Systematisierte Nomenklatur der Medizin

Systematisierte Nomenklatur der Medizin

Die Systematisierte Nomenklatur der Medizin (SNOMED) (engl.: Systematized Nomenclature of Human and Veterinary Medicine) ist eine der bedeutendsten Nomenklaturen der Medizin[1]. Ziel ist es, medizinische Aussagen so zu indizieren, dass die inhaltlichen Elemente der Aussage vollständig erfasst sind, wodurch sehr spezielle Suchanfragen mit hohem Recall (Vollzähligkeit) und hoher Präzision (Relevanz) beantwortet werden können. Des Weiteren existieren Querverbindungen zu Wissenssammlungen und Literaturdatenbanken. Weitere Vorteile sind die Entscheidungsunterstützung zum weiteren klinischen Vorgehen, der Grad der hohen Detaillierung und deren Sprachunabhängigkeit.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

SNOMED hat seine Ursprünge in SNOP, der Systematized Nomenclature of Pathology. 1974 wurde eine erste Testversion der SNOMED vom College of American Pathologists (CAP) herausgegeben. Die Erweiterung zu SNOMED II wurde 1979, gefolgt von einem Update 1982, veröffentlicht. SNOMED II wurde für den deutschsprachigen Raum von Friedrich Wingert angepasst und erweitert und im Jahr 1984 publiziert - daher hat SNOMED II im deutschsprachigen Raum auch heute noch eine gewisse Bedeutung. Nach dem Tod von Friedrich Wingert gingen die Rechte an der deutschen SNOMED II Version an die Friedrich-Wingert-Stiftung über. 1993 wurde SNOMED 3 herausgegeben, die auch als SNOMED International bekannt ist und erstmals die Veterinärmedizin einbezog. Im Jahr 1997 wurden die LOINC-Kodes vollständig in SNOMED integriert. 1998 erschien SNOMED 3.5 (12 Achsen). Mit dem Update SNOMED RT (Reference Terminology) im Jahr 2000 wurden die Möglichkeiten zur Repräsentation von Begriffsrelationen erheblich erweitert. Eine erhebliche Erweiterung erfuhr SNOMED RT 2002 durch die Erweiterung um die sog. Read-Kodes (auch Clinical Terms genannt) des National Health Service (NHS) in Großbritannien. Die fusionierte Nomenklatur wurde SNOMED CT (Clinical Terms) genannt. Eine spanische und eine deutsche Version folgten. Ende 2003 wurde SNOMED CT in das UMLS integriert. Seit April 2007 liegen die Rechte an SNOMED CT bei der International Healthcare Terminology Standards Development Organization (IHTSDO).

Versionen

SNOMED II

SNOMED II enthält 7 Achsen mit jeweils eigenem systematischem Bezugssystem (Topographie T, Morphologie M, Ätiologie E, Funktion F, Krankheit D, Arbeit J, Prozedur P), innerhalb der Achsen sind die Deskriptoren hierarchisch strukturiert. Des Weiteren enthält SNOMED II Synonyme und Querverweise auf andere Achsen. Die deutsche Fassung enthält etwa 81.000 Einträge.

Notation: Achsenbezeichner (bsp. T) und duodezimale, fünfstellige Zahl (wobei X = 10, Y = 11), (bsp. T8X500, F80000)

Weiterhin existieren Qualifier: FH (Familienvorgeschichte), CC (Hauptbeschwerde), SD (Verdachtsdiagnose), etc. (bsp. FH D73450)

SNOMED 3 (SNOMED International)

Für SNOMED 3 wurde die bisherigen Achsen der SNOMED weiter aufgeteilt bzw. neue Achsen eingerichtet, so dass SNOMED 3 insgesamt 11 Achsen mit ca. 150.000 Einträgen vorweisen kann. Statt duodezimaler Notation wurde die aus dem EDV-Bereich bekannte hexadezimale Notation verwendet. Erstmals ermöglichte SNOMED 3 Kreuzverweise zur ICD-9. Von SNOMED 3 existieren Übersetzungen in ca. zehn Sprachen. Eine deutsche Übersetzung war zwar geplant, wurde aber nie realisiert.

SNOMED CT

SNOMED CT enthält in 18 Achsen etwa 800.000 Begriffe (Terms), die ca. 300.000 Konzepte beschreiben (mehrere Terms pro Konzept). Außerdem enthält SNOMED CT etwa 1 Mio. Beziehungen zwischen Konzepten.

Von SNOMED CT existieren Übersetzungen ins Spanische und ins Deutsche. Die deutsche Übersetzung wurde im Jahr 2003 veröffentlicht, seither jedoch nicht mehr gepflegt und ist daher veraltet. Die englische und spanische Version stehen im UMLS unter bestimmten Bedingungen kostenlos zur Verfügung.

Kritik

SNOMED liefert mit den beschriebenen 7 (SNOMED II) bis 11 (SNOMED 3) Achsen eine mehrfach weitgehend orthogonale Klassifikation. Deren Zusammenhang mit den für die Abrechnung vorgegebenen Klassifikationen ICD, OPS und DRG ist in allen bekannten Produkten der Informationstechnik schwach ausgeprägt[2].

Ohne dass der Zusammenhang zwischen den pflichtweise zu verwendenden Klassifikationen (ICD, OPS und DRG) und einer besten denkbaren medizinischen Klassifikationsmethodik verstärkt wird, bleibt jede weitere Klassifikation eben nur eine von Vielen[3].

Insbesondere bleibt der Verdacht, dass wissenschaftlich fundierte Vollständigkeit und praktische Nützlichkeit nicht dieselben Zielkriterien bedienen. Wenn eine deutsche Übersetzung mehrfach geplant war, aber nicht einmal vom staatlich finanzierten DIMDI[4] binnen mehr als drei Dekaden nach der ersten Definition von SNOMED (1974) realisiert wurde, besteht die Möglichkeit, dass die deutschen Interessengruppen erneut eine Übernahme aus Australien (DRG, ICHI) oder den Niederlanden (OPS) zulassen müssen, aber auch künftig keine eigene Ausprägung zustande bringen. Voraussetzung ist jedoch die Einbindung von SNOMED in einen produktiven Zusammenhang mit der klinischen Routine[5][6].

Literatur

  1. Cimino JJ; Zhu X: The practical impact of ontologies on biomedical informatics. Methods Inf Med. 2006;45 Suppl 1:124-35) [1]
  2. Getting the most out of Electronic Health Record systems
  3. Conversion of diagnosis and procedure coding system
  4. http://www.id-berlin.de/deu/_1ueberuns/texte/icpm_Hintergrundpapier.pdf
  5. http://www.imi.med.uni-erlangen.de/lehre/ws0506/medinfsys1_10.pdf
  6. Semantische Modellierung für ein wissensbasiertes System in der Pädiatrie
  • Medizinische Dokumentation : Grundlagen einer qualitätsgesicherten integrierten Krankenversorgung / F. Leiner ; W. Gaus ; R. Haux. ... - 4. neubearb. und erw. Aufl. - Stuttgart [u.a.] : Schattauer, 2003 : Mit 6 Abb. und 12 Tab. ISBN 3-7945-2265-6

Weblinks


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