungen für den Empfang der rund 50.000 Besucher jährlich, welche an den öffentlichen Sitzungen des Landtags teilhaben möchten. So wird der neue Plenarsaal ein großzügiges Foyer, eine Besuchertribüne sowie ein Informationszentrum, in dem die Arbeitsweise und die Geschichte des Landtags dokumentiert werden, erhalten.
Näheres zu den Aufgaben und der Arbeitsweise des Landtags siehe Hessischer Landtag.
Literatur
Einzelnachweise
Sonstige Literatur
Weblinks
50.0822222222228.2413888888889Koordinaten: 50° 4′ 56″ N, 8° 14′ 29″ O
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