Tarifkonflikt bei der Deutschen Telekom 2007

Tarifkonflikt bei der Deutschen Telekom 2007

Inhaltsverzeichnis

Sanierungsplan des Telekom-Vorstandes

Der neue Vorstandsvorsitzende René Obermann stellte im Februar 2007 seinen Sanierungsplan für den Deutsche Telekom Konzern vor. Dem Sanierungsplan hat der Aufsichtsrat am 28. Februar 2007 zugestimmt. Die Sparpläne der Telekom bedürfen der Zustimmung des Aufsichtsrates [1] und hätten von ihm theoretisch verhindert werden können.

Der Sanierungsplan sieht eine Ausgliederung von über 50.000 Beschäftigten in Tochtergesellschaften (T-Service), eine Arbeitszeitverlängerung von 34 auf 38 Stunden und Einkommensverluste von bis zu 20 Prozent vor. Obermann begründet massive Einkommenseinschnitte damit, dass konkurrierende Call-Center Betreiber Tarifverträge mit deutlich geringeren Bruttojahreseinkommen hätten. [2] In der Talkshow Maybrit Illner am 19. April 2007 [1] verteidigte René Obermann seinen umstrittenen Sanierungsplan. Verdi-Chef Bsirske sagte, es sei empörend, wenn der Vorstand einerseits den Lohn um rund 20 Prozent kürzen wolle, andererseits aber den Aktionären eine Beibehaltung der hohen Dividende verspreche.

Streikmaßnahmen

Daraufhin organisierte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft massive Protestaktionen und Streikmaßnahmen. Mit diesen gezielten Streikmaßnahmen solle die die Konzernführung von ihren Plänen abgebracht werden. Ver.di sieht ihren Streik in dieser Frage im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. [3] Mit Urteil vom 24. April 2007 hat das Gericht entschieden, dass auch die Erstellung eines Sozialplans tariflich regelbar ist und somit Gegenstand eines Streiks sein kann. [4]

Die Mitarbeiter streikten vom 14. Mai bis zum 20. Juni 2007. Sie wandten sich damit gegen die Pläne des Vorstands, rund 50.000 Mitarbeiter/innen in drei Gesellschaften auszugliedern, in denen sie für neun Prozent weniger Gehalt vier Stunden pro Woche länger arbeiten sollten. Zudem sollten 30% des noch verbliebenen Lohnes noch gewinnorientiert gezahlt werden (für 125% Zielerreichung gibt es die vollen 30% Lohn). Für den Streik hatten bei der Urabstimmung vom 7. bis zum 9. Mai 96,5 Prozent der aufgerufenen Mitglieder der Gewerkschaft verdi votiert. Die Telekom weigert sich, mit der Gewerkschaft vorrangig über einen Tarifvertrag zum Auslagerungsschutz zu verhandeln.

Einer Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern zufolge, bekunden 78 Prozent der Bundesbürger/innen Verständnis für den Ausstand, einer nicht-repräsentativen Umfrage von [5] zufolge rund 77 Prozent. In einem offenen Brief hatte zuvor ein Telekom-Mitarbeiter dem Vorstand vorgeworfen, sehr gut ausgebildete Mitarbeiter durch Umstrukturierungen so oft versetzt zu haben, bis sie Tätigkeiten ausführen mussten, für die sie nicht bzw. falsch qualifiziert waren und so die aktuellen wirtschaftlichen Probleme selbst verursacht zu haben.

Am 23. Mai 2007 fanden deutschlandweit Protestmärsche gegen die vom Vorstand geplanten Gehaltskürzungen statt. Telekommitarbeiter verteilten Flugblätter, um die Kunden über den Hintergrund der Streiks zu informieren. Darüber hinaus versuchte die Telekom mit falschen Zahlen die Bürger und Unternehmen gegen den Streik auf zu bringen [6].

Einigung am 20. Juni 2007

Nach mehrwöchigen Streikmaßnahmen haben ver.di und Vorstand am 13. Juni 2007 in Bad Neuenahr-Ahrweiler ihre Verhandlungen wieder aufgenommen. In der Nacht vom 19. zum 20. Juni 2007 wurde eine Einigung auf folgende Eckpunkte erreicht:

  • Auslagerung von über 50.000 Mitarbeiter in die Tochtergesellschaft T-Service
  • Verlängerung der Wochenarbeitszeit von 34 auf 38 Wochenstunden ohne Lohnausgleich
  • Absenkung des Lohnniveaus um 6,5 Prozent
  • Arbeitsplatzgarantie bis Ende 2012
  • Auslagerungsschutz für Mitarbeiter der drei T-Service-Gesellschaften bis Ende 2010
  • Arbeitsplatzgarantie für alle Telekom-Beschäftigten bis Ende 2009 verlängert
  • Neueinstellungen von 4000 Mitarbeitern, deren Einstiegsgehälter um über 30 Prozent auf 21.400 bis 23.200 Euro abgesenkt werden

Die Einkommensverluste sollen in den ersten 18 Monaten von Juli 2007 bis Dezember 2008 durch einen Ausgleichsfonds vollständig abgefedert werden. Diese Ausgleichszahlungen sollen ab Januar 2009 auf zwei Drittel abgesenkt werden und ab 2011 ganz entfallen.

Die Einigung wurde vom Telekom-Personalvorstand Thomas Sattelberger und ver.di-Verhandlungsführer Lothar Schröder ausgehandelt. Beide bezeichneten die Einigung als Erfolg. [7] Dem Kompromiss wurde von der großen Tarifkommission der ver.di am 20. Juni 2007 zugestimmt.

Letztlich konnte sich Obermann aber durchsetzen und hat in Verhandlungen mit ver.di die Auslagerung von 50.000 Stellen erreichen können. [8]

Einzelnachweise

  1. § 111 Abs. 4 Satz 2 AktG
  2. Deutsche Telekom über Marktübliche Gehälter im Vergleich vom 13.04.2007
  3. Artikel der Berliner Zeitung vom 28.4. 2007
  4. Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts Nr. 27/07
  5. tagesschau.de vom 21.05.2007
  6. siehe Interview ARD in "Kontraste" am 08.06.07 um 21:45
  7. www.tagesschau.de vom 20.06.2007 - Telekom und ver.di einigen sich
  8. Welt vom 20.06.2007 - Kompromiss mit ver.di beflügelt T-Aktie

siehe auch

Weblinks


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