- Stoßzungenmechanik
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Als Klaviermechanik, Hammermechanik oder Anschlagmechanik bezeichnet man eine Hebel-Konstruktion, bei der auf Tastendruck Hämmer gegen die Saiten eines Klaviers geschleudert werden, um diese zum Klingen zu bringen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Zu den Vorläufern der Klaviermechanik gehören die Mechanik des Cembalos, bei der Saiten mithilfe von Federkielen angerissen werden und die Mechanik des Clavichords, bei der Saiten durch Tangenten angeschlagen werden. Für die Entwicklung einer Mechanik, bei der Saiten durch Hämmer angeschlagen werden, war außerdem das Vorbild des Hackbretts von Bedeutung, dessen Saiten ein Spieler mit in Händen geführten Schlägeln anschlägt.
Als um 1700 herum ein Hackbrett-Virtuose namens Pantaleon Hebenstreit (1668–1750) Europa bereiste und umjubelte Konzerte gab, machten sich verschiedene Instrumentenbauer daran, das Spiel des Hackbretts durch eine Klaviatur zu mechanisieren.
Einer dieser Männer war der Florentiner Bartolomeo Cristofori, der um 1710 erste Exemplare einer Stoßzungenmechanik fertigte. Unabhängig davon erfanden auch der Franzose J. Marius (1716) und der Nordhausener Christoph Gottlieb Schröter (1717) ein Tasteninstrument, dessen Saiten nicht angezupft, sondern von Hämmern angeschlagen wurden. Für die Weiterentwicklung des Hammerklaviers bedeutend waren vor allem Gottfried Silbermann (1683–1753) in Straßburg sowie Johann Andreas Stein in Augsburg, der als geistiger Vater der Prellmechanik gilt.
Weitere Markierungen in der Entwicklung der Klaviermechanik waren der Bau einer oberschlägigen Mechanik durch Nannette Streicher und Theodor Stöcker sowie die Erfindung einer Repetitionsmechanik („double échappement“) durch Sébastien Érard im Jahr 1823.
Eine der jüngsten Neuerungen in der Geschichte der Klaviermechanik stellt ein Patent des Bamberger Klavierbauers Josef Meingast dar, der im Jahr 2002 eine rollende Hammerrolle vorstellte.
Mechaniktypen und ihre Funktionsweisen
Für die Vielzahl an verschiedenen Mechaniktypen, die im Laufe der letzten zweieinhalb Jahrhunderte entwickelt wurde, entstanden fast ebenso viele Namen. Dabei wurden Mechaniktypen nicht nur nach ihrer Funktionsweise oder ihrem Erfinder getauft, sondern auch nach ihrer Herkunft bzw. dem Ort ihrer größten Verbreitung, was zu einiger Verwirrung führen kann. Außerdem nötig ist eine Unterscheidung nach Mechaniken für senkrecht besaitete Pianinos und Mechaniken für waagerecht besaitete Flügel bzw. Tafelklaviere.
Tangentenmechanik
Eine frühe Form der Mechanik im Übergang vom Clavichord und Cembalo zum Hammerflügel war die Tangentenmechanik. Bei ihr wird noch kein Hammer gegen die Saite geschleudert, sondern eine hölzerne Leiste namens „Tangente“.
Single Action
Eine frühe Stoßmechanik, die in englischen Tafelklavieren zu finden ist, nennt sich „Single Action“, was soviel wie „einfache Auslösung“ bedeutet. Bei ihr sind flache Hammerleistchen mit halbrunden belederten Hammerköpfen durch ein Lederzungen-Scharnier in einem eigenständigen Hammerstuhl befestigt. Ein Stößer aus Messingdraht mit einer belederten Holzpuppe dient als Auslöser.
Double Action
1776 baute Georg Fröschle in London erstmals eine Tafelklavier-Stoßmechanik mit Treiber. Zehn Jahre später ließ sich John Geib diesen Mechaniktyp als „Double Action“ patentieren, und bis 1800 durften nur Instrumente der Firma Longman & Broderip mit ihr ausgestattet werden. Sie verfügt im Vergleich mit der „Single Action“ über einen zusätzlichen Treiber. Der spieltechnische Vorteil besteht in einem nuancenreicheren Anschlag und einem geläufigeren Spiel.
Prellmechanik
Klaviermechaniken nach dem Prellprinzip erhielten schon früh den Namen „Deutsche Mechanik“ oder „Wiener Mechanik“, da sie vor allem durch deutsche und österreichische Klavierbauer gebaut wurden.
Prellzungenmechanik mit Einzelauslösung
Da bei einer starren, für alle Hämmer gemeinsamen Prell-Leiste eine Feinjustierung der Auslösung problematisch ist, wurde die Prell-Leiste bald durch einzelne bewegliche Prellzungen ersetzt. Diese Prellzungen sind an einem Lederscharnier befestigt und werden durch eine Feder über dem Ende des Hammerstiels gehalten. Durch die justierbare Spannung der Feder kann nun der Moment und die Energie der Auslösung verändert werden.
Oberschlägige Mechanik
Die oberschlägige Mechanik stellt in der Baugeschichte des Klaviers einen Sonderfall dar, der zunächst durch die Wiener Klavierbauer Andreas Streicher und Nannette Streicher, sowie später durch den Berliner Klavierbauer Theodor Stöcker erprobt wurde. Bei ihr treffen die Hämmer von oben auf die horizontal verlaufenden Saiten. Der Vorteil besteht darin, dass die Saiten durch die Hämmer in Richtung des Stegs und des Resonanzbodens angeschlagen werden und nicht von ihnen weg, so dass sich eine höhere Effizienz zwischen Kraftaufwand und Klangresultat ergibt. Nachteilig ist dagegen, dass die Hämmer nicht durch die Schwerkraft in ihre Ruhelage zurückfallen können, sondern mithilfe eines Federmechanismus zurückgeholt werden müssen. Außerdem bedingt eine oberschlägige Mechanik eine kompliziertere Anordnung der Stimmwirbel, so dass der Vorgang des Stimmens erschwert wird.
Stoßzungenmechanik
Durch die Verbreitung der Stoßzungenmechanik durch englische Klavierbauer erhielten Mechaniktypen nach dem Stoßzungen-Prinzip auch den Namen „Englische Mechanik“. Weitere Modifikationen wurden auch „Halbenglische Mechanik“ und „Vollenglische Mechanik“ genannt, obwohl diese von deutschen und österreichischen Klavierbauern entwickelt wurden, wie etwa die „Blüthner-Patent-Mechanik“. „Halbenglische Mechaniken“ gab es bis etwa 1900.
Repetitionsmechanik
Die Repetitionsmechanik ist eine weiterentwickelte Stoßzungenmechanik, die ein schnelles Repetieren (= wiederholtes Anschlagen) von Tönen ermöglicht. Sie stellt den aktuellen Stand in der Entwicklung der Klaviermechanik dar.
Quellen
- Julius Blüthner, Heinrich Gretschel: Lehrbuch des Pianofortebaus. Weimar 1872. Reprint Edition Bochinsky.
- Andreas E. Beurmann: Klingende Kostbarkeiten. Tasteninstrumente der Sammlung Beurmann. Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Lübeck: Drägerdruck 2000.
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