Tag der deutschen Einheit

Tag der deutschen Einheit
Zur Feier der Deutschen Einheit wird am 3.Oktober 1990 um Mitternacht die Fahne der Einheit an einem überdimensionierten Fahnenmast vor dem Berliner Reichstag gehisst

Der Tag der Deutschen Einheit am 3. Oktober ist laut Einigungsvertrag seit 1990 Deutschlands Nationalfeiertag, da an diesem Datum die Deutsche Wiedervereinigung vollzogen wurde. Der 3. Oktober ist ein gesetzlicher Feiertag der Bundesrepublik Deutschland.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte der deutschen Nationalfeiertage

Vor 1919

Vor 1871 wurde in den deutschen Ländern und Regionen hauptsächlich der verschiedenen Krönungstage gedacht. Nach der Vereinigung Deutschlands – der Reichseinigung 1870 (Kaiserbrief) und der Reichsgründung zum Kaiserreich 1871, wurde ebenfalls noch kein allgemeiner Nationalfeiertag festgelegt. Allerdings wurde jährlich der Sedantag am 2. September gefeiert, der an den entscheidenden Sieg am 2. September 1870 im Deutsch-Französischen Krieg erinnerte, ohne dass ihn Kaiser Wilhelm I. als offiziellen Feiertag bewilligt hatte.

Nach der Reichsgründung 1871 erhoben sich Forderungen nach einem nationalen Gedenktag, doch kam es zwischen 3 Vorschlägen zu keiner Entscheidung. Bis 1873 setzte sich der Sedantag allmählich gegen den 18. Januar 1871 oder den Tag des Frankfurter Friedensschlusses (10. Mai 1871) durch. Der Sedantag wurde bald auch an den Universitäten gefeiert und in vielen deutschen Orten wurde Anfang September das Kriegerdenkmal eingeweiht. Dennoch kam ihm nie die Bedeutung etwa der „Kaiserparade“ oder des Kaisergeburtstages zu. Einige Kultusministerien der Länder, wie beispielsweise das preußische, entschieden daher, den Sedantag als offiziellen Festtag an Schulen zu begehen. Den am meisten genannten Vorschlag, das Datum der Kaiserproklamation am 18. Januar als Gedenktag zu verordnen, hatte Wilhelm I. abgelehnt: Er war auch der Tag der ersten preußischen Königskrönung und sollte nicht in den Schatten eines gesamtdeutschen Feiertages geraten.

Manche Bedenken zum Überwiegen der militärischen Komponente wurden geringer, als auch zivile Feiern zunahmen. So schlug der rheinisch-westfälische Provinzialausschuss „typisch deutsche“ Feste und Umzüge vor, die schon am Vorabend des 2. September mit Glockengeläut, Freudenfeuern und patriotischen Liedern begannen und mancherorts den Charakter von Friedensfesten erhielten.

Weimarer Republik

Am 31. Juli 1919 wurde die Weimarer Verfassung in ihrer endgültigen Form von der Weimarer Nationalversammlung angenommen. Zum Gedenken an die „Geburtsstunde der Demokratie“ wurde der 11. August zum Nationalfeiertag bestimmt, an dem Reichspräsident Friedrich Ebert die Verfassung unterzeichnete.

Drittes Reich

Kurz nach der Machtübernahme führten die Nationalsozialisten 1933 den Ersten Mai als Nationalfeiertag im Deutschen Reich ein. Er wurde schon seit 1890 begangen und galt als „Kampftag der Arbeiterbewegung“. Er wurde aber auch durch den Tanz in den Mai, der an die Walpurgisnacht erinnert, im völkischen Brauchtum gefeiert und vertrat somit zwei wichtige Aspekte der Nazi-Weltanschauung. Allerdings wurden unmittelbar nach der ersten Feier am 2. Mai 1933 die Gewerkschaften verboten und ihre Häuser gestürmt.

Bundesrepublik Deutschland

Von 1954 bis 1990 war der 17. Juni in der Bundesrepublik Deutschland im Gedenken an den Volksaufstand in der DDR als Siebzehnter Juni 1953 der gesetzliche Feiertag, ebenfalls mit dem Namen „Tag der deutschen Einheit“ (mit kleinem „d“).[1] Seit 1963 ist er durch Proklamation des Bundespräsidenten „Nationaler Gedenktag des Deutschen Volkes“.[2] Damit gab es 1990 gleich zwei „Tage der deutschen Einheit“.

Deutsche Demokratische Republik

In der DDR war der 7. Oktober, der Tag der Staatsgründung im Jahr 1949 (Tag der Republik), bis zum 40-jährigen Jubiläum 1989 Nationalfeiertag.[3]

Wiedervereinigung

Hauptartikel: Deutsche Wiedervereinigung

Beide Exemplare des Einigungsvertrages vereinigt im Archiv des Auswärtigen Amtes in Berlin

Nach der Wende war ursprünglich der Tag des Mauerfalls (9. November) als Nationalfeiertag im Gespräch. Wegen der Datumsgleichheit mit dem Hitler-Ludendorff-Putsch von 1923 sowie der Reichspogromnacht von 1938 erschien dieses Datum aber als ungeeignet. Deshalb wich man auf den 3. Oktober aus, den Tag, an dem die deutsche Einheit vollzogen wurde.

Entwicklung 1990

Erstmals nach dem Zweiten Weltkrieg ist wieder eine vom deutschen Volk gewählte gesamtdeutsche Volksvertretung in den Berliner Reichstag eingezogen. Dies wurde in Artikel 2 des Einigungsvertrages festgelegt[4], wodurch der Tag der Deutschen Einheit (seit 1990 mit großem „D“) der einzige gesetzliche Feiertag der Bundesrepublik Deutschland ist, der durch Bundesrecht festgelegt ist. Alle anderen Feiertage sind Ländersache.

Grund für die Wahl des 3. Oktobers war, dass im Laufe der Ereignisse des Jahres 1990 seitens der DDR aus Furcht vor einem wirtschaftlichen und politischen Zusammenbruch ein früher Termin angestrebt wurde und Mittwoch, der 3. Oktober 1990 der frühestmögliche Termin war, der nach der KSZE-Außenministerkonferenz vom 2. Oktober lag, in der diese Außenminister über das Ergebnis der Zwei-plus-Vier-Verhandlungen informiert werden sollten: Anfang Juli hatten die Regierungen der beiden deutschen Staaten einen Zeitplan beschlossen, der für den 14. Oktober Landtagswahlen in der DDR und gesamtdeutsche Wahlen für den 2. Dezember vorsah[5]. In der Folge kam es, während die Verhandlungen zum Einigungsvertrag liefen, sowohl in der DDR als auch in der Bundesrepublik zu politischen Debatten über Wahlrechts- und Datumsfragen. Parallel verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation in der DDR zusehends, so dass Lothar de Maizière, nach der ersten freien Volkskammerwahl DDR-Ministerpräsident, auf einen möglichst frühen Beitrittstermin drängte. Anfang August scheiterte allerdings im Bundestag ein Vorziehen des Termins der gesamtdeutschen Wahl auf den 14. Oktober, so dass es hierfür beim 2. Dezember blieb. Vor diesem terminlichen Hintergrund der angesetzten gemeinsamen Wahl und dem geltenden deutschen Wahlrecht waren Wählerlisten spätestens 8 Wochen vor der Wahl zu erstellen. Dieser Termin war Sonntag, der 7. Oktober 1990.[6] Folglich mussten alle Wähler spätestens im Verlaufe der 40.KW zum Bürger des wählenden Staates gemacht werden. Der hierfür frühest mögliche Beitrittstermin ergibt sich aus dem Beschluss des Bundeskabinetts: „Der Bundesregierung erscheint jeder Beitrittstermin sinnvoll, der nach dem 2. Oktober liegt.“[7] Die Festlegung des Termins erfolgte schließlich in einer am 22. August von DDR-Ministerpräsident de Maizière beantragten Sondersitzung der Volkskammer, die um 21 Uhr begann. Nach hitziger Debatte gab die Präsidentin der Volkskammer, Sabine Bergmann-Pohl, um 02:30 Uhr am 23. August als Abstimmungsergebnis bekannt:[8]

„Die Volkskammer erklärt den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland gemäß Artikel 23 des Grundgesetzes mit der Wirkung vom 3. Oktober 1990. Das liegt Ihnen in der Drucksache Nr. 201 vor. Abgegeben wurden 363 Stimmen. Davon ist keine ungültige Stimme abgegeben worden. Mit Ja haben 294 Abgeordnete gestimmt. (Starker Beifall der CDU/DA, DSU, FDP, teilweise der SPD, die Abgeordneten der genannten Fraktionen erheben sich von den Plätzen).“

„Mit Nein haben 62 Abgeordnete gestimmt, und sieben Abgeordnete haben sich der Stimme enthalten. Meine Damen und Herren, ich glaube, das ist ein wirklich historisches Ereignis. Wir haben uns die Entscheidung alle sicher nicht leicht gemacht, aber wir haben sie heute in Verantwortung vor den Bürgern der DDR in der Folge ihres Wählerwillens getroffen. Ich danke allen, die dieses Ergebnis im Konsens über Parteigrenzen hinweg ermöglicht haben.“

In einer daran anschließenden persönlichen Erklärung antwortet der SED-PDS-Vorsitzende Gregor Gysi bedauernd: „Das Parlament hat soeben nicht mehr und nicht weniger als den Untergang der Deutschen Demokratischen Republik zum 3. Oktober 1990 (jubelnder Beifall bei der CDU/DA, der DSU und teilweise der SPD) beschlossen.“[8][9]

Bestimmung als Feiertag

Da im Beitrittsvertrag am 23. August auch der Nationalfeiertag des wiedervereinten Deutschlands auf den Beitrittstermin verlegt wurde, feierte die Bundesrepublik sowohl am 17. Juni als auch am 3. Oktober 1990. Am 3. Oktober 1990 wurde erstmals die Fahne der Einheit vor dem Reichstagsgebäude in Berlin gehisst.

Staatsrechtlich wurde die Wiedervereinigung Deutschlands über den Beitritt der DDR zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik realisiert. Durch Übernahme dieser Verfassung wurde die Wiedervereinigung so rasch möglich, wie es die DDR-Bevölkerung und die frei gewählte Volkskammer gewünscht hatten.

Abschaffungsdebatte 2004

Am 3. November 2004 forderte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder, den Tag der Deutschen Einheit als Feiertag abzuschaffen, um so das Wirtschaftswachstum zusätzlich anzukurbeln. Statt am 3. Oktober solle die Wiedervereinigung künftig immer am ersten Sonntag im Oktober gefeiert werden. Der Vorschlag zur Verlegung des Feiertages wurde von vielen Seiten kritisiert, unter anderem von Bundespräsident Horst Köhler und vom damaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse. Die Forderung sorgte bei einigen Teilen der Bevölkerung wegen der damit verbundenen Arbeitszeitverlängerung für Unmut, bei anderen wegen der Provokation, den Nationalfeiertag abzuwerten. Die Idee wurde schließlich nach kurzer, aber heftiger Debatte fallengelassen.

Offizielle Feierlichkeiten

Die offizielle Feier zum Tag der Deutschen Einheit findet seit 1990 in der Landeshauptstadt des Landes statt, das zu dem Zeitpunkt den Vorsitz im Bundesrat innehat. Dies ist mit der so genannten „Königsteiner Vereinbarung“ in der absteigenden Reihenfolge der Einwohnerzahl der Länder geregelt. Der bis zum Jahr 2016/17 geltende Turnus weicht leicht von der aktuellen Reihenfolge der Bevölkerungszahlen ab, da er am 20./21. Dezember 1990 auf der Ministerpräsidentenkonferenz in München beschlossen wurde und sich die Bevölkerungszahlen der Bundesländer seitdem durch die starke Binnenwanderung verändert haben.[10]

Traditionell wird für diesen Tag ein Bürgerfest organisiert, bei dem sich auf der sogenannten „Ländermeile“ die Länder und die Regierung vorstellen. Bisher fand dies in den folgenden Städten statt:

Weitere Feierlichkeiten

Seit einigen Jahren finden am Brandenburger Tor und der Straße des 17. Juni in Berlin an diesem Tag Veranstaltungen wie Konzerte statt. Moscheevereine laden seit 1997 am Tag der Deutschen Einheit zum Tag der offenen Moschee ein, um das Selbstverständnis der beteiligten Muslime als Teil der deutschen Gesellschaft auszudrücken.

Einzelnachweise

  1. Gesetz über den Tag der deutschen Einheit, BGBl. 1953 I, S. 778; aufgehoben durch den Einigungsvertrag.
  2. BGBl. 1963 I, S. 397
  3. Gesetz über die Einführung der Feiertage Tag der Befreiung und Tag der Republik vom 21. April 1950
  4. Artikel 2 des Einigungsvertrages (vgl. auch die Klarstellungen zu Artikel 2 Abs. 2 des EV sowie die Bekanntmachung über das Inkrafttreten des EV am 29. September 1990).
  5. Chronik des Monats Juli bei www.chronik-der-mauer.de
  6. Vortrag von Werner E. Ablass, Beauftragter der Bundesregierung für Sonderaufgaben der Bundeswehr in den neuen Ländern sowie ehemaliger Staatssekretär im Verteidigungsministerium der DDR
  7. Regierungssprecher Hans Klein zitiert nach: Stephan Eisel: Der Beitrittsbeschluss der DDR-Volkskammer
  8. a b Zitiert nach: Stephan Eisel: Der Beitrittsbeschluss der DDR-Volkskammer
  9. aus: DzD 1497–1498 Nr. 397 Schreiben der Volkskammerpräsidentin Bergmann-Pohl an Bundeskanzler Kohl Berlin, 25. August 1990, Chronik von 2plus4.de
  10. Wahl des Bundesratspräsidenten – Turnus der Bundesländer. In: Wahlrecht.de. (Online ; Stand: 3. Oktober 2008). 

Weblinks


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