Stadtteilmanagement

Stadtteilmanagement

Das Quartiersmanagement (abgekürzt: QM, auch: Stadtteilmanagement) ist ein Verfahren der Stadtentwicklung. Wie in der Wortzusammensetzung anklingt, sind Merkmale dieser Strategie zum einen, die auf einen Stadtteil (Quartier) orientierte Förderung, zum anderen Steuerung (Management).

Inhaltsverzeichnis

Theorie

Ausgangslage

Auf Grund vielfacher Ursachen wie z.B. regionaler wirtschaftlicher Schwächen, hoher Zuwanderungen sozial schwächerer Schichten oder Überalterungen im Wohnungsbestand verschlechtern sich die soziale Strukturen in einigen Stadtteilen. Die sozialen Unterschiede zwischen den Stadtteilen verstärken sich. Es kommt zu Verdrängungseffekten (Gentrifizierung und sozial-räumlicher Segregation).

Vor diesem Hintergrund scheint die bisherige Strategie der Stadterneuerung, mit vornehmlich baulich-räumlicher und investitiver Zielsetzung, nicht optimal wirksam.

Die komplexe Problemlage in den sich herausbildenden überforderten Nachbarschaften und Vierteln, gekennzeichnet durch niedrige Einkommen, hohe Arbeitslosigkeit, schlechte Bausubstanz, einen Mangel an Nachbarschaftshilfe, lässt sich - so die Annahme - nur mit einem integrativen Ansatz lösen. Eine Lösungsstrategie bedarf des Zusammenwirkens von sozialer Arbeit, Wirtschaftsförderung, Stadtplanung, Bildungs- und Kulturarbeit.

Kerngedanken

Integration von Akteuren und Zielen

Das Instrument Quartiersmanagement zeichnet sich zum einen durch die Zusammenführung der Akteure aus den verschiedenen Bereichen der Verwaltung, der lokalen Politik, der privaten Wirtschaft, der lokalen Vereine und der nicht organisierten Anwohner aus. Die Zielsetzung ist zum Anderen eine Integration der unterschiedlichen Aspekte von Wirtschaftsförderung, sozialer Befähigung und baulicher Stadtteilentwicklung.

Befähigung statt Betreuung

Eine weitere Aufgabe des Quartiersmanagements soll dazu führen, dass die Bewohner der Stadtteile an dem Verbesserungsprozess aktiv teilnehmen. Es geht dabei um die Anregung zur Selbsthilfe (Empowerment). Die Entwicklung von Verantwortung für das eigene Stadtquartier sollte langfristig gestärkt und selbsttragende Bewohnerorganisationen geschaffen werden.

Praxis

Entwicklung in der Bundesrepublik Deutschland

Angeregt durch den Gedanken der sozialen Nachhaltigkeit aus der Agenda 21 kam es in der Stadtentwicklung zu einer Weiterentwicklung der Förderpraxis, bei der das Instrument des Quartiersmanagement eingesetzt wurde. In den Ländern, vor allem zuerst in den Stadtstaaten, entstanden bereits Anfang der 1990er Jahre neue Förderstrategien. In Bremen gab es seit 1992 das Programm "Wohnen in Nachbarschaft" (Win), in Hamburg wurde mit dem „Armutsbekämpfungsprogramm“ in vergleichbarer Weise ein neuer Weg bestritten, in Nordrhein-Westfalen wurde 1996 ein Programm „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf“ aufgelegt; andere Bundesländer (Hessen, Berlin) folgten. Zur gleichen Zeit wurde auf der Ministerkonferenz der ARGEBAU am 20. Oktober 1996 die bundesweite Initiative „Soziale Stadt“ ins Leben gerufen. Daraus ging dann 1999 das Bund-Länder-Programm (Fördermöglichkeit nach Art 104a Abs. 4 GG) unter dem Titel „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf - Die soziale Stadt“ hervor. Das Fördervolumen betrug 2001 insgesamt 220 Millionen Euro.

In der Bundesrepublik ist das Konzept des Quartiersmanagement relativ jung. Es fand aber schon ab etwa 1975 bis 1980 in größeren Stadtteilen in z. B. Berlin, Hamburg und Bremen im Rahmen der Städtebauförderung Anwendung. In einigen anderen europäischen Ländern gibt es seit den 1980er Jahre ebenfalls diese Formen der integrierten Stadtteilentwicklung, so in den Niederlanden (Quartiersfonds seit 1985) oder in Großbritannien (New Deal seit 1997).

Mittel

Büro des Berliner Quartiersmanagement 'Reuterplatz'

Um der integrativen Zielsetzung und dem Wandel von der Betreuung zur Befähigung gerecht zu werden, sind unterschiedliche Mittel Bestandteil des Quartiersmanagement-Konzeptes.

  • Die zentrale Steuerung erfolgt durch einen von der öffentlichen Hand eingesetzten Quartiersmanager. Er oder sie sorgt für die Umsetzung der Fördermittel, hat aber auch die Aufgabe, Fördermöglichkeiten vor Ort zu eröffnen.
  • Meist gibt es ein Quartiersbüro, das zum einen die administrative Infrastruktur für das Quartiersmanagement bereitstellt, andererseits aber auch Anlauf- und Versammlungspunkt für Bürgerorganisationen sein kann.
  • Ein wichtiger Bestandteil ist ein sog. Quartiersfonds, ein Fördertopf, aus dem kurzfristige und kleinteilige Maßnahmen im Stadtviertel finanziert werden können (Verschönerungsaktionen, Hoffeste, Spielplatzbau). Über die Verteilung dieser Gelder entscheidet meist eine Bürgerjury zusammengesetzt aus Anwohnern unter Leitung des beauftragten Quartiersmanagements.

Kritik

Die Kritik an den Programmen zum Quartiersmanagement bezieht sich

auf die Motivation der Akteure
  • Politiker, die sich mit entsprechenden Programmen nur eine positive Presse verschaffen und kritische Bürgerinitiativen durch Förderung ihnen genehmer Initiativen ausgrenzen wollen.
  • Initiativen, die losgelöst von den politischen Mehrheiten im Viertel nur ihre Ideen als tragfägige Lösungen gegen Staat und Politik durchsetzen wollen.
  • Beratungsunternehmen, die an entsprechenden Programmen nur Geld verdienen wollen.
  • Staatliche Institutionen, die diese Programme nur nutzen, um arme Viertel trotz Sozialabbau und sich verschlechternder Wirtschaftslage dauerhaft unter Kontrolle zu halten.
auf die Wirksamkeit der Programme selbst
  • Das Quartiersmanagement erreiche nicht die Leute mit ihren wirklichen Problemen.
  • Dem Quartiersmanagement gelinge es nur selten, selbsttragende Bürgerinitiativen zu gründen.
  • Die Bündelung der Förderung aus verschiedenen Bereichen und Fördertöpfen scheitere am Ressortegoismus im Bund, in den Ländern und in den Städten.

Andererseits gibt es zur Zeit keinen überzeugenderen Handlungsansatz für eine relativ kleinräumige städtische Gebietseinheit wie das Quartier oder den Ortsteil.

Literatur

  • Monika Alisch: Stadtteilmanagement. Voraussetzungen und Chancen für die soziale Stadt. Opladen 1998, ISBN 3-81003-2174.
  • O. Schnur: Lokales Sozialkapital für die 'soziale' Stadt. Politische Geographien sozialer Stadtteilentwicklung am Beispiel Berlin-Moabit. Opladen 2003.
  • Deutsches Institut für Urbanistik (Hrsg.): Strategien für die Soziale Stadt. Erfahrungen und Perspektiven – Umsetzung des Bund-Länder-Programms „Stadtteile mit besonderem Entwicklungsbedarf – die soziale Stadt“ im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin 2003, ISBN 3-88118-344-2 (PDF; 7,8MB).
  • Gaby Grimm, Wolfgang Hinte, Gerhard Litges, Johannes Groppe: Quartiermanagement: eine kommunale Strategie für benachteiligte Wohngebiete. ISBN 3-89404-743-7.
  • Herbert Schubert, Holger Spieckermann: Standards des Quartiermanagements, Handlungsgrundlagen für die Steuerung einer integrierten Stadteilentwicklung, Köln 2004, ISBN 3-938038-01-2.

Siehe auch

Städtebauförderung | Stadterneuerung | Städtebaulicher Denkmalschutz | Soziale Stadt | Stadt | Historischer Stadtkern | Baugesetzbuch | Sanierungsträger | Gebiet mit besonderem Entwicklungsbedarf

Kategorie:Quartier in Berlin

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