Stolper-Samuelson-Theorem

Stolper-Samuelson-Theorem

Das Stolper-Samuelson-Theorem (nach den US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlern Wolfgang F. Stolper und Paul A. Samuelson) ist ein grundlegendes Modell der Außenhandelstheorie. Es versucht eine der zentralen Fragen in der angewandten Wirtschaft zu beantworten: wie sich Preisänderungen von Gütern (zum Beispiel durch die Einführung von Zöllen) auf die Preise der Produktionsfaktoren auswirken.

Inhaltsverzeichnis

Entwicklung des Theorems

Das Theorem wurde erstmals 1941 von Wolfgang F. Stolper und Paul A. Samuelson vorgestellt. Es gilt als Erweiterung des Heckscher-Ohlin-Modells und gliedert sich somit in die traditionellen Faktorproportionenmodelle ein. Der ursprünglichen Version liegen einschränkende idealtypische Annahmen zugrunde: Gründe für die Güterpreisveränderung wurden in handelspolitischen Maßnahmen (Einführung von Zöllen) gesehen und es wurden nur die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital betrachtet.[1] Weiterführende empirische Untersuchungen (u.a. von José Scheinkman, Ronald W. Jones) haben ergeben, dass grundlegende Elemente des Theorems generalisiert und auch bei globaleren Betrachtungen zu Rate gezogen werden können. So findet es seine Anwendung auch bei der Erklärung von Effekten der ansteigenden Globalisierung auf die Einkommensverteilung in entwickelten Ländern und den daraus resultierenden langfristigen handelspolitischen Bündnissen zwischen diesen Ländern. Anhand des Theorems können allgemeine Aussagen über den Zusammenhang zwischen Güterpreisen und realen Faktoreinkommen getroffen werden. Die Ursachen für die Veränderungen dieser sind dabei unerheblich.

Annahmen

Unter bestimmten wirtschaftlichen Bedingungen (vollkommener Wettbewerb und konstante Erträge) führt ein Anstieg des relativen Preises eines Gutes (etwa in Folge der Aufnahme von Handelsbeziehungen), zu einem Anstieg der realen Entlohnung des Faktors, der in der Produktion intensiv genutzt wird. Die Entlohnung des anderen Faktors sinkt.[2] Weiterhin gehen Stolper und Samuelson davon aus, dass die betrachteten Faktoren mobil sind und zwischen den einzelnen Industrien verschoben werden können. Dementsprechend führt eine Angleichung der relativen Güterpreise in den Handel treibenden Ländern auch zur Angleichung der relativen Faktorpreise für die Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital.

Herleitung

Angenommen in einer Wirtschaft werden nur die zwei Güter Stoff und Stahl produziert, wobei Arbeit und Kapital die einzigen Produktionsfaktoren sind. Unter der Voraussetzung, dass Stoffproduktion ein arbeitsintensiver und Stahlproduktion ein kapitalintensiver Wirtschaftszweig ist, sowie dass der Preis für jedes Gut gleich seinen Grenzkosten ist, kann das Theorem wie folgt abgeleitet werden: Die Preise von Stoff und Stahl setzen sich zusammen aus:

(I) P(C) = ar + bw

(II) P(S)= cr + dw

P(C) = Preis für Stoff (cloth)

P(S) = Preis für Stahl (steel)

r= Miete (rent)

w= Lohn (wage)

a, b , c, d = Menge von eingesetztem Kapital und Arbeit

Postulate:

1. Steigt der Preis P(C) des produzierten Gutes Stoff, so muss auch mindestens einer seiner Faktoren teurer werden. Es kann davon ausgegangen werden, dass der Produktionsfaktor Arbeit ansteigen wird, da der Wirtschaftszweig Stoffherstellung arbeitsintensiv ist.

2. Steigen die Löhne, dann muss die Miete fallen, damit Gleichung (II) weiterhin zutrifft. Ein Rückgang der Miete beeinflusst aber auch Gleichung (I). Damit diese ihre Gültigkeit behält, muss der Anstieg der Löhne überproportional zum Anstieg des Preises für Stoffe sein.

3. Ein Anstieg des Preises eines Gutes führt dann überproportional zu einem Anstieg der Entlohnung des am intensivsten eingesetzten Faktors, wohingegen die Entlohnung des anderen Faktors sinkt.

Stolper-samuelson.jpg


Punkt E stellt das Gleichgewicht von Lohn (w1) und Mietpreis (r1) dar, wenn die Preise von P (S) und P (C) gleich den Grenzkosten sind. Angenommen der Preis von Stahl P(S) steigt (zum Beispiel durch die Erhebung von Zöllen oder wenn ein Land sich von Autarkie zu freiem Handel entwickelt), dann bewegt sich die blaue Linie nach oben und ein neues Gleichgewicht im Punkt F stellt sich ein. Diese Verschiebung verursacht einen Anstieg der Mietpreise von r1 nach r2 und einen Rückgang der Gleichgewichtslöhne von w1 nach w2. Wenn also der Preis für Stahl steigt, steigt auch die Entlohnung des intensiv auf die Produktion genutzten Faktors Kapital, während die Entlohnung des Faktors Arbeit sinkt.

Siehe auch

Literatur

  • Wilfried F. Ethier, : Moderne Außenwirtschaftstheorie, München 1997, ISBN 3-486-23980-5
  • W.F. Stolper and P.A. Samuelson: Protection and Real Wages, Review of Economic Studies, 1941, 9: 58-73.

Einzelnachweise

  1. J.Peter Neary: The Stolper-Samuelson Theorem Enzyklopädie der Weltwirtschaft seit 1450
  2. W.F. Stolper and P.A. Samuelson: Protection and Real Wages,S.70

Weblinks


Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Stolper-Samuelson theorem — The Stolper Samuelson theorem is a basic theorem in trade theory. It describes a relation between the relative prices of output goods and relative factor rewards, specifically, real wages and real returns to capital. The theorem states that… …   Wikipedia

  • Stolper-Samuelson-Theorem — Stọlper Samuelson Theorem   [ sæmjʊəlsən ], Samuelson Stolper Theorem, Außenwirtschaftstheorie: von P. A. Samuelson und Wolfgang Friedrich Stolper (* 1912, ✝ 2002) 1941 entwickeltes Theorem über die Wirkung von Zöllen auf die… …   Universal-Lexikon

  • Stolper-Samuelson-Theorem — Aussage über den Zusammenhang zwischen Güterpreisen und realen Faktoreinkommen in der Welt des ⇡ Heckscher Ohlin Theorems: Steigt der relative Preis des ⇡ kapitalintensiven Gutes, so sinkt das Realeinkommen des Faktors Arbeit, und es steigt das… …   Lexikon der Economics

  • Teorema de Stolper-Samuelson — El teorema de Stolper Samuelson es un teorema básico del tipo Modelo Heckscher Ohlin en la Economía Internacional. En él se describe una relación entre los precios relativos de los bienes de salida y recompensas relativos de los factores, en… …   Wikipedia Español

  • Samuelson —   [ sæmjʊəlsən], Paul Anthony, amerikanischer Volkswirtschaftler, * Gary (Indiana) 15. 5. 1915; 1940 86 Professor am Massachusetts Institute of Technology in Cambridge (Massachusetts), danach Gastprofessor an der New York University. Samuelson,… …   Universal-Lexikon

  • Samuelson-Stolper-Theorem — Dieser Artikel wurde auf der Koordinationsseite des WiwiWiki Projekts gelistet um die Bearbeitung effektiver gestalten zu können. Bitte beteilige dich an der Diskussion. Das Stolper Samuelson Theorem ( nach den amerikanischen… …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Anthony Samuelson — Paul A. Samuelson Paul Anthony Samuelson (* 15. Mai 1915 in Gary, Indiana) ist ein US amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, Träger des Preises für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel von 1970.… …   Deutsch Wikipedia

  • Paul Samuelson — Paul A. Samuelson Paul Anthony Samuelson (* 15. Mai 1915 in Gary, Indiana) ist ein US amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler, Träger des Preises für Wirtschaftswissenschaften der schwedischen Reichsbank in Gedenken an Alfred Nobel von 1970.… …   Deutsch Wikipedia

  • Wolfgang Stolper — Wolfgang Friedrich Stolper (* 13. Mai 1912 in Wien; † 31. März 2002 in Ann Arbor) war ein US amerikanischer Ökonom. Inhaltsverzeichnis 1 Leben 2 Publikationen 3 Literatur 4 …   Deutsch Wikipedia

  • Modèle Heckscher-Ohlin-Samuelson — Le modèle Heckscher Ohlin Samuelson est le « modèle standard » de la théorie du commerce international. Dans ce modèle, les échanges internationaux reposent sur des différences de dotation dans les facteurs de production. Ce modèle est… …   Wikipédia en Français

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”