Stern-Klage

Stern-Klage

Die Sexismus-Klage (auch Stern-Klage) war eine erfolglose Klage auf Unterlassen, die Frauenrechtlerinnen im Jahr 1978 einreichten, um der Zeitschrift Stern aus ihrer Sicht sexistische Darstellungen verbieten zu lassen.

Inhaltsverzeichnis

Sachverhalt

Der Klage vorausgegangen war eine Reihe von Stern-Titelbildern, die nach Ansicht der Klägerinnen frauenerniedrigend waren, z. B. die Abbildung eines leicht bekleideten Damengesäßes auf einem Fahrradsattel im Juni 1977. Direkter Auslöser war ein Titelbild des Fotografen Helmut Newton aus dem April 1978. Alice Schwarzer beschrieb es in der Emma 7/1978, als „[…] eine Schwarze, nackt, in der Hand ein phallisches Mikrofon und um die Fesseln - schwere Ketten.“ Dabei ignorierte sie jedoch, dass die „Schwarze“ keineswegs anonym und stellvertretend für alle Frauen stand. Denn es handelte sich um das für schrille Outfits und ihre persönliche Nähe zum Sadomasochismus bekannte Model Grace Jones. Die Klage wird in der Zeitschrift Emma und von Schwarzer selbst bis heute als wesentlicher Bestandteil ihrer PorNO-Kampagne dargestellt.

Rechtsstreit

Schwarzer bezeichnete das Photo als eine „Darstellung der Frau als bloßes Sexualobjekt“ und als einen Verstoß gegen die „Menschenwürde aller Frauen“. Sie sah sich daher selbst als Opfer einer Beleidigung gemäß § 185 StGB. Deswegen reichte sie gegen den Verlag Gruner + Jahr sowie gegen Chefredakteur Henri Nannen eine Unterlassungsklage ein, welche sie mit einem deliktischen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB begründete. Außerdem wurde eine Beschwerde beim Presserat eingereicht.

In der von ihr herausgegebenen Emma forderte sie ihre Leserinnen auf, ebenfalls zu klagen. Diesem Aufruf folgten Inge Meysel, Erika Pluhar, Luise Rinser, Margarete Mitscherlich und fünf weitere Frauen. Die Beklagten sowie Kritiker warfen ihnen eine unzulässige Popularklage vor.

Das Landgericht Hamburg wies die Klage am 26. Juli 1978 ab (Az. 74 O 235/78). In der Urteilsbegründung nahm es zum einen den Vorwurf der Popularklage auf. Zum anderen stellte es fest, dass die Frauen als Kollektiv nicht beleidigungsfähig sein können. Eine Beleidigung einer großen Anzahl an Personen sei nur dann möglich, wenn diese „Personenmehrheit so aus der Allgemeinheit hervortritt, dass dieser Kreis der beteiligten Einzelpersonen deutlich umgrenzt ist“; bei einer Personengruppe, die mehr als die Hälfte der deutschen Bevölkerung ausmacht, könne dies nicht der Fall sein.

Literatur

  • LG Hamburg: „Die Frauen“ keine kollektiv beleidigungsfähige Personengruppe. NJW 1980, 56
  • Peter Schlosser: Polit-show, Sexismus und überwundene Starrheit des Prozeßrechts. Jura 1979, 20
  • Hermann H. Hollmann: Kollektiv beleidigungsfähige Personengruppen und Popularklage auf Unterlassung. JA 1980, 527

Weblinks


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