Suspension der EU-Mitgliedschaft

Suspension der EU-Mitgliedschaft

Die Suspendierung der EU-Mitgliedschaft ist ein Verfahren der Europäischen Union, mit dem eine Verletzung der Grundsätze der EU durch einen Mitgliedstaat sanktioniert werden kann. Eingeführt wurde es durch den Vertrag von Amsterdam 1997/99.

Inhaltsverzeichnis

Voraussetzungen

Eine Suspendierung der EU-Mitgliedschaft eines Staats ist nach Art. 7 EUV möglich, wenn ein Mitgliedstaat in schwerwiegender Weise die Grundsätze der Europäischen Union nach Art. 6 EUV verletzt, also Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit sowie die Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten.

Verfahren

Feststellung der Gefahr einer Verletzung

In einer ersten Stufe stellt der Rat die bloße Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung der Grundsätze nach Art. 6 EUV fest. Er handelt hierbei auf Vorschlag eines Drittels der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments oder der Kommission. Die Zustimmung des Parlaments ist erforderlich, und zwar mit 50% der Mitglieder und 66,6% der abgegebenen Stimmen. Der betroffene Mitgliedstaat sowie ggf. unabhängige Persönlichkeiten werden angehört. Der Rat beschließt mit 4/5-Mehrheit.

Nach der Feststellung richtet der Rat an den Mitgliedstaat entsprechende Empfehlungen und prüft regelmäßig, ob die Voraussetzungen für die Feststellung noch vorliegen.

Feststellung einer Verletzung

Die endgültige Feststellung einer schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Grundsätze nach Art. 6 EUV kann ebenfalls von einem Drittel der Mitgliedstaaten oder der Kommission, nicht aber vom Parlament beantragt werden; dieses muss der Feststellung aber zustimmen. Der Mitgliedstaat wird angehört.

Die Feststellung obliegt in diesem Fall dem Rat in der Zusammensetzung der Staats- und Regierungschefs, der hierbei einstimmig zu beschließen hat.

Sanktionen

Nach Feststellung der schwerwiegenden und anhaltenden Verletzung der Grundsätze nach Art. 6 EUV durch einen Mitgliedstaat kann der Rat mit qualifizierter Mehrheit beschließen, bestimmte Rechte des Mitgliedstaats aus den Verträgen, inklusive seines Stimmrechts im Rat, auszusetzen. Die Auswirkungen der Aussetzungen auf Dritte sind zu berücksichtigen. Die Pflichten des Mitgliedstaats bleiben unberührt.

Bei Änderungen der Voraussetzungen kann der Rat die Sanktionen ebenfalls mit qualifizierter Mehrheit wieder aufheben.

Praxis

Bisher hat die Europäische Union von der Möglichkeit der Suspension von Mitgliedsrechten keinen Gebrauch gemacht.

Im Jahr 2000 reduzierten die Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten ihre Kontakte zur österreichischen Bundesregierung Schüssel I auf ein Mindestmaß, nachdem dort die rechtspopulistische FPÖ eine Regierungskoalition mit der ÖVP gebildet hatte. Die Maßnahmen wurden allerdings keineswegs auf Grundlage des Art. 7 EUV getroffen, dessen Voraussetzungen auch gar nicht vorgelegen hätten. Vielmehr handelte es sich um multilaterale abgestimmte Aktionen der übrigen 14 EU-Staaten, die mit der EU als solcher nichts zu tun hatten. Gleichwohl waren diese Vorgänge ein Mitgrund für die Reformierung des Suspensionsrechts durch den Vertrag von Nizza 2001.

Literatur

  • Thomas Oppermann: Europarecht. 3. Aufl., München: C.H.Beck 2005. ISBN 3-406-53541-0. S. 212 f.
  • Erhard Busek, Martin Schauer (Hrsg.): Eine europäische Erregung: die "Sanktionen" der Vierzehn gegen Österreich im Jahr 2000, Analysen und Kommentare. Wien, Köln, Weimar: Böhlau 2003. ISBN 3-205-77121-4.

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