Sturm auf die Hauptwache

Sturm auf die Hauptwache
Zeitgenössischer Kupferstich zum Frankfurter Wachensturm

Der Frankfurter Wachensturm vom 3. April 1833 war der gescheiterte Versuch von etwa 50 Aufständischen, durch einen Überfall auf die Hauptwache und die Konstablerwache in Frankfurt am Main eine allgemeine Revolution in Deutschland auszulösen.

Inhaltsverzeichnis

Die Vorgeschichte

Inspiriert von der französischen Julirevolution und dem polnischen Aufstand von 1830 verstärkten sich auch im nach-napoleonischen Deutschland wieder die Bestrebungen nach Demokratie und nationaler Einheit. Auf dem Hambacher Fest forderte dessen Initiator Johann Georg August Wirth am 27. Mai 1832 vor 30.000 Zuhörern eine republikanische Staatsordnung für Deutschland. Am zweiten Tag des Hambacher Fests trafen sich Köpfe der Hambacher Bewegung im Haus des Abgeordneten Schoppmann und im größeren Kreis im Neustädter Schießhaus, um die weiteren Schritte abzustimmen. Der Vorschlag einiger Burschenschafter, sofort den Termin des bewaffneten Aufstands festzulegen und auf der Sitzung eine provisorische Regierung zu bilden, wurde vor allem von den im "Deutschen Preß- und Vaterlandsverein" organisierten Republikanern als verfrüht abgelehnt.

Das massive Vorgehen des Deutschen Bundes gegen die Redner des Hambacher Fests, die zutiefst reaktionären Bundesbeschlüsse vom 28. Juni und die scharfe Unterdrückung des Protests dagegen, führten zu einer Radikalisierung der bislang eher gemäßigten Teile der Hambacher Bewegung. An die Stelle der Verhafteten oder Geflohenen traten nun neue Personen.

Am 22. Juli 1832 konstituierte sich anstelle des provisorischen Zweibrücker Zentralkomitees, das nach Frankreich geflohen war, in Frankfurt am Main das neue Zentralkomitee des Preß- und Vaterlandsvereins. Im August kam es zur Übereinkunft zwischen dem Frankfurter Vorstand und dem Stuttgarter Revolutionär Gottlob Franck, die Vorbereitungen für den bewaffneten Aufstand zu treffen.

Der Kreis betraute den Dürkheimer Lehrer Friedrich Wilhelm Knöbel und andere damit, die notwendigen überregionalen Verbindungen zu knüpfen. Knöbel führte Anfang November 1832 Gespräche mit dem Stuttgarter Kreis um Franck und Oberleutnant Ernst Ludwig Koseritz. Von Stuttgart aus fuhr er nach Metz zu Friedrich Schüler, der bereit war in die geplante Regierung einzutreten. Anfang Dezember war Knöbel in Paris, um die deutschen Emigranten und andere Republikaner in die Planung einzubeziehen.

In Stuttgart beschloss am 26. Dezember der Burschentag die Umwandlung der Burschenschaften in politische Clubs und den Anschluss an den Vaterlandsverein. Der Beginn des bewaffneten Aufstands wurde auf Anfang April 1833 festgesetzt.

Die Aktion

Am 3. April 1833 schritten die Verschwörer, darunter der spätere Arbeiterführer Karl Schapper, unter Führung von Gustav Bunsen in Frankfurt zur Tat. Die Stadt war Sitz des Bundestages, des ständigen Gesandtenkongresses, der nach 1815 die einzige, noch für den gesamten Deutschen Bund zuständige politische Institution darstellte. Demokratisch gesinnte Deutsche betrachteten den Bundestag als Instrument der restaurativen Politik der deutschen Fürsten und als Hindernis für ihre politischen Ziele.

Der Plan der Aufständischen, zumeist Burschenschafter aus Heidelberg und Würzburg, aber auch erfahrene Offiziere wie der polnische Exilant Jan Pawel Lelewel, sah vor, die beiden Frankfurter Polizeiwachen zu stürmen, sich der dort verwahrten Waffen und der Kasse des Deutschen Bundes zu bemächtigen und anschließend die Gesandten der deutschen Fürsten, die unweit der Hauptwache im Palais Thurn und Taxis tagten, gefangen zu nehmen. Dies sollte das Signal zu einer nationalen und demokratischen Erhebung in ganz Deutschland werden.

Der Plan wurde jedoch verraten und war daher schon im Voraus zum Scheitern verurteilt. Die Verschwörer erfuhren zwar noch rechtzeitig von dem Verrat, gaben aber dennoch das Signal zum Angriff, da sie auf Unterstützung durch hessische Bauern und Frankfurter Bürger hofften. Diese Unterstützung blieb jedoch aus, so dass das Militär, das die Studenten bereits erwartete, leichtes Spiel hatte. Bei dem Schusswechsel gab es neun Tote und 24 Verletzte.

Die Folgen

Die Aktion brachte den Studenten viele Sympathien in ganz Deutschland ein, auch von Menschen, die ihr Vorgehen als überstürzt abgelehnt hatten, der Bundestag aber beschloss die vorübergehende Bundesexekution gegen die Freie Stadt Frankfurt. Seitdem war ständig eine Garnison von 2500 österreichischen und preußischen Soldaten in Frankfurt stationiert, welche die städtische Souveränität herausforderte, während die fürstlichen Bundestagsdiplomaten die Freie Stadt fortan als liberales Nest schmähten.[1]

Als die Gefangenenwärter den inhaftierten Aufständischen später zur Flucht verhalfen, wurde dies in einer Vielzahl von Flugblättern und Liedern gefeiert. Der Bundestag setzte jedoch eine Untersuchungskommission ein, die jahrelange, ausgedehnte Nachforschungen über Verschwörer und ihre Hintermänner anstellte und bis 1838 mehr als 1.800 Personen zur Fahndung ausschrieb. Viele der Verschwörer flohen deshalb in die USA (siehe "Dreißiger"). Wegen Hochverrats wurden schließlich 39 Personen zum Tode verurteilt, später jedoch zu, zum Teil lebenslänglichen, Haftstrafen begnadigt.

Der Frankfurter Wachensturm gehörte neben dem Wartburgfest und dem Hambacher Fest zu den spektakulärsten politischen Aktionen des deutschen Vormärz und bereitete die Märzrevolution von 1848 mit vor.

Literatur

  • Foerster, Cornelia: Der Preß- und Vaterlandsverein von 1832/33. Sozialstruktur und Organisationsformen der bürgerlichen Bewegung in der Zeit des Hambacher Festes, Trier 1982 (= Trierer historische Forschungen, Bd. 3).
  • Gerber, Harry: Der Frankfurter Wachensturm vom 3. April 1833. Neue Beiträge zu seinem Verlauf und seiner behördlichen Untersuchung, in: Paul Wentzcke (Hg.): Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung, Bd. 14, Berlin 1934, S. 171-212.
  • Heer, Georg: Geschichte der Deutschen Burschenschaft, Bd. 2: Die Demagogenzeit 1820-1833, Heidelberg 1927, 2. Aufl. 1965 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung, Bd. 10), S. 291-302.
  • Jakob, Josef: Die Studentenverbindungen und ihr Verhältnis zu Staat und Gesellschaft an der Ludwigs-Maximilian-Universität Landshut/München von 1800 bis 1833, Diss. phil. Fernuniversität Hagen 2002, S. 179-181, 206-209, 211-217.
  • Kaupp, Peter: „Bezüglich revolutionärer Umtriebe“. Burschenschafter im „Schwarzen Buch“ (1838). Ein Beitrag zur Sozialstruktur und zur Personengeschichte des deutschen Frühliberalismus, in: Horst Bernhardi, Ernst Wilhelm Wreden (Hg.): Jahresgabe der Gesellschaft für burschenschaftliche Geschichtsforschung 1980/81/82, o. O. (Bad Nauheim) 1981, S. 73-99.
  • Kopf, Sabine: Studenten im deutschen Press- und Vaterlandsverein – Zum Verhältnis von Burschenschaften und nichtstudentischer bürgerlicher Opposition 1832/33, in: Helmut Asmus (Hg.): Studentische Burschenschaften und bürgerliche Umwälzung. Zum 175. Jahrestag des Wartburgfestes, Berlin 1992, S. 185-196.
  • Leininger, Franz, Herman Haupt: Zur Geschichte des Frankfurter Attentats, in: Herman Haupt (Hg.): Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung, Bd. 5, Heidelberg 1920, S. 133-148.
  • Lönnecker, Harald: „Unzufriedenheit mit den bestehenden Regierungen unter dem Volke zu verbreiten“. Politische Lieder der Burschenschaften aus der Zeit zwischen 1820 und 1850, in: Max Matter, Nils Grosch (Hg.): Lied und populäre Kultur. Song and Popular Culture, Münster, New York, München, Berlin 2004 (= Jahrbuch des Deutschen Volksliedarchivs Freiburg i. Br., Bd. 48/2003), S. 85-131.
  • Lönnecker, Harald: Der Frankfurter Wachensturm 1833 – 175 Jahre Aufstand für nationale Einheit und Freiheit, in: Burschenschaftliche Blätter 123/3 (2008), S. 111-118.
  • Polster, Georg: Politische Studentenbewegung und bürgerliche Gesellschaft. Die Würzburger Burschenschaft im Kräftefeld von Staat, Universität und Stadt 1814-1850, Heidelberg 1989 (= Darstellungen und Quellen zur Geschichte der deutschen Einheitsbewegung im neunzehnten und zwanzigsten Jahrhundert, Bd. 13), S. 192 f., 198-203, 207-214, 229 f., 247-259.
  • Roeseling, Severin: Burschenehre und Bürgerrecht. Die Geschichte der Heidelberger Burschenschaft von 1824 bis 1834, Heidelberg 1999 (= Heidelberger Abhandlungen zur mittleren und neueren Geschichte, Bd. 12), S. 150-235, 244-289, 296-312, 315-321, 324-329.

Ähnliche Ereignisse

Einzelnachweise

  1. W. Klötzer, Frankfurt, das Liberalennest, 1977

Weblinks


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