- Tandemrotor
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Als Tandem-Konfiguration bezeichnet man bei Hubschraubern die Verwendung von zwei in der Regel gleich großen Hauptrotoren, bei denen sich durch gegenläufigen Drehsinn deren Drehmoment (Giermoment) ausgleicht. Ein Heckrotor ist damit verzichtbar und die volle Motorleistung steht für den Auftrieb zur Verfügung. Gleiches gilt auch für Hubschrauber mit seitlichen Rotoren, die aber andere Flugeigenschaften aufweisen.
Inhaltsverzeichnis
Technik
Die Rotoren sind in Flugrichtung hintereinander angeordnet, wobei die hintere der beiden Rotorebenen stets höher als die vordere ist. Durch die Koppelung beider Rotoren über ihre Antriebswellen ist für ihren synchronen Lauf bei allen Betriebszuständen gesorgt. Die Rotoren sind weiterhin so angesetzt, dass sie in der Draufsicht ineinander kämmen, also nie zwei Blätter übereinander stehen, und sich daher bei Schlagbewegungen nicht berühren können.
Die Bauart verlangt einen Mindestachsabstand der beiden Rotoren von mehr als einer Blattlänge. Aus strömungstechnischen Gründen werden sie aber so weit von einander angeordnet, dass sich die Rotorebenen meist nur geringfügig überdecken. Zwangsläufig ergibt sich daraus eine große Länge des Hubschraubers.
Für Hubschrauber mit einer Gesamtmasse unter 9 Tonnen wird das Heckrotorkonzept eindeutig im Vorteil gesehen, bis etwa 30 Tonnen Startmasse werden die beiden Systeme ausgewogen gesehen, während für schwerere Hubschrauber klare Vorteile für die Tandemausführung gesehen werden. Dabei kommen folgende Vor- und Nachteile dieser Bauweise zum tragen:
Vorteile
- Da der Heckrotor entfällt, der sonst 10 bis 20% der Leistung verbraucht, steht hier die ganze Antriebsleistung zur Schuberzeugung zur Verfügung. Auch der seitliche Drift ist nicht vorhanden.
- Der konstruktive Aufwand für den Heckrotor entfällt, während die beiden Hauptrotoren identisch aufgebaut sein können.
- Bei gleicher Blattspitzengeschwindigkeit können die im Durchmesser kleineren Tandemrotoren schneller drehen, bei niedrigerem Drehmoment und damit niedrigerem Gewicht des Getriebes.
- Die große Schwierigkeit, beim Einzelrotor die engen Schwerpunktsgrenzen wegen des sonst damit verbundenen Verlusts an Steuerweg einzuhalten, entfällt bei der Tandemanordnung. Schwerpunktverschiebungen können hier durch Kollektiveingaben am vorderen oder hinteren Rotor ausgetrimmt werden.
Nachteile
- Hubschrauber neigen dazu, den Rumpf nicht von alleine in Flugrichtung zu halten, sondern sich mit Schiebewinkeln bis zur völligen Querstellung fort zu bewegen. Bei Heckrotor-Hubschraubern wirkt das lange Heck mit Seitenleitwerk wegen des großen Abstands vom Schwerpunkt zumindest bei höheren Vorwärtsgeschwindigkeiten wie eine Windfahne. Anders bei Tandemanordnung, wo der lange Rumpf sowohl vor dem Schwerpunkt als auch dahinter große seitliche Flächen aufweist, die eher das Querstellen zur Flugrichtung begünstigen, als stabilisierend in Flugrichtung zu wirken. Das Geradehalten braucht so ständige Steuereingaben des Piloten und bleibt trotzdem „schwammig“. In manchen Situationen ist der Mangel an Längsstabilität wiederum vorteilhaft, weil sich der Tandemhubschrauber dort wenig empfindlich für die Windrichtung zeigt.
- Durch die weit vom Schwerpunkt angeordneten Massen ergibt sich ein höheres Trägheitsmoment um die Hochachse, und somit geringere Wendigkeit.
- Die beiden Rotoren unmittelbar hintereinander müssen mit einer erheblich kleineren Luftmasse arbeiten als bei zwei seitlich angeordneten. Bei jenen erfasst jeder Rotor seine eigene Luftmasse, während beim Tandem trotz höher sitzendem hinteren Rotor ein großer Teil der bereits vom vorderen Rotor beeinflussten Luft auch noch durch den hinteren strömt. Dadurch wird eine größere Gesamtenergie erforderlich für den nötigen Schub. Der Nachteil kann z.B. vermieden werden, wenn ein Tandem-Hubschrauber seinen Steigflug mit nahezu quer stehendem Rumpf macht, zumindest so lange, bis die Zunahme des Rumpfwiderstands die Einnahme der normalen Vorwärtsrichtung erfordert.
- Die Steifigkeit des langen Rumpfes ist ein wesentlicher Faktor bei der Konstruktion. Er wird sowohl auf Biegung (Nickachse) als auch auf Verdrehung (Hochachse) hin stark beansprucht.
Steuerung
Die Steuerung erfolgt wie bei Einzelrotoren durch Taumelscheiben in den beiden Rotorköpfen:
- Nickbewegungen werden durch entgegengesetzte Kollektiv-Verstellung der beiden Rotoren bewirkt.
- Um die Längsachse (roll) wird durch synchrone zyklische Blattverstellung an beiden Rotoren gesteuert.
- Zum Drehen (Gieren) werden die beiden Rotorebenen ebenfalls zyklisch, aber gegensinnig um die Längsachse gekippt.
Modelle
Der erfolgreichste Hersteller von Hubschraubern mit Tandemrotoren ist bis heute Boeing-Vertol mit zwei Modellen, die in zivilen und militärischen Ausführungen gebaut wurden:
- Boeing-Vertol 107 (CH-46 Sea Knight)
- CH-47 Chinook
Weitere verbreitete Tandem-Hubschrauber waren daneben:
- Piasecki H-21 „Fliegende Banane“
- Jakowlew Jak-24 „Fliegender Waggon“
- Bristol 173
- Bristol 192 Belvedere
Siehe auch:
Literatur
R.W. Prouty: Helicopter Aerodynamics. Mojave Books LLC, 2004, ISBN 0-9726368-6-2
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