Steinkistengrab

Steinkistengrab

Die Steinkiste (engl. cist; dän. sten-, grav- oder hellekisten; schwed. Hällkista) ist ein Depot für Skelette oder menschliche Knochen, das sich zu verschiedenen Zeiten in Teilen Eurasiens und im Orient sowie in Süd- und Ostasien findet.

Inhaltsverzeichnis

Verbreitung

Im europäischen Gebieten mit megalithischer Architektur finden sich Steinkisten oft parallel zu anderen Anlagenarten, aber auch vor und nach deren Errichtung.

Forschungsgeschichte

Von dem schwedischen Archäologen Oscar Montelius (1843-1921) wurde die Steinzeit in eine „Dolmen-, Ganggrab- und Steinkistenzeit“ eingeteilt. Die Steinkistenzeit entspricht dabei dem Endneolithikum (Becherkulturen). Diese Einteilung hat in groben Zügen auch heute noch Bestand.

Chronologie

In der Schweiz gehört die ab 4.300 v. Chr. auftretende Steinkiste (franz. Coffre) zu den ältesten Anlagen ihrer Art.

Typologie

Steinkisten in Mittel- u. Nordeuropa

Die kleinere Version der Steinkiste (z. B. in der Uckermark) hat keinen Zugang.

Die größeren megalithischen Steinkisten (oder Galerien) haben öfter Seelenlöcher als Zugang. In Schweden gibt es segmentierte Steinkisten (Trumpetaregården, Västergotland), deren Trennwände ebenfalls Seelenlöcher haben. Obwohl es oberirdisch angelegte Steinkisten gibt, die ggf. in einem inzwischen abgetragenen Hügel lagen (Juelsberg), waren die meisten weitgehend in die Erde eingetieft (Filholm, Folehaven in Dänemark). Die nordjütländischen Grabkisten mit Randsteinen, Zugang, Schwellenstein und geräumiger Kammer, deren Deckstein mitunter sogar von Steinpfosten getragen werden, erinnern an Tempelbauten. Die Frage, ob bestimmte kleine Kisten megalithischer oder submegalithischer Natur sind, ist wie beim Urdolmen (H. J. Beier) umstritten.

Die bekannteste Steinkiste Deutschlands ist die Kiste von Anderlingen im Landkreis Rotenburg (Wümme), auf deren südlichem Abschlussstein drei menschliche Figuren in der Manier skandinavischer Felsritzungen zu sehen sind, die indes in Deutschland einzigartig sind. Die Kammer aus Granitplatten war nordwestlich-südöstlich ausgerichtet und hat die lichten Maße von 2,0 × 0,7 m². Von der Körperbestattung haben sich nur wenige Knochenreste erhalten. Nach den Beigaben zu urteilen, war hier in der älteren Bronzezeit ein Mann bestattet worden. Die Steinkiste von Anderlingen wurde versetzt und im Maschpark von Hannover neu aufgebaut.

Steinkisten im Umfeld der Trichterbecherkulturen

Im Norden Mitteleuropas und in Skandinavien erscheint die Steinkiste mit der jüngeren Phase der Trichterbecherkulturen (TBK) etwa ab 3.500 v. Chr. Am Ende der Steinzeit gibt es in diesem Gebiet und darüber hinaus sechs unterscheidbare Kisten: im hercynischen Raum auch unter eigenen Bezeichnungen wie Galeriegrab in der Wartberg-Kultur.

Endneolithikum

Endneolithische Steinkisten finden sich schließlich auch unter Erd- und Steinhügeln. Als Beispiel dafür ist die Bargloyer Steinkiste mit ihrem von Schälchen übersäten Deckstein zu nennen. In Sachsen-Anhalt sind die erst unlängst entdeckten Kisten von Langeneichstädt (Bernburger Kultur) und die ungeöffnete, verfüllt vorgefundene Steinkiste von Esperstedt (Schnurkeramiker) zu nennen. Besonders zahlreich sind große (bis zu 14 m lange) und kleine Kisten dieser Zeit in Schweden (Södra Härene in Västergötland, Fjällsökla/Frändefors in Dalsland). Sie liegen sowohl im Boden als auch unter zumeist flachen Erd- und Steinhügeln von eckiger, ovaler oder runder Form.

Bronzezeit

In Schweden werden die Steinhügel, unter denen sich die nunmehr ausschließlich kleinen Steinkisten finden, Röser genannt. Eine eindrucksvolle Konstruktion ist Kauparve (siehe Weblink) auf Gotland. Hier geben die Kisten am Ende ihre rechteckige Form auf und werden knapp unter der Erdoberfläche als Schiffe gestaltet. Eine späte Variante der Steinkiste, jene mit plattigen bearbeiteten Tafeln und bildsteinartigen Verzierungen, werden hier bis in christliche Zeit (1.200 n. Chr.) errichtet.

Eine andere seltene Form, die oft in Verbindung mit Steinkisten anzutreffen ist, sind die im englischen Boulder tomb oder Burials genannten Felsblockgräber. Einige Felsblöcke tragen auch Cup-and-Ring-Markierungen oder Schälchen beziehungsweise Schalengruben. Letztlich wird in den nun wieder sehr kleinen Steinkisten auch Leichenbrand deponiert (Smerup auf Thyholm).

Nachbestattungen

Eine Steinkiste, die 2006 im Hof des Landesmuseums in Halle untersucht wurde, barg keine Skelettreste, so dass man von einem Kenotaph ausgeht. Es enthielt aber Beigaben, die der Aunjetitzer Kultur zuzuordnen sind: eine typische Tasse und einen Elefanten aus Ton, der absolut einmalig ist und eine Sensation darstellt.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

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